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Die Erfindung betrifft eine ophthalmochirurgische Messeinrichtung und ein Verfahren zum Betreiben derselben.
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Die weltweit am häufigsten durchgeführte Augenoperation ist die Katarakt-Operation, bei der eine trübe kristalline Augenlinse durch eine neue künstliche Augenlinse ersetzt wird. Eine solche künstliche Linse, auch Intraokularlinse genannt, kann für einen behandelten Patienten nur dann ein emmetropes Sehen ermöglichen, wenn das Auge des Patienten vor der Operation genau vermessen wurde. Es ist daher üblich, bei einer präoperativen Untersuchung des Auges die Länge des Auges (Bulbus), die korneale Brechkraft des Auges sowie die Vorderkammertiefe zu bestimmen. Hierzu eignet sich besonders das von der Carl Zeiss Meditec, Jena, entwickelte Messgerät IOL-Master.
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Bei vielen Kataraktpatienten hat sich dieser Ablauf einer präoperativen Bestimmung von Augenwerten und einer daraus anschließend berechneten Intraokularlinse bewährt, indem ihnen wieder ein normalsichtiges Sehen ermöglicht wurde. Falls ein Patient aber vor einer Katarakt-Operation zum Beispiel einen hornhautablativen Eingriff vornehmen ließ, kann dies bei einer Bestimmung seiner Augenwerte vor einer Katarakt-Operation zu unsicheren Messergebnissen führen. Zur Bestimmung der Gesamtbrechkraft der Hornhaut werden üblicherwiese nur wenige Punkte der Hornhaut zur Messung einbezogen. Falls bei einem hornhautablativen Eingriff das Hornhautzentrum abgeflacht wurde und die Brechkraft deutlich vermindert wurde, wird auf der Basis von nur wenigen Messpunkten eine zu hohe Gesamtbrechkraft der Hornhaut ermittelt. Außerdem berücksichtigen verschiedene Messgeräte einen Hornhautrefraktionsindex, der jedoch bei den Geräten unterschiedliche Werte enthalten kann. Ferner kann sich dieser Refraktionsindex nach einem keratorefraktiven Eingriff (zum Beispiel bei photorefraktiver Keratektomie, Lasek, Lasik) verändern, da die Hornhautdicke partiell geringer und die Vorderfläche der Hornhaut flacher ist. Nach einer Katarakt-Operation und Implantation einer künstlichen Intraokularlinse kann dies zu einer Unterkorrektur und damit zu einer Hyperopie führen, da die Intraokularlinse eine zu geringe Brechkraft besitzt. Dann vereinigen sich bei dem Patientenauge die Lichtstrahlen beim Blick in die Ferne erst hinter der Netzhaut. Der Refraktionsfehler muss dann mit einem Sammelglas ausgeglichen werden, wobei im Extremfall ein Austausch der Intraokularlinsen wegen Hyperopie und/oder Anisotropie notwendig sein kann.
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Ferner ist die präoperative Bestimmung von Augenmesswerten sehr schwierig, wenn ein Patient einen sehr starken Katarakt aufweist, bei dem die natürliche Linse sehr stark getrübt ist. Auch bei einem Patienten mit einem extrem kurzen oder langen Bulbus sind die etablierte präoperative Bestimmung der Augenmesswerte und eine daraus abgeleitete Berechnung einer geeigneten Intraokularlinse sehr schwierig. Eine weitere Unsicherheit bei der Bestimmung der Kennwerte eines zu operierenden Auges ist die Bestimmung der Linsendicke der natürlichen Augenlinse. Diese ist von Interesse, da die zu implantierende Intraokularlinse meistens dünner als die natürliche Augenlinse ist, so dass nach dem Einsetzen einer Intraokularlinse der Abstand zwischen Hornhaut und der Vorderfläche der Intraokularlinse nicht jenem entspricht, welcher zwischen Hornhaut und der getrübten natürlichen Augenlinse vorlag.
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Es ist daher eine Aufgabe der Erfindung, eine ophthalmochirurgische Messeinrichtung bereitzustellen, mit der Messwerte eines Patientenauges zur anschließenden Bestimmung einer Intraokularlinse zuverlässig, mit hoher Genauigkeit und in kurzer Zeit ermittelt werden können. Dies soll insbesondere auch bei einem Patientenauge möglich sein, bei dem ein starker Katarakt vorhanden ist oder bei dem zuvor ein keratorefraktiver Eingriff erfolgte. Es ist ferner eine Aufgabe, ein Verfahren zum Betreiben einer solchen Messeinrichtung vorzuschlagen.
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Die Aufgabe wird für die ophthalmochirurgische Messeinrichtung durch den Gegenstand des unabhängigen Patentanspruchs 1 gelöst. Vorteilhafte Weiterbildungen der Erfindung sind Gegenstand der Unteransprüche. Die Aufgabe wird für das Verfahren durch den Gegenstand des unabhängigen Patentanspruchs 8 gelöst.
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Die erfindungsgemäße ophthalmochirurgische Messeinrichtung weist auf:
- – Eine Hornhautmessvorrichtung, welche eingerichtet ist, einen Radius oder eine Brechkraft der Hornhaut eines aphaken Auges eines in Liegeposition angeordneten Patienten zu bestimmen und
- – ein Längenbiometer, welches eingerichtet ist, eine Augenlänge und/oder einen Abstand zwischen Hornhaut und Rückwand einer Linsenkapsel in dem aphaken Auge zu bestimmen.
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Mit der erfindungsgemäßen Messeinrichtung ist es möglich, ein Auge eines Patienten nicht unbedingt präoperativ, also vor einer Katarakt-Operation, zu vermessen, sondern in dem Zustand, in dem die natürliche Augenlinse bereits entfernt ist. Vor einer Katarakt-Operation kann eine Messung der Augenwerte bei einem Patienten, bei dem ein keratorefraktiver Eingriff vorgenommen wurde oder bei dem ein sehr starker Katarakt vorliegt, zu unsicheren Messwerten führen. Hier setzt die Erfindung an. Mit der erfindungsgemäßen Messeinrichtung können Messwerte eines Patientenauges aufgenommen werden, wenn die natürliche Linse bereits entfernt ist und ein aphakes Auge vorliegt. Da keine stark getrübte natürliche Linse mehr vorliegt, können auch die Messwerte durch diese getrübte Linse nicht mehr verfälscht werden. Eine Augenlänge und/oder ein Abstand zwischen Hornhaut und Rückwand einer Linsenkapsel können somit bei einem solchen aphaken Auge sehr zuverlässig bestimmt werden. Die Hornhautmessvorrichtung ist ferner eingerichtet, mindestens einen Radius oder eine Brechkraft der Hornhaut des aphaken Auges zu bestimmen. Vorzugsweise kann die Messvorrichtung auch das Hornhautzentrum in die Messung mit einbeziehen, so dass auch Abflachungen der Hornhaut nach zum Beispiel einem keratorefraktiven Eingriff in das Messergebnis eingehen können.
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Vorzugsweise ist die Hornhautmessvorrichtung ein Keratometer oder ein Wellenfront-Aberrometer. Das Wellenfront-Aberrometer ist besonders geeignet, bei dem aphaken Auge die Brechkraft der Hornhaut zu bestimmen. Dies gilt bei einem Auge ohne und mit keratorefraktivem Eingriff vor einer Katarakt-Operation.
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Bei der bisher üblichen präoperativen Bestimmung der Augenmesswerte besitzt der Patient noch seine natürliche Augenlinse. Die Messung wird vorgenommen, indem der Patient auf einem Stuhl Platz nimmt und der Kopf sich in einer aufrechten Haltung befindet. Bei der erfindungsgemäßen Messeinrichtung wird eine Messung jedoch nicht vor einer Operation, sondern während einer Operation vorgenommen. Die natürliche Augenlinse ist dann bereits aus dem Kapselsack entfernt und der Patient befindet sich in einer Liegeposition. Die erfindungsgemäße Messeinrichtung kommt also in dem Moment zum Einsatz, in dem die natürliche Linse vollständig entfernt ist und nur noch ein leerer Kapselsack zurückbleibt. Wenn der Augeninnendruck konstant gehalten wird, kann somit wenige Sekunden vor dem Einsetzen der Intraokularlinse die Messung vorgenommen werden. Besonders vorteilhaft ist es, dass in dieser Phase einer Operation die Position des hinteren Kapselsackes durch ein Längenbiometer sehr zuverlässig und genau bestimmt werden kann. Die überwiegende Zahl der Intraokularlinsen wird durch ihre Fixierungsstruktur (Haptik) an die Rückwand des Kapselsackes gedrückt. Durch die erfindungsgemäße Messeinrichtung ist es somit möglich, mittels dieser Positionsinformation über den hinteren Kapselsack auch die Position der Intraokularlinse genau zu ermitteln, so dass eine genaue Berechung der optischen Weglängen und somit eine genaue Berechnung einer für den Patienten geeigneten Intraokularlinse möglich ist, um ein emmetropes Sehen zu erreichen. Wenn aufgrund der Hornhaut-Messvorrichtung und des Längenbiometers die erforderlichen Messwerte vorliegen, kann zudem mittels relativ einfacher Formeln und hinterlegter Tabellenwerte in Sekundenbruchteilen die Brechkraft einer für den Patienten geeigneten Intraokularlinse berechnet werden.
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Vorzugsweise ist das Längenbiometer ein Ultraschall-Interferometer oder ein Laser-Interferometer. Mit solchen Interferometern ist es möglich, in sehr kurzer Zeit und mit hoher Genauigkeit die erforderlichen Augenmesswerte zu ermitteln.
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Bevorzugt weist die Messeinrichtung ein ophthalmochirurgisches Mikroskop auf. Es ist üblich, dass zum Entfernen einer natürlichen Augenlinse ein Chirurg ein Mikroskop benutzt. Wenn die erfindungsgemäße Messeinrichtung ein solches Mikroskop aufweist, können Mikroskop, Hornhaut-Messvorrichtung und Längenbiometer in ein Gerät integriert sein. In diesem Fall ist es zweckmäßig, wenn ein Strahlengang des Mikroskops und ein Strahlengang der Hornhautmessvorrichtung und ein Strahlengang des Längenbiometers mindestens teilweise in einer Linie verlaufen. Wenn zum Beispiel der Strahlengang des Mikroskops auf das zu operierende Auge justiert ist, sind weitere Justiervorgänge für die Hornhautmessvorrichtung und das Längenbiometer nicht mehr erforderlich.
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In einer bevorzugten Ausführungsform weist die Messeinrichtung ein Berechnungsmodul auf, mit welchem sich mindestens aus zum einen dem Radius oder der Brechkraft der Hornhaut und zum anderen der Augenlänge und/oder dem Abstand zwischen der Hornhaut und der Rückwand der Linsenkapsel die Brechkraft einer zu implantierenden Intraokularlinse mit vorbestimmter Dicke berechnen lässt. Wenn unmittelbar nach dem Entfernen der natürlichen Augenlinse ein aphakes Auge vorliegt, kann mittels des Berechnungsmoduls in Sekundenbruchteilen dem Chirurg die erforderliche Brechkraft der zu implantierenden Intraokularlinse berechnet und zum Beispiel im Okular des Mikroskops oder auf einem externen Bildschirm angezeigt werden.
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Das erfindungsgemäße Verfahren zum Betreiben der Messeinrichtung weist folgende Schritte auf:
- – Messen mindestens eines Radius oder der Brechkraft der Hornhaut eines aphaken Auges eines in Liegeposition angeordneten Patienten, und
- – Messen einer Augenlänge und/oder eines Abstandes zwischen Hornhaut und Rückwand der Linsenkapsel des aphaken Auges des in Liegeposition angeordneten Patienten.
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Unmittelbar vor dem Einsetzen einer Intraokularlinse können somit bei einem aphaken Auge die erforderlichen Messwerte bestimmt werden, um eine geeignete Intraokularlinse genau berechnen zu können.
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Vorzugsweise werden die beiden Schritte des Verfahrens gleichzeitig und unabhängig voneinander ausgeführt.
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Weitere Vorteile und Merkmale der Erfindung werden mit Bezug auf die nachfolgenden Zeichnungen erklärt, in welchen zeigen:
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1 eine schematische Querschnittsansicht eines Auges mit einer natürlichen und zu entfernenden Linse;
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2 eine schematische Querschnittsansicht eines Auges mit einer eingesetzten künstlichen Intraokularlinse; und
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3 eine bevorzugte Ausführungsform der erfindungsgemäßen ophthalmochirurgischen Messeinrichtung.
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In 1 ist eine schematische Querschnittsansicht eines Auges 1 dargestellt. Für die Bestimmung einer einzusetzenden Intraokularlinse ist dabei zum einen die Brechkraft DC einer Hornhaut 2 nützlich. Ein in das Auge einfallendes Licht passiert die Hornhaut und trifft auf die Linse 3 auf, welche in einem Linsenkapselsack 4 gehalten ist. Das Licht dringt dann weiter durch den Glaskörper 5 bis zur Retina 6. Der Abstand zwischen der Hornhaut 2 und der Retina 6 wird als axiale Augenlänge AL bezeichnet, welche zusätzlich für die Berechnung einer zu implantierenden Intraokularlinse verwendet werden kann.
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Die erfindungsgemäße Messeinrichtung ist ferner eingerichtet, zusätzlich oder alternativ zur axialen Augenlänge einen Abstand zwischen der Hornhaut und der Kapselrückwand zu bestimmen. Eine derartige Linsenkapselrückwandtiefe d(LRT), siehe 2 mit einem pseudophaken Auge 30, ist von Interesse, da eine einzusetzende Intraokularlinse 31 mit einer Haptik 32 in einem nach einer Katarakt-Operation teilweise geöffneten Linsenkapselsack 41 in der Regel an der Rückwand des Linsenkapselsackes 41 zur Anlage kommt. Wenn die Dicke d(IOL) einer Intraokularlinse bekannt ist, lässt sich somit auch der Abstand zwischen der Vorderfläche der Intraokularlinse und der Hornhaut angeben. Aufgrund dieser Daten kann somit eine genaue Berechnung der optischen Weglängen durchgeführt werden, um für einen Patienten eine geeignete Intraokularlinse zu bestimmen, welche dem Patienten ein emmetropes Sehen ermöglicht.
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3 zeigt eine bevorzugte Ausführungsform der erfindungsgemäßen ophthalmochirurgischen Messeinrichtung 100. Die Messeinrichtung ist so positioniert, dass sie oberhalb eines aphaken Auges 10 mit einer Hornhaut 2 und einem Linsenkapselsack 41 angeordnet ist. Die Messeinrichtung 100 weist ein Mikroskop 11 auf, dessen Strahlengang 12 sich genau im Zentrum des aphaken Auges 10 befindet. Zur Bestimmung der Brechkraft der Hornhaut 2 kommt ein Wellenfront-Aberrometer 13 zum Einsatz, welches Licht entlang eines ersten Strahlengangs 14 zu einer Optikbaugruppe 15 leitet. Von dort wird das Licht entlang eines Strahlengangs 16 zu einer Dichroit-Vorrichtung 17 geleitet, welche den Strahlengang umlenkt, so dass er in einer Linie mit dem Strahlengang 12 des Mikroskops 11 verläuft. Das von dem Wellenfront-Aberrometer 13 ausgehende Licht wird so eingestellt, dass ein punkförmiger Beleuchtungsfleck auf der Retina 6 des aphaken Auges 10 erzeugt wird. Von diesem punktförmigen Beleuchtungsfleck geht eine nahezu sphärische Welle aus, welche den Glaskörper 5, den Linsenkapselsack 41 und anschließend die Hornhaut 2 durchdringt. Die Form der Wellenfront wird beim Durchsetzen der verschiedenen optischen Grenzflächen verändert, was zu einer Abweichung der austretenden Wellenfront von einer ebenen Wellenfront führt. Die Wellenfront gelangt entlang des Strahlengangs 12, des Strahlengangs 16 und des Strahlengangs 14 zum Wellenfront-Aberrometer 13, wo die Abweichung von der ebenen Wellenfront erfasst werden kann. In den Strahlengang 14 kann unterstützend eine Lichtquelle 18 eingespiegelt werden.
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In den Strahlengang 16 kann mittels eines Spiegels 19 ein Signal eines axialen Längenbiometers 20 eingespiegelt werden. Das Längenbiometer 20 kann zum Beispiel ein Laser-Interferometer sein. Das Laser-Interferometersignal gelangt dann in den Strahlengang 16 und von dort zur Dichroitvorrichtung 17, wo es in den Strahlengang 12 umgelenkt wird und das aphake Auge 10 erreichen kann.
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Das Mikroskop 11, das Wellenfront-Aberrometer 13 und das axiale Längenbiometer 20 sind in der 3 nur schematisch als einzelne Bauelemente dargestellt. Sie können neben dem Mikroskop 11, über dem Mikroskop 11 oder innerhalb des Mikroskops 11 angeordnet sein. Dies ist vorteilhaft, da somit das Wellenfront-Abberometer 13 und das Längenbiometer 20 so platziert sein können, dass sie wie das Mikroskop 11 in einem Abstand von mindestens 20 cm vorn Patientenauge entfernt sind, so dass keine Gefahr besteht, dass sie in den sterilen Bereich um das Patientenauge herum eindringen.