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Stand der Technik
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Die Erfindung geht aus von einer Zinnbeschichtung nach der Gattung des unabhängigen Patentanspruchs 1, einem zugehörigen Kontaktelement nach der Gattung des unabhängigen Patentanspruchs 7 und einem Verfahren zum Aufbringen einer Zinnbeschichtung nach der Gattung des unabhängigen Patentanspruchs 8.
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Zur Umstellung auf bleifreie Beschichtungen werden mehrheitlich galvanische Zinnbeschichtungen verwendet. Unter Zinnbeschichtung ist ein Beschichtungssystem zu verstehen, welches mindestens aus einer Zinn enthaltenden Schicht gebildet ist. Darunter fällt auch eine vollständig aus Zinn bestehende Schicht oder eine Schicht, welche aus einer für die vorgesehene Anwendung geeigneten Zinnlegierung gebildet ist. Zusätzlich können neben der mindestens einen Zinn enthaltenden Schicht zu dieser angrenzend weitere Schichten aus anderen Materialzusammensetzungen vorgesehen sein. Bei den galvanischen Zinnbeschichtungen kann zwischen mattem Zinn und Glanzzinn unterschieden werden. Matte Zinnbeschichtungen weisen eine quasi kolumnare Kornstruktur auf. Die Zinnbeschichtungen werden typischerweise auf Kupfer bzw. Kupferlegierungen abgeschieden. Die Textur ist für das Schichtsystem meist einheitlich, hängt jedoch vom verwendeten Elektrolyt und der Prozessführung ab. Heute sind matte Zinnbeschichtungen im Einsatz, welche eine Korngröße aufweisen, welche typischerweise im Bereich von 3 bis 5 µm liegen. Die Zinnbeschichtungen neigen jedoch ohne weitere Gegenmaßnahmen zu Whiskerwachstum. Bei den Glanzzinnschichten ist typischerweise auch eine kolumnare Kornstruktur vorhanden. Der wesentliche Unterschied besteht jedoch in der deutlich kleineren Korngröße, welche typischerweise im Bereich von 0,2 bis 2 µm liegt, wodurch sich das namensgebende glänzende Aussehen ergibt. Beide Zinnbeschichtungen haben die Tendenz Whisker (Zinnhaare) zu bilden, welche aus der Zinn enthaltenden Schicht unkontrolliert herauswachsen. Diese Whisker können dann gegebenenfalls einen elektrischen Kurzschluss herbeiführen und damit zur Fehlfunktion von elektronischen Anwendungen führen.
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Die Whiskerneigung korreliert direkt mit dem Entstehen eines Spannungsgradienten in der Zinnbeschichtung, welcher lateral und senkrecht dazu besteht. Häufig steht die Zinnbeschicht insgesamt nach einiger Zeit unter Druckspannung. Dies kann insbesondere bei Schichtsystemen beobachtet werden, bei welchen Zinn (Sn) oder einer Zinnlegierung direkt auf Kupfer (Cu) abgeschieden wird. Die Druckspannung ist in Verbindung mit einem korrespondierenden Gradienten die Triebkraft für das Whiskerwachstum.
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Wie aus dem Artikel „Stress Relaxation Mechanism of Sn and SnPb Coatings Electrodeposited on Cu: Avoidence of Whiskering", Sobiech et al., Journal of Electronic Materials, Vol. 40, No. 11, 2011 bekannt ist, kann die Whiskerneigung durch eine equiaxiale Kornstruktur beseitigt werden.
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In der Offenlegungsschrift
DE 10 2004 030 930 A1 werden beispielsweise zinnbeschichtete Leiterplatten mit geringer Neigung zur Whiskerbildung beschrieben. Die beschichtete Leiterplatte umfasst mindestens eine nicht leitende Basisschicht, welche beispielsweise Epoxide, Epoxidcomposite, Teflon, Cyanatester, Keramik, Cellulose und Cellulosecomposite, auf diesen Stoffen basierende Materialien sowie flexible Basisschichten auf Basis von Polyimid aufweist, mindestens eine Schicht aus Kupfer und/oder einer Kupferlegierung und eine zinnhaltige Schicht, welche mindestens ein weiteres metallisches Element wie beispielsweise Platin (Pt), Gold (Au), Nickel (Ni), Silber (Ag), Kupfer (Cu), Indium (In), Zink (Zn), Blei (Pb), Germanium (Ge), Gallium (Ga), Magnesium (Mg), Antimon (Sb), Mangan (Mn), Zirkonium (Zr), Kalzium (Ca) und Wismut (Bi) aufweist.
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Offenbarung der Erfindung
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Die erfindungsgemäße Zinnbeschichtung mit den Merkmalen des unabhängigen Patentanspruchs 1 hat demgegenüber den Vorteil, dass die equiaxiale Kornstruktur durch eine abwechselnde Schichtstruktur ohne Verwendung von Blei erreicht wird, welche einfach durch sequentielles Abscheiden der korrespondierenden Zinn enthaltenden Schichten bzw. Zwischenschicht umgesetzt werden kann. Dadurch wird praktisch durch das Design selbst die equiaxiale Struktur geschaffen, welche das Whiskerwachstum, analog zu Zinn-Blei-Schichten minimiert. Eine solche Zinnbeschichtung mit mindestens zwei Zinn enthaltenden Schichten und mindestens einer Zwischenschicht, welche die mindestens zwei Zinn enthaltenden Schichten voneinander trennt, kann durch die Bereitstellung von lateralen Diffusionspfaden bzw. die Erhöhung der Anzahl von lateralen Diffusionspfaden bzw. Korngrenzen die entstehenden Druckspannungen besser dreidimensional verteilen, so dass in vorteilhafter Weise nur flache Spannungsgradienten (< 20MPa/µm) entstehen können. Erfindungsgemäß ergeben sich besondere Vorteile für Schichten aus Zinn enthaltenden Materialien, welcher unter bisher bekannter Anwendung, insbesondere in der Aufbau- und Verbindungstechnik im Elektronikbereich, zur Whiskerbildung neigen. Insbesondere sind hier zinnhaltige Lotlegierungen, vor allem mit einem Zinnanteil von mehr als 50 Prozent, ganz besonders von mehr als 70 Prozent, zu nennen. Ebenso fallen zahlreiche bleifreie Zinn-Lote darunter. Vorzugsweise werden die einzelnen Zinn enthaltenden Schichten bzw. Zwischenschichten über galvanische Prozesse abgeschieden. Alternativ können die einzelnen Zinn enthaltenden Schichten bzw. Zwischenschichten durch andere geeignete Verfahren bzw. Prozesse, wie beispielsweise durch chemische oder physikalische Gasphasenabscheidung, Dampfphasenbeschichtungsverfahren, durch Schmelztauchen usw., abgeschieden bzw. aufgetragen werden. Durch die erfindungsgemäß modifizierte Zinnbeschichtung werden Druckspannungen nicht über Whiskerwachstum sondern über ein globales Kornwachstum bzw. neu entstehende Körner innerhalb der Zinnbeschichtung abgebaut, da die Diffusion der Atome ungerichtet stattfindet.
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Der Kern der Erfindung besteht darin, die Gesamtschicht aus mehreren Teilschichten aus Zinn enthaltenden Materialien aufzubauen, welche durch Zwischenschichten eines geeigneten Materials unterbrochen werden. Dadurch kann das Risiko der Whiskerbildung in vorteilhafter Weise auf das für Zinn-Blei-Schichten bekannte niedrige Risiko der Whiskerbildung reduziert werden. Zu diesem Zweck wird der Aufbau der Kornstruktur der aufzubringenden Zinn enthaltenden Schichten während der Abscheidung mehrere Male derart unterbrochen, dass eine für das Gesamtsystem charakteristische kolumnare Struktur verhindert wird. Durch diese Art des Aufbaus wird die Mikrostruktur der Zinnbeschichtung derart geändert, dass sich zusätzliche laterale Korngrenzen ausbilden, und damit das Zinn bzw. das Zinn enthaltende Material insgesamt schneller Spannungsgradienten abbauen kann und es so nicht zur der für Whiskerbildung hinreichenden und notwendigen Bedingung von meist integraler Druckspannung bis nahe zur Fließgrenze des Schichtmaterials, in Verbindung mit lateralen und senkrechten negativen Spannungsgradienten (z.B. > 20MPa/µm) kommt. Die wünschenswerte equiaxiale Kornstruktur der Zinnbeschichtung kann in vorteilhafter Weise unabhängig vom verwendeten Elektrolyten und dem zu beschichtenden Objekt erzeugt werden. Damit stellt dieses neue Schichtsystem einen auf wissenschaftlichen Erkenntnissen basierende Änderung zu bisherigen Systemen dar. Die Realisierung der erfindungsgemäßen Zinnbeschichtung kann mit nahezu jeder Galvanikanlage nach entsprechender Anpassung realisiert werden.
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Die Unterbrechung der einzelnen Zinn enthaltenden Schichten ist praktisch durch alle auf Zinn oder einer Zinnlegierung abscheidbaren chemischen Elemente gegeben, auf welchen sich wieder Zinn bzw. eine Zinnlegierung abscheiden lässt.
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Ausführungsformen der vorliegenden Erfindung stellen eine Zinnbeschichtung mit einer im Wesentlichen equiaxialen Kornstruktur zur Verfügung, welche erfindungsgemäß mindestens zwei sequentiell aufgebrachte Zinn enthaltenden Schichten aufweist, welche durch eine Zwischenschicht voneinander getrennt sind. Die Zwischenschicht erzeugt in vorteilhafter Weise lateral verlaufende Korngrenzen in den angrenzenden Zinn enthaltenden Schichten.
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Zudem wird ein Verfahren zum Aufbringen einer Zinnbeschichtung mit einer im Wesentlichen equiaxialen Kornstruktur auf ein Kontaktelement mit zumindest einem Kontaktabschnitt, welcher ausgebildet ist, einen elektrischen Federkontakt und/oder einen elektrischen Kontakt durch Schneidklemmen und/oder Crimpen und/oder Bördeln und/oder Nieten und/oder Schrauben und/oder Verstemmen und/oder Einpressen und/oder Falten und/oder Biegen und/oder Löten herzustellen, insbesondere auf ein Substrat oder einen Einpresspin, vorgeschlagen, welches insbesondere Kupfer oder Eisen oder Aluminium oder eine Legierung aus Kupfer oder Eisen oder Aluminium umfasst. Erfindungsgemäß wird die Zinnbeschichtung aus mindestens zwei Zinn enthaltenden Schichten aufgebaut, welche sequentiell auf dem zumindest einen Kontaktabschnitt des Kontaktelements abgeschieden werden, wobei zwischen den mindestens zwei Zinn enthaltenden Schichten eine Zwischenschicht abgeschieden wird, so dass lateral verlaufende Korngrenzen in den angrenzenden Zinn enthaltenden Schichten erzeugt werden. Vorzugsweise werden die einzelnen Zinn enthaltenden Schichten bzw. Zwischenschichten über galvanische Prozesse abgeschieden.
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Ausführungsformen der erfindungsgemäßen Zinnbeschichtung mit einer im Wesentlichen equiaxialen Kornstruktur können beispielsweise als Teil einer Beschichtungsanordnung auf ein Kontaktelement mit zumindest einem Kontaktabschnitt, welcher ausgebildet ist, einen elektrischen Federkontakt und/oder einen elektrischen Kontakt durch Schneidklemmen und/oder Crimpen und/oder Bördeln und/oder Nieten und/oder Schrauben und/oder Verstemmen und/oder Einpressen und/oder Falten und/oder Biegen und/oder Löten herzustellen, insbesondere auf ein Substrat oder einen Einpresspin, aufgebracht werden, welches insbesondere Kupfer oder Eisen oder Aluminium oder eine Legierung aus Kupfer oder Eisen oder Aluminium umfasst.
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Durch die in den abhängigen Ansprüchen aufgeführten Maßnahmen und Weiterbildungen sind vorteilhafte Verbesserungen der im unabhängigen Patentanspruch 1 angegebenen Zinnbeschichtung und des im unabhängigen Patentanspruch 8 angegebenen Verfahrens zum Aufbringen einer Zinnbeschichtung möglich.
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Vorzugsweise kann die Zinnbeschichtung drei oder vier sequentiell aufgebrachte Zinn enthaltende Schichten aufweisen, wobei jeweils zwei Zinn enthaltende Schichten durch eine Zwischenschicht voneinander getrennt werden können. Selbstverständlich können je nach Anforderung und Anwendung auch weniger als drei Zinn enthaltende Schichten oder mehr als vier Zinn enthaltende Schichten sequentiell aufgebracht werden. Die einzelnen Zinn enthaltenden Schichten können beispielsweise eine Schichtdicke im Bereich von 0,1 bis 3 µm aufweisen. Die einzelnen Zwischenschichten können beispielsweise eine Schichtdicke im Bereich von 2 bis 100 nm, bevorzugt von 10 bis 50 nm, besonders bevorzugt von 10 bis 20 nm, aufweisen. Je dünner die Zwischenschicht ausgeführt ist, um so einfacher bilden sich Diffusionspfade zwischen den an die Zwischenschicht angrenzenden Zinn enthaltenden Schichten aus. Dadurch wird die Ausbildung einer equiaxialen Kornstruktur der Zinnbeschichtung besonders begünstigt. Bei einer Schichtabfolge von mehreren Zinn enthaltenden Schichten bzw. Zwischenschichten können sich eine oder mehrere der Zinn enthaltenden Schichten untereinander bzw. eine oder mehrere der Zwischenschichten untereinander in ihrer jeweiligen Materialzusammensetzung und/oder in ihrer jeweiligen Schichtdicke unterscheiden.
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Besonders vorteilhaft ist, dass die mindestens zwei sequentiell aufgebrachten Zinn enthaltenden Schichten jeweils eine im Wesentlichen kolumnare Kornstruktur aufweisen können. Die equiaxiale Kornstruktur der Zinnbeschichtung wird durch das abwechselnde Abscheiden der Zinn enthaltenden Schichten mit der kolumnaren Kornstruktur und der korrespondierenden Zwischenschicht umgesetzt, welche die beiden Zinn enthaltenden Schichten trennt.
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In vorteilhafter Ausgestaltung der erfindungsgemäßen Zinnbeschichtung kann die Zwischenschicht aus mindestens einem chemischen Element bestehen, welches auf Zinn bzw. auf einer Zinnlegierung abscheidbar ist und auf welchem Zinn bzw. eine Zinnlegierung abscheidbar ist.
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In vorteilhafter Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens wird das mindestens eine chemischen Element der Zwischenschicht aus einer Materialgruppe ausgewählt, deren Mitglieder im Wesentlichen keine Druckspannungen in der Zinn enthaltenden Schicht aufbauen. Des Weiteren kann das mindestens eine chemische Element der Zwischenschicht aus einer Materialgruppe ausgewählt werden, deren Mitglieder eine intermetallische Phase mit Zinn ausbilden, die vorteilhafter Weise keine Druckspannungen in der Zinn enthaltenden Schicht erzeugt, oder nicht mit Zinn reagieren. Somit können die auftretenden Druckspannungen in der Zinnbeschichtung und somit das Risiko von Whiskerwachstum in vorteilhafter Weise bereits durch eine geeignete Materialauswahl vermieden bzw. reduziert werden.
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Ein Ausführungsbeispiel der Erfindung sowie eine Beschichtungsanordnung mit einer herkömmlichen Zinnbeschichtung sind in den Zeichnungen dargestellt und werden in der nachfolgenden Beschreibung näher erläutert. In den Zeichnungen bezeichnen gleiche Bezugszeichen Komponenten bzw. Elemente, die gleiche bzw. analoge Funktionen ausführen.
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Kurze Beschreibung der Zeichnungen
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1 zeigt eine schematische Darstellung einer Beschichtungsanordnung mit einem Ausführungsbeispiel einer erfindungsgemäßen Zinnbeschichtung.
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2 zeigt eine schematische Strukturdarstellung der Beschichtungsanordnung aus 1.
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3 zeigt eine schematische Strukturdarstellung einer Beschichtungsanordnung mit einer herkömmlichen Zinnbeschichtung zur Erläuterung der Whiskerbildung.
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Ausführungsformen der Erfindung
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Eine bekannte Enstehungsart von Zinn-Whiskern begründet sich auf der Reaktion von Zinn (Sn) mit Kupfer (Cu). Wie aus 3 ersichtlich ist, umfasst die dargestellte Beschichtungsanordnung 1‘ ein Substrat 3, welches aus Kupfer oder einer Kupferlegierung besteht, und eine herkömmliche galvanisch auf das Substrat 3 aufgebrachte Zinnbeschichtung 5‘. Die Zinnbeschichtung 5‘ besteht aus einer Zinnschicht Sn mit einer vorgegebenen Schichtdicke dSn, welche eine kolumnare Kornstruktur mit relativ großen, kolumnaren Körnern 10 mit im Wesentlichen vertikalen Korngrenzen 10.1 aufweist. Alternativ kann die Schicht neben Zinn auch weitere Materialien enthalten und insbesondere in Form einer Zinnlegierung vorliegen. Das bedeutet, dass die einzelnen Körner 10 der Kornstruktur der Zinnschicht Sn durch die vertikal verlaufenden Korngrenzen 10.1 getrennt sind und innerhalb der Zinnschicht Sn keine lateral verlaufenden Korngrenzen vorhanden sind. Bei Raumtemperatur diffundieren Kupferatome aus dem Substrat 3 in die Zinnschicht Sn, so dass an den vertikalen Korngrenzen 10.1 eine intermetallische Phase (Cu6Sn5) und im Substrat 3 eine Diffusionszone 3.1 entsteht, aus welcher die Kupferatome entlang der vertikalen Korngrenzen 10.1 diffundieren. In 3 ist die Diffusionsrichtung der Kupferatome mit 7 bezeichnet. Durch die Volumenausdehnung (~40%) werden in Pfeilrichtung mechanische Druckspannungen F induziert, welche durch die Ausbildung von Spannungsgradienten zu Whiskerwachstum führen. Die Whiskerneigung korreliert somit direkt mit dem Entstehen eines Spannungsgradienten in der Zinnschicht Sn, welcher lateral und senkrecht dazu besteht. Insgesamt steht die Zinnschicht Sn nach einigen Tagen unter Druckspannung F. Die Druckspannung F und der dazugehörige Gradient sind die Triebkräfte für das Whiskerwachstum. Ein solcher Whisker 5.1 wächst infolge der Korngrenzen-Diffusion des Zinns zur Whiskerwurzel einkristallin, wobei die Whiskerwachstumsgeschwindigkeit und die Whiskerlänge proportional zur induzierten Druckspannung F sind. Die Whisker 5.1 wachsen aufgrund der durch die Ausbildung der intermetallischen Phase bei Raumtemperatur auftretenden mechanischen Druckspannung F häufig bereits nach 2 bis 3 Tagen. Des Weiteren kann die mechanische Druckspannung F in Zinnschichten Sn mit kolumnaren Kornstrukturen durch Oxidation, welche insbesondere durch eine aggressive Umgebung gefördert wird, durch einwirkende externe Druckkräfte und durch thermisches Zyklieren hervorgerufen werden. In letzterem Fall kann das Einbringen der Spannungsgradienten beim thermischen Zyklieren durch die Verwendung von Materialen verursacht werden, welche unterschiedliche thermische Ausdehnungskoeffizienten aufweisen.
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Wie aus 1 und 2 ersichtlich ist, umfasst das dargestellte Ausführungsbeispiel einer erfindungsgemäßen Beschichtungsanordnung 1 ein Substrat 3, welches im dargestellten Ausführungsbeispiel Kupfer oder eine Kupferlegierung umfasst, und eine auf das Substrat 3 aufgebrachte Zinnbeschichtung 5, welche eine im Wesentlichen equiaxialen Kornstruktur aufweist. Die Zinnbeschichtung ist beispielsweise auf einem oder mehreren Kontaktelementen des Substrates 3 abgeschieden. Mittels des Kontaktelementes wird beispielsweise durch Verlöten oder Einpressen ein elektrischer Kontakt mit einem elektrischen Bauelement, z.B. einem Anschluss eines Chips oder einem Einpresspin einer Steckerschiene, ausgebildet. Das Kontaktelement kann beispielsweise in Form eines auf dem Substrat 3 angeordneten Kontaktpads oder einer im Substrat 3 ausgebildeten Einpresszone vorliegen. Zur Ausbildung der equiaxialen Kornstruktur weist die Zinnbeschichtung 5 erfindungsgemäß mindestens zwei sequentiell aufgebrachte Zinn enthaltenden Schichten Sn1, Sn2, Sn3 auf, welche durch eine Zwischenschicht ZW1, ZW2 voneinander getrennt sind. Die jeweilige Zwischenschicht ZW1, ZW2 erzeugt in vorteilhafter Weise lateral verlaufende Korngrenzen 10.2 in den angrenzenden Zinn enthaltenden Schichten Sn1, Sn2, Sn3.
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Wie aus 1 und 2 weiter ersichtlich ist, weist die erfindungsgemäße Zinnbeschichtung 5 im dargestellten Ausführungsbeispiel drei sequentiell aufgebrachte Zinn enthaltenden Schichten Sn1, Sn2, Sn3 und zwei korrespondierende Zwischenschichten ZW1, ZW2 auf, welche jeweils zwei benachbarte Zinn enthaltenden Schichten Sn1, Sn2, Sn3 voneinander trennen. Vorzugsweise werden die einzelnen Zinn enthaltenden Schichten Sn1, Sn2, Sn3 bzw. Zwischenschichten ZW1, ZW2 über galvanische Prozesse abgeschieden. Alternativ können die einzelnen Zinn enthaltenden Schichten Sn1, Sn2, Sn3 bzw. Zwischenschichten ZW1, ZW2 durch andere geeignete Verfahren bzw. Prozesse, wie beispielsweise über chemische oder physikalische Gasphasenabscheidung, Dampfphasenbeschichtungsverfahren, durch Schmelztauchen usw., abgeschieden bzw. aufgebracht werden. Die einzelnen sequentiell aufgebrachten Zinn enthaltenden Schichten Sn1, Sn2, Sn3 weisen weiterhin eine im Wesentlichen kolumnare Kornstruktur auf. Die equiaxiale Kornstruktur der Zinnbeschichtung 5 wird durch die abwechselnde Schichtstruktur erreicht, welche einfach durch sequentielles Abscheiden der korrespondierenden Zinn enthaltenden Schichten Sn1, Sn2, Sn3 und der Zwischenschichten ZW1, ZW2 umgesetzt werden kann. Somit wird durch das Design selbst die equiaxiale Struktur der Zinnbeschichtung 5 geschaffen, welche das Whiskerwachstum, analog zu Zinn-Blei-Schichten minimiert bzw. verhindert.
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Wie aus 1 und 2 weiter ersichtlich ist, wird im dargestellten Ausführungsbeispiel eine erste Zinn enthaltende Schicht Sn1 mit einer vorgegebenen Schichtdicke dSn1 auf dem Kontaktelement des Substrats 3 abgeschieden. Auf der ersten Zinn enthaltenden Schicht Sn1 wird dann eine erste Zwischenschicht ZW1 mit einer vorgegebenen Schichtdicke dZW1 abgeschieden. Auf der ersten Zwischenschicht ZW1 wird dann eine zweite Zinn enthaltende Schicht Sn2 mit einer vorgegebenen Schichtdicke dSn2 abgeschieden. Auf der zweiten Zinn enthaltenden Schicht Sn2 wird dann eine zweite Zwischenschicht ZW2 mit einer vorgegebenen Schichtdicke dZW2 abgeschieden, auf welcher dann eine dritte Zinn enthaltende Schicht Sn3 mit einer vorgegebenen Schichtdicke dSn3 abgeschieden wird. Somit bestehen die Zwischenschichten ZW1, ZW2 jeweils aus mindestens einem chemischen Element, welches auf Zinn (Sn) bzw. einer Zinnlegierung abscheidbar ist und auf welchem Zinn (Sn) bzw. eine Zinnlegierung abscheidbar ist. Selbstverständlich kann die Zinnbeschichtung 5 je nach Anforderung und Anwendung auch nur zwei Zinn enthaltenden Schichten aufweisen, welche durch eine Zwischenschicht getrennt sind, bzw. mehr als drei Zinn enthaltende Schichten aufweisen, wobei jeweils zwei Zinn enthaltende Schichten durch eine Zwischenschicht voneinander getrennt sind. Insgesamt weist die Zinnbeschichtung 5 eine vorgegebenen Gesamtschichtdicke dg auf.
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Wie aus 2 weiter ersichtlich ist, erzeugen die Zwischenschichten ZW1, ZW2 in den angrenzenden Zinn enthaltenden Schichten Sn1, Sn2, Sn3 zusätzlich zu den vertikal verlaufenden Korngrenzen 10.1 lateral verlaufende Korngrenzen 10.2, so dass in vorteilhafter Weise ein gerichtete Diffusion entlang den vertikal verlaufenden Korngrenzen 10.1 zur Whiskerbildung verhindert wird. Durch die Bereitstellung von lateralen bzw. ungerichteten Diffusionspfaden 7 bzw. die Erhöhung der Anzahl von lateralen bzw. ungerichteten Diffusionspfaden 7 können die entstehenden Druckspannungen in der Zinnbeschichtung 5 besser dreidimensional verteilt werden, so dass in vorteilhafter Weise nur flache Spannungsgradienten (< 20MPa/µm) entstehen können. Durch Ausführungsformen der erfindungsgemäßen Zinnbeschichtung 5 können Druckspannungen nicht über Whiskerwachstum sondern über ein globales Kornwachstum 9 bzw. neu entstehende Körner 12 innerhalb der Zinnbeschichtung 5 abgebaut werden, da die Diffusion der Atome ungerichtet stattfindet.
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Die einzelnen Zinn enthaltenden Schichten Sn1, Sn2, Sn3 können beispielsweise je nach Anforderung und Anwendung eine Schichtdicke dSn1, dSn2, dSn3 im Bereich von 0,1 bis 3 µm aufweisen. Die einzelnen Zwischenschichten ZW1, ZW2 können beispielsweise je nach Anforderung und Anwendung eine Schichtdicke dZW1, dZW2 im Bereich von 2 bis 100 nm aufweisen.
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Durch Ausführungsformen des erfindungsgemäßen Verfahrens zum Aufbringen einer Zinnbeschichtung 5 mit einer im Wesentlichen equiaxialen Kornstruktur auf ein Kontaktelement eines Substrats 3, welches insbesondere Kupfer oder Eisen oder Aluminium oder eine Legierung aus Kupfer oder Eisen oder Aluminium umfasst, wird die Zinnbeschichtung 5 erfindungsgemäß aus mindestens zwei Zinn enthaltenden Schichten Sn1, Sn2, Sn3 aufgebaut, welche sequentiell abgeschieden werden, wobei zwischen den mindestens zwei Zinn enthaltenden Schichten Sn1, Sn2, Sn3 eine Zwischenschicht ZW1, ZW2 abgeschieden wird, so dass lateral verlaufende Korngrenzen 10.2 in den angrenzenden Zinn enthaltenden Schichten Sn1, Sn2, Sn3 erzeugt werden. Vorzugsweise werden die einzelnen Zinn enthaltenden Schichten Sn1, Sn2, Sn3 bzw. Zwischenschichten ZW1, ZW2 über galvanische Prozesse abgeschieden.
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Das mindestens eine chemische Element der Zwischenschichten ZW1, ZW1 kann aus einer Materialgruppe ausgewählt werden, deren Mitglieder im Wesentlichen keine Druckspannungen in der Zinnbeschichtung 5 aufbauen. Des Weiteren kann das mindestens eine chemischen Element der Zwischenschichten ZW1, ZW2 aus einer Materialgruppe ausgewählt werden, deren Mitglieder eine intermetallische Phase mit Zinn Sn ausbilden oder nicht mit Zinn Sn reagieren. So können die Zwischenschichten ZW1, ZW2 beispielsweise Platin (Pt), Gold (Au), Nickel (Ni), Silber (Ag), Indium (In), Zink (Zn), Germanium (Ge), Gallium (Ga), Magnesium (Mg), Antimon (Sb), Mangan (Mn), Zirkonium (Zr), Kalzium (Ca) und Wismut (Bi) aufweisen, wobei vorzugsweise Silber (Ag), Wismut (Bi), Gold (Au), Indium (In), Nickel (Ni) oder Antimon (Sb) verwendet werden.
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Das Verfahren kann durch die definierte Beschichtungsabfolge und entsprechende Prozessüberwachung mit nahezu jeder Galvanikanlage nach entsprechender Anpassung der Beschichtungszellen ausgeführt werden.
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Insbesondere eignet sich die erfindungsgemäße Zinnbeschichtung in vorteilhafter Weise grundsätzlich auf elektrischen und/oder mechanischen Bauteilen, die unter einer mechanischen Spannung stehen und/oder einer Temperatur ausgesetzt sind, bei welcher bisher bekannte Zinnbeschichtungen zu Whiskerbildung neigen. Ausführungsformen der erfindungsgemäßen Zinnbeschichtung können beispielsweise auf Leiterbahnen und/oder Kontaktstellen und/oder Durchkontaktierungen eines Schaltungsträgers bzw. einer Platine und/oder auf Kontaktelemente eines elektrischen und/oder elektronischen Bauteils und/oder einer integrierten Schaltung (IC) aufgebracht werden. Besonders vorteilhaft erweist sich die erfindungsgemäße Zinnbeschichtung und deren Auftrag auf Kontaktelementen mit zumindest einem Kontaktabschnitt, der ausgebildet ist, einen elektrischen Kontakt durch Schneidklemmen und/oder einen Federkontakt und /oder Crimpen und/oder Bördeln und/oder Nieten und/oder Schrauben und/oder Verstemmung und/oder Einpressen und/oder Falten und/oder Biegen und/oder Löten herzustellen. In gleicher Weise fallen auch Einpresspins und/oder die hierzu passende Einpresszone darunter, ebenso Steckerkontakte, Stromschienen und Stanzgitter. In diesen Fällen wird die Zinnbeschichtung erfindungsgemäß aus den mindestens zwei Zinn enthaltenden Schichten aufgebaut, wobei diese sequentiell auf dem zumindest einen Kontaktabschnitt des Kontaktelementes abgeschieden werden, und wobei zwischen den mindestens zwei Zinn enthaltenden Schichten die Zwischenschicht abgeschieden wird, so dass lateral verlaufende Korngrenzen in den angrenzenden Zinn enthaltenden Schichten erzeugt werden.
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Ein erfindungsgemäßes Kontaktelement, das als Schneidklemmelement ausgebildet ist, weist in bekannter Weise eine Drahtaufnahme auf, welche ausgebildet ist, einen Längsabschnitt eines Kontaktdrahtes während eines Einführens in die Drahtaufnahme einschneidend und/oder einpressend zu kontaktieren und festzuhalten. Durch die Verformung ist der Bereich Drahtaufnahme des Schneidklemmelements hohen mechanischen Belastungen ausgesetzt. Die erfindungsgemäße Zinnbeschichtung ist demnach bevorzugt zumindest im Bereich der Drahtaufnahme des Schneidklemmelements vorgesehen, um eine Whiskerbildung zu vermeiden.
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Ein erfindungsgemäßes Kontaktelement das ausgebildet ist, einen elektrischen Kontakt durch Crimpen bzw. Bördeln herzustellen, weist Bereiche auf, die plastisch verformt werden, dadurch in einen Gegenkontakt, wie z.B. einen Draht gedrückt werden und dadurch einen nicht lösbaren elektrischen Kontakt herstellen. Gemäß der Erfindung ist bei einem derartigen Kontaktelement eine Zinnbeschichtung zumindest in den Bereichen vorgesehen, in denen durch das plastische Verformen hohe Flächenpressungen entstehen.
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Bei einem erfindungsgemäßen Kontaktelement, das einen Federkontakt aufweist sind die Bereiche, die ausgebildet sind, federnd auf den Gegenkontakt zu drücken und so eine elektrische Kontaktierung zu erreichen, hohen mechanischen Belastungen ausgesetzt, weshalb ein derartiges Kontaktelement bevorzugt in diesen federnden Kontaktbereichen die erfindungsgemäße Zinnbeschichtung aufweist.
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Kontaktelemente die als Schrauben oder Nieten ausgebildet sind, sind vorzugsweise komplett mit der erfindungsgemäßen Oberflächenbeschichtung versehen.
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Die Kontaktelemente, insbesondere die oben genannten Kontaktabschnitte, sind bevorzugt im Wesentlichen aus Kupfer oder Eisen oder Aluminium vorgesehen oder aus einer Legierung, die Kupfer oder Eisen oder Aluminium als wesentlichen Bestandteil umfasst.
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Zusätzlich vorteilhaft erweist sich die erfindungsgemäße Zinnbeschichtung auf mechanischen Halteelementen, insbesondere in den Bereichen, die für eine Haltefunktion vorgesehen sind.
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Ausführungsformen der vorliegenden Erfindung erreichen eine equiaxiale Kornstruktur der Zinnbeschichtung durch eine abwechselnde Schichtstruktur ohne Verwendung von Blei, welche in vorteilhafter Weise einfach durch sequentielles Abscheiden der korrespondierenden Zinn enthaltenden Schicht bzw. Zwischenschicht umgesetzt werden kann.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Diese Liste der vom Anmelder aufgeführten Dokumente wurde automatisiert erzeugt und ist ausschließlich zur besseren Information des Lesers aufgenommen. Die Liste ist nicht Bestandteil der deutschen Patent- bzw. Gebrauchsmusteranmeldung. Das DPMA übernimmt keinerlei Haftung für etwaige Fehler oder Auslassungen.
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 102004030930 A1 [0005]
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Zitierte Nicht-Patentliteratur
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- „Stress Relaxation Mechanism of Sn and SnPb Coatings Electrodeposited on Cu: Avoidence of Whiskering”, Sobiech et al., Journal of Electronic Materials, Vol. 40, No. 11, 2011 [0004]