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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur rechnergestützten Verarbeitung von mit einer Mehrzahl von Elektroden gemessenen Aktionspotentialen des menschlichen oder tierischen Körpers, insbesondere von Aktionspotentialen von Muskeln.
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Die Erfindung liegt auf dem Gebiet der Messung von Aktionspotentialen und im Besonderen auf dem Gebiet der Elektromyographie, bei der Aktionspotentiale (auch als Aktivierungen bezeichnet) von Muskeln mit entsprechenden Elektroden gemessen werden. In der Regel wird hierzu ein Array aus mehreren Oberflächenelektroden (auch als sEMG-Elektroden bezeichnet) auf der Haut des Patienten aufgebracht.
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Aus dem Stand der Technik sind Ansätze bekannt, bei denen mit rechnergestützten Methoden aus über Elektroden gemessenen Aktionspotentialen die Aktivierungen von individuellen Muskeln im menschlichen Körper ermittelt werden. Ein solches rechnergestütztes Verfahren ist beispielsweise in der Druckschrift [1] beschrieben.
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Die bekannten Verfahren beruhen dabei auf Finite-Elemente-Methoden und sind hierdurch sehr rechenaufwändig.
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Die Druckschrift [2] offenbart ein Verfahren zu nicht-invasiven Bestimmung der elektrischen Aktivität auf der Oberfläche des Herzens eines Lebewesens, wobei Aktionspotentiale auf der Körperoberfläche gemessen werden und eine Matrix mit Koeffizienten erzeugt wird. Daraus werden die Potentiale im Inneren des Körpers berechnet.
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Aufgabe der Erfindung ist es, ein Verfahren zur rechnergestützten Verarbeitung von mit einer Mehrzahl von Elektroden gemessenen Aktionspotentialen des menschlichen oder tierischen Körpers zu schaffen, welches mit geringem Rechenaufwand die Aktionspotentiale innerhalb des menschlichen Körpers ermittelt, welche für die gemessenen Aktionspotentiale ursächlich sind.
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Diese Aufgabe wird durch das Verfahren gemäß Patentanspruch 1 bzw. die Vorrichtung gemäß Patentanspruch 10 gelöst. Weiterbildungen der Erfindung sind in den abhängigen Ansprüchen definiert.
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Das erfindungsgemäße Verfahren dient zur Verarbeitung von mit einer Mehrzahl von Elektroden gemessenen Aktionspotentialen des menschlichen oder tierischen Körpers, insbesondere von Aktionspotentialen von Muskeln, wobei für ein Volumen des menschlichen oder tierischen Körpers, welches in der Nähe der Elektroden liegt und damit ursächlich für die gemessenen Aktionspotentiale ist, die nachfolgend erläuterten Schritte durchgeführt werden.
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Es werden mehrere unterschiedliche Volumenaufteilungen des Volumens bestimmt oder vorgegeben, wobei jede Volumenaufteilung das Volumen in eine Vielzahl von aneinander angrenzenden Volumensegmenten aus Volumenelementen zerlegt und jedem Volumensegment ein Segment-Aktionspotential als Variable zugeordnet ist, welches ein konstantes Aktionspotential für alle Volumenelemente innerhalb des jeweiligen Volumensegments ist. Der Begriff des Volumens ist weit zu verstehen und kann insbesondere auch einen Schnitt durch den menschlichen oder tierischen Körper umfassen. Solche Volumenschnitte sind insbesondere auch aus dem Bereich der Magnetresonanz- bzw. Computertomographie bekannt. Die einzelnen Volumenelemente können im erfindungsgemäßen Verfahren als entsprechende Datenpunkte in einem 3D-Volumen interpretiert werden, welche üblicherweise auch als Voxel bezeichnet werden.
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Für jede Volumenaufteilung wird in einem Teilschritt i) ein Gleichungssystem bestimmt, mit dem das an jeder Elektrode für einen vorbestimmten Messzeitpunkt gemessene Aktionspotential als eine Summe aus Termen modelliert wird, wobei für jedes Segment-Aktionspotential ein Term existiert, der das Produkt aus dem Segment-Aktionspotential mit einem vorbestimmten Faktor darstellt, der den Einfluss des Segment-Aktionspotentials auf das an der jeweiligen Elektrode gemessene Aktionspotential darstellt. In einem weiteren Teilschritt ii) wird für die entsprechende Volumenaufteilung das Gleichungssystem gelöst, wodurch Werte für die Segment-Aktionspotentiale und hierdurch Werte für die Aktionspotentiale jedes Volumenelements innerhalb des Volumens erhalten werden.
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Nach Durchführung der Teilschritte i) und ii) für jedes Volumensegment werden die Werte der Aktionspotentiale der einander entsprechenden Volumenelemente aller Volumenaufteilungen gemittelt, d. h. es wird das arithmetische Mittel dieser Aktionspotentiale ermittelt. Die hierdurch erhaltenen Mittelwerte werden schließlich ausgegeben und können beispielsweise in einer dreidimensionalen Grafik dargestellt werden, in der die entsprechenden Aktionspotentiale des Volumens geeignet codiert sind, z. B. mit einer entsprechenden Farbcodierung.
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Das erfindungsgemäße Verfahren beruht auf der Erkenntnis, dass die an den Elektroden gemessenen Aktionspotentiale durch eine lineare Kombination der Aktionspotentiale in einem entsprechenden Volumen des menschlichen bzw. tierischen Körpers modelliert werden können. Die vorbestimmten Faktoren der Linearkombination können dabei vorab für das entsprechend untersuchte Körperteil experimentell ermittelt sein oder auf andere Weise geeignet modelliert werden, wie weiter unten noch näher beschrieben wird.
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Mit dem erfindungsgemäßen Verfahren wird durch die Lösung eines linearen Gleichungssystems eine einfache und schnelle Ermittlung der Aktionspotentiale im menschlichen oder tierischen Körper mit wenig Rechenressourcen ermöglicht. Durch die Mittelung von mehreren Lösungen des Gleichungssystems wird eine glatte Modellierung der Aktionspotentiale im entsprechenden Volumen ohne Sprünge erreicht. Wie in der detaillierten Beschreibung anhand von simulierten Aktionspotentialen (3) dargelegt ist, stimmen die mit dem erfindungsgemäßen Verfahren ermittelten Aktionspotentiale auch gut mit den tatsächlichen Aktionspotentialen überein.
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In einer bevorzugten Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens umfassen die verschiedenen Volumenaufteilungen immer die gleiche Anzahl an Volumensegmenten. Ferner entspricht die Anzahl an Volumensegmenten für jede Volumenaufteilung vorzugsweise der Mehrzahl von Elektroden. Gegebenenfalls kann die Anzahl an Volumensegmenten jedoch auch größer oder kleiner gewählt werden, was dazu führt, dass mehrere Lösungen des Gleichungssystems existieren, wobei in diesem Fall eine (beliebige) der Lösungen verwendet wird. Im Besonderen hat sich eine Anzahl an Volumensegmenten, welche zwei bis dreimal so groß ist wie die Anzahl der Elektroden, als praktikabel erwiesen.
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In einer besonders bevorzugten Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens wird das Gleichungssystem über die Minimierung einer Norm und insbesondere der 2-Norm gelöst. Das Minimum der Norm wird vorzugsweise einfach und schnell über die Berechnung der Pseudoinversen bzw. Moore-Penrose-Pseudoinversen bestimmt. Gegebenenfalls können auch andere herkömmliche Verfahren, wie z. B. Gradienten-Abstiegs-Verfahren, zur Bestimmung des Minimums der Norm verwendet werden.
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In einer weiteren Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens wird jede Volumenaufteilung derart bestimmt, dass eine der Anzahl an Volumensegmenten entsprechende Anzahl an Referenz-Volumenelementen aus dem Volumen ermittelt oder vorgegeben wird, wobei für jedes Referenz-Volumenelement ein Volumensegment derart ermittelt wird, dass dem Volumensegment das jeweilige Referenz-Volumenelement und alle weiteren Volumenelemente zugeordnet werden, deren Abstand zu dem jeweiligen Referenz-Volumenelement im Vergleich zu den Abständen zu den anderen Referenz-Volumenelementen am geringsten ist. Es wird somit auf einfache Weise eine Einteilung der Volumenelemente über eine Nearest-Neighbor-Methode implementiert. Vorzugsweise werden dabei für jede Volumenaufteilung Referenz-Volumenelemente zufällig ermittelt.
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In einer weiteren Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens stellt ein jeweiliger vorbestimmter Faktor die Summe von Funktionswerten einer Funktion über die Volumenelemente in demjenigen Volumensegment dar, dem das entsprechende Segment-Aktionspotential zugeordnet ist, mit dem der vorbestimmte Faktor multipliziert wird. Die Funktion hängt von dem Abstand zwischen dem jeweiligen Volumenelement im Volumensegment und der jeweiligen Elektrode ab, an der das Aktionspotential gemessen wird. Die Funktionswerte der Funktion nehmen dabei mit zunehmendem Abstand ab. Es hat sich gezeigt, dass mit einer derartigen Modellierung der vorbestimmten Faktoren die Aktivierung von Muskeln im menschlichen Körper gut beschrieben werden kann. Als besonders geeignet hat es sich dabei erwiesen, wenn die Funktionswerte der Funktion quadratisch oder kubisch mit zunehmendem Abstand zwischen Volumenelement und Elektrode abnehmen.
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Anstatt oder zusätzlich zu der oben beschriebenen Modellierung der vorbestimmten Faktoren besteht auch die Möglichkeit, dass die Faktoren experimentell für entsprechende Körpervolumina bestimmt sind. Ferner können die vorbestimmten Faktoren in Abhängigkeit von der Anatomie im Volumen des menschlichen oder tierischen Körpers festgelegt sein. Die festgelegten Faktoren können z. B. aus einer geeigneten Modellierung der Veränderung der Aktionspotentiale in Abhängigkeit von der Anatomie des entsprechenden Körperteils ermittelt worden sein.
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Die mit dem erfindungsgemäßen Verfahren verarbeiteten Aktionspotentiale wurden vorzugsweise mit Oberflächenelektroden auf der Haut gemessen. Insbesondere wurden hierzu monopolare Elektroden verwendet. Gegebenenfalls können jedoch auch mehrpolare und insbesondere bi- oder tripolare Elektroden eingesetzt werden.
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Das Verfahren der Erfindung ist besonders vorteilhaft für ein Volumen des menschlichen Körpers, welches zumindest teilweise einen Arm und insbesondere den Unterarm umfasst. In diesem Bereich existiert eine Vielzahl von Muskeln, die zum Teil stark überlappen und sich bei jeder Bewegung zusätzlich verschieben, was eine exakte Platzierung der Elektroden über bestimmte Muskeln stark erschwert oder gar unmöglich macht. Mit dem erfindungsgemäßen Verfahren wird es nunmehr auch ohne exakte Platzierung der Elektroden über bestimmte Muskeln ermöglicht, Aktionspotentiale im Inneren des Unterarms zu ermitteln.
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Die Erfindung betrifft ferner eine Vorrichtung zur rechnergestützten Verarbeitung von mit einer Mehrzahl von Elektroden gemessenen Aktionspotentialen des menschlichen oder tierischen Körpers, insbesondere von Aktionspotentialen von Muskeln, wobei die Vorrichtung eine Rechnereinheit umfasst, welche derart ausgestaltet ist, dass sie im Betrieb für ein Volumen des menschlichen oder tierischen Körpers, welches benachbart zu den Elektroden liegt und somit ursächlich für die Aktionspotentiale der Elektroden ist, folgende Schritte durchführt:
- – es werden mehrere unterschiedliche Volumenaufteilungen des Volumens bestimmt oder vorgegeben, wobei jede Volumenaufteilung das Volumen in eine Vielzahl von aneinander angrenzenden Volumensegmenten aus mehreren Volumenelementen zerlegt und jedem Volumensegment ein Segment-Aktionspotential als Variable zugeordnet ist, welches ein konstantes Aktionspotential für alle Volumenelemente innerhalb des jeweiligen Volumensegments ist;
- – für jede Volumenaufteilung werden folgende Teilschritte i) und ii) durchgeführt:
i) es wird ein Gleichungssystem bestimmt, in dem das an jeder Elektrode für einen vorbestimmten Messzeitpunkt gemessene Aktionspotential als eine Summe aus Termen modelliert wird, wobei für jedes Segment-Aktionspotential ein Term existiert, der das Produkt aus dem Segment-Aktionspotential mit einem vorbestimmten Faktor darstellt, der den Einfluss des Segment-Aktionspotentials auf das an der jeweiligen Elektrode gemessene Aktionspotential darstellt;
ii) das Gleichungssystem wird gelöst, wodurch Werte für die Segment-Aktionspotentiale und hierdurch Werte für die Aktionspotentiale jedes Volumenelements innerhalb des Volumens erhalten werden;
- – die Werte der Aktionspotentiale der einander entsprechenden Volumenelemente aller Volumenaufteilungen werden gemittelt und die hierdurch erhaltenen Mittelwerte werden ausgegeben.
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Die oben beschriebene erfindungsgemäße Vorrichtung ist vorzugsweise derart ausgestaltet, dass sie zur Durchführung einer oder mehrerer bevorzugter Varianten des erfindungsgemäßen Verfahrens geeignet ist.
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Die Erfindung betrifft ferner ein Computerprogrammprodukt mit einem auf einem maschinenlesbaren Träger gespeicherten Programmcode zur Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens bzw. einer oder mehrerer bevorzugter Varianten des erfindungsgemäßen Verfahrens, wenn der Programmcode auf einem Computer ausgeführt wird.
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Darüber hinaus betrifft die Erfindung ein Computerprogramm mit einem Programmcode zur Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens bzw. einer oder mehrerer bevorzugter Varianten des erfindungsgemäßen Verfahrens, wenn der Programmcode auf einem Rechner ausgeführt wird.
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Ausführungsbeispiele der Erfindung werden nachfolgend anhand der beigefügten Figuren detailliert beschrieben.
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Es zeigen:
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1 die Vermessung von Aktionspotentialen über ein Elektroden-Array am menschlichen Unterarm, wobei die gemessenen Aktionspotentiale anschließend mit einer Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens verarbeitet werden;
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2 eine schematische Darstellung einer mit dem erfindungsgemäßen Verfahren vorgenommenen Volumenaufteilung im menschlichen Körper; und
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3 eine schematische Darstellung, welche Ergebnisse des erfindungsgemäßen Verfahrens für ein Volumen mit vorbestimmten Aktionspotentialen verdeutlicht.
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Nachfolgend wird eine Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens am Beispiel der Auswertung von Aktionspotentialen beschrieben, welche über ein Elektroden-Array am Unterarm des menschlichen Körpers gemessen wurde. 1 zeigt den entsprechenden Messvorgang an dem Unterarm U einer Person. Dabei sind an dem Unterarm eine Vielzahl von monopolaren Elektroden 2 angebracht, welche die durch die Muskelaktivität des Unterarms hervorgerufenen Aktionspotentiale in der Form entsprechender Spannungswerte erfassen. Es werden dabei monopolare Elektroden verwendet, welche das Potential gegen ein vorgegebenes Referenzpotential messen. Die von den einzelnen Elektroden 2 erfassten Aktionspotentiale sind in 1 mit vr bezeichnet. Aus Übersichtlichkeitsgründen wurde nur ein Teil der Elektroden mit dem Bezugszeichen 2 und dem entsprechenden Potential vr spezifiziert.
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Ziel des erfindungsgemäßen Verfahrens ist es nunmehr, die Aktionspotentiale im Inneren des menschlichen Unterarms U basierend auf den von den Elektroden gemessenen Potentialwerten zu bestimmen. Dabei sind die Positionen der einzelnen Elektroden auf dem Unterarm bekannt. Erfindungsgemäß wird davon ausgegangen, dass sich ein gemessenes Aktionspotential vr einer einzelnen Elektrode 2 aus der Summe der Potentialfelder entsprechender Volumenelemente bzw. Voxel im Inneren des Unterarms U ergibt. Die einzelnen Terme der Summe sind dabei mit einem Faktor gewichtet. Die einzelnen Faktoren können vorab experimentell bzw. empirisch ermittelt sein. Insbesondere hat sich eine Modellierung der Faktoren basierend auf einer Funktion als geeignet erwiesen, welche mit zunehmendem Abstand zwischen dem entsprechenden Volumenelement und der Elektrode abnimmt. Vor allem repräsentiert eine quadratische oder kubische Abnahme der Funktionswerte mit dem Abstand sehr gut die anatomischen bzw. physikalischen Gegebenheiten im entsprechenden Volumen des menschlichen bzw. tierischen Körpers. In der hier beschriebenen Ausführungsform ergibt sich der Faktor aus einer Funktion, welche quadratisch mit dem Abstand zwischen Volumenelement und Elektrode abnimmt.
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Das gemessene Aktionspotential v
r einer Elektrode
2 lässt sich somit mathematisch durch folgende Formel darstellen:
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Dabei bezeichnet vs das Aktionspotential eines Volumenelements s. dr,s ist der Faktor, welcher das Potential des Volumenelementes s zur entsprechenden Position der Elektrode 2 abschwächt. Wie oben erwähnt, kann dieser Faktor z. B. durch eine distanzabhängige Funktion, welche vom Abstand zwischen dem Volumenelement s und der Position der Elektrode 2 abhängt, approximiert werden. Für alle Elektroden r1, r2, usw. des Elektroden-Arrays und alle Volumenelemente s1, s2, usw. im Unterarm kann die Modellierung des Aktionspotentials gemäß Gleichung (1) in folgender Matrixschreibweise dargestellt werden: vr = Dvs (2).
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D stellt die entsprechende Matrix aus den Faktoren dr,s dar, wobei r den Index der Elektroden und s den Index der Volumenelemente repräsentiert.
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Die gemessenen Aktionspotentiale einer Elektrode werden somit durch ein lineares Gleichungssystem aus Aktionspotentialen von Volumenelementen dargestellt. Demzufolge können die Aktionspotentiale im entsprechenden Volumen des Unterarms durch die Lösung dieses linearen Gleichungssystems ermittelt werden.
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Mathematisch kann die Lösung des obigen Gleichungssystems (2) durch folgende Minimierung der 2-Norm dargestellt werden:
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Dieses Minimierungsproblem kann auf einfache Weise mit Hilfe der an sich bekannten Berechnung der Moore-Penrose-Pseudoinversen wie folgt gelöst werden: vs = D+vr (6).
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Dabei stellt D+ die pseudoinverse Matrix von D dar.
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Da die Anzahl der Elektroden, mit denen die Aktionspotentiale gemessen werden, in der Regel wesentlich geringer ist als die Einteilung des Volumens in Volumenelemente, ist das obige Gleichungssystem (2) stark unterbestimmt. Deshalb wird zu dessen Lösung eine Regularisierung verwendet. Diese Regularisierung beruht auf der Annahme, dass eine Vielzahl von benachbarten Volumenelementen in Bins bzw. Volumensegmenten zusammengefasst werden können, wobei die Aktionspotentiale der Volumenelemente innerhalb eines Volumensegments das gleiche Aktionspotential vb aufweisen. Die Anzahl |b| der Bins wird in der hier beschriebenen Ausführungsform mit der Anzahl |r| der Elektroden des Elektroden-Array gleichgesetzt.
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Die obige Gleichung (1) kann somit wie folgt umgeschrieben werden:
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Da alle Aktionspotentiale v
s innerhalb eines Bins den gleichen Wert aufweisen, kann das Aktionspotential für die Volumenelemente eines Bins durch den einzelnen Wert
repräsentiert werden. Auf diese Weise lässt sich die obige Gleichung (7) wie folgt schreiben:
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Die obigen Faktoren d
r,s können nunmehr zu einem gemeinsamen Faktor d
r,b für ein Volumensegment wie folgt zusammengefasst werden:
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Somit kann die obige Gleichung (8) wie folgt geschrieben werden:
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Die Faktoren d
r,b für alle Volumensegmente können nunmehr als eine Matrix D
b und deren Pseudoinverse als Matrix
D + / b repräsentiert werden. Somit kann die Lösung des obigen Gleichungssystems (10) für alle Elektroden wie folgt geschrieben werden:
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Dieses Gleichungssystem ist nunmehr nicht mehr unterbestimmt und kann in an sich bekannter Weise mit der Moore-Penrose-Pseudoinversen D + / b gelöst werden.
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In der hier beschriebenen Ausführungsform der Erfindung werden die einzelnen Volumensegmente, auf deren Basis die Aktionspotentiale
ermittelt werden, zufällig festgelegt. Dabei liefert eine einmalige zufällige Volumenaufteilung in entsprechende Segmente ein eher unwahrscheinliches Bild der tatsächlich korrekten Verteilung der elektrischen Potentiale, welche zu den gemessenen Aktionspotentialen an den Elektroden führen. Zur Lösung dieses Problems wird eine Vielzahl von zufälligen Volumenaufteilungen ermittelt und dann der Mittelwert der Aktionspotentiale über diese Volumenaufteilungen berechnet.
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Die Bestimmung der in der hier beschriebenen Ausführungsform verwendeten Volumenaufteilungen wird für eine Schicht im Volumen des menschlichen Körpers anhand von
2 verdeutlicht. Die Schicht weist dabei eine Dicke von einem Voxel auf und ist in Draufsicht dargestellt. Im Rahmen der Ermittlung der Volumenaufteilung VA wird zunächst eine Vielzahl von Referenz-Voxeln VO entsprechend der Anzahl von zu bestimmenden Volumensegmenten SE (d. h. entsprechend der Anzahl von Elektroden) im Volumen festgelegt. Diese Voxel VO sind durch entsprechende Punkte angedeutet und aus Übersichtlichkeitsgründen nur teilweise mit dem Bezugszeichen VO versehen. Anschließend werden über ein Nearest-Neighbor-Verfahren die einzelnen Volumensegmente SE bestimmt, denen jeweils das gleiche Segment-Aktionspotential v
SE zugeordnet ist. Das Potential v
SE entspricht dabei dem obigen Potential
Gemäß dem Nearest-Neighbor-Verfahren wird für jedes Voxel dasjenige Referenzvoxel VO ermittelt, welches den geringsten Abstand zum jeweiligen Voxel aufweist. Das jeweilige Voxel und das Referenzvoxel VO werden dann dem gleichen Volumensegment SE und damit dem gleichen Aktionspotential v
SE zugewiesen. Auf diese Weise ergeben sich die über entsprechende Linien voneinander abgegrenzten Volumensegmente SE der
2. Diese Volumenaufteilungen werden nunmehr mehrere Male zufällig bestimmt, wobei für jede Volumenaufteilung dann das obige Gleichungssystem basierend auf Gleichungen (11) bis (13) gelöst wird. Üblicherweise werden dabei in etwa 100 bis 500 Volumenaufteilungen VA verwendet. Anschließend werden die Aktionspotentiale der einander entsprechenden Volumenelemente in den einzelnen Volumenaufteilungen gemittelt, wodurch schließlich eine Verteilung der Aktionspotentiale im entsprechenden Volumen des menschlichen Unterarms erhalten wird.
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Das erfindungsgemäße Verfahren wurde beispielhaft für eine in einer Volumenschicht simulierte Aktionspotentialverteilung getestet. Dies ist anhand von 3 verdeutlicht. Dabei ist im linken Diagramm DI1 der 3 die simulierte Aktionspotentialverteilung für eine Vielzahl von Paaren aus kreisförmig angeordneten Elektroden 2 wiedergegeben. Die Elektroden sind aus Übersichtlichkeitsgründen wiederum nur teilweise mit dem Bezugszeichen 2 bezeichnet. Die fünf dargestellten flächigen Bereiche B weisen ein konstantes hohes Aktionspotential auf, wohingegen das Potential außerhalb der Bereiche den Wert 0 aufweist. Basierend auf der dargestellten Aktionspotentialverteilung wurden unter der Annahme, dass das Aktionspotential quadratisch mit dem Abstand zu den entsprechenden Elektroden abnimmt, die gemessenen Aktionspotentiale an den Elektrodenpaaren ermittelt und damit simuliert. Basierend auf diesen Aktionspotentialen wurde dann mit dem oben beschriebenen Verfahren auf die Verteilung der Aktionspotentiale im Volumen rückgerechnet. Bei der Rückrechnung wurde wiederum von einer quadratischen Abnahme der Aktionspotentiale mit dem Abstand zu den Elektroden ausgegangen. Die rückgerechnete Verteilung ist im Diagramm DI2 angedeutet. Durch die Begrenzungslinie L wird dabei der Bereich angedeutet, in dem nennenswerte Aktionspotentiale ermittelt werden konnten. Demgegenüber bezeichnen die Bereiche B' Gebiete mit den höchsten Aktionspotentialen. Man erkennt, dass die Bereiche B der gemessenen Aktionspotentiale gemäß dem Diagramm DI1 sehr gut mit entsprechenden Bereichen B' von berechneten Aktionspotentialen gemäß dem Diagramm DI2 korrelieren. Für das dargestellte Diagramm DI2 wurde das arithmetische Mittel aus 200 zufällig erzeugten Volumenaufteilungen VA bestimmt.
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Die im Vorangegangenen beschriebenen Ausführungsformen des erfindungsgemäßen Verfahrens weisen eine Reihe von Vorteilen auf. Insbesondere kann mit einem mathematisch sehr einfachen und damit rechenunaufwändigen Verfahren sehr gut die Verteilung von Aktionspotentialen im menschlichen bzw. tierischen Körper basierend auf entsprechenden Messungen von Elektroden bestimmt werden. Das Verfahren kann dabei in verschiedenen Bereichen eingesetzt werden. Insbesondere kann mit dem Verfahren die Verteilung von Aktionspotentialen visualisiert werden und diese Visualisierung kann dann zur Stellung von Diagnosen durch einen Arzt eingesetzt werden. Die diagnostische Erstellung basierend auf der Visualisierung ist dabei nicht Teil des erfindungsgemäßen Verfahrens. Ferner können die mit dem erfindungsgemäßen Verfahren gewonnenen Aktionspotentiale z. B. zur Prothesensteuerung oder auch in anderen wissenschaftlichen Bereichen (z. B. Sportwissenschaften) geeignet verwendet werden.
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Literaturverzeichnis
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- [1] van den Doel, K., Ascher, U. M., Pai, P., 2008, Computed myography: three-dimensional reconstruction of motor functions from surface emg data. Inverse Problems, 24(6): 065010.
- [2] US 2002/0128565 A1