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Bei konventionellen Viertaktmotoren wird der Gaswechsel mittels im Zylinderkopf befindlicher Ein- und Auslassventile vorgenommen. Die Querschnitte für das Ein- und Ausströmen des Gases sind dabei begrenzt auf die zur Verfügung stehende Kopffläche, weiche durch Einlass- und Auslassventilöffnungen durchbrochen ist und weitere mögliche Durchbrüche aufweist, beispielsweise für Zündkerzen, Düsen, Vorkammern oder Glühkerzen. Zugleich muss die restliche verbleibende Kopffläche noch ausreichend gegen den Gasdruck abgestützt werden. Bei konventionellen Zweitaktmotoren erfolgt der Gaswechsel mittels Durchbrüchen im Zylinder im Bereich des unteren Totpunktes, wobei diese Durchbrüche durch die Überdeckung des Kolbens auf- und zugesteuert werden können, oder auch in Kombination mit einem oder mehreren Auslassventilen im Zylinderkopf.
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Bei Gegenkolbenmotoren ist die Unterbringung von klassischen Ventilen wegen Fehlens eines Zylinderkopfes nicht möglich, weshalb hier üblicherweise die Kolben selbst als Steuerorgane fungieren, indem sie im Zylinder angebrachte Öffnungen überdecken oder freigeben. Dies wiederholt sich zwangsläufig bei jedem Hub. Deshalb ist hier die Realisierung eines Viertaktverfahrens nicht möglich und Nachteile, wie schlitzüberlaufende Kolbenringe mit Ölabstreifwirkung in die Ein- und Auslasskanäle müssen in Kauf genommen werden. Auch steht für die Zylinderfüllung mit Frischluft und das Ausschieben des Abgases nicht der gesamte Kolbenhub zur Verfügung steht, sondern nur das Volumen, welches nach der Kolben-Überdeckung der Zylinderdurchbrüche verbleibt.
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Es ist bekannt, dass die Nachteile der vorgenannten Gaswechselsteuerungen bei Gegenkolbenmotoren mittels gesteuerter Schiebebüchsen vermieden werden können. Diese Technik und ihre Vorteile, insbesondere große Gaswechselquerschnitte, einfache Drallbildung, gesteuerter Mischvorgang oder variable Steuerzeiten, sind beispielsweise in der Offenlegungsschrift
DE 10 2004 032 452 A1 und dem
US-Patent US 2008/0115771 A1 beschrieben. Durch Offenlegungsschrift OE 10 2009 053 723 A1 ist auch bekannt, dass die Bewegung der Schiebebüchsen hydraulisch erfolgt, indem die Schiebebüchse selbst auf ihrer Außenseite als hydraulischer Nehmerkolben ausgeführt ist, oder durch hydraulische Kolben, welche auf die Schiebebüchse einwirken. Mit der genannten Technik von Gegenkolbenmotoren kann auch ein Viertaktverfahren realisiert werden.
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Bei bestimmten Anwendungen kann jedoch die Anwendung eines Gegenkolbenmotors aus verschiedenen Gründen nicht erwünscht, nicht vorteilhaft oder nicht möglich sein. So können beispielsweise räumliche Gründe dagegen sprechen, weil der Platz für den Einbau eines Gegenkolbenmotors mit seinen zwei gegenüberliegenden Kurbelwellen nicht zur Verfügung steht, sehr wohl hingegen der Platz für einen Motor in konventioneller Bauweise. Insbesondere bei großen Schiffsdieselmotoren ist das Einbaukonzept so, dass die Kurbelwelle im unteren Bereich des Schiffsrumpfes liegt und wichtige Ersatzteile wie Zylinderköpfe und Kolben nach oben durch eine Luke ausgetauscht werden können. Eine obenliegende Kurbelwelle wäre hier im Wege. Hier einen Gegenkolbenmotor einzubauen, würde deshalb ein ganz neues Schiffsbaukonzept erfordern. Hinzu kommt, dass sehr große Schiffsdiesel überwiegend im Zweitaktverfahren arbeiten, was die Emissionskontrolle zusätzlich erschwert.
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Hier nun setzt die Erfindung ein, die sich zur Aufgabe gemacht hat, die Nachteile der konventionellen Gaswechselsteuerung durch den Einsatz von Schiebebüchsen zu vermeiden, ohne auf einen Gegenkolbenmotor zurückgreifen zu müssen. Diese Aufgabe wird gelöst dadurch, dass der Motor im Prinzip aufgebaut ist wie ein Gegenkolbenmotor, jedoch mit nur einem aktiven – d. h. bewegten – Gegenkolben. Die Schiebebüchsensteuerung erfolgt genau in gleicher Weise wie beim vorbeschriebenen Gegenkolbenmotor. Der zweite Kolben verschließt jedoch lediglich den nach oben offenen Zylinder, ist aber nicht mit einer zweiten Kurbelwelle verbunden, sondern stützt sich auf einen verstellbaren Anschlag ab. Damit ergibt sich zusätzlich die Möglichkeit, das Verdichtungsverhältnis zu variieren.
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Diese Bauweise hat gegenüber der konventionellen Motorbauweise zahlreiche Vorteile:
Große Querschnitte und variable Steuerzeiten reduzieren die Strömungsverluste und erhöhen die Zylinderfüllung. Durch eine oder mehrere am Zylinderumfang angebrachte Einspritzdüsen und durch tangentiale Dralleinbringung ergeben sich ein verbesserter Mischvorgang und eine optimierte Verbrennung. Die dem Brennraum zugewandte Seite des Verschlusskolbens bildet eine ventillose Oberfläche, die auch als ein Teil des Brennraumes ausgebildet sein kann oder diesen sogar völlig aufnehmen kann. Dadurch wird der Wärmeübergang auf den Arbeitskolben drastisch verringert und in den Verschlusskolben verlagert, dessen Kühlung wesentlich einfacher zu bewerkstelligen ist.
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Sowohl Zweitakt- wie Viertaktverfahren sind mit der erfindungsgemäßen Ausführung problemlos möglich, da die Steuerzeiten nicht von der Kolbenposition abhängig sind. Auch sind Einzelzylinderköpfe und der Austausch wichtiger Bauteile nach oben möglich, ohne Behinderung einer im Wege liegenden Kurbelwelle. Zusätzlich ist eine Variierung des Verdichtungsverhältnisses möglich, was weitere Vorteile für den Start oder die Auslegung eines Kennfeldes mit sich bringt oder bei großen Schiffsmotoren die Umschaltung zwischen Schweröl und dem in Küstennähe oder Hafen erforderlichen Betrieb mit leichtem Dieselöl erleichtert.
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In den 1 bis 6 sind Ausführungsbeispiele beschrieben:
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1 zeigt einen Motorquerschnitt. Auf das Kurbelgehäuse 31 ist ein Zylinder 1 aufgesetzt, dessen Durchmesser sich in den Zylinderkopf 5 hinein fortsetzt, was eine Steuerung des Gaswechsels mit den Schiebebüchsen 2 und 6 ermöglicht. Dazu ist sowohl ein Arbeitskolben 3 erforderlich, der die Gaskräfte in bekannter Weise über ein Pleuel 32 auf die Kurbelwelle 33 überträgt, als auch ein Gegenkolben – im Folgenden Verschlusskolben 8 genannt, der die offene Zylinderseite anstelle des klassischen Zylinderkopfes abdichtet. Zylinder 1 und Zylinderkopf 5 sind wassergekühlt und weisen dazu Wasserkerne 34 und 35, sowie Bohrungen 36 auf. Außerdem ist sowohl im Zylinder 1, als auch im Zylinderkopf 5 jeweils ein Ringkanal 37 bzw. 38 angebracht, auf den eine die Büchsenbewegung steuernde Druckleitung 13 bzw. 14 mündet. Im Bereich des Oberen Totpunktes ist der außerhalb des Zylinderdurchmessers liegende ringförmigen Einlasskanal 4 angebracht, der mit dem Einlassstutzen 39 verbunden ist, sowie der ringförmige Auslasskanal 7, der mit dem Auspuffkrümmer 40 verbunden ist.
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2 zeigt einen Ausschnitt dieses Motorquerschnittes im Bereich der Gaswechsel-Steuerorgane. Im Zylinder 1 ist eine Schiebebüchse 2 geführt, in welcher ein Arbeitskolben 3 läuft. Die Schiebebüchse 2 ist als Gaswechselorgan ausgeführt und öffnet und schließt in bekannter Weise der vorgenannten Gegenkolben-Technologie einen Einlasskanal 4. Die im Zylinderkopf 5 geführte Schiebebüchse 6 entspricht in ihrer Funktion der Schiebebüchse 2 und öffnet und schließt einen Auslasskanal 7. Die Abdichtung dieser Schiebebüchse 6 geschieht mittels des verstellbaren Verschlusskolbens 8, der durch Hydraulikkraft gegen den Gasdruck in Position gehalten wird. Dieser Verschlusskolben 8 ist ebenso wie der Arbeitskolben 3 mit Kolbenringen 9 bestückt und damit genauso gegen den Gasdruck abgedichtet. Das sorgt dafür, dass trotz der Bewegung der Schiebebüchse 6 nur eine geringe Gasmenge in den Raum 10 – der mit dem Volumen des Kurbelgehäuses in Verbindung steht – entweichen kann. Die Bewegung der beiden Schiebebüchsen 2 und 6 wird hydraulisch initiiert durch einen Nockentrieb 17, der zwei als Stößel ausgebildete hydraulische Geberkoben 11 und 12 bewegt, die ihrerseits über die Druckleitungen 13 und 14 jeweils mehrere um die Schiebebüchsen 2 und 6 herum angeordnete und aus den Ringkanälen 37 und 38 gespeisten Nehmerkolben 15 und 16 verschieben und durch Eingriff in eine Ringnut der Schiebebüchsen 2 und 6 diese gleichzeitig mitverschieben und dadurch öffnen. Beim Rückhub der Geberkolben 11 und 12 sorgen jeweils mehrere um die Schiebebüchsen herum angeordnete und ebenfalls in diese Ringnut eingreifende federbelastete Hülsen 17 und 18 dafür, dass die Schiebebüchsen wieder geschlossen werden. Hier ist der Einlasskanal 4 mittels der Schiebebüchse 2 geschlossen und der Auslasskanal 7 mittels der Schiebebüchse 6 geöffnet dargestellt. Der Verschlusskolben 8 ist hier in seiner dem Oberen Totpunkt am nächsten liegenden Position gezeigt, wodurch der kleinste Totraum 23 und damit die höchste Verdichtung erreicht wird.
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3 zeigt den Auslasskanal 7 in durch die Schiebebüchse 6 geschlossener Position und den Einlasskanal 4 mittels der Schiebebüchse 2 geöffnet. Die Steuerzeiten können variabel gestaltet werden. Dazu weist das Steuergehäuse 28 die Ansaugöffnungen 24 und 25 für das Hydraulikmedium auf, welche sich jeweils mit einer Öffnung 29 und 30 in den Pumpenzylindern 26 und 27 überschneiden. Wird durch einen Geberkolben während seines Hubes die entsprechende Öffnung 29 oder 30 verschlossen, wird das Hydraulikmedium in den jeweiligen Leitungen 13 oder 14 zwischen Geberkolben und Nehmerkolben eingeschlossen und unter Druck gebracht und damit die Schiebebüchse dem Nockenhub folgend geöffnet. Die Pumpenzylinder 26 und 27 sind axial verschiebbar im Steuergehäuse 28 gelagert, so dass sich damit ein unterschiedlicher Vorhub einstellen lässt. Wie hier gezeigt lässt sich die Verschiebung durch Drehen der Pumpenzylinder in einem Gewinde jeweils am äußeren Ende der Pumpenzylinder 26 und 27 einstellen und damit durch Veränderung des Vorhubes eine Verkürzung oder Verlängerung der Steuerzeit erreichen. Da die Pumpenzylinder auch hydraulisch verschiebbar oder elektromotorisch verschiebbar sind, lassen sich variable Steuerzeiten auch während der Betriebes erreichen. Beispielsweise kann aber auch durch eine schräge Steuerkante an den Geberkolben eine ähnliche Steuerung wie bei Einspritzelementen für Dieselmotoren erfolgen. Der Verschlusskolben 8 ist hier in seiner dem Oberen Totpunkt entferntest liegenden Position gezeigt, was die niedrigste Verdichtung ergibt.
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4 zeigt den Verschlusskolben 8 im Detail. Eine Feder 19 drückt ihn in die Endstellung für ein maximales Totraumvolumen und ist durch einen Anschlag mittels Sprengring 20 am Hydraulikzylinder 21 begrenzt. Wird der Hydraulikkolben 40 über den Druckanschluss 41 mit entsprechend hohem Druck beaufschlagt, vermag er den Gegenkolben 8 gegen die Kraft der Feder 19 und gegen den Gasdruck bis zum Anschlag 22 in die andere Endstellung für minimales Totraumvolumen – d. h. höchste Verdichtung – zu verschieben.
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5 zeigt einen ölgekühlten Verschlusskolben B. Das Öl, zweckmäßigerweise das ohnehin im Motor vorhandene Schmieröl, tritt über den Anschluss 42 in den Hydraulikzylinder 21 ein, verteilt sich im gesamten Innenraum 44 und fließt über den Schlitz 43 wieder in den allgemeinen Zylinderkopf- bzw. Kurbelraum zurück.
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6 zeigt einen mit externem Medium – beispielsweise Kühlwasser – gekühlten Verschlusskoben 8. Das Kühlmedium tritt über den Anschluss 45 in den Kolbeninnenraum 44 ein und über den Anschluss 46 wieder aus. Die Dichtung 47, beispielsweise ein O-Ring, sorgt dafür, dass kein Kühlmedium in den Motorraum gelangen kann.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 102004032452 A1 [0003]
- US 2008/0115771 A1 [0003]