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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Schutz von Fahrzeuginsassen bei einer Kollision eines Fahrzeugs mit einem Hindernis, wobei bei einer erfassten Kollision oder bei einer nicht vermeidbaren Kollision zeitlich vor der Kollision zumindest ein Airbag zur Rückhaltung des Fahrzeuginsassen ausgelöst wird.
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Aus dem Stand der Technik sind so genannte Pre-Safe-Mechanismen bekannt, mittels welcher die Fahrzeuginsassen zeitlich kurz vor der Kollision auf diese vorbereitet werden. Diese Pre-Safe-Mechanismen umfassen eine Ansteuerung verschiedener Pre-Safe-Vorrichtungen, welche eine optimierte Positionierung und einen optimierten Schutz der Fahrzeuginsassen innerhalb des Fahrzeugs bei der Kollision ermöglichen sollen.
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Einen derartigen Pre-Safe-Mechanismus zur Ansteuerung eines reversiblen Insassenschutzmittels in einem Kraftfahrzeug beschreibt die
DE 101 21 386 C1 . Das Kraftfahrzeug weist eine Sensorik, welche Fahrzustandsdaten erfasst, und das reversible Insassenschutzmittel auf, wobei das reversible Insassenschutzmittel vor einem Kollisionszeitpunkt auslöst und dadurch in Wirkstellung gebracht wird. Die Fahrzustandsdaten werden hinsichtlich eines Zustands Notbremsung überwacht und bei ermitteltem Zustand Notbremsung wird das Insassenschutzmittel ausgelöst, wobei die Fahrzustandsdaten zusätzlich hinsichtlich eines Zustands Übersteuern und eines Zustands Untersteuern überwacht werden und bei ermitteltem Zustand Notbremsung und Übersteuern und Untersteuern das Insassenschutzsystem ausgelöst wird. Mittels der Zustände Notbremsung, Untersteuern und Übersteuern wird eine Richtung ermittelt, aus welcher eine maximale Gefährdung zu erwarten ist und das Insassenschutzsystem wird derart angesteuert, dass eine Schutzwirkung entsprechend der Richtung maximaler Gefährdung erfolgt.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein gegenüber dem Stand der Technik verbessertes Verfahren zum Schutz von Fahrzeuginsassen bei einer Kollision anzugeben.
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Die Aufgabe wird erfindungsgemäß mit einem Verfahren gelöst, welches die im Anspruch 1 angegebenen Merkmale aufweist.
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Vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung sind Gegenstand der Unteransprüche.
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In einem Verfahren zum Schutz von Fahrzeuginsassen bei einer Kollision eines Fahrzeugs mit einem Hindernis wird bei einer erfassten Kollision oder bei einer nicht vermeidbaren Kollision zeitlich vor der Kollision zumindest ein Airbag zur Rückhaltung des Fahrzeuginsassen ausgelöst. Erfindungsgemäß werden zu einem definierten Zeitpunkt vor der Auslösung des Airbags akustische Signale im Innenraum des Fahrzeugs ausgegeben, wobei als akustische Signale ein im Innraum des Fahrzeugs wahrnehmbares Aufprallgeräusch des Fahrzeugs auf das Hindernis und/oder ein Auslösegeräusch des zumindest einen Airbags und/oder ein Entfaltungsgeräusch des zumindest einen Airbags und/oder ein Bremsgeräusch ausgegeben werden.
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Aufgrund der Ausgabe der akustischen Signale bereits vor der eigentlichen Kollision und des dann auftretenden Aufprallgeräusches, des Auslösegeräusches und Entfaltungsgeräusches des zumindest einen Airbags sowie des Bremsgeräuschs wird eine präventive Konditionierung des Gehörs der Fahrzeuginsassen erzeugt, mittels welcher eine Reduktion einer Gehörbelastung ermöglicht wird. Somit können Hörschädigungen, hervorgerufen durch das Aufprallgeräusch, das Auslösegeräusch und/oder Entfaltungsgeräusch des zumindest einen Airbags sowie durch das Bremsgeräusch, zumindest vermindert werden.
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Insbesondere werden der definierte Zeitpunkt und/oder ein Schalldruckpegel der akustischen Signale derart eingestellt, dass ein so genannter Stapediusreflex des Gehörs der Fahrzeuginsassen ausgelöst wird. Der Stapediusreflex ist ein Reflex des menschlichen Gehörs, welcher das Innenohr vor Schäden durch hohe Schalldruckpegel schützt. Dabei wird bei Geräuschen mit Schalldruckpegeln im Bereich zwischen 70 dB und 90 dB eine Ankopplung des Trommelfells an das Innenohr verschlechtert, so dass nicht mehr der gesamte Schalldruck an das Innenohr übertragen wird, wobei ein Teil des Geräusches am Trommelfell reflektiert wird.
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Ausführungsbeispiele der Erfindung werden im Folgenden anhand von Zeichnungen näher erläutert.
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Dabei zeigen:
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1 schematisch ein Fahrzeug und dessen Innenraum,
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2 schematisch einen zeitlichen Verlauf akustischer Signale, eines Aufprallgeräusches, eines Auslösegeräusches eines Airbags sowie eines Entfaltungsgeräusches des Airbags und
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3 schematisch einen Ausschnitt einer Seitenansicht des Fahrzeugs gemäß 1 im Frontbereich des Fahrzeugs.
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Einander entsprechende Teile sind in allen Figuren mit den gleichen Bezugszeichen versehen.
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In 1 sind schematisch ein Fahrzeug 1 und dessen Innenraum 1 dargestellt. 2 zeigt einen zeitlichen Verlauf akustischer Signale S, eines Aufprallgeräusches G1, eines Auslösegeräusches G2 eines Airbags 2 sowie eines Entfaltungsgeräusches G3 des Airbags 2. Ein Folgenden wird die Erfindung anhand beider Figuren gemeinsam beschrieben.
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Das Fahrzeug 1 umfasst mehrere Airbags 2 bis 7, wobei es sich bei den Airbags 2 bis 7 um einen Fahrerairbag (= Airbag 2), einen Beifahrerairbag (= Airbag 3), zwei Kopfairbags (= Airbags 4, 5) und zwei Seitenairbags (= Airbags 6, 7) handelt. In nicht näher dargestellten Ausführungsbeispielen umfasst das Fahrzeug 1 eine abweichende Anzahl an Airbags 2 bis 7. Die Airbags 2 bis 7 sind dazu vorgesehen, bei einer Kollision des Fahrzeugs 1 mit einem Hindernis zumindest eine Aufprallschwere von nicht dargestellten Fahrzeuginsassen auf harte Fahrzeugteile im Innenraum I des Fahrzeugs 1 zu reduzieren.
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Bei der Kollision des Fahrzeugs 1 mit dem Hindernis entstehen das Aufprallgeräusch G1 sowie gegebenenfalls bei einer Auslösung das Auslösegeräusch G2 und das Entfaltungsgeräusch G3 des zumindest einen ausgelösten Airbags 2 bis 7. Unter dem Auslösegeräusch G2 wird dabei insbesondere ein Knallgeräusch verstanden, welches durch eine Explosion einer Treibladung zur Füllung des jeweiligen Airbags 2 bis 7 erzeugt wird. Das Entfaltungsgeräusch G3 ist das Geräusch, welches durch die plötzliche Entfaltung des jeweiligen Airbags 2 bis 7 erzeugt wird. Dem dargestellten Ausführungsbeispiel liegt zugrunde, dass allein der Fahrerairbag (= Airbag 2) auslöst. Weiterhin entsteht vor der Kollision bei einer eingeleiteten Bremsung, beispielsweise ausgelöst durch einen automatischen Bremsassistenten, ein nicht dargestelltes Bremsgeräusch.
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Das Aufprallgeräusch G1 sowie insbesondere das Auslösegeräusch G2 und das Entfaltungsgeräusch G3 zeichnen sich durch einen hohen Schalldruckpegel Lp aus, wobei diese Geräusche bei den Fahrzeuginsassen Hörschädigungen hervorrufen können.
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Auch eine für die Fahrzeuginsassen plötzlich durch einen automatischen Bremsassistenten eingeleitete Bremsung des Fahrzeugs 1 und das damit verbundene Bremsgeräusch können zumindest zu Schrecksituationen und aus diesen resultierenden weiteren unerwünschten und die Gesundheit gefährdenden Zuständen der Fahrzeuginsassen führen.
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Im die Hörschädigungen und die Schrecksituationen zumindest zu vermindern oder zu vermeiden, werden zu einem definierten Zeitpunkt T1 vor der Auslösung des Airbags 2 akustische Signale S mit einem geringeren Schalldruckpegel Lp im Innenraum 1 des Fahrzeugs 1 ausgegeben, welche sich aus dem während der Kollision im Innraum I des Fahrzeugs 1 wahrnehmbaren Aufprallgeräusch G1 des Fahrzeugs 1 auf das Hindernis, dem Auslösegeräusch G2 des Airbags 2, dem Entfaltungsgeräusch G3 des Airbags 2 und dem Bremsgeräusch zusammensetzen.
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Hierzu werden in Crashversuchen, vorzugsweise von Fahrzeugen des gleichen Fahrzeugtyps wie das Fahrzeug 1, das reale Aufprallgeräusch G1 sowie das Auslösegeräusch G2, das Entfaltungsgeräusch G3 und das Bremsgeräusch erfasst und gespeichert.
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Das Aufprallgeräusch G1, das Auslösegeräusch G2, das Entfaltungsgeräusch G3 und das Bremsgeräusch werden dabei für verschiedene Aufprallpositionen, d. h. insbesondere für einen Frontal-, Seiten- und Heckaufprall und die dabei auslösenden Airbags 2 bis 7 erfasst.
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Zur Ausgabe der akustischen Signale S wird zunächst mittels eines oder mehrerer nicht dargestellter Umfeldsensoren einer so genannten Pre-Crash-Erkennung des Fahrzeugs 1 die Umgebung des Fahrzeugs 1 erfasst. Die Umfeldsensoren umfassen zum Beispiel eine oder mehrere Kameras, Radar-, Lidar-, Laser- und/oder Ultraschallsensoren und sind Bestandteil bereits im Fahrzeug 1 vorhandener Pre-Crash-Vorrichtungen. Aus den erfassten Daten wird ermittelt, zu welchem Zeitpunkt, an welcher Position am Fahrzeug 1 und in welcher Stärke die Kollision erfolgen wird. Daraus wird weiterhin ermittelt, welcher oder welche der Airbags 2 bis 7 bei der bevorstehenden Kollision auslösen werden.
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Des Weiteren wird mittels einer Kippsensorik, welche beispielsweise Neigungssensoren, einen Lenkwinkelsensor, Quer- und Längsbeschleunigungssensoren umfasst, ein Kippen und/oder Schwanken des Fahrzeugs 1, insbesondere um dessen Längsachse, erfasst. Aus diesen Daten wird ebenfalls ermittelt, zu welchem Zeitpunkt, an welcher Position am Fahrzeug 1 und in welcher Stärke die Kollision erfolgen wird und welcher oder welche der Airbags 2 bis 7 bei der bevorstehenden Kollision auslösen werden.
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In Abhängigkeit der Aufprallposition am Fahrzeug 1 und in Abhängigkeit der Position des zumindest einen auslösenden Airbags 2 bis 7 werden aus den gespeicherten Geräuschen die der bevorstehenden Kollision entsprechenden Geräusche und die der dabei auslösenden Airbags 2 bis 7 entsprechenden Geräusche bestimmt und ausgewählt und zum definierten Zeitpunkt T1 als akustische Signale S ausgegeben. Die Ausgabe erfolgt dabei vorzugsweise im Bereich der Position des bevorstehenden Aufpralls und der Position des zumindest einen auslösenden Airbags 2 bis 7 mittels eines oder mehrerer Lautsprecher 8 bis 13, welche vorzugsweise Bestandteil einer nicht gezeigten, im Fahrzeug 1 verbauten Soundanlage, beispielsweise eines Audiosystems und/oder Entertainmentsystems sind.
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Der definierte Zeitpunkt T1 und ein Schalldruckpegel Lp der akustischen Signale S werden bei der Ausgabe derart eingestellt, dass der so genannte Stapediusreflex des Gehörs der Fahrzeuginsassen ausgelöst wird. Der Zeitpunkt T1 wird in einem Bereich zwischen 50 ms und 150 ms vor der Auslösung des zumindest einen Airbags 2 bis 7 gewählt. Im dargestellten Ausführungsbeispiel liegt der Zeitpunkt T1 150 ms vor der Auslösung des Airbags 2. Weiterhin wird der Schalldruckpegel Lp in einem Bereich von 70 dB bis 95 dB eingestellt. Besonders bevorzugt beträgt der Schalldruckpegel Lp 85 dB. Mit einer derartigen Ausgabe der akustischen Signale S wird eine präventive Konditionierung des Gehörs der Fahrzeuginsassen für Frontal-, Heck- und/oder Seitenkollisionen durch Vorbereitung auf das folgende Aufprallgeräusch G1, das Auslösegeräusch G2, das Entfaltungsgeräusch G3 und das Bremsgeräusch, welche einen deutlich höheren Schalldruckpegel Lp aufweisen, erreicht.
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Zusätzlich zur Ausgabe der akustischen Signale S im Fall einer Kollision sind diese auf Anforderung des Fahrzeuginsassen auch in einem so genannten Demonstrations-Modus ausgebbar, um dem Fahrzeuginsassen einen Eindruck zu vermitteln, wie sich eine Kollision und die Entfaltung der Airbags 2 bis 7 anhört. Auch hierbei werden die akustischen Signale S mit vermindertem Schalldruckpegel Lp mittels der Lautsprecher 8 bis 13 ausgegeben, wobei vorzugsweise ein Taster oder ein Schalter zur Aktivierung dieser Funktion im Innenraum I des Fahrzeugs 1 vorgesehen ist.
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In weiteren Ausführungsbeispielen ist die Ausgabe der akustischen Signale S mit weiteren Pre-Safe-Vorrichtungen gekoppelt. So ist beispielsweise die Kopplung mit einer so genannten Pre-Safe-Pulse-Vorrichtung möglich, bei welcher vor der Kollision eine der Kollisionsposition zugewandte aktive Seitenwange eines Fahrzeugssitzes derart betätigt wird, dass der Fahrzeuginsasse von der Kollisionsposition weg in den Innenraum 1 des Fahrzeugs 1, bewegt wird. Dadurch wird eine Aufprallschwere der Fahrzeuginsassen auf harte Fahrzeugteile im Innenraum I des Fahrzeugs 1 zumindest reduziert.
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Alternativ oder zusätzlich ist eine Kopplung mit einer weiteren Pre-Safe-Vorrichtung möglich, wobei die Pre-Safe-Vorrichtung eine Zusatzbremse 14 ansteuert. Die Zusatzbremse 14 ist beispielsweise als so genannter Braking-Bag ausgebildet.
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In 3 ist ein Ausschnitt des Fahrzeugs 1 mit einem derartigen Braking-Bag dargestellt, welcher im Bereich einer Vorderachse angeordnet ist. Bei einer nicht mehr vermeidbaren Kollision, wird zusätzlich zu einer Vollbremsung die als Braking-Bag ausgebildete Zusatzbremse 14 ausgelöst, um die Verzögerung des Fahrzeugs 1 zu erhöhen.
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Bei der Auslösung des Braking-Bags, dessen Auslösemechanismus dem eines herkömmlichen Airbags 2 bis 7 entspricht, entstehen ebenfalls ein Auslösegeräusch und ein Entfaltungsgeräusch bereits vor der Kollision. Dieses Auslösegeräusch und Entfaltungsgeräusch werden alternativ zur Erzeugung mittels der Lautsprecher 8 bis 13 in einem Ausführungsbeispiel als akustische Signale S zur Erzeugung des Stapediusreflexes verwendet, da der Schalldruckpegel Lp aufgrund der Anordnung des Braking-Bags außerhalb des Innenraums I des Fahrzeugs 1 geringer als der Schalldruckpegel Lp der im Innenraum I auslösenden Airbags 2 bis 7 ist und weiterhin die Auslösung des Braking-Bags der Auslösung der Airbags 2 bis 7 zeitlich vorgelagert ist.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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