-
Einleitung:
-
Die Erfindung betrifft Konjugate für den in vivo Transport von Wirksubstanzen in Mitochondrien zum Zwecke der Hemmung der mitochondrialen Replikation, Trankription oder Translation, die mindestens eine Wirksubstanz, die spezifisch mit mitochondrialen Biomakromolekülen in Wechselwirkung tritt, sowie mindestens einem mitochondrialem Signalpeptid (mts), welches eine spezifische Aufnahme in Mitochondrien bewirkt und mindestens ein zellpenetrierendem Transportsystem umfassen, sowie Verfahren zur Herstellung der Konjugate und die Verwendung dieser Konjugate als Arzneimittel.
-
Stand der Technik:
-
Bei Mitochondrien handelt es sich um Zellorganellen, deren Hauptaufgabe die Bereitstellung von Energie in Form von Adenosintriphosphat (ATP) ist. Mitochondrien besitzen ein eigenes Genom, welches 13 Proteine der Atmungskette, 2 rRNAs und 22 tRNAs codiert. Treten Mutationen in dem mitochondrialen Genom auf so kann es zu Störungen bei der ATP-Produktion in den Zellen kommen. Erkrankungen, welche durch Keimbahn-Mutationen im mitochondrialen Genom verursacht werden, werden als Mitochondriopathien bezeichnet. Bei vielen dieser Mitochondriopathien liegen die Mutationen heteroplasmatisch vor. Das bedeutet, sowohl mutierte als auch nicht-mutierte DNA liegen parallel in den Mitochondrien vor. Dabei unterliegt das Verhältnis der beiden DNA-Spezies einer Dynamik. Zum Ausbruch der Krankheit kommt es erst, wenn ein bestimmter Schwellenwert überschritten ist. Da die Hauptaufgabe der Mitochondrien die Bereitstellung von ATP ist, sind von Mitochondriopathien vor allem Organsysteme betroffen, die einen besonders hohen Energieverbrauch aufweisen, wie z. B. das zentrale und periphere Nervensystem und die Muskulatur. Ein Beispiel für Mitochondriopathien ist das MERRF-Syndrom (Myoklonus-Epilepsie mit „ragged red fibres”). Die Patienten leiden neben epileptischen Anfällen und Muskelschwäche an fortschreitendem geistigem Abbau (Demenz). Diese Erkrankung wird oft durch eine Mutation an Position 8344 in dem mitochondrialen tRNALys Gen verursacht. Neben den Mitochondriopathien werden bei einer Vielzahl weiterer Erkrankungen wie z. B. bei Tumorerkrankungen, bei bestimmten neurodegenerative Erkrankungen (z. B. Alzheimer, Parkinson) oder beim Altern, Veränderungen im mitochondrialen Genom beobachtet. Kausale Therapien zur Behandlung der oben genannten Erkrankungen sind bis zum heutigen Tage nicht möglich. Die Therapieansätze zielen nur auf die Bekämpfung der Symptome ab.
-
Der direkteste Ansatz zur Beeinflussung der mtDNA wäre ein Konzept, mit dem die Replikation der mutierten mtDNA gehemmt wird. In den ersten Untersuchungen dazu wurden Pedptidnucleinsäuren (PNA), gerichtet gegen die mutierte mtDNA eingesetzt. Mittels dieser PNAs konnte in einem nichtzellulären Assay eine Hemmung der Replikation nachgewiesen werden. Anschließend wurden diese Peptidnukleinsäuren zur Aufnahme in die Zellen und Mitochondrien mit mitochondrialen Signalpeptiden oder mit dem lipohilen Triphenylphosphonium-Kation modifiziert. Jedoch konnte mit keinem dieser Konjugate je eine Hemmung der Replikation der mutierten mtDNA in Zellen nachgewiesen werden.
-
Deshalb wurden andere Konzepte, die nicht direkt auf die Hemmung der Replikation der mutierten mtDNA abzielen, entwickelt:
- – Transport von wildtyp mitochondrialen Proteinen oder tRNAs von außen in die Mitochondrien. Die Produkte werden entweder im Zellkern, durch von außen eingebrachte Vektorsysteme exprimiert und gelangen dann in die Mitochondrien oder werden in Zellen exprimiert, isoliert und anschließend in die Mitochondrien transfiziert
- – Degradation von mutierter mtDNA durch Restriktions-Endonucleasen, welche mutierte mtDNA-Sequenzen spezifisch erkennen können
- – Degradation von mutierte mtDNA durch Zinkfinger-Nuklease-Konjugate, welche im Zellkern durch von außen eingebrachte Vektorsysteme exprimiert werden und dann in die Mitochondrien gelangen können. Diese Zinkfinger binden spezifisch an die mutierte mtDNA, welche dann von den Nukleasen abgebaut wird
- – Transfer von wildtyp mtDNA in die Mitochondrien mittels adeno-associated Virus Virion das mit einem mts-Peptid gekoppelt wurde Jedoch gibt es bis heute kein erfolgreiches Konzepte zur Hemmung der Replikation von mutierter mtDNA in vivo.
-
Aufgabe der Erfindung
-
Aufgabe der Erfindung ist es, ein Konjugat für den in vivo Transport von Wirksubstanzen in Mitochondrien zum Zwecke der Hemmung der mitochondrialen Replikation, Transkription oder Translation bereitzustellen, sowie ein Verfahren zur Herstellung dieser Konjugate.
-
Merkmale der Erfindung
-
Die Aufgabe wird mit Konjugaten gelöst, welche die Merkmale nach Anspruch 1–6 aufweisen. Die erfindungsgemäßen Konjugate umfassen eine Wirksubstanz, die spezifisch mit mitochondrialen Biomakromolekülen, insbesondere mitochondrialer DNA und RNA, in Wechselwirkung tritt, zum Zwecke der Hemmung der mitochondrialen Replikation, Trankription und Translation. Spezifisch bedeutet in diesem Zusammenhang beispielsweise, dass die Wirksubstanz an die mutierte mtDNA bindet und an die wildtyp mtDNA, die sich nur durch eine ausgetauschte Nucleobase unterscheidet, nicht bindet. Weiterhin sind die Wechselwirkungen zwischen Wirksubstanz und Biomakromolekül so groß, das durch die spezifische Bindung die Replikations-, Transkriptions- und Translationsmaschinerie blockiert wird. Als Wirksubstanz können beispielsweise Nucleinsäuren, modifizierte Nucleinsäuren und strukturell modifizierte Nucleinsäureanaloga verwendet werden. In einer Ausführungsform der Erfindung handelt es sich bei der Wirksubstanz um Peptidnucleinsäuren.
-
Um die mitochondrialen Biomakromoleküle, welche sich in der mitochondrialen Matrix befinden, zu erreichen, muss die Wirksubstanz die Zellmembran und die äußere und innere mitochondriale Membran durchdringen. Die Aufgabe wird mit Konjugaten gelöst, welche die Merkmale nach Anspruch 1–6 aufweisen. Dazu wird die Wirksubstanz, einerseits mit einem zellpenetrierendem Transportsystem, welches die Zellmembran durchdringen kann, und andererseits mit einem mitochondrialem Signalpeptid, welches das mitochondriale Membransystem durchdringen kann, gekoppelt.
-
Erfindungsgemäß werden unter einem zellpenetrierenden Transportsystem beispielsweise Peptidsequenzen mit Proteintransduktionsdomäne (PTD) oder einer Zellpenetrationsdomäne (CPP), Dendrimere, Nanopartikel, Polyethylenimin und Abkömmlinge des Polyethylenimins verstanden.
-
Peptidsequenzen mit PTD/CPP-Funktionalität sind beispielsweise das TAT-Peptide, das sich von dem Transaktivator der Transkription des Humanen Immundefizienz Virus 1 (HIV 1) ableitet, das Penetratin, welches sich von der Homöodomäne des Antennapedia Proteins von Drosophila melanogaster ableitet und Oligoarginin-Peptide z. B. der Sequenz (RAhxR)4C, die den Strukturen genannt in S. Abes, Journal of Controlled Release 116: 304–313 (2006), R. Abes, Nucleic Acids Research 36: 6343–6354 (2008) entsprechen, wobei es sich bei R um die Aminosäure Arginin und bei Ahx um die nicht-natürliche Aminosäure Aminohexansäure handelt.
-
Nur 13 der mitochondrialen Proteine sind im mitochondrialen Genom kodiert, die restlichen Proteine sind kernkodiert und müssen deshalb aus dem Cytosol in die Mitochondrien aufgenommen werden. Dazu sind diese Proteine N-terminal mit einem mitochondrialen Signalpeptid, bestehend aus 10–70 Aminosäuren, markiert, welches eine Aufnahme in die Mitochondrien unter Verwendung des TOM/TIM-Komplexes bewirkt. (TOM: Translocase of the outer mitochondrial membrane, TIM: Translocase of the inner mitochondrial membrane).
-
Ein mitochondriales Signalpeptid ist beispielsweise das mitochondriale Signalpeptid des kernkodierten, mitochondrialen Proteins Cytochrome C Oxidase, Untereinheit VIII, mit der Sequenz: MSVLTPLLLRGLTGSARRLPVPRAKIHSL.
-
Als Bindung zwischen der Wirksubstanz und dem mitochondrialen Signalpeptid wird vorzugsweise eine stabile, bioverträgliche Bindung (z. B. Amid-, Thioester- und Esterbindung) verwendet. Die Bindungsbildung zwischen der Wirksubstanz und dem mitochondrialen Signalpeptid erfolgt entweder direkt mittels Festphasensynthese oder mittels Crosslinking in Lösung unter Benutzung eines bifunktionellen Linkers. Die Bindungbildung zwischen der Wirksubstanz und dem mitochondrialen Signalpeptid erfolgt beispielsweise, indem ein mitochondriales Signalpeptid am C-Terminus über ein Thiol modifiziert und über einen heterobifunktionellen Linker, beispielsweise Succinimidyl-4-(N-maleimidomethyl) cyclohexan-1-carboxylat (SMCC), kovalent an die Wirksubstanz gekoppelt wird.
-
Als Bindung zwischen der Wirksubstanz und dem zellpenetrierenden Transportsystem wird vorzugsweise eine biodegradable Bindung (z. B. Disulfid- oder Esterbindungen) gewählt, welche eine Abspaltung des zellpenetrierenden Transportsystems nach der Aufnahme in die Zelle ermöglicht. Die Bindung erfolgt beispielsweise, indem eine zellpenetrierendes Transportsystem am C-Terminus über ein Thiol modifiziert und mittels Pyridyl sulfid aktiviert, unter Ausbildung einer Disulfid-Bindung, an die Wirksubstanz gekoppelt wird.
-
Besonders vorteilhafte Eigenschaften des erfindungsgemäßen Konjugats, welches die Merkmale nach Anspruch 1–6 aufweist, sind:
- – Effiziente Hemmung der Replikation von mtDNA in vivo
- – Hemmung ist hochgradig konzentrations- und zeitabhängig
- – Hemmung ist hoch spezifisch
- – Konjugate weisen keine Zytotoxizität auf
-
Ausführungsbeispiele:
-
Die Erfindung wird weiter erklärt durch Betrachtung der folgenden Beispiele, die lediglich beispielhaft und in keiner Weise beschränkend zu verstehend sind.
-
Beispiel 1: Synthese von PNAs mit einem mitochondrialen Signalpeptid und einem (RAhxR)4C-Peptid als Substituenten
-
Automatische Synthese von PNA wird auf einem Expedite 8909 Synthesizer (PerSeptive Biosystems) gemäß den Anweisungen des Herstellers durchgeführt.
-
Synthese von PNA wird auf einem Polystyrol-Träger mit Peptid Amid Linker (PAL), mit der Abfolge von Schritten wie in Tabelle 1 durchgeführt. Der Zyklus wird für jede Fmoc-PNA-Monomer-Addition durcheführt (Tab. 1).
Fmoc-Abspaltung | 1120 μl 120% Piperidin in DMF innerhalb 2,5 min |
Kopplung | Mischung aus je 80 X10.215 M PNA-Monomer in N-Methylpyrrolidon, 0.3 M Lutidin und 0.2 M Diisopropylethylamin in DMF und 0.19 M O-(7-Azabenzotriazol-1-yl)-N,N,N',N '-tetramethyluronium hexafluorophosphat (HATU) in DMF. 2.5 min Voraktivierung, dann Kopplung innerhalb 5 min. |
Capping | 460 μl 5% Essigsäureanhydrid und 6% Lutidin in DMF innerhalb 2.5 min |
Tabelle 1
-
Die Fmoc-PNA-Monomere sind kommerziell erhältlich, beispielsweise von Link Technologies, (Bellshill, UK). Die Abspaltung der PNA-Oligomere erfolgt in TFA:m-Kresol 4:1 innerhalb 2,5 Stunden, gefolgt von Etherprezipitation und Aufreinigung mittels RP-HPLC. Die Identitäten wurde durch eine molekulare Massenbestimmung auf einem Bruker Reflex 111 MALDI-Tof-Massenspektrometer verifiziert. Alle PNAs wurden mit einem Acetamidomethyl-geschützten Cysteinrest am C-Terminus und einem freien Amin am N-Terminus synthetisiert. Zwischen den Modifikationen am C- und N-Terminus und der PNA-Sequenz befinden sich [2-(2-(Amino)ethoxy)ethoxy]essigsäure-Linker (O-Linker).
-
Die PNAs sind beispielsweise komplementär zu dem schweren Strang der mtDNA, welcher eine Mutation an Position 8344 beinhaltet (Tab. 2).
Tabelle 2
-
Zusätzlich werden zur Untersuchung der Spezifität folgende PNAs synthetisiert: 2 PNAs, die eine Fehlpaarungsstelle beinhalten (Tab. 3).
-
-
Eine PNA, die komplementär zu dem schweren Strang der wildtyp mtDNA ist (Tab. 4).
-
-
Eine PNA, die eine Nonsense-Sequenz aufweist (Tab. 5).
-
-
Konjugation von mitochondrialem Signalpeptid (mts) und PNA
-
Die Konjugation wird mit einem heterobifunktionellen Crosslinker Succinimidyl-4-(N-maleimidomethyl)cyclohexane-1-carboxylate (SMCC) durchgeführt. Die PNAs mit einem freien Amin am N-Terminus werden mit einem 50fachen Überschuss an SMCC bei pH 7.4 umgesetzt und dann über RP-HPLC aufgereinigt. Parallel dazu wird das mitochondriale Signalpeptid mit Mercaptoethanol reduziert, über RP-HPLC aufgereinigt und mit Phosphat-Puffer auf pH 6.8 gebracht. Das reduzierte mitochondriale Signalpeptid wird in einem 25fachen Überschuss mit dem SMCC-PNA umgesetzt. Nach 16 h werden die mitochondriale Signalpeptid (mts)-PNA Konjugate mittels RP-HPLC aufgereinigt.
-
Synthese eines Pyridylsulfid-aktivierten (RAhxR)4C-Peptids
-
Die Automatische Synthese des Pyridylsulfid-aktivierten (RAhxR)
4C-Peptids wird auf einem Expedite 8909 Synthesizer (PerSeptive Biosystems) gemäß den Anweisungen des Herstellers durchgeführt. Der Zyklus ist analog wie in Beispiel 1, mit einer Ausnahme, einem verlängerten Doppel-Kopplungszyklus (Tab. 6)
Kopplung | Mischung aus je 80 μl 0.215 M PNA-Monomer in N-Methylpyrrolidone, 0.3 M Lutidin und 0.2 M DIPEA in DMF und 0.19 M HATU in DMF. 2.5 min Voraktivierung, Kopplung innerhalb 8 min, dann wird der Kopplungszyklus wiederholt |
Tabelle 6
-
Das Peptid wird mit einem Cysteinrest am C-Terminus synthetisiert. Das Peptid besitzt folgende Sequenz: R-Ahx-R-R-Ahx-R-R-Ahx-R-R-Ahx-R-C. Die Abspaltung vom Träger erfolgt mit 5eq von 2,2'-Dithio-bis-(pyridine) in TFA:H2O:TIS (95:2.5:2.5) innerhalb von 165 Minuten. Anschließend erfolgt die Aufreinigung des Peptids mittels RP-HPLC. Die Identität wurde durch eine molekulare Massenbestimmung auf einem Bruker Reflex III MALDI-TOF-Massenspektrometer verifiziert.
-
Kopplung von Pyridylsulfid-aktivierten (RAhxR)4C-Peptid und mitochondrialen Signalpeptid-PNA Konjugaten
-
Zur Abspaltung der ACM-Schutzgruppe werden die mitochondriale Signalpeptid-PNA Konjugate mit 40 eq Silbertrifluoromethansulfonat in Trifluoressigsäure:Anisol (99:1) versetzt und bei 4°C für 2 Stunden geschüttelt, anschließend in Ether gefällt und abzentrifugiert. Der Niederschlag wird getrocknet und dann bei Raumtemperatur für 3 Stunden mit 100 eq Dithiothreitol in 1M Essigsäure behandelt. Das mitochondriale Signalpeptid (mts)-PNA Konjugat, welches nun ein freies Thiol besitzt, wird über RP-HPLC aufgereinigt und mittels MALDI-Tof-Massenspektrometrie charakterisiert. Zur Herstellung des mitochondrialen Signalpeptid (mts)-PNA-(RAhxR)
4C Konjugates wird das mitochondriale Signalpeptid-PNA Konjugat mit 50 eq. Pyridylsulfid-aktiviertem (RAhxR)
4C-Peptid bei pH 7.2 für 20 Stunden umgesetzt. Die Aufreinigung erfolgt über RP-HPLC und die Charakterisierung der Konjugate erfolgt mittels MALDI-Tof-Massenspektrometrie. Die Konjugate haben dann die folgenden Strukturen (Formel (b)):
Formel (b)
-
Beispiel 2 Hemmung der Replikation von mutierter mitochondrialer DNA
-
Zum Nachweis der Hemmung der Replikation von mutierter mitochondrialer DNA werden Zellen verwendet, welche ein konstantes Niveau an mutierter mtDNA besitzen. Dazu wird eine MERRF Zelllinie verwendet. Sie wird durch die Fusion einer menschlichen Osteosarcom-Zelllinie, aus welcher die mtDNA entfernt wurde (ρ0206, 143B.TK–) und Thrombozyten eines Spenders, welcher an der Mitochondriopathie MERRF erkrankt ist, hergestellt. Die daraus resultierende Cybrid-Zelllinie beinhaltet ein konstantes Niveau an mutierter mtDNA, welche eine A zu G Transition an Position 8344 aufweist. Die Bestimmung des Niveaus mutierter mtDNA vs. nicht-mutierter mtDNA, d. h. die Bestimmung des Heteroplasmie-Grades, erfolgt mittels SNapShot-Assay (Applied Biosystems) gemäß den Anweisungen des Herstellers und unter Verwendung des Primers und den Bedingungen genannt in D. Cassandrini et al., Biochemical and Biophysical Research Communications 342: 387–393 (2006). Die MERRF-Zellen wurden mit je 1 μM der PNA 1–4 für je 2 Stunden in Serum-freiem Medium transfiziert. Nach 3 Tagen werden die Zellen proteolytisch abgelöst, und aus etwa 80% der Zellen wurde DNA mittels eines Qiagen, QIAamp DNA Mini Kit isoliert. Die verbleibenden Zellen werden weiterkultiviert, und nach 24 Stunden erfolgt die nächste Transfektion. Insgesamt werden 4 Transfektionen durchgeführt. 1 zeigt die effiziente Hemmung der Replikation von mutierter mitochondrialer DNA. Die Hemmung ist abhängig von der Länge der PNAs und von der Dauer der PNA-Behandlung. Beispielsweise führt die Behandlung mit PNA 1, bestehend aus 11 PNA-Monomereinheiten, zu einer Abnahme an mutierter mtDNA, von 20%, während PNA 4, bestehend aus 14 PNA-Monomereinheiten die mutierte mtDNA um 45% reduziert.
-
Parallel dazu werden die Zellen mit 0.5 μM und 0.2 μM PNA 2 behandelt. 2 zeigt die Konzentrationsabhängigkeit der Hemmung der Replikation der mutierten mtDNA.
-
Die Mutationen in der mtDNA verursachen auf Grund der Transkription auch Mutationen in der RNA. Deshalb wird aus den Zellen RNA isoliert (Trizol, Invitrogen) und daraus cDNA revers-transkribiert (SuperScript III First Strand Synthesis Kit, Invitrogen). Aus der cDNA wird dann das Niveau an mutierter RNA mittels SNapShot Assay bestimmt. 3 zeigt das Niveau an mutierter RNA (b) und mutierter DNA (a) nach insgesamt 4 Transfektionen. Die Niveaus der mutierten RNAs verhalten sich analog den Niveaus der mutierten mtDNAs. In Zellen behandelt mit PNA2 mm, PNA3 mm und PNA5 entsprechen die Nivaus an mutierter tRNA und mtDNA dem Niveau an mutierter tRNA und mtDNA dem der unbehandelten Zellen (Leerwert). Jedoch, in Zellen behandelt mit PNAs gerichtet gegen den schweren mutierten mtDNA-Strang (PNA1, 2, 3, 4) wird eine Abnahme an mutierter mtDNA und mutierter RNA beobachtet, während in Zellen, welche mit PNAs gerichtet gegen den schweren wildtyp mtDNA-Strang behandelt wurden (PNA2wt), eine Zunahme an mutierter mtDNA und RNA beobachtet wird. Das heißt, die Menge an mutierter RNA wird durch die Hemmung der Replikation der mtDNA ebenfalls in einer Zeit-Konzentrations- und Längenabhängigen Weise verändert.
-
Um Informationen über den Aufnahmemechanismus der PNAs in die Mitochondrien zu erhalten werden verschiedene Kontrollexperimente durchgeführt. In dem ersten Experiment werden die Zellen mit 10 μM des Entkopplers Carbonylcyanid-m-chlorophenyl hydrazon (CCCP), der ein Zusammenbrechen des Protonengradienten, der sich an der inneren mitochondrialen Membran befindet, behandelt und anschließend mit 1 μM PNA2 transfiziert. Dies wird insgesamt 4 mal wiederholt. In einem weiteren Experiment werden die MERRF-Zellen mit mitochondrialen Signalpeptid-PNA Konjugaten in Abwesenheit des zellpenetrierenden Transportsystems behandelt. Dazu werden die Zellen je 4 mal mit 1 μM des mitochondrialen Signalpeptid-PNA2 Konjugats in dem das freie Thiol vorliegt, transfiziert. 4 zeigt die Abhängigkeit der Inhibierung der Replikation von der Anwesenheit des Protonengradientes an der inneren mitochondrialen Membran und von der Anwesenheit eines zellpenetrierenden Transportsystems. Für alle Transfektionsexperimente wird keine Hemmung der Replikation von mutierter mitochondrialer DNA festgestellt. Da für die Aufnahme von Signalpeptid-Konjugaten via TOM/TIM-Komplex das Vorhandensein des Protonengradientes notwendig ist, weist die Abwesenheit der Hemmung bei der Anwesenheit des Entkopplers auf eine Beteiligung des TOM/TIM-Komplexes an der Aufnahme hin. Des Weiteren zeigen die Ergebnisse, dass zur Aufnahme der Konjugate in die Zelle eine Kopplung mit einem zellpenetrierendem Transportsystem zwingend notwendig ist. Konjugate bestehend nur aus einer Wirksubstanz und einem mitochondrialen Signalpeptid besitzen keine zellpenetrierende Wirkung.
-
Beispiel 3 Bestimmung der Zytotoxizität
-
Die Zelltoxizität wurde mittels eines MTT-Assays bestimmt. Dazu werden Zellen entweder unbehandelt gelassen, für 2 Stunden mit Serum-freien Medium behandelt oder für 2 Stunden mit PNA-Konjugaten gelöst in Serum-freiem Medium behandelt. Dabei wird der Wert für die unbehandelten Zellen als 100 % gesetzt. 5 zeigt die Überlebensrate von Zellen behandelt mit Konjugaten und Serum-freien Medium und Zellen behandelt nur mit Serum-freiem Medium. Dabei wird festgestellt, dass die Überlebensraten in den beiden Experimenten ähnlich hoch sind. Das bedeutet, die Toxizität wird durch die Behandlung mit Serum-freiem Medium verursacht, während die Konjugate selbst keine Toxizität aufweisen.
-
Beispiel 4 Nachweis der Spezifität der Replikationshemmung der mutierten mtDNA
-
In diesen Experimenten werden die Zellen 4 mal mit je 1 μM PNA2 mm und PNA3 mm transfiziert. Diese PNAs unterscheiden sich von PNA2 und PNA3 nur in einer Nukleobase, wodurch eine Fehlpaarung entsteht. Zusätzlich werden die Zellen mit PNA5, einer PNA welche eine vollständige Nonsense-Sequenz aufweist, behandelt. Parallel dazu werden die Zellen noch mit PNA2wt transfiziert. Diese PNA unterscheidet sich von PNA2 und PNA2 mm wiederum durch eine ausgetauschte Nukleobase, so dass diese PNA komplementär zu dem schweren wildtyp mtDNA-Strang ist. 6 zeigt, dass PNA2 mm, PNA3 mm und PNA5 keine Hemmung der Replikation der mutierten mtDNA in den MERRF-Zellen erzeugen. Jedoch, für die Zellen behandelt mit PNA2wt wurde eine Zunahme an mutierter mtDNA beobachtet. Dies deutet auf eine Bindung dieser PNAs an die wildtyp mtDNA hin, was zu einer Hemmung der Replikation der wildtyp mtDNA und damit zu einer Zunahme an mutierter mtDNA führt Das bedeutet, dass die PNAs spezifisch an ihre Ziel-DNAs binden. PNA2 und PNA3 binden hoch spezifisch an den mutierten schweren mtDNA-Strang und hemmen damit dessen Replikation (siehe 1), PNA2wt bindet hoch spezifisch an den schweren wildtyp mtDNA-Strang und hemmt damit dessen Replikation und PNA2 mm und PNA3 mm binden an keinen der beiden Stränge.
-
Jedoch ist es möglich, dass z. B. PNA2 hauptsächlich an den mutierten, schweren mtDNA-Strang bindet und in einem geringeren Maße auch an den wildtyp, schweren mtDNA-Strang bindet. Dies würde zu einer Abnahme an mutierter mtDNA (wie in Beispiel 1 beschrieben) und parallel dazu, zu einer Abnahme der Gesamt-Menge an mtDNA führen. Um dies zu untersuchen, wurde die Gesamt-Menge an mtDNA mittels quantitativer PCR (gPCR) gemäß den Bedingungen und den Primern, beschrieben in der Literatur, durchgeführt. 7 zeigt, dass die Gesamt-Menge an mtDNA sowohl in den Ansätzen, in denen die Zellen mit den PNAs behandelt wurden, als auch in den Ansätzen, in denen die Zellen unbehandelt blieben, sehr ähnlich sind. Das deutet darauf hin, dass die PNAs spezifisch an ihre Ziel-DNA binden und es zu keinen Fehlbindungen kommt.
-
Beispiel 5 Stabilität der Änderung der Heteroplasmie
-
Die Zellen werden nach Behandlung mit PNAs (siehe Beispiel 1), ohne PNAs weiterkultiviert, und in regelmäßigen Abstanden wird DNA isoliert. 8 zeigt, dass das Niveau an mutierter mtDNA in den Zellen nach der PNA-Behandlung über einen Zeitraum von 60 Tagen relativ konstant bleibt. Das Niveau an mutierter mtDNA in den Zellen die mit PNAs, gerichtet gegen den mutierten, schweren Strang behandelt wurden (PNA 2, PNA 4), bleibt konstant niedrig, während in den Zellen die mit PNAs, gerichtet gegen den wildtyp schweren Strang behandelt wurden (PNA 2wt) ein konstant hohes Niveau an mutierter mtDNA aufweisen. In den Zellen die mit Kontroll-PNAs (PNA 2 mm, PNA 5) behandelt wurden bleibt das Niveau an mutierter mtDNA die gesamte Zeit unverändert.
-
ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
-
Diese Liste der vom Anmelder aufgeführten Dokumente wurde automatisiert erzeugt und ist ausschließlich zur besseren Information des Lesers aufgenommen. Die Liste ist nicht Bestandteil der deutschen Patent- bzw. Gebrauchsmusteranmeldung. Das DPMA übernimmt keinerlei Haftung für etwaige Fehler oder Auslassungen.
-
Zitierte Nicht-Patentliteratur
-
- S. Abes, Journal of Controlled Release 116: 304–313 (2006) [0009]
- R. Abes, Nucleic Acids Research 36: 6343–6354 (2008) [0009]
- D. Cassandrini et al., Biochemical and Biophysical Research Communications 342: 387–393 (2006) [0027]