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Der Einsatz von biegeweichen Werkstoffen, also von textilen Geweben (beschichtet und unbeschichtet) und Folien, im Hochbau wird als Membranbau bezeichnet. Die Erfindung betrifft die Verstärkung (Armierung) von im Membranbau eingesetzten Folien mit Fasern. Hierdurch kann deren mögliche Spannweite erheblich gesteigert werden. Gleichzeitig bleibt die Transparenz und Leichtigkeit der Konstruktion in der Erscheinung weitestmöglich erhalten.
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Folien werden in der Architektur in der Regel im Fassaden- und Überkopfbereich eingesetzt. Zur Stabilisierung bei anfallenden Wind- und Schneelasten werden sie mechanisch oder pneumatisch vorgespannt. Dabei eignet sich der thermoplastische Kunststoff ETFE (Ethylen-Tetrafluorethylen) aufgrund seiner Transparenz und hervorragenden Witterungsbeständigkeit (dabei v. a. seiner UV-Beständigkeit) sehr gut für den Einsatz als Gebäudehülle. Jedoch sind wegen der im Vergleich zu textilen Membranen geringen Festigkeiten die Spannweiten begrenzt: Die Maximalbreite pneumatisch vorgespannter unverstärkter ETFE-Kissen beträgt derzeit 4–5 Meter unter üblichen deutschen Standortbedingungen. Zum Vergleich: Textile Membranen überspannen heute bereits Breiten von bis zu 30 Meter.
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Für größere Flächen aus ETFE-Folie gibt es daher derzeit zwei technische Optionen: Erstens eine Realisierung in mehreren und kleineren Teilflächen mit den o. g. beschränkten Spannweiten. Dazu wird dann eine entsprechende Unterkonstruktion erforderlich, die jedoch die optische Leichtigkeit der Konstruktion beeinträchtigt. Zweitens besteht die Möglichkeit, die ETFE-Folien mit zusätzlichen linearen Seilelementen zu verstärken und dadurch die für die Folien relevanten Spannweiten entsprechend zu begrenzen. Es gibt zahlreiche ausgeführte Projekte für beide Optionen, wobei bei der zweiten meist Edelstahlseile eingesetzt wurden. Dies führt jedoch zu Spannungskonzentrationen an den Kontaktpunkten und Reibung zwischen Seil und Folie mit der entsprechenden mechanischen Beanspruchung. Durch die mechanische Beanspruchung kann die Dauerhaftigkeit der Konstruktion herabgesetzt werden. Die Seilnetze sind meist orthogonal angelegt, was nicht dem Kraftfluss in der Konstruktion entspricht. Außerdem müssen zwei voneinander unabhängige Konstruktionen geplant und ausgeführt werden. Mit textilen Membranen lassen sich zwar größere Spannweiten erzielen, sie sind jedoch nicht transparent. Außerdem wird für großformatige Dächer – z. B. von Stadien – dennoch eine aufwändige Unterkonstruktion erforderlich, da auch textile Membranen in den Spannweiten begrenzt sind. Für die Segel von Rennyachten werden Kohlenstofffasern zwischen zwei transparenten Kunststofffolien abgelegt und durch Hitzeeinwirkung eingeschweißt (3DL-Segel). Dabei orientiert sich der Verlauf der Verstärkungsfasern an den Spannungstrajektoren der Membran unter Windlast. Hierbei wurde jedoch festgestellt, dass der Materialverbund nicht dauerhaft ist und die Fasern zwischen den Folien hindurchrutschen. Aus diesem Grund wird die genannte Technologie derzeit nicht weiter verfolgt. Kritisch waren dabei einerseits die Witterungsbeständigkeit der Folie, andererseits die Herstellung des ausreichenden Verbunds zwischen den unterschiedlichen Komponenten.
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ETFE-Kissen werden üblicherweise einem Überdruck von 0,2 bis 0,8 kPa ausgesetzt. Die Folien werden heutzutage in Dicken zwischen 50 und 400 μm eingesetzt und besitzen unbedruckt und unbeschichtet eine Lichtdurchlässigkeit von bis zu 95%. Mit dickerem Material könnten auch größere Spannweiten realisiert werden. Dickeres Material ist derzeit aber aus Gründen der Fertigungsqualität (optische Eigenschaften in der Durchsicht) nicht verfügbar. Es wäre auch nachteilig im Hinblick auf die Wirtschaftlichkeit. ETFE-Kissen können Kostenvorteile von 30–50% im Gegensatz zu herkömmlichen Dach- und Fassadensysteme bieten.
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Insbesondere Dachkonstruktionen mit ETFE-Folien bieten weitere entscheidende Vorteile gegenüber alternativen Konstruktionsarten: Im Überkopfbereich kommen sehr geringe Lasten zum Einsatz. ETFE-Folie wiegt typischerweise nur ca. 0,5 kg/m2. Die Folie stellt daher im Falle ihrer Zerstörung grundsätzlich keine Gefahr für unter dem Dach befindliche Personen dar. Das äußerst geringe Flächengewicht bietet zudem Vorteile bei Lebenszyklusanalysen, da der Stoff- und Energieaufwand deutlich reduziert werden kann.
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Technische Beschreibung
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Durch die Erfindung können Folienwerkstoffe für den Membranbau durch einen Armierungsstreifen mit geeigneten Fasern lokal verstärkt werden. Die Verstärkung kann entweder gurtartig auf die Folie aufgesetzt werden (additiv), mit oder ohne flächiger Verbindung mit dieser, oder schon während der Herstellung der Folie im Extrusionsprozess eingebracht werden (integrativ). Die Zeichnungen 1a bis 3c zeigen den additiven Ansatz, während 4 den integrativen Ansatz zeigt. Als Folienwerkstoff kommt vor allem der thermoplastische Kunststoff ETFE (Ethylen-Tetrafluorethylen) in Betracht. Es gibt aber zahlreiche verwandte Kunststoffe, die für das Verfahren grundsätzlich auch geeignet sind, z. B. THV, FEP, EFEP, PVB oder PVC. Im Folgenden wird beispielhaft von ETFE als Folienmaterial ausgegangen. Als Fasermaterialien kommen auch viele in Frage, z. B. Polyesterfasern oder Polyamidfasern. Bei besonders hohen Anforderungen an die Festigkeit auch Glasfasern oder sogar Kohlenstofffasern oder Aramidfasern. Die Materialien müssen jeweils im Zusammenhang mit den konkreten Projekt-Anforderungen ausgewählt werden.
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Die Erfindung beruht auf dem Prinzip, die Fasern parallel wie in einem Gurt anzuordnen und somit zu konzentrieren. Dieser Armierungsstreifen kann in Abhängigkeit von den spezifischen Projektanforderungen Breiten zwischen 1 mm und mehreren Zentimetern haben. Die Fasern werden dabei in einer Polymermatrix eingebettet, vergl. 1a als Prinzipzeichnung. Die Anzahl der Fasern ist abhängig von den Anforderungen an die Festigkeit des Armierungsstreifens und daher in allen Zeichnung nur als Prinzip dargestellt. Die Fasern (2) liegen parallel in einem gurtartigen Element mit einem Rechteck-Querschnitt (1). Insbesondere kann als Polymermatrix ebenfalls ETFE eingesetzt werden. In 1b wird gezeigt, dass neben einzelnen parallelen Fasern auch Faserbündel (2) eingesetzt werden können. Ebenso können auch vorgefertigte flächige Faserelemente eingesetzt werden, die wiederum selbst gurtartig sind, vergleiche (2) in 1c. Dies zeigt 1c als Prinzip. Die Fasern (2) können hier z. B. in Leinwand-, Köper- oder Atlasbindung zu Gurten gewebt sein. Es können aber auch andere Gewebe, Gelege, Geflechte, Gewirke, Gestricke, Vliese oder Fasermatten sein. In den Zeichnungen 1a, 1b und 1c sind die Fasern in einen einheitlichen Polymerquerschnitt eingebettet, wie dies durch verschiedene bekannte Herstellungsprozesse erreicht werden kann. Die Zeichnung 2 zeigt, dass die Fasern (3) aber auch zwischen zwei Polymerquerschnitte (3) und (4) eingebettet werden können, die dann zu einem gemeinsamen Querschnitt zusammengefügt werden, z. B. durch Verkleben oder durch thermisches Verschweißen. Dabei kann zwischen den beiden Polymerquerschnitten ein drittes Material als Fügehilfe (5) zum Einsatz kommen. Insbesondere können bei diesem Typ die beiden Polymerquerschnitte (3) und (4) aus unterschiedlichen Polymeren bestehen. Hierdurch können ggf. Eigenschaften des fertigen Armierungsstreifens verbessert werden, z. B die Fügbarkeit mit der Folie oder die Witterungsbeständigkeit des Armierungsstreifens. Die Zeichnung 3a zeigt nun die Verbindung von dem oben beschriebenen Armierungsstreifen (2) und den wirksamen Fasern (2) mit der zu verstärkenden Folie (1). In diesem Fall werden der Armierungsstreifen (2) und die Folie (1) nicht gefügt und damit nicht verbunden. Unter Spannung wird eine gewisse Haftreibung zwischen beiden Elementen wirksam sein, dennoch können sich in diesem Fall beide Elemente gegeneinander verschieben. Hierdurch können möglicherweise auftretende Zwängungen vermieden werden, was sich bei bestimmten Projekten vorteilhaft darstellen kann. Sollen die beiden Elemente konstruktiv verbunden werden, so kann dies durch Kleben erfolgen oder durch thermisches Verschweißen, ggf. mit einer zusätzlichen Schweißhilfe. Dies zeigen die Zeichnungen 3b und 3c. Hier bedeuten (1) die Folie, (2) den Armierungsstreifen, (3) die wirksamen Fasern und (4) den Klebstoff (3b) bzw. die Schweißhilfe (3c). Auf letztere kann ggf. auch verzichtet werden, z. B. lässt sich ETFE als Werkstoff auch ohne Schweißhilfe thermisch fügen. In den hier beschriebenen Fällen wird jeweils erst der Armierungsstreifen gefertigt. Grundsätzlich kann dieser auch unabhängig von konkreten Projekten auf Vorrat produziert und vorgehalten werden. Dazu kann z. B. auch der Klebstoff wie bei bekannten Klebestreifen für den Haushaltsgebrauch vorab auf dem Armierungsstreifen aufgebracht werden, sodass ein Halbzeug bereit gestellt wird, dass direkt von der Rolle auf der Baustelle verwendet werden kann.
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Unabhängig davon kann der Armierungsstreifen bei Bedarf für konkrete Projekte entweder bereits in der Konfektionierungsphase der Folie aufgesetzt werden oder sogar erst nach der Montage der Folie auf der Baustelle.
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Neben diesem additiven Fügen von Armierungsstreifen und Folie gibt es aber auch die Möglichkeit, den Armierungsstreifen und die Folie gemeinsam zum Beispiel durch Extrusion und/oder Pulltrusion herzustellen. Dies zeigt die Zeichnung 4. Hier sind die wirksamen Fasern (3) direkt in die Polymermatrix der Folie (1) eingebettet. Dies ist räumlich auf einen oder mehrere Armierungsstreifen (2) in der Folie (1) konzentriert. An dieser Stelle oder diesen Stellen wird dann über eine bestimmte Breite (a) die Folie entsprechend in der Dicke zunehmen. Es ist vorteilhaft, die Dicke dieses Bereichs dennoch so nah wie möglich an der Regelfolienstärke zu halten, da sonst die Aufrolleigenschaften des Materials deutlich verschlechtert werden.
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Insbesondere kann bei diesem Verfahren eine ETFE-Folie hergestellt werden, die einen in der Mitte der Folienbreite (b), bisher typischerweise ca. 1,5 Meter, befindlichen Armierungsstreifen mit der Breite (a) integriert enthält. Dieses besondere armierte Folienmaterial kann auf Vorrat produziert werden und kann zur Realisierung verschiedener Projektgeometrien verwendet werden. Insbesondere können hiermit zum Beispiel sehr große rechteckige Flächen mit entsprechend armierten Folienkissen umgesetzt werden. Dies zeigt beispielhaft die Zeichnung 5 in Ansicht und Aufsicht, jeweils im Ausschnitt. Die Zeichnung zeigt die Oberlage eines z. B. zweilagigen ETFE-Folienkissens. Die rechteckige Kissenfläche ist dabei begrenzt von einem linearen Element (3), durch das die Folien am Rand geklemmt werden. (1) ist der Armierungsstreifen, durch den die wirksame Spannweite für die Folie auf das Maß zwischen zwei parallel laufende Armierungsstreifen reduziert wird. Die Kräfte in die andere Richtung werden durch die Armierungsstreifen aufgenommen und in (4) in die Randklemmung eingeleitet. Durch die mittige Anordnung des Armierungsstreifens in der Folie, wie dies in 4 dargestellt ist, kann die Folie in Richtung der Folienränder für den erforderlichen Zuschnitt zur Umsetzung der Kissengeometrie genutzt werden. Diese zugeschnittenen Folien werden dann in der Phase der Kissenkonfektionierung durch Fügung (sog. Nähte) zur gewünschten dreidimensionalen Geometrie verbunden. Die Nähte sind durch (2) in 5 bezeichnet.
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Die Erfindung zielt besonders auf die Verwendung von ETFE-Folien und Armierungsstreifen ab, die entweder direkt in die ETFE-Folien integriert sind, oder als Faser-verstärkte ETFE-Streifen mit diesen verbunden werden. Die Erfindung bietet die Möglichkeit, die Fasern so einzusetzen, dass die Folien lokal durch Armierungsstreifen entsprechend dem Kraftfluss verstärkt werden, wobei auf Projektspezifische Anforderungen wie z. B. der vorgegebenen Geometrie oder den vorgegebenen Lasten reagiert werden kann. Der Einsatz von Fasern kann damit auf das Notwendige beschränkt werden, die Folienflächen werden möglichst wenig gestört. In der Folge kann die Spannweite von ETFE-Folien gegenüber dem Stand der Technik sehr deutlich gesteigert werden. Die Beschränkung ist nun nicht mehr die Tragfähigkeit der am Markt verfügbaren Folien, sondern eher die Handhabbarkeit der Folien bei der Konfektionierung (Zuschnitt und Fügung), beim Transport und bei der Montage auf der Baustelle. Die Erfindung bietet unabhängig von der Art der Formstabilisierung der Folie Vorteile, sie kann wie oben beschrieben für pneumatisch stabilisierte Kissenkonstruktionen zum Einsatz kommen, aber auch für einlagige Folienanwendungen, die mechanisch vorgespannt werden.
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Durch die Erfindung lassen sich individuelle, Projekt-spezifische Geometrien umsetzen, wobei die eingesetzten Folien mit integrierter kraftflussoptimierter Faserverstärkung ausgeführt werden können. Hierdurch werden die Einsatzmöglichkeiten von Folien im Membranbau signifikant erweitert.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Nicht-Patentliteratur
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- Knippers, J.; Cremers, J.; Gabler, M.; Lienhard, L.: 'ATLAS Kunststoffe und Membranen'. DETAIL, München, 2010 (englisch als 'Construction Manual for Polymers and Membranes'. BIRKHÄUSER/DETAIL, 2011) [0006]