-
Die vorliegende Erfindung betrifft ein Abgaswärmenutzsystem für eine stationäre Anlage oder für ein Kraftfahrzeug, im Einzelnen gemäß dem Oberbegriff von Anspruch 1.
-
Abgaswärmenutzsysteme der gattungsgemäßen Art mit einem Arbeitsmediumkreislauf, in welchem ein Arbeitsmedium unter Durchlaufen eines Phasenwechsels zirkuliert, werden heutzutage sowohl in stationären Anlagen, beispielsweise Blockheizkraftwerken oder Kleinkraftwerken, oder in Kraftfahrzeugen verwendet, um den Wirkungsgrad eines Verbrennungsmotors bzw. des Antriebsstranges, in welchem sie eingesetzt werden, zu verbessern. Hierzu wird das Arbeitsmedium des Arbeitsmediumkreislaufes in einem Verdampfer teilweise oder vollständig durch Übertragung von Wärme des Abgasstromes des Verbrennungsmotors verdampft. Bei einer anschließenden Expansion des dampfförmigen Arbeitsmediums in einem Expander unter Verrichtung mechanischer Arbeit wird die zuvor aufgenommene Abgaswärme in Antriebsenergie umgesetzt, so dass mit der Abtriebswelle des Verdampfers Antriebsleistung entweder auf die Antriebswelle des Verbrennungsmotors rückgeführt werden kann oder ein vom Verbrennungsmotor angetriebenes Aggregat, beispielsweise ein elektrischer Generator, angetrieben werden kann.
-
Da in solchen Arbeitsmediumkreisläufen sehr hohe Drücke entstehen können, die ein Bersten der Arbeitsmediumleitungen oder der im Arbeitsmediumkreislauf vorgesehenen Aggregate verursachen könnten, ist in den Arbeitsmediumkreisläufen herkömmlich ein automatisch oberhalb eines eingestellten Arbeitsmediumdruckes öffnendes Sicherheitsventil vorgesehen, das bei einem Druckanstieg des Arbeitsmediums auf den eingestellten Arbeitsmediumdruck öffnet und das Arbeitsmedium an die Umgebung entweichen lässt, um dadurch den Druck im Arbeitsmediumkreislauf zu reduzieren. Solche unerwünscht hohen Druckzustände können beispielsweise dadurch auftreten, dass die üblicherweise im Arbeitsmediumkreislauf vorgesehene Speisepumpe ausfällt und damit im Verdampfer eine unzulässig hohe Überhitzung des Arbeitsmediums erfolgt, mangels nachfolgend zugeführtem kalten Arbeitsmedium.
-
Obwohl die bekannten Abgaswärmenutzsysteme somit sicher und ohne Gefahr für Bedienpersonal oder ihre Umgebung arbeiten, hat sich in der Praxis als nachteilig herausgestellt, dass die bekannten Sicherheitsventile in der kostengünstigeren Ausführungsform häufig beim Ansprechen nach Erreichen des eingestellten Arbeitsmediumdruckes beschädigt werden. Vergleichsweise hochwertigere und teurere Sicherheitsventile hingegen verteuern die Herstellung des Abgaswärmenutzsystems und damit den Verkaufspreis, was einen Wettbewerbsnachteil darstellt. Schließlich sind vergleichsweise kostengünstige Sicherheitsventile mit so genannten Berstscheiben bekannt, bei welchen jedoch nach jedem Auslösen die Berstscheibe ausgetauscht werden muss. Dies ist zwar mit keinen hohen materiellen Kosten verbunden, erfordert jedoch einen gewissen Montageaufwand und führt mitunter zu Verzögerungen bei der Wiederinbetriebnahme der Anlage.
-
Der vorliegenden Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Abgaswärmenutzsystem für eine stationäre Anlage oder für ein Kraftfahrzeug anzugeben, welches hinsichtlich der genannten Nachteile verbessert ist.
-
Die erfindungsgemäße Aufgabe wird durch ein Abgaswärmenutzsystem mit den Merkmalen von Anspruch 1 gelöst. In den abhängigen Ansprüchen sind vorteilhafte und besonders zweckmäßige Ausgestaltungen der Erfindung angegeben.
-
Die Erfinder haben einen Weg erkannt, der auf einfache, kostengünstige und zugleich sichere Weise eine häufige Beschädigung des automatischen Sicherheitsventils, den notwendigen Austausch von Berstscheiben oder den Einsatz hochpreisiger automatischer Sicherheitsventile vermeidet, ohne die Sicherheit der Anlage zu reduzieren. So kann erfindungsgemäß nämlich die Anzahl von Auslösungen des automatischen Sicherheitsventils erheblich reduziert werden, indem parallel zum passiven automatischen Sicherheitsventil ein insbesondere druckunabhängig betätigbares, aktives Druckablassventil am bzw. im Arbeitsmediumkreislauf vorgesehen wird, das beispielsweise manuell mechanisch oder über Ansteuerung eines Steueranschlusses, dann eventuell auch druckabhängig ausgelöst werden kann, bevor der Arbeitsmediumdruck den eingestellten Arbeitsmediumdruckwert erreicht, bei welchem das automatische Sicherheitsventil auslöst. In der Praxis können nämlich häufig Ausfälle oder Störungen im Abgaswärmenutzsystem bzw. der stationären Anlage oder dem Kraftfahrzeug frühzeitig erkannt werden, die zu einem unzulässigen Druckanstieg des Arbeitsmediums im Arbeitsmediumkreislauf führen, und damit herkömmlich zu einem Auslösen des automatischen Sicherheitsventils.
-
Im Gegensatz zum passiven automatischen Sicherheitsventil weist das aktiv betätigbare Druckablassventil keine rein mechanische auf den Arbeitsmediumdruck ansprechende Auslöseeinrichtung auf, wie sie für automatische Sicherheitsventile vorgeschrieben ist. Gerade diese Auslöseeinrichtung hat sich nämlich in der Praxis als anfällig für nachhaltige Schäden herausgestellt. Ferner weist das aktiv betätigbare Druckablassventil auch keine Bauteile auf, die beim Auslösen gezielt beschädigt werden, wie beispielsweise eine Berstscheibe. Vielmehr kann das aktiv betätigbare Druckablassventil robust ohne eigene Sicherheitsfunktion ausgeführt werden.
-
Im Einzelnen weist ein erfindungsgemäßes Abgaswärmenutzsystem für eine stationäre Anlage oder ein Kraftfahrzeug, wobei die stationäre Anlage beispielsweise ein Blockheizkraftwerk, ein Kleinkraftwerk, eine Biogasanlage oder eine Öl- und/oder Gasförderanlage sein kann, und das Kraftfahrzeug insbesondere ein Lastkraftwagen oder Schienenfahrzeug sein kann, einen geschlossenen Arbeitsmediumkreislauf auf, in welchem ein Arbeitsmedium unter Durchlaufen eines Phasenwechsels zirkuliert. Im Arbeitsmediumkreislauf ist ein vom Abgas und vom Arbeitsmedium durchströmter oder umströmter Verdampfer vorgesehen, in welchem Abgaswärme zur teilweisen oder vollständigen Verdampfung des Arbeitsmediums auf dieses übertragen wird. Ferner ist ein Kondensator zum Kondensieren des Arbeitsmediums vorgesehen.
-
Zwischen Verdampfer und Kondensator ist ein mit dem Arbeitsmedium betriebener Expander vorgesehen, in welchem das dampfförmige Arbeitsmedium unter Verrichtung mechanischer Arbeit expandiert.
-
Schließlich ist im Arbeitsmediumkreislauf ein in Strömungsrichtung des Arbeitsmediums hinter dem Verdampfer vor dem Expander oder hinter dem Expander positioniertes, automatisches Sicherheitsventil vorgesehen, das oberhalb eines eingestellten Arbeitsmediumdruckes, insbesondere fest eingestellten Arbeitsmediumdruckes des Arbeitsmediumkreislaufs den Arbeitsmediumkreislauf gegenüber der Umgebung öffnet und Arbeitsmedium ablässt.
-
Erfindungsgemäß ist dem automatischen Sicherheitsventil ein druckunabhängig oder druckabhängig aktiv betätigbares Druckablassventil hinsichtlich der Arbeitsmediumströmung beim Druckablassen gegen die Umgebung parallel geschaltet, mittels welchem der Arbeitsmediumkreislauf zum Ablassen von Druck gegenüber der Umgebung geöffnet werden kann.
-
Günstig ist es, wenn der Anschluss des automatischen Sicherheitsventils und der Anschluss des aktiv betätigbaren Druckablassventils am Arbeitsmediumkreislauf hintereinander, parallel zueinander oder in Form eines gemeinsamen Anschlusses in Strömungsrichtung des Arbeitsmediums im Arbeitsmediumkreislauf zwischen einem Arbeitsmediumaustritt aus dem Verdampfer und einem Arbeitsmediumeintritt in den Expander vorgesehen sind. Alternativ kann der Anschluss oder können die Anschlüsse auch am Verdampfer selbst, beispielsweise an dem Arbeitsmediumaustritt oder an dem Expander selbst, beispielsweise an dem Arbeitsmediumeintritt vorgesehen sein.
-
Eine erste erfindungsgemäße Ausführungsform sieht vor, dass das Druckablassventil ausschließlich manuell, d. h. per Hand mit einer Handschaltung auslösbar ist. Eine solche Handschaltung kann beispielsweise ein Drehschieber, ein Hebel oder ein sonstiger Aktuator sein.
-
Eine alternative erfindungsgemäße Ausführungsform sieht vor, dass das aktiv betätigbare Druckablassventil einen Steueranschluss aufweist, der hydraulisch, pneumatisch oder elektrisch ansteuerbar ist, um das Druckablassventil zu betätigen. An dem Steueranschluss kann beispielsweise ein Notausschalter oder – taster angeschlossen sein, der vom Wartungspersonal oder einer anderen Person betätigt werden kann, wenn ein unzulässig hoher Druckanstieg im Arbeitsmediumkreislauf droht. Auch ist es möglich, eine Steuereinrichtung vorzusehen, die das Druckablassventil in Abhängigkeit vorbestimmter erfasster Randbedingungen, beispielsweise einem erfassten Ausfall einer Speisepumpe, betätigt. Hierbei kann eine Randbedingung auch den Arbeitsmediumdruck an einer vorgegebenen Position im Arbeitsmediumkreislauf umfassen.
-
Neben der bereits genannten vorteilhaft vorgesehenen Speisepumpe ist insbesondere im Arbeitsmediumkreislauf ein Arbeitsmediumvorratsbehälter zwischen dem Kondensator und dem Verdampfer vorgesehen, um Druckschwankungen im Arbeitsmediumkreislauf auszugleichen.
-
Eine erfindungsgemäße Ausführungsform sieht vor, dass im Arbeitsmediumkreislauf ein Bypass für Arbeitsmedium zur Umgehung des Expanders vorgesehen ist. Ein solcher Bypass kann in einer Ausführungsform nur den Expander umgehen, wohingegen eine andere Ausführungsform vorsieht, dass gleichzeitig der Expander und der Verdampfer und/oder der Kondensator umgangen wird. Selbstverständlich ist es möglich, getrennte Bypässe hierfür vorzusehen oder weitere Aggregate des Arbeitsmediumkreislaufes in den oder die Bypässe aufzunehmen oder hierfür eigene Bypässe vorzusehen.
-
Eine erfindungsgemäße Ausführungsform sieht zwar ebenfalls eine arbeitsmediumdruckabhängige Betätigung des Druckablassventils vor, d. h. dass das Druckablassventil automatisch oberhalb eines eingestellten Arbeitsmediumdruckes öffnet, im Unterschied zum automatisch öffnenden Sicherheitsventil erfolgt jedoch eine aktive Betätigung des Druckablassventils, d. h. durch gezielte Ansteuerung über den Steueranschluss. Beim passiven Sicherheitsventil hingegen muss das Öffnen allein aufgrund mechanischer Wirkung erfolgen, wie für den Druckbehälterbau vorgeschrieben ist.
-
Die Erfindung soll nachfolgend anhand eines Ausführungsbeispiels exemplarisch beschrieben werden.
-
In der 1 ist hierfür ein Arbeitsmediumkreislauf 1 eines Abgaswärmenutzsystems schematisch dargestellt, umfassend einen Verdampfer 2, einen diesem nachgeschalteten Expander 3, einen folgenden Kondensator 4, einen Arbeitsmediumvorratsbehälter 5 und eine Speisepumpe 6.
-
Parallel zum Expander 3 ist ein Bypass 7 im Arbeitsmediumkreislauf 1 vorgesehen.
-
An der Stelle des höchsten Druckes des dampfförmigen Arbeitsmediums im Arbeitsmediumkreislauf 1 ist sowohl ein automatisches Sicherheitsventil 8 vorgesehen, das oberhalb eines eingestellten Arbeitsmediumdruckes des Arbeitsmediums an der Anschlussstelle 9 des Sicherheitsventils 8 öffnet. Direkt daneben ist im Arbeitsmediumkreislauf 1, hier in Strömungsrichtung des Arbeitsmediums unmittelbar vorgeordnet die Anschlussstelle 10 eines aktiv betätigbaren Druckablassventils 11 vorgesehen. Selbstverständlich könnte die Anschlussstelle 10 auch stromabwärts der Anschlussstelle 9 oder gemeinsam im Arbeitsmediumkreislauf 1 mit der Anschlussstelle 9 vorgesehen sein.
-
Das Druckablassventil weist einen Steueranschluss 12 auf, an welchem eine Steuereinrichtung 13 angeschlossen ist, die insbesondere als elektronisches Steuergerät ausgeführt ist. Diese kann beispielsweise einen Ausfall der Speisepumpe 6 und/oder den Druck des Arbeitsmediums an einer vorgegebenen Stelle im Arbeitsmediumkreislauf über einen Drucksensor (nicht dargestellt) erfassen und bei Bedarf das Druckablassventil 11 aktiv öffnen.
-
Bei dem Sicherheitsventil 8 handelt es sich demnach um ein passives Ventil 8 ohne externen Steueranschluss, wohingegen es sich bei dem Druckablassventil 11 um ein aktives Ventil mit externem Steueranschluss 12 handelt. Somit kann das Druckablassventil 11 rechtzeitig vor Erreichen des sicherheitsrelevanten Auslösedruckes des Sicherheitsventils 8 geöffnet werden, um ein Ansprechen des Sicherheitsventils 8 zu vermeiden.
-
Im gezeigten Ausführungsbeispiel wird der Verdampfer 2 mit Abgas aus einem Abgasstrom 14 eines Verbrennungsmotors 15 beschickt, wobei der Verbrennungsmotor 15 einen elektrischen Generator 16 antreibt. Der Expander 3 hingegen treibt einen zusätzlichen elektrischen Generator 17 an. Alternativ könnten der Verbrennungsmotor 15 und der Expander 3 jedoch auch denselben Generator oder ein anderes Aggregat antreiben.
-
Die Speisepumpe 6 wird hier durch einen Elektromotor 18 angetrieben. Zusätzlich oder alternativ käme jedoch auch ein Antrieb mit dem Expander 3 und/oder dem Verbrennungsmotor 15 in Betracht.
-
Ein erfindungsgemäßer Expander kann insbesondere als Hubkolbenmaschine ausgeführt sein. Jedoch kommt auch eine Turbomaschine in Betracht. Bei dem Verbrennungsmotor kann es sich um einen Dieselmotor oder auch um einen Gasmotor handeln. Andere Ausführungsformen kommen in Betracht.