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Die folgende Erfindung bezieht sich auf Verfahren und Vorrichtungen zum Erzeugen von fluidisch voneinander separierten Teilvolumina einer Flüssigkeit und insbesondere solchen Verfahren und Vorrichtungen, die für zentrifugal-mikrofluidische Plattformen geeignet sind.
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Zentrifugal-mikrofluidische Systeme setzen gezielt Zentrifugalkräfte ein, um Flüssigkeiten durch Kanäle auf einem rotierenden Träger zu transportieren. Die Kanäle besitzen dabei typische Abmessungen im Mikrometer- bis Millimeter-Bereich und ermöglichen den Transport von Flüssigkeiten mit Volumina im Nanoliter- bis Millimeter-Bereich.
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Um komplexere fluidische Abläufe realisieren zu können, ist es meist notwendig, Ventile in die mikrofluidischen Strukturen zu integrieren. Um Kosten und Komplexität zu reduzieren, werden bevorzugt passive Ventile verwendet, wobei Änderungen der Zentrifugalkraft gezielt ausgenutzt werden, um Flüssigkeiten zu schalten. Eine Übersicht über passive Ventilkonzepte auf zentrifugal-mikrofluidischen Plattformen ist in D. Mark et al., „Microfluidic Lab-on-a-Chip platforms: requirements, characteristics and applications", Chem. Soc. Rev., 2010, 39, S. 1153–1182, angegeben. Um die Zentrifugalkraft auf eine Flüssigkeit bei gleichbleibender Masse und radialer Position auf dem rotierenden Träger (Testträger) zu verändern, ist es grundsätzlich erforderlich, die Rotationsgeschwindigkeit des Testträgers verändern zu können. Abhängig vom verwendeten Gerät zur Prozessierung des rotierenden Trägers und der Anwendung kann jedoch nicht immer auf die Rotationsgeschwindigkeit des Trägers Einfluss genommen werden.
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Typische Anwendungsgebiete der zentrifugalen Mikrofluidik liegen in den Lebenswissenschaften und der medizinischen Diagnostik. Die zentrifugale Mikrofluidik bietet hierbei unter anderem die Möglichkeit zur Automatisierung, Miniaturisierung und Parallelisierung von Standardlaborabläufen mittels anwendungsspezifischer mikrofluidischer Träger, die als Testträger bezeichnet werden können. Ein essentieller Schritt bei einer Vielzahl solcher Standardlaborabläufe ist das Aufteilen einer initialen Flüssigkeitsmenge in mehrere Teilvolumina, was als Aliquotierung bezeichnet wird, wobei es sich bei der Probe typischerweise um einen Stoff in der flüssigen Phase handelt. Nach dem Aufteilen kann jedes Teilvolumen (Aliquot) auf dem Testträger einem spezifischen Test unterzogen werden. Dieses automatische Aliquotieren der initialen Flüssigkeitsmenge in mehrere Teilvolumina ermöglicht somit die parallele Bestimmung mehrerer, diagnostisch relevanter Parameter aus einer gemeinsamen Probe und ist für diese parallele Bestimmung die Voraussetzung. Eine solche parallele Bestimmung wird üblicherweise als „Panel Testing” bezeichnet, was die parallele Bestimmung mehrerer diagnostisch relevanter Parameter bedeutet, die in der Regel sinnvoll gruppiert sind.
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Stand der Technik
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Es sind zentrifugal-mikrofluidische Systeme bekannt, die variable Zentrifugalkräfte ausnutzen, um eine initiale Flüssigkeitsmenge zu aliquotieren. In der Regel ermöglichen diese Systeme eine Aliquotierung und eine anschließende Überführung in fluidisch separierte Strukturen über eine entsprechende Ventilstruktur oder andere fluidische Rückhaltestrukturen. Hierfür sind jedoch stets variable Rotationsgeschwindigkeiten erforderlich.
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So sind aus
D. Mark et al., "Aliquoting on the centrifugal microfluidic platform based on centrifugo-pneumatic valves", Microfluidics and Nanofluidics, 10, S. 1279–1288, 2011; aus
D. Mark et al., "Centrifugo-pneumatic valve for metering of highly wetting liquids on centrifugal microfluidic platforms", Lab Chip, 9, S. 3599–3603, 2009; und der
DE 102008003979 B3 zentrifugal-mikrofluidische Systeme zur Aliquotierung bei variablen und einstellbaren Rotationsgeschwindigkeiten unter Verwendung von Gegendruckventilen bekannt, um eine Flüssigkeitsmenge in eine Mehrzahl fluidisch separierter Kammern zu aliquotieren. Zunächst wird bei einer Frequenz f1 eine initiale Flüssigkeitsmenge durch einen mikrofluidischen Verteilkanal geleitet. Mit diesem Verteilkanal fluidisch verbunden und der radial äußeren Seite des rotierenden Testträgers zugewandt sind eine Mehrzahl von fluidischen Fingerstrukturen mit definierten Teilvolumen. Die Flüssigkeit füllt beim Durchfließen des Verteilkanals aufgrund der Zentrifugalkraft diese fluidischen Fingerstrukturen, während die überstehende Flüssigkeit aus dem Verteilkanal in eine Überschusskammer überführt wird. Jeder fluidische Finger ist an der radial außen gelegenen Seite über einen fluidischen Kanal mit einer unbelüfteten fluidischen Kammer verbunden. Die eingeschlossene Luft übt bei der Rotationsgeschwindigkeit f1 einen ausreichend großen Gegendruck auf die im fluidischen Finger befindliche Flüssigkeit aus, um ein Einfließen in die unbelüftete Kammer aufgrund der Zentrifugalkraft zu verhindern. Ein zyklischer Wechsel der Rotationsgeschwindigkeit zwischen einer Rotationsgeschwindigkeit f2 > f1 und einer Rotationsgeschwindigkeit f1 führt jedoch dazu, dass sich die Flüssigkeit aus den fluidischen Fingerstrukturen portionsweise unter die Luft in die unbelüfteten Kammern schiebt.
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Eine Aliquotierung unter Verwendung anderer fluidischer Rückhaltestrukturen ist in der
US 7300199 B2 , bei
N. Honda et al., "Simultaneous multiple immunoassays in a compact disc-shaped microfluidic device based on centrifugal force", Clin Chem 51(10), S. 1955–1961, 2005 sowie in der
WO 2004/083108 A1 beschrieben. Diese Schriften beschreiben die Verwendung von geometrischen Ventilen, gegebenenfalls mit hydrophober Oberflächenbeschichtung, wobei eine mikrofluidische Aliquotierstruktur auf einem rotierenden Testträger aus einem zick-zack-formigen Kanal, der entlang eines Radius angeordnet ist, besteht. Im Einzelnen werden dort mikrofluidische Strukturen beschrieben, bei denen sich zunächst ein Verteilkanal kapillar mit der zu aliquotierenden Flüssigkeit befüllt. Hierbei ist eine ausreichend geringe Rotationsgeschwindigkeit f1 notwendig, um ein kapillares Befüllen entgegen der Zentrifugalkraft zu ermöglichen. Der Verteilkanal ist zick-zack-förmig in einer Art und Weise angeordnet, dass der Kanal radial innen gelegene Bereiche besitzt, die belüftet sind, und radial äußere Bereiche, die über eine Flüssigkeitsrückhaltestruktur mit nachgeschalteten Strukturen fluidisch in Verbindung stehen. Das Volumen der Aliquots ist hierbei jeweils durch das Kanalvolumen zwischen zwei radial innen gelegenen, benachbarten Entlüftungen definiert. Um die Teilvolumina in separate Kammern zu überführen, ist anschließend eine Rotationsgeschwindigkeit f2 > f1 erforderlich, um die Flüssigkeitsrückhaltestrukturen zu überwinden.
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Ferner sind Systeme zum Unterteilen einer Flüssigkeitsmenge bei konstanter Rotationsgeschwindigkeit bekannt, bei denen jedoch die einzelnen Teilvolumina nicht fluidisch separiert werden, so dass eine erhöhte Kreuzkontaminationsgefahr besteht. Solche Systeme sind bei
C. Schembri et al., "Centrifugation and capillarity integrated into a multiple analyte whole blond analyser", Journal of Automatic Chemistry, Bd. 17, S. 99–104, 1995, und der
US 6752961 B2 beschrieben. Auch hier sind fluidische Fingerstrukturen mit einem Verteilkanal an dessen radialer Außenseite verbunden. Diese Fingerstrukturen sind jedoch fluidisch nicht mit weiteren separaten Kammern verbunden. Die einzelnen Finger werden über den Verteilkanal mit einem definierten Teilvolumen einer initialen Flüssigkeitsmenge gefüllt, wobei jedoch keine vollständige fluidische Separierung der einzelnen Teilvolumina stattfindet.
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Aus
K. Abi-Samra et al., "Thermo-pneumatic Pumping in Centrifugal Microfluidic Platforms", Microfluidics Nanofluidics, (online erschienen am 17 Juni 2011), 2011, ist die Anwendung des thermo-pneumatischen Effekts im Zusammenhang mit zentrifugal-mikrofluidischen Systemen beschrieben, um eine Flüssigkeit von einer radial äußeren Kammer in eine radial weiter innen gelegene Kammer entgegen der Zentrifugalkraft zu überführen. Flüssigkeit befindet sich dabei in einem mikrofluidischen Reservoir auf einer zentrifugal-mikrofluidischen Plattform. Eine unbelüftete Kammer ist mit dem mikrofluidischen Reservoir verbunden. Durch eine Erhöhung der Temperatur in der unbelüfteten Kammer dehnt sich die darin enthaltene Luft aus und drückt die Flüssigkeit aus dem mikrofluidischen Reservoir in eine radial weiter innen gelegene Kammer.
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Aus der
US 2008/0149190 A1 ist eine zentrifugal-mikrofluidische Plattform bekannt, bei der durch lokales Heizen und anschließendes Kühlen einer thermischen Transferstruktur ein Analyt von einer mikrofluidischen Kammer portionsweise in eine zweite mikrofluidische Kammer, die durch die thermische Transferstruktur gebildet ist, transportiert werden kann. Dabei können gegebenenfalls zyklische Wiederholungen des Heizens und Kühlens stattfinden. Gemäß der US 2008/0149190 A1 ist eine Einfüllkammer über einen radial nach außen laufenden Kanal mit einer ersten Kammer verbunden. Ein Analyt befindet sich in der ersten Kammer, wobei die erste Kammer über Kanäle mit thermischen Transferstrukturen verbunden ist. Ein Fluid in den thermischen Transferstrukturen wird über eine Heizstruktur erwärmt und dehnt sich in die erste Kammer aus. Nach einem abschließenden Abkühlen des Fluids wird ein Teil des Analyten in die thermischen Transferstrukturen gezogen.
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Die der vorliegenden Erfindung zugrunde liegende Aufgabe besteht darin, Verfahren und Vorrichtungen zu schaffen, die es ermöglichen, fluidisch vollständig voneinander separierte Teilvolumina einer Flüssigkeit zu erzeugen, ohne unterschiedliche Rotationsgeschwindigkeiten zu benötigen, wobei während und nach der Erzeugung der Teilvolumina keinerlei Querkontaminationsgefahr bestehen darf.
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Diese Aufgabe wird durch ein Verfahren gemäß Anspruch 1 und eine Vorrichtung gemäß Anspruch 12 gelöst.
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Ausführungsbeispiele der Erfindung schaffen ein Verfahren zum Erzeugen von fluidisch voneinander separierten Teilvolumina einer Flüssigkeit in einem Träger, der eine Fluidikstruktur aufweist, die einen Verteilkanal und von dem Verteilkanal abzweigende Finger, die jeweils ein bestimmtes Volumen definieren, aufweist, wobei jeder Finger mit einer unbelüfteten Kammer verbunden ist, und wobei jeder Finger bezüglich eines Rotationszentrums einen von dem Verteilkanal zu der Kammer, mit der der Finger verbunden ist, radial abfallenden Verlauf aufweist, mit folgenden Schritten:
Befüllen der Finger mit der Flüssigkeit über den Verteilkanal durch Rotieren des Trägers so dass in den Fingern portionierte Flüssigkeitsvolumina vorliegen, wobei in den Kammern eingeschlossene Gasvolumina oder Aerosolvolumina verhindern, dass die Flüssigkeit aus den Fingern in die Kammern gelangt; und
Absenken der Temperatur des Gases oder des Aerosols in den Kammern, so dass ein Unterdruck in den Kammern entsteht, der bewirkt, dass die Flüssigkeitsvolumina aus den Fingern in die Kammern gesaugt werden.
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Ausführungsbeispiele der Erfindung schaffen eine Vorrichtung zur Erzeugung von fluidisch voneinander separierten Teilvolumina einer Flüssigkeit, mit folgenden Merkmalen:
einem Träger, der eine Fluidikstruktur aufweist, die einen Verteilkanal und von dem Verteilkanal abzweigende Finger, die jeweils ein bestimmtes Volumen definieren, aufweist, wobei jeder Finger mit einer unbelüfteten Kammer fluidisch verbunden ist, und wobei jeder Finger bezüglich eines Rotationszentrums einen von dem Verteilkanal zu der Kammer, mit der der Finger verbunden ist, radial abfallenden Verlauf aufweist,
einer Antriebseinrichtung, die aufgelegt ist, um den Träger mit einer Rotation zu beaufschlagen, um den Träger um das Rotationszentrum zu drehen, um die Finger über den Verteilkanal mit der Flüssigkeit zu befüllen, so dass in den Fingern portionierte Flüssigkeitsvolumina vorliegen, wobei beim Befüllen der Finger mit der Flüssigkeit in den Kammern eingeschlossene Gasvolumina oder Aerosolvolumina verhindern, dass die Flüssigkeit aus den Fingern in die Kammern gelangt;
einer Heizeinrichtung, die ausgelegt ist, um ein Fluid in den Kammern zu temperieren; und
einer Steuereinrichtung, die ausgelegt ist, um
die Heizeinrichtung zu steuern, um vor dem Befallen der Finger mit der Flüssigkeit ein Gas oder Aerosol in den Kammern auf eine erste Temperatur zu heizen, und
die Heizeinrichtung zu steuern, um nach dem Befallen der Finger die Temperatur des Gases oder Aerosols in den Kammern auf eine zweite Temperatur, die kleiner ist als die erste Temperatur, abzusenken, so dass ein Unterdruck in den Kammern entsteht, der bewirkt, dass die Flüssigkeitsvolumina aus den Fingern in die Kammern gesaugt werden.
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Ausführungsbeispiele der Erfindung basieren auf der Erkenntnis, dass bei konstanter Rotationsgeschwindigkeit aus einer Flüssigkeitsmenge Aliquots erzeugt und fluidisch vollständig separiert abgelegt werden können, indem ein zentrifugo-thermopneumatisches Schalten in Verbindung mit einer mikrofluidischen Struktur zur Aliquotierung einer initialen Flüssigkeitsmenge in separate fluidische Kammern verwendet wird. Unter einem thermopneumatischen Schalten wird dabei ein Schalten verstanden, bei dem durch Temperaturunterschiede induzierte Druckunterschiede in einem mikrofluidischen System ausgenutzt werden, um Flüssigkeiten zu bewegen und zu schalten. Bei Ausführungsbeispielen der Erfindung kann die Thermopneumatik in radialer Richtung durch zusätzliche Rotation des mikrofluidischen Systems gerichtet verstärkt werden, was als Zentrifugo-Thermopneumatik bezeichnet werden kann.
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Bei Ausführungsbeispielen der Erfindung wird die Rotationsgeschwindigkeit des Trägers während des Befüllens der Finger und des Absenkens der Temperatur des Gases oder Aerosols in den Kammern konstant gehalten, so dass keine Antriebseinrichtung erforderlich ist, deren Rotationsgeschwindigkeit variabel oder einstellbar ist.
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Bei Ausführungsbeispielen der Erfindung wird die Temperatur vor dem Aliquotieren, d. h. dem Befüllen der Finger, erhöht, um ein Gas in den Kammern in einen ausgedehnten Zustand zu überführen, um beim nachfolgenden Absenken der Temperatur entsprechend zu kontrahieren, um ein Einsaugen der Flüssigkeit in die Kammern zu bewirken. Bei Ausführungsbeispielen der Erfindung kann es sich bei dem Gas in den Kammern um Luft handeln.
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Bei Ausführungsbeispielen der Erfindung wird die Temperatur vor dem Aliquotieren, d. h. dem Befüllen der Finger erhöht, um ein Aerosol in den Kammern auf eine erhöhte Temperatur zu bringen, wobei beim nachfolgenden Absenken der Temperatur das Aerosol kondensiert und entsprechend kontrahiert, um ein Einsaugen der Flüssigkeit in die Kammern zu bewirken.
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Der sich beim Befüllen der Finger aufbauende Gegendruck, der verhindert, dass die Flüssigkeit aus den Fingern in die Kammern gelangt, kann bei konstanter Temperatur weitgehend unabhängig von der Temperatur sein.
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Bei Ausführungsbeispielen der Erfindung werden die Finger über einen Verteilkanal mit einem radial abfallenden azimutalen Verlauf befüllt, so dass am radial inneren Ende jedes Fingers ein Abscheren der Flüssigkeit stattfindet und der Verteilkanal in eine Überlaufkammer entleert wird, die mit einem Auslaufende des Verteilkanals fluidisch verbunden ist. Somit ist es möglich, dass in jedem Finger separat ein definiertes Flüssigkeitsteilvolumen vorliegt.
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Die Kammern sind unbelüftete Kammern. Unter einer unbelüfteten Kammer wird hierein eine Kammer verstanden, die kein Entweichen des Gases oder Aerosols aus der Kammer ermöglicht. Dabei kann es sich um eine mit Ausnahme der Verbindung zu den Fingern geschlossene Endkammer handeln. Bei alternativen Ausführungsbeispielen können zumindest einige der Kammern mit einer weiteren, unbelüfteten Kammer verbunden sein. Bei alternativen Ausführungsbeispielen können die Kammern verschließbare Öffnungen aufweisen, die während des Befüllens der Finger verschlossen sind, so dass es sich um unbelüftete Kammern handelt und der beschriebene pneumatische Effekt auftritt.
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Bei Ausführungsbeispielen kann eine fluidische Verbindung zwischen den Fingern und den Kammern durch einen Verbindungskanal gebildet sein, dessen Flussquerschnitt kleiner ist als ein Querschnitt der Finger und der Kammern quer zur Flussrichtung.
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Die Länge der Verbindungskanäle entlang des radial abfallenden Verteilkanals kann abnehmen, so dass die Kammern entlang eines Radius mit einem gleichen radialen Abstand von dem Rotationszentrum angeordnet sind. Dies ermöglicht ein Temperieren der Kammern bzw. eines Fluids in den Kammern unter Verwendung einer lokalen Heizeinrichtung, die in einem gleichen radialen Abstand von dem Rotationszentrum angeordnet ist wie die Kammern. Somit können die Kammern bzw. das Fluid in den Kammern auf einfache Weise lokal erwärmt werden.
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Bei Ausführungsbeispielen der Erfindung erfolgt eine lokale Erwärmung der Kammern und des darin befindlichen Gases bzw. Aerosols. Bei Ausführungsbeispielen der Erfindung erfolgt eine globale Erwärmung des gesamten Trägers mittels einer entsprechenden Heizeinrichtung, wobei sich dadurch, dass die Kammern unbelüftet sind, Druckunterschiede einstellen, durch die die Flüssigkeit in die Kammern gesaugt wird.
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Ausführungsbeispiele ermöglichen es, Flüssigkeiten mit Hilfe eines zentrifugo-thermopneumatischen Schaltprinzips zu steuern und insbesondere zu aliquotieren. Ausführungsbeispiele der Erfindung beziehen sich somit auf zentrifugal-mikrofluidische Systeme, wobei unter einem zentrifugal-mikrofluidischen System ein rotierender Träger (Testträger) mit darin eingebrachten mikrofluidischen Strukturen verstanden werden kann, der beispielsweise scheibenförmig sein kann oder die Form eines Teils einer Scheibe, z. B. kuchenstückförmig oder keilförmig, aufweisen kann. Ausführungsbeispiele der Erfindung beziehen sich auf eine mikrofluidische Struktur auf einem rotierenden Träger in Verbindung mit einem Schaltkonzept zur Handhabung einer Flüssigkeit in dem rotierenden Träger, die insbesondere geeignet ist, eine initiale Flüssigkeitsmenge in eine Mehrzahl von davon abgeleiteten Teilvolumina zu aliquotieren und insbesondere diese anschließend definiert von einer ersten Kammer (Finger) in eine zweite Kammer zu überführen, ohne hierfür die Rotationsgeschwindigkeit des zentrifugal-mikrofluidischen Systems ändern zu müssen. Die erste Kammer (Finger) kann dabei radial näher am Rotationszentrum gelegen sein als die zweite Kammer, so dass eine zentrifugale Verstärkung der Thermopneumatik in radialer Richtung beim Überführen der definierten Flüssigkeitsteilvolumina von der ersten Kammer in die zweite Kammer stattfinden kann. Bei alternativen Ausführungsbeispielen kann die zweite Kammer radial näher am Rotationszentrum gelegen sein als die erste Kammer (Finger), wobei die thermopneumatische Kraft dann ausreichend sein muss, um die durch die Rotation bedingte Zentrifugalkraft zu überwinden. Durch das Überführen der Aliquots in eine zweite Kammer kann eine fluidische Trennung derselben bewirkt werden, so dass eine Kreuzkontamination zwischen den in den zweiten Kammern mit den Aliquots durchgeführten Tests vermieden werden kann.
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Ausführungsbeispiele der Erfindung ermöglichen somit ein Aliquotieren einer initialen Flüssigkeitsmenge ohne eine Änderung der Rotationsgeschwindigkeit des rotierenden Trägers, wie sie beim Betrieb von drehzahlgesteuerten Ventilen notwendig ist. Durch die Überführung der Aliquots von den Fingern in die Kammern kann die Gefahr einer Kreuzkontamination über Flüssigkeitsbrücken, die sich andernfalls zwischen den einzelnen fluidischen Fingern bilden können, vermieden werden. Ausführungsbeispiele der Erfindung ermöglichen somit die Integration zentrifugal-mikrofluidischer Systeme in bereits etablierte Laborgeräte, wie z. B. zentrifugale Thermocycler. Diesbezüglich werden bei Ausführungsbeispielen der Erfindung die Aliquots nach der Unterteilung in getrennte Kammern überführt und liegen vollständig fluidisch separiert vor.
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Ausführungsbeispiele der Erfindung schaffen somit ein Schaltkonzept zum Aliquotieren einer initialen Flüssigkeitsmenge, typischerweise im Bereich von 10 bis 500 μl, bevorzugt zwischen 50 und 200 μl, in separate und fluidisch getrennte Aliquots, typischerweise im Bereich von 1 bis 100 μl. Ausführungsbeispiele der Erfindung eignen sich insbesondere für konstante und geringe Rotationsgeschwindigkeiten, beispielsweise im Bereich von 300 bis 500 Umdrehungen pro Minute. Bei Ausführungsbeispielen der Erfindung findet das Schaltkonzept Anwendung in einem Gerät, das dazu geeignet ist, einen Testträger in Rotation zu versetzen und die darin enthaltenen Fluide direkt oder indirekt zu temperieren, beispielsweise in einem Bereich zwischen 20°C und 100°C. Bei Ausführungsbeispielen der Erfindung kann als Gerät zur Prozessierung des Testträgers ein kommerzieller zentrifugaler Thermocycler zur Durchführung von Polymerasen-Kettenreaktionen verwendet werden, wobei solche Geräte beispielsweise mit der Bezeichnung „Rotor-Gene 6000” oder „Rotor-Gene Q” von der Qiagen GmbH, Hilden, vertrieben werden. Bei Ausführungsbeispielen ist die Erfindung jedoch mit jedem anderen Gerät implementierbar, das eine entsprechende Antriebseinrichtung, um den Träger mit einer Rotation zu beaufschlagen, eine entsprechende Heizeinrichtung, um das Fluid in den Kammern zu temperieren und eine entsprechende Steuereinrichtung aufweist.
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Ausführungsbeispiele der Erfindung schaffen erstmals eine Möglichkeit, um mittels eines thermopneumatischen Effekts Flüssigkeiten unter konstanter Rotationsfrequenz in eine Mehrzahl von fluidisch separaten Kammern zu aliquotieren. Im Gegensatz dazu sind bei bekannten Verfahren eine Mehrzahl unterschiedlicher Rotationsgeschwindigkeiten erforderlich, um die initiale Flüssigkeitsmenge zu aliquotieren und die einzelnen Aliquots anschließend in fluidisch separierte Kammern zu überführen. Zur fluidisch vollständig separierten Unterteilung einer initialen Flüssigkeitsmenge in mehrere Teilvolumen werden bei bekannten zentrifugal-mikrofluidischen Systemen passive fluidische Ventile benötigt, wobei für den Betrieb dieser Ventile mindestens zwei unterschiedliche Rotationsgeschwindigkeiten notwendig sind, so dass ein Betrieb in einem Standardlaborgerät mit lediglich einer zur Verfügung stehenden Rotationsfrequenz nicht möglich ist.
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6 zeigt schematisch den Unterschied zwischen einem zentrifugalen Aliquotieren einer Flüssigkeitsmenge in mehrere Teilvolumina unter Verwendung von Ventilen und ohne die Verwendung von Ventilen. Dabei ist im oberen Bereich von 6 eine ventilfreie Aliquotierung gezeigt, bei der Flüssigkeitsteilmengen in Finger eingebracht werden, an deren Enden Kammern gebildet sind, ohne Ventile zwischen den Fingern und den Kammern. Nach dem Aliquotieren kann sich zwischen den Fingern eine Flüssigkeitsbrücke ausbilden. Da die einzelnen Aliquots nach der Unterteilung nicht in separate Kammern überführt werden, besteht die Gefahr einer Kreuzkontamination. Eine vollständige Separierung der Aliquots liegt nicht vor. Im unteren Bereich von 6 ist eine Aliquotierung mit Ventilen zwischen den Fingern und den Kammern gezeigt. Die Flüssigkeitsmenge wird zunächst in die einzelnen Finger unterteilt und nach der Unterteilung durch Überwinden der Ventile in getrennte Kammern überführt. Somit liegen die Aliquots nach dem Überführen in die Kammern vollständig fluidisch separiert vor.
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Erfindungsgemäß erfolgt eine vollständige fluidische Separierung der einzelnen Flüssigkeitsvolumina, so dass Querkontaminationen zwischen den Kammern während und nach dem Aliquotieren verhindert sind. Dies wird durch das Unterteilen des Prozesses in zwei Schritte, das Aliquotieren in die Finger und das nachfolgende Überführen der Aliquots in die Kammern erreicht. In den Kammern können (Trocken)-Reagenzien zur Durchführung von Reaktionen mit den in die Kammern überführten Flüssigkeitsvolumina vorgelegt sein. Eine Verschleppung von in den Kammern vorgelegten Reagenzien während des Aliquotierens kann nicht stattfinden. Somit ermöglicht die Erfindung ein verschleppungsfreies Aliquotieren, da vorgelagerte Reagenzien nicht in Kontakt mit den Fingern kommen. Ferner sind kreuzkontaminationsfreie Reaktionen in den Endkammern möglich, da nach dem Überführen der Flüssigkeiten in die Kammern keine fluidische Verbindung mehr vorliegt.
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Ausführungsbeispiele der Erfindung eignen sich insbesondere für Anwendungsgebiete in den Lebenswissenschaften und der medizinischen Diagnostik, bei denen eine Probe in mehrere Teilvolumina unterteilt wird, wobei es sich bei der Probe typischerweise um einen Stoff in einer flüssigen Phase handelt. Nach dem Aufteilen kann jedes Teilvolumen (Aliquot) auf dem Testträger einem spezifischen Test unterzogen werden, wobei eine parallele Bestimmung mehrerer, diagnostisch relevanter Parameter aus einer gemeinsamen Probe durchgeführt werden kann.
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Bekannte zentrifugal-mikrofluidische Systeme zur Aliquotierung einer initialen Flüssigkeitsmenge bei einer feststehenden konstanten Rotationsgeschwindigkeit erreichen keine ausreichend gute fluidische Separierung, da die einzelnen Teilvolumina nicht in fluidisch separate Kammern überführt werden, so dass Teilvolumina in benachbarten Kammern oft über eine Flüssigkeitsbrücke miteinander verbunden sind. Somit besteht insbesondere bei zyklischer Temperierung die Gefahr einer Kreuzkontamination, wobei es für medizinische und diagnostische Anwendungen jedoch zwingend erforderlich ist, Kreuzkontaminationen zu vermeiden. Speziell bei Prozessen, die eine erhöhte Temperatur benötigen, wie z. B. eine Polymerase-Kettenreaktion, sind Verfahren, bei denen eine Kreuzkontamination nicht vermieden werden kann, nicht geeignet.
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Ausführungsbeispiele der vorliegenden Erfindung werden nachfolgend Bezug nehmend auf die beiliegenden Zeichnungen näher erläutert. Es zeigen:
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1 eine schematische Draufsicht auf ein Ausführungsbeispiel eines Trägers mit einer mikrofluidischen Struktur;
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2a) bis 2c) schematische Darstellungen zur Veranschaulichung eines Ausführungsbeispiels eines erfindungsgemäßen Verfahrens;
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3 und 4 schematische Seitenansichten von Ausführungsbeispielen erfindungsgemäßer Vorrichtungen;
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5a und 5b schematische Darstellungen von Antriebseinrichtungen zur Verwendung bei Ausführungsbeispielen der Erfindung; und
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6 eine schematische Darstellung zur Veranschaulichung einer vollständigen Separierung von Teilvolumina einer Flüssigkeit.
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1 zeigt schematisch eine Draufsicht auf einen Ausschnitt eines Trägers, in dem Fluidikstrukturen gebildet sind. Der Träger 2 kann beispielsweise als Rotationskörper in Form einer Scheibe ausgebildet sein, mit einem Rotationszentrum 4 und einer zentralen Öffnung 6, mittels derer der Träger 2 an einer Antriebseinrichtung anbringbar ist, um in Rotation zu versetzt zu werden, wobei eine Rotationsrichtung in 1 durch einen Pfeil ω angedeutet ist. Alternativ kann der Träger die Form eines Teils oder Segments einer Scheibe aufweisen.
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Der Träger 2 weist Fluidikstrukturen auf, die eine Einlasskammer 10 aufweisen, die über einen Fluidkanal 20 mit einem Verteilkanal 30 fluidisch verbunden ist. Von dem Verteilkanal 30 zweigen Finger 31a bis 31h ab, die sich in radialer Richtung von dem Verteilkanal 30 nach außen erstrecken. Ein Einlassende 30a des Verteilkanals ist über den Fluidkanal 20 mit der Einlasskammer verbunden, während ein Auslassende 30b des Verteilkanals in eine Überlaufkammer 40 mündet. Die Finger 31a bis 31h definieren ein bestimmtes Volumen, wobei die verschiedenen Finger gleiche oder unterschiedliche Volumina definieren können.
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Radial innere Enden der Finger 31a bis 31h sind mit der radialen Außenseite des Verteilkanals verbunden. Radial äußere Enden der Finger 31a bis 31h sind über jeweilige Verbindungskanäle 32a bis 32h mit unbelüfteten Endkammern 33a bis 33h verbunden. Der Flussquerschnitt der Verbindungskanäle 32a bis 32h ist kleiner als der jeweilige Querschnitt der Finger 31a und 31h und der Kammern 33a bis 33h in Flussrichtung.
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Die Finger 31a bis 31h weisen einen bezüglich des Rotationszentrums radial abfallenden Verlauf auf. Die Finger müssen sich nicht entlang eines Radius erstrecken, sondern könnten beispielsweise auch schräg oder verkippt zum Radius liegen. Radial abfallend bedeutet, dass die Finger in Flussrichtung eine radial Komponente aufweisen, d. h. dass ein Einlass jedes Fingers, an dem der Finger in den Verteilkanal mündet, radial weiter innen angeordnet ist als ein Auslass jedes Fingers, an dem der Finger mit der Kammer verbunden ist.
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Der Verteilkanal 30 besitzt einen von dem Einlassende 30a zu dem Auslassende 30b radial abfallenden azimutalen Verlauf. Um diesen radial abfallenden Verlauf des Verteilkanals 30 auszugleichen, besitzen die Verbindungskanäle 32a bis 32h eine entlang des Verteilkanals 30 abnehmende Länge, so dass bei gleicher Länge der Finger 31a bis 31h die Kammern 33a bis 33h jeweils in gleicher radialer Entfernung von dem Rotationszentrum 4 angeordnet sind. Bei alternativen Ausführungsbeispielen können die Endkammern mit unterschiedlichen radialen Abständen von dem Rotationszentrum 4 angeordnet sein.
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Der Fluidkanal 20 besitzt zumindest solche radialen Komponenten, dass eine Flüssigkeit, die in die Einlasskammer 10 eingebracht wird, durch Zentrifugalkraft über den Fluidkanal 20 in den Verteilkanal 30 eingebracht werden kann.
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Die Fluidikstrukturen können als ein mikrofluidisches Netzwerk betrachtet werden.
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Anhand der 1 und 2a) bis 2c) wird nun ein Ausführungsbeispiel eines Verfahrens zum Erzeugen von fluidisch voneinander separierten Teilvolumina einer Flüssigkeit beschrieben.
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Zu Beginn des Verfahrens wird ein in den Kammern 33a bis 33h befindliches Gas, wie z. B. Luft, auf einer erhöhten ersten Temperatur gehalten. Beispielsweise kann das Gas in den Kammern 33a bis 33h zu diesem Zweck auf die erhöhte erste Temperatur geheizt werden. Bei alternativen Ausführungsbeispielen kann in den Kammern ein Aerosol angeordnet sein.
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Eine initiale Flüssigkeitsmenge wird in die Einlasskammer 10 eingebracht. Bei der Flüssigkeit kann es sich beispielsweise um eine Probe mit einem Stoff in einer flüssigen Phase handeln. Der Träger 2 wird mit einer konstanten Rotationsgeschwindigkeit beaufschlagt, so dass die Flüssigkeit aufgrund der Zentrifugalkraft aus der stromaufwärts gelegenen Einlasskammer 10 durch den Fluidkanal 20 in den Verteilkanal 30 und die einzelnen fluidischen Finger 31a bis 31h gelangt, wie in 2a) gezeigt ist. Die Flüssigkeit aus dem Verteilkanal 30 befüllt die fluidischen Fingerstrukturen 31a bis 31h, wobei die verteilte Flüssigkeit ein Gasvolumen in den fluidischen Endkammern 33a bis 33h einschließt. Überschüssige Flüssigkeit wird an den radial inneren Enden der Finger 31a bis 31h abgeschert und gelangt in die Überlaufkammer 40, wie in 2b) gezeigt ist.
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Aufgrund des pneumatischen Gegendrucks p1 in den unbelüfteten Endkammern 33a bis 33h bei der erhöhten ersten Temperatur können die einzelnen, in den Fingern befindlichen portionierten Flüssigkeitsteilvolumina (Aliquots) nicht in die unbelüfteten Endkammern 33a bis 33h eindringen. Durch die Rotation des Trägers 2 wird jedoch sichergestellt, dass sich die Flüssigkeiten an einer definierten Position am Eingang der unbelüfteten Endkammern 33a bis 33h bzw. am Eingang der Verbindungskanäle 32a bis 32h befinden.
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Ausgehend von dem in 2b) gezeigten Zustand wird nach erfolgter Aliquotierung die Temperatur gesenkt. Beispielsweise kann die Temperatur des Gaseinschlusses in den Kammern auf eine niedrigere Temperatur von 50°C bis 60°C gesenkt werden. Beim Abkühlen des Gases in dem konstanten Volumen der Endkammern 33a bis 33h sinkt entsprechend der idealen Gasgleichung der Druck in den Kammern auf einen Druck p2 < p1. Durch den hierdurch entstehenden Unterdruck wird die aliquotierte Flüssigkeit aus den fluidischen Fingern 31a bis 31h durch die Verbindungskanäle 32a bis 32h in die Endkammern 33a bis 33h überführt bzw. eingesaugt. Die Überführung der aliquotierten Flüssigkeit in die Endkammern 33a bis 33h wird durch die Zentrifugalkraft unterstützt. In 2c) ist der Zustand gezeigt, in dem die Teilflüssigkeitsvolumina aus den Fingern 31a bis 31h vollständig in die Endkammern 33a bis 33h überführt wurden.
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Bei Ausführungsbeispielen kann die erhöhte erste Temperatur in einem Bereich von 70 bis 95°C liegen, und die niedrigere zweite Temperatur kann in einem Bereich von 40 bis 65°C liegen.
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Das Volumen der Endkammern 33a bis 33h und die Temperaturreduktion sind dabei derart dimensioniert, dass jeweils das vollständige Flüssigkeitsvolumen aus den fluidischen Fingern 31a bis 31h in die angeschlossene Endkammer überführt wird.
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Wie oben beschrieben wurde, wird das Gas vor dem Aliquotieren auf die erhöhte Temperatur gebracht, da andernfalls in den Fingern Gasblasen aufsteigen würden, die die aliquotierten Flüssigkeit aus den Aliquotierfingern drücken würden.
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Nach dem Verteilen der Flüssigkeit in die Finger können die Flüssigkeiten in den einzelnen Fingern möglicherweise noch über einen Flüssigkeitsfilm in dem Verteilkanal miteinander verbunden sein. Nach dem Überführen der portionierten Flüssigkeitsvolumina in die Kammern sind diese jedoch vollständig fluidisch voneinander separiert.
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Somit findet bei Ausführungsbeispielen der Erfindung eine Überführung der erzeugten Aliquots in die fluidischen Endkammern statt, in denen die einzelnen Aliquots fluidisch vollständig separiert voneinander vorliegen und kreuzkontaminationsfrei weiter prozessiert werden können. Dies ermöglicht die Implementierung medizinischer und diagnostischer Anwendungen auf den beschriebenen zentrifugal-mikrofluidischen Systemen. Ausführungsbeispiele der Erfindung ermöglichen somit die fluidische Separation und Überführung einer initialen Flüssigkeitsmenge frei von Kreuzkontamination in eine Mehrzahl von Teilvolumen unter konstanter Rotation. Ausführungsbeispiele sind somit zum Einsatz in einem kommerziellen zentrifugalen Thermocycler geeignet.
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Wie in 3 gezeigt ist, kann bei Ausführungsbeispielen der Erfindung der Träger 2 die Form eines Rotationskörpers aufweisen, der ein Substrat 52 und einen Deckel 50 aufweist. Das Substrat 52 und der Deckel 50 können in Draufsicht kreisförmig sein, mit einer mittigen Öffnung (6 in 1), über die der Rotationskörper über eine übliche Befestigungseinrichtung 54 an einem rotierenden Teil 56 einer Antriebsvorrichtung 58 angebracht sein kann. Das rotierende Teil 56 ist drehbar an einem stationären Teil 60 der Antriebsvorrichtung 58 gelagert. Bei der Antriebsvorrichtung kann es sich beispielsweise um eine herkömmliche Zentrifuge oder einen herkömmlichen Thermocycler handeln.
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Eine Heizeinrichtung 62 ist vorgesehen, durch die der Träger 2 und damit das in den Endkammern 33a bis 33h befindliche Gas temperiert werden kann. Beispielsweise kann die Heizeinrichtung 62 in das rotierende Teil 56 der Antriebseinrichtung 58 integriert sein.
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Bei alternativen Ausführungsbeispielen kann die Heizeinrichtung extern vorgesehen sein oder kann in den Rotationskörper integriert sein. Ist die Heizeinrichtung 62 in den Rotationskörper integriert, können beispielsweise geeignete Anschlussmittel zum Betreiben der Heizeinrichtung an dem Rotationskörper und dem beweglichen Teil der Antriebseinrichtung vorgesehen sein. Bei Ausführungsbeispielen der Erfindung kann die Heizeinrichtung einen Heizer und ein Gebläse aufweisen, die ausgelegt sind, um den Träger mit entsprechend temperierter Luft anzuströmen, um den gesamten Träger zu erwärmen.
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Eine Steuereinrichtung 64 ist vorgesehen, um die Heizeinrichtung 62 und die Antriebsvorrichtung 58 zu steuern. Bei Ausführungsbeispielen der Erfindung steuert die Steuereinrichtung die Antriebseinrichtung lediglich durch Ein- und Ausschalten derselben. Eine Steuerung auf unterschiedliche Rotationsgeschwindigkeiten ist nicht erforderlich, da während des Betriebs eine Rotation mit einer konstanten Rotationsgeschwindigkeit ausreichend ist. Die Steuereinrichtung 64 steuert die Heizeinrichtung, um die Temperatur des Gases bzw. Aerosols in den Endkammern 33a bis 33h entsprechend einzustellen, d. h. während des Befüllens der Finger auf eine erhöhte erste Temperatur und zum Überführen der Flüssigkeit in die Kammern auf eine reduzierte zweite Temperatur.
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Die Steuereinrichtung 64 kann, wie für Fachleute offensichtlich ist, beispielsweise durch eine entsprechend programmierte Recheneinrichtung oder eine anwenderspezifische integrierte Schaltung implementiert sein.
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Die Fluidikstrukturen des Trägers können durch Kavitäten und Kanäle in dem Substrat 52 gebildet sein. Alternativ können die Fluidikstrukturen durch Kavitäten und Kanäle in dem Substrat 52 und dem Deckel 50 gebildet sein. Bei Ausführungsbeispielen sind die Fluidikstrukturen, Einfüllöffnungen und Entlüftungsöffnungen in dem Substrat 52 gebildet, wobei der Deckel unstrukturiert sein kann. Alternative können Einfüllöffnungen und Entlüftungsöffnungen auch im Deckel 50 gebildet sein.
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Bei dem in 3 gezeigten Ausführungsbeispiel ist der Deckel 50 relativ zu der Antriebsvorrichtung 58 unter dem Substrat 52, d. h. näher zu der Antriebsvorrichtung, angeordnet. Bei alternativen Ausführungsbeispielen kann der Deckel relativ zu der Antriebsvorrichtung oberhalb des Substrats angeordnet sein.
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Bei einem alternativen in 4 gezeigten Ausführungsbeispiel weist ein Rotationskörper einen Rotor 70 und in den Rotor eingesetzte Fluidikmodule 72 auf. Die Fluidikstrukturen können in den Fluidikmodulen 72 gebildet sein, so dass der Träger bei diesen Ausführungsbeispielen durch entsprechende, in einem Rotor einsetzbare Fluidikmodule gebildet ist. Die Fluidikmodule 72 können jeweils ein Substrat und einen Deckel aufweisen, in denen wiederum die erforderlichen Fluidikstrukturen gebildet sein können. Der Rotor 70 und die Fluidikmodule 72 bilden einen Rotationskörper, der wiederum durch die Antriebsvorrichtung 58, die durch die Steuereinrichtung 64 gesteuert wird, mit einer Rotation beaufschlagbar ist.
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Bei Ausführungsbeispielen der Erfindung können der Träger und/oder der Deckel aus einem beliebigen geeigneten Material gebildet sein, wie z. B. einem Kunststoff, wie COC (Cycloolefin Copolymer), COP (Cycloolefin Polymer), PMMA (Polymethylmethacrylat), Polycarbonat, PP (Polypropylen), PVC (Polyvinylchlorid) oder PDMS (Polydimethylsiloxan), Glas oder dergleichen.
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Wie beschrieben wurde, kann eine Heizeinrichtung 62 vorgesehen sein, um den gesamten Träger zu temperieren, um die erforderliche Temperierung des Gases in den Endkammern 33a bis 33h zu bewirken. Mögliche Ausgestaltungen von Heizeinrichtungen zum Bewirken einer lokalen Temperierung, die in dem rotierenden Teil 56 der Antriebseinrichtung vorgesehen sind, sind in den 5a und 5b gezeigt. Wie in 5a gezeigt ist, ist eine Heizeinrichtung 62a nur in einem kleinen azimutalen Abschnitt des drehbaren Teils 56 vorgesehen. Gemäß 5b ist eine ringförmige Heizeinrichtung 62b vorgesehen. Die Heizeinrichtungen 62a und 62b sind an radialen Positionen des drehbaren Teils vorgesehen, die der radialen Position der Endkammern 33a bis 33h entsprechen, so dass das Gas in den Endkammern 33a bis 33h durch die Heizeinrichtungen 62a und 62b lokal erwärmt werden können.
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Ausführungsbeispiele der Erfindung können unter Verwendung von zentrifugalen Thermocyclern durchgeführt werden. Unter einem zentrifugalen Thermocycler ist dabei ein Laborgerät zur Durchführung einer Polymerase-Kettenreaktion zu verstehen, das Flüssigkeiten (zyklisch) heizen und kühlen kann, üblicherweise zwischen Raumtemperatur und 95°C. Probenröhrchen mit Flüssigkeiten darin können sich hierbei in einem Rotor befinden. Bauartbedingt kann die Temperierung der Flüssigkeit durch Anströmung entsprechend temperierter Luft erfolgen. Eine Möglichkeit zur Regelung der Rotationsgeschwindigkeit ist bei derartigen Thermocyclern in der Regel nicht implementiert. Bei Ausführungsbeispielen der Erfindung kann die Heizeinrichtung somit durch eine entsprechende Vorrichtung, um die Endkammern mit entsprechend temperierter Luft anzuströmen, implementiert sein.
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Ausführungsbeispiele der Erfindung bieten somit die Möglichkeit, Flüssigkeiten in rotierenden zentrifugal-mikrofluidischen Strukturen fluidisch zu aliquotieren und anschließend allein durch eine Temperaturänderung eines Gaseinschlusses in fluidische separierte Kammern zu überführen, um hierdurch schädliche Kreuzkontaminationen zwischen den erzeugten Aliquots auszuschließen. Bei Ausführungsbeispielen der Erfindung muss die Rotationsgeschwindigkeit des Testträgers nicht verhindert werden, um etwa Ventile schalten zu können. Bei Ausführungsbeispielen der Erfindung ist es ferner nicht erforderlich, einzelne Bereiche eines rotierenden Testträgers lokal zu temperieren. Vielmehr kann bei Ausführungsbeispielen der Erfindung eine globale Temperierung, was eine entsprechende Temperierung des in den Kammern eingeschlossenen Gases einschließt, durchgeführt werden. Bei Ausführungsbeispielen erfordert die erfindungsgemäße mikrofluidische Struktur keine zusätzlich integrierten Komponenten, Bauteile oder Oberflächenmodifikationen, wie dies bei bekannten Ansätzen für die Integration von Flüssigkeitsrückhaltestrukturen erforderlich ist.
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Ausführungsbeispiele der Erfindung ermöglichen die Integration eines Testträgers mit einer mikrofluidischen Struktur zur Aliquotierung in einem kommerziellen, zentrifugalen Thermocycler. Eine Automatisierung der Aliquotierung durch Einsatz von zentrifugal-mikrofluidischen Systemen in kommerziellen zentrifugalen Thermocyclern bietet die Möglichkeit zur deutlichen Reduzierung der Kosten. Insbesondere bei der laborüblichen Durchführung einer Polymerasenkettenreaktion mit einer Mehrzahl von Proben ist es nach aktuellem Stand erforderlich, manuell eine Mehrzahl von Aliquots einer initialen Flüssigkeitsmenge herzustellen. Jedem Aliquot muss anschließend eine, für die jeweilige Reaktion spezifische Detektionskomponente, sogenannte PCR-Primer und Sonden, zugeführt werden. Diese manuelle Vorbereitungsprozess ist überaus zeitintensiv und anfällig für Kreuzkontaminationen. Durch eine Integration eines rotierenden Testträgers mit einer entsprechenden fluidischen Aliquotierungsstruktur in ein bestehendes Laborgerät und einer anschließenden automatisierten Herstellung der fertigen Reaktionsansätze bietet sich ein erhebliches Einsparpotential.
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Ausführungsbeispiele der vorliegenden Erfindung ermöglichen erstmals die Kombination aus Zentrifugalkraft und thermopneumatischen Effekten zur Erzeugung von fluidisch vollständig separierten Aliquots aus einer Flüssigkeitsmenge. Mit anderen Worten schaffen Ausführungsbeispiele der Erfindung ein Verfahren zur Herstellung von fluidisch vollständig separierten Teilmengen einer Flüssigkeit auf einem rotierenden Testträger, der einen fluidischen Verteilkanal, mehrere davon abzweigende fluidische Finger mit definierten Teilvolumina und Kammern, die jeweils mit den fluidischen Fingern fluidisch verbunden sind, aufweist. Die Flüssigkeit wird bei einer konstanten Rotationsgeschwindigkeit über den Verteilkanal auf die fluidischen Finger verteilt, wodurch deren Teilvolumina bestimmt wird und wodurch eine definierte Gasmenge bei der Temperatur t1 in den angeschlossenen Kammern eingeschlossen wird. Anschließend wird die Temperatur des Gases in den Kammern auf die Temperatur t2 < t1 abgesenkt, um hierdurch bei konstanter Rotationsgeschwindigkeit die Teilmengen der Flüssigkeit in die Kammern einzusaugen.
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Bei Ausführungsbeispielen der Erfindung kann eine Mehrzahl von Heiz- und Kühlschritten verwendet werden, um die Flüssigkeit aus den fluidischen Fingern in die unbelüfteten Kammern zu überführen. Bei anderen Ausführungsbeispielen kann die Flüssigkeit aus den fluidischen Fingern in einer Portion in die Kammer überführt werden. Bei Ausführungsbeispielen der Erfindung können die unbelüfteten Kammern radial weiter vom Rotationszentrum entfernt liegen als die fluidischen Finger. Bei anderen Ausführungsbeispielen können die unbelüfteten Kammern radial näher am Rotationszentrum liegen als die fluidischen Finger.
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Bei Ausführungsbeispielen der Erfindung ist der rotierende Testträger so ausgelegt, dass er zusammen mit den beschriebenen Verfahren in einem kommerziell erhältlichen zentrifugalen Thermocycler zur Durchführung einer Polymerase-Kettenreaktion betrieben werden kann. Die Kammern können dabei so ausgestaltet sein, dass darin eine Polymerase-Kettenreaktion durchgeführt werden kann. Bei Ausführungsbeispielen der Erfindung können gleiche oder unterschiedliche (Trocken)-Reagenzien in den Kammern vorgelegt sein. Ausführungsbeispiele umfassen einen Schritt des Durchführens einer Polymerase-Kettenreaktion und/oder einer reversen Transkription und/oder einer isothermen Amplifikation der in die Kammern überführten Flüssigkeitsteilvolumina.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 102008003979 B3 [0006]
- US 7300199 B2 [0007]
- WO 2004/083108 A1 [0007]
- US 6752961 B2 [0008]
- US 2008/0149190 A1 [0010]
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Zitierte Nicht-Patentliteratur
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- D. Mark et al., „Microfluidic Lab-on-a-Chip platforms: requirements, characteristics and applications”, Chem. Soc. Rev., 2010, 39, S. 1153–1182 [0003]
- D. Mark et al., ”Aliquoting on the centrifugal microfluidic platform based on centrifugo-pneumatic valves”, Microfluidics and Nanofluidics, 10, S. 1279–1288, 2011 [0006]
- D. Mark et al., ”Centrifugo-pneumatic valve for metering of highly wetting liquids on centrifugal microfluidic platforms”, Lab Chip, 9, S. 3599–3603, 2009 [0006]
- N. Honda et al., ”Simultaneous multiple immunoassays in a compact disc-shaped microfluidic device based on centrifugal force”, Clin Chem 51(10), S. 1955–1961, 2005 [0007]
- C. Schembri et al., ”Centrifugation and capillarity integrated into a multiple analyte whole blond analyser”, Journal of Automatic Chemistry, Bd. 17, S. 99–104, 1995 [0008]
- K. Abi-Samra et al., ”Thermo-pneumatic Pumping in Centrifugal Microfluidic Platforms”, Microfluidics Nanofluidics, (online erschienen am 17 Juni 2011), 2011 [0009]