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Technisches Gebiet
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Die Erfindung betrifft ein Innenausstattungsteil für ein Fahrzeug, insbesondere ein Kraftfahrzeug, aufweisend eine Trägerschicht aus einem starren Material und eine Dekorschicht, und eine zwischen der Trägerschicht und der Dekorschicht angeordnete Haptikschicht aus einem Schaumsystem und ein Verfahren zur Herstellung eines derartigen Innenausstattungsteils.
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Stand der Technik
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Insbesondere Interieurbauteile wie Türverkleidungen oder Instrumententafeln für Kraftfahrzeuge der gehobenen Mittelklasse oder der Oberklasse weisen traditionell einen Schichtaufbau auf, bei dem zwischen einer Trägerschicht, die im Wesentlichen die mechanische Stabilität garantieren soll und zum Einbau bzw. Anbau von Zusatzbauteilen geeignet ist, und einem Dekor, bei dem es sich beispielsweise um ein Echt-Leder-Dekor handeln kann, eine Haptikschicht angeordnet ist.
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Die
DE 198 54 246 A1 offenbart ein derartiges Bauteil, bei dem zwischen einem starren Träger und einem Dekor eine Haptikschicht in Form eines Abstandsgewirkes oder eines Vliesmaterials angeordnet ist. Die einzelnen Schichten werden dabei über Klebstoffschichten miteinander verbunden.
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Die
DE 10 2009 004 612 A1 nennt als Stand der Technik Fahrzeugteile mit Echt-Leder-Dekoren, die in ein Schaumwerkzeug eingelegt werden und hinterschäumt werden. Beim Hinterschäumen derartiger Dekore ergibt sich das Problem, dass die innerhalb des Schaumwerkzeugs eingelegten. Dekore exakt positioniert werden müssen und ggf. zur Positionierung mehrerer Lederteile zueinander bzw. relativ zum Schaumwerkzeug diese auf eine Formhaut aufkaschiert werden müssen. Zur Vermeidung dieses aufwändigen Verfahrensschrittes schlägt die Schrift vor, das Dekor über Vakuumdüsen relativ zum Werkzeug zu fixieren.
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Das dem Fachmann bekannte Hinterschäumen von Bauteilen, d. h. das Einbringen einer Schaumschicht zwischen die in einem Werkzeug beabstandet zueinander vorliegende Dekorschicht und Trägerschicht, oder aber auch ein alternatives Verfahren, bei dem in eine offene Werkzeugform ein Schaum eingebracht wird und in der Folge das Werkzeug geschlossen wird, sind mit signifikanten Druckbelastungen mit Schaumdrücken bzw. Werkzeuginnendrücken von deutlich größer 1 bar (in der Regel zwischen 2–5 bar) auf das Werkzeug und die Dekorschicht verbunden, aus welchem Grund die zuvor genannten Maßnahmen zur Festlegung des Dekors relativ zum Schaumwerkzeug erforderlich sind und Einschränkungen hinsichtlich der Auswahl der Verwendung findenden Dekorschichten bestehen. Nachteilig ist bei den bisher bekannten Verfahren auch, dass aufgrund der relativen hohen Drücke im Werkzeug Werkzeugtrennungen im Sichtbereich der Dekorschicht nicht möglich sind. Insbesondere bei Dekormaterialien, die Öffnungen aufweisen kann es dabei zu Schaumdurchbrüchen oder -durchdringungen kommen, so dass bei Verwendung derartiger Dekormaterialien eine kostenintensive Abdichtung der Öffnungsbereiche vor dem Einbringen der Schaumschicht vorgenommen werden muss.
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Gleichzeitig erfordern die bekannten Schäumverfahren zur Herstellung von Innenausstattungsteilen für Fahrzeug mit einer Schaumschicht als Haptikschicht entsprechend komplexe Werkzeuge mit einer aufwändigen Abdichtung zur Vermeidung von Schaumdurchbrüchen an den Bauteilrändern.
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Da bei herkömmlichen Verfahren ein ausreichendes Fließen des Schaummaterials zur Ausbildung der Schaumschicht durch eine begrenzte Zahl von Injektionspunkten notwendig ist, sind die mit diesen Verfahren hergestellten Innenausstattungsteile gleichzeitig begrenzt in der minimalen Dicke der als Schaumschicht ausgebildeten Haptikschicht.
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Beschreibung der Erfindung
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Eine Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es Interieurbauteile derart zu gestalten, dass eine Schaumschicht als Haptikmaterial Verwendung finden kann, ohne dass die mit dem Hinterschäumen verbundenen Nachteile bei der Herstellung derartiger Bauteile in Kauf genommen werden müssen und ohne, dass Einschränkungen bei der Einsteilbarkeit der Haptik der Bauteile bestehen. Gleichzeitig soll das Verfahren sicherstellen, dass Bauteile mit nahezu beliebigen Dekor- oder Trägerschichten mit einem Schaumsystem als Haptikschicht versehen werden können, insbesondere Leichtbau- und/oder Funktionsbauteile.
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Die Aufgabe wird mit Bauteilen gemäß Anspruch 1 und dem Verfahren zur Herstellung derartiger Bauteile nach Anspruch 8 gelöst. Vorteilhafte Ausgestaltungen folgen aus den Unteransprüchen und den beschriebenen bevorzugten Ausführungsformen.
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Bei dem erfindungsgemäßen Bauteil handelt es sich um ein Innenausstattungsteil für ein Fahrzeug, insbesondere ein Kraftfahrzeug, mit einer Trägerschicht aus einem vorzugsweise starren bzw. plastischen (d. h. nicht elastisch verformbaren) Material und einer Dekorschicht. Zwischen der Trägerschicht und der Dekorschicht ist eine Haptikschicht angeordnet, wobei es sich bei der Haptikschicht um eine Schaumschicht handelt, die aus einem niedrigenergetischen Schaumsystem mit zumindest einem Polyurethanschaum besteht.
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Dabei kann es sich bei dem niedrigenergetischen Schaumsystem um ein Ein-Komponenten-System (1K) handeln, dass vorzugsweise physikalisch geschäumt wird, bevorzugt handelt es sich jedoch um ein Zwei-Komponenten(2K)-System bei dem die Schaumstruktur über eine chemische Reaktion zumindest einer der das System bildenden Komponenten, beispielsweise unter Verwendung von Wasser als Treibmittel, welches mit der Komponente unter Bildung von Kohlendioxid reagiert, erzeugt wird.
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Im letztgenannten Fall umfasst das Schaumsystem zumindest eine erste Komponente aus einem geeigneten Polyol, beispielsweise einem Polyetherpolyol oder einem Polyesterpolyol, vorzugsweise einem langkettigen Polyol, und eine zweite Komponente aus einem geeigneten Isocyanat.
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Bei dem Isocyanat kann es sich beispielsweise um ein sogenanntes MDI(Diphenylmethandiisocaynat) handeln. Denkbar sind natürlich auch andere Isocyanate, wie beispielsweise Polymeres Diphenylmethandiisocyanat (PDMA), Toluylendiisocyanant (TDI), Naphthylendiisocyanat (NDI), Hexamethylendiisocyanat (HDI), Isophorondiisocyanat (IPDI) oder 4,4'-Diisocyanatodicyclohexylmethan (H12MDI).
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Der ersten und/oder der zweiten Komponente können weitere Zusätze, wie z. B. Härter, Treibmittel, Reaktionsbeschleuniger oder Reaktionsverzögerer beigemischt werden, um den Reaktionsablauf bzw. die Eigenschaften des erzeugten Schaumsystems gezielt zu beeinflussen.
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Ein niedrigenergetisches Schaumsystem definiert sich dabei im Wesentlichen über den im Vergleich zu den bisher bekannten Schäumverfahren zur Herstellung von Innenausstattungsteilen für Fahrzeuge, wesentlich geringeren Schaumdruck bzw.
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Werkzeuginnendruck. Der entstehende Werkzeuginnendruck liegt bei niedrigenergetischen Schaumsystemen unter 1 bar, bevorzugt im Bereich von 0,02 bis 0,5 bar, ganz besonders bevorzugt im Bereich von 0,05 bis 0,25 bar.
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Besonders bevorzugt handelt es sich bei dem niedrigenergetischen Schaumsystem um ein in einem Niederdruckverfahren aufgebrachtes Schaumsystem. Dies hat im Vergleich zu den aus dem Stand der Technik bekannten Verfahren unter anderem den Vorteil, dass ein Verschieben von Teilen der Dekorschicht nicht stattfindet und beispielsweise Werkzeugtrennungen im Sichtbereich der Dekorschicht eingebracht werden können, ohne dass diese durch das Schäumverfahren in ihrem Erscheinungsbild negativ beeinflusst, insbesondere verschoben, werden.
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Insbesondere handelt es sich bei dem niedrigenergetischen Schaumsystem um ein nach dem Vermischen der Komponenten in einem pastösen Aggregatzustand, d. h. um ein in einem dickflüssigen bis thixotropen Aggregatzustand, auf die Dekorschicht aufgebrachtes Schaumsystem. Insbesondere wird der Aggregatzustand so gewählt, dass das Schaumsystem nach der Applikation bzw. dem Aufbringen keine Wegstrecke mehr zurücklegt, d. h. nicht mehr fließt.
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Weiterhin besonders bevorzugt handelt es sich bei dem Schaumsystem um ein schon bei Raumtemperatur (25°C) vernetzendes Schaumsystem. Alternativ kann zur Einstellung einer gewünschten Reaktionsgeschwindigkeit die Temperatur mit der das Schaumsystem auf die Dekorschicht aufgebracht wird auch höher gewählt werden.
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Dabei hat es sich als vorteilhaft herausgestellt, wenn das niedrigenergetische Schaumsystem nach dem Auftrag auf die Dekorschicht folgendes Verhalten aufweist:
- • Die Reaktionszeit des Schaumsystems zur vollständigen chemischen Reaktion nach dem Vermischen der ersten und der zweiten Komponente beträgt zwischen 5 und 100 Sekunden, bevorzugt zwischen 15 und 50 Sekunden.
- • Die sich anschließende Aufschäumzeit zur vollständigen Expansion des Schaumsystems beträgt zwischen 15 und 180 Sekunden.
- • Die sich an die Aufschäumzeit anschließende sogenannte Klebefreizeit.
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Die Dichte der erzeugten Schaumschicht liegt im Bereich von 5 bis 100 kg/m3.
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Die Dicke der erzeugten Haptikschicht beträgt von 0,1 bis 15 mm, bevorzugt von 1 bis 8 mm, ganz besonders bevorzugt von 2 bis 5 mm.
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Bei der zur Herstellung eines erfindungsgemäßen Bauteils verwendeten Dekorschicht kann es sich um eine Folie aus einem Polymermaterial, eine Haut aus einem Leder oder einem lederähnlichen Material oder eine textile Schicht, wie ein Gewirke, Gewebe, Gestrick oder anderweitig gestaltetes flächiges Halbzeug aus Fasern oder Fäden aus natürlichen und/oder synthetischen Materialien, handeln.
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In einer bevorzugten Ausführungsform wird die Dekorschicht in einem vorgelagerten Prozessschritt vorgeformt und weist eine Kontur der dem Fahrzeuginsassen zugewandten Dekorseite (Sichtseite) auf, die weitgehend bereits der für den Einbau in das Fahrzeug erforderlichen Außenkontur entspricht. Bei dem vorgelagerten Prozess kann es sich beispielsweise um ein Tiefziehverfahren oder eine Hochdruckverformung oder jedweden anderen geeigneten formgebenden Prozess handeln. Weiterhin ist auch die Herstellung eines Nähkleides aus mehreren Lederstücken oder ein anderweitiges aneinanderfügen von Segmenten des Dekormaterials zur Ausbildung einer konturierten Dekorschicht für die vorliegende Erfindung geeignet.
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Die Dekorschicht kann dabei auf ihrer Sichtseite auch mit einer Narbung oder einer andersartigen Profilierung versehen sein. Durch die folgenden Verfahrensschritte kann eine Schädigung der Profilierung vorteilhaft ausgeschlossen werden.
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Bevorzugt weist die Dekorschicht Öffnungen auf. Wobei es sich bei den Öffnungen beispielsweise um Perforationen oder Aussparungen mit kleinem Öffnungsquerschnitt handeln kann. Derartige Perforationen werden in Dekorschichten üblicherweise eingebracht, um Funktionselemente anzuordnen, beispielsweise Beleuchtungseffekte zu ermöglichen oder aber ein bestimmtes Rissverhalten eines Bereichs der Dekorschicht festzulegen, wenn hinter diesem ein Airbag angeordnet ist. Weiterhin weisen textile Schichten häufig ein Muster auf bei dem zwischen den Fasern oder Fäden Öffnungen vorhanden sind. Wenn es sich bei der Dekorschicht um eine Lederschicht handelt, ist die Dekorschicht häufig als Nähkleid aus mehreren über Nähte verbundenen Lederteilen aufgebaut. Im Bereich der Nähte sind dabei systembedingt Öffnungen vorhanden.
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Bei der Trägerschicht handelt es sich um eine Schicht aus einem vorzugsweise starren Material, beispielsweise aus PP oder ABS oder einem anderen geeigneten Kunststoff, hergestellt beispielsweise in einem Spritzgießverfahren. Bei dem verwendeten Material kann es sich dabei auch um einen faserverstärkten Kunststoff handeln. Alternativ kann es sich bei dem Träger um eine verpresste Fasermatte handeln, die im Wesentlichen aus natürlichen und/oder künstlichen Fasern (Polymerfasern, Glasfasern, Kohlefasern, o. ä.) besteht und optional ein Matrixmaterial aus natürlichen oder künstlichen Rohstoffen enthalten kann.
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Insofern die Trägerschicht später dazu genutzt wird, um das Bauteil an einer weiteren, starren Schicht zu befestigen bzw. benachbart zu dieser zu positionieren, kann es sich bei der Trägerschicht aber auch um eine Folie oder eine Schicht aus einem flexiblen Material handeln.
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In einer alternativen Ausführungsform kann die Trägerschicht dazu genutzt werden um die Oberflächengeometrie der Schaumschicht festzulegen, ohne dass eine bleibende Verbindung zwischen der Schaumschicht und der Trägerschicht entsteht. In diesem Fall wird die Trägerschicht zumindest solange relativ zur Dekorschicht fixiert, bis die Schaumschicht formstabil ist. Im Anschluss wird die bei der Herstellung verwendete Trägerschicht entfernt und der Verbund aus Dekorschicht und Haptikschicht kann mit einer beliebigen weiteren als Trägerschicht verbunden werden. Dabei kann es sich vorzugsweise um ein Karosserieteil eines Fahrzeugs, beispielsweise aus einem faserverstärkten Kunststoff, handeln.
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Die Trägerschicht kann dabei derart (gewichts-)optimiert ausgestaltet sein, dass Sie in den Bereichen in denen nur eine geringe mechanische Stabilität gefordert ist Öffnungen in Form von Materialaausparungen oder aber eine offenporige zelluläre Struktur aufweist. Bei der Verwendung von verpressten Fasermatten weist die Trägerschicht systembedingt häufig eine Vielzahl von kleinen Öffnungen zwischen den Einzelfasern bzw. Faserbündeln auf.
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Alle zuvor in Bezug auf die Dekorschicht oder die Trägerschicht genannten Öffnungen, Materialaussparungen bzw. -durchbrüche sollen als „Öffnungen” im erfindungsgemäßen Sinn verstanden werden. Ein weiteres Charakteristikum einer erfindungsgemäßen Öffnung ist, dass diese eine beliebige Form aufweisen können, wobei der Durchmesser der Öffnungen vorzugsweise kleiner als 5 mm ist, besonders bevorzugt kleiner 2 mm und ganz besonders bevorzugt kleiner 1 mm ist.
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Durch die vorliegende Erfindung kann im Gegensatz zu den aus dem Stand der Technik bekannten Verfahren bzw. Bauteilen vermieden werden, dass Schaummaterial durch die Öffnungen der Dekorschicht und/oder der Trägerschicht gepresst wird oder aber eine zusätzliche aufwändige Abdichtung der Öffnungen vor dem Aufbringen der Schaumschicht erforderlich ist, beispielsweise durch zuvor aufkaschierte Folien.
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Vorzugsweise besteht die Haptikschicht neben einem ersten Polyurethanschaum zumindest bereichsweise aus einem zweiten Polyurethanschaum mit einer anderen chemischen Zusammensetzung oder anderen physikalischen Eigenschaften.
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Dabei kann sich der zweite Polyurethanschaum vom ersten Polyurethanschaum beispielsweise durch einen unterschiedlichen Treibmittelgehalt, eine unterschiedliche erste Komponente aus einem anderen Polyol oder aber eine unterschiedliche zweite Komponente aus einem anderen Isocyanat unterscheiden.
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In einer bevorzugten Ausführungsvariante wird ein erster Polyurethanschaum derart auf eine mit Öffnungen versehene Dekorschicht aufgebracht, dass lediglich die Bereiche der Dekorschicht die Öffnungen aufweisen vom ersten Polyurethanschaum abgedeckt werden. Der zweite Polyurethanschaum wird hingegen vollflächig auf die Dekorschicht aufgebracht und umgibt die Bereiche in denen der erste Polyurethanschaum angeordnet ist. Dabei dient der erste Polyurethanschaum vor allem zur Abdichtung der in der Dekorschicht vorhandenen Öffnungen, wohingegen der zweite Polyurethanschaum zur Einstellung der gewünschten Haptik des Bauteils dient.
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Insofern Bauteile mit variierenden Haptikeigenschaften realisiert werden sollen, ist es natürlich denkbar weitere Polyurethanschäume bei der Herstellung der Haptikschicht zumindest bereichsweise auf der Dekorschicht bzw. den zuvor aufgebrachten Schäumen anzuordnen.
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Weiterhin ist es auch denkbar, dass die Dekorschicht mehrere (Gruppen von) Öffnungen aufweist, bei denen es notwendig ist diese durch (weitere) Polyurethanschäume mit unterschiedlichen Eigenschaften abzudichten.
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Hinter den Öffnungen der Dekorschicht können innerhalb der Haptikschicht und/oder die Haptikschicht und/oder die Trägerschicht durchdringende Funktionselemente angeordnet sein. Bei den Funktionselementen kann es sich um Schalter, Lichtquellen, Lautsprecher, Sensoren, Belüftungsvorrichtungen o. ä. handeln.
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In einer weiterhin bevorzugten Ausführungsvariante wird ein erstes Schaumsystem mit stark eingeschränktem Fließverhalten auf stark geneigte, vor allem auf bezogen auf die Lage im Werkzeug vertikale Bauteilgeometrien aufgebracht. Bevorzugt weist das erste Schaumsystem dabei nach dem Vermischen der Komponenten einen pastösen Aggregatzustand auf. Ein zweites Schaumsystem wird auf die weniger stark geneigten, vor allem, wiederum bezogen auf die Lage im Werkzeug, horizontale Bauteilbereiche aufgebracht.
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Ergänzend kann das erste, pastöse Schaumsystem lediglich oder zusätzlich auch an den Bauteilrändern aufgebracht werden. In diesem Fall bildet das erste Schaumsystem eine Art Wanne in die das zweite Schaumsystem eingebracht werden kann ohne dass eine zusätzliche äußere Abdichtung der Werkzeuge erforderlich ist.
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Das zur Herstellung derartiger Bauteile verwendete erfindungsgemäße Verfahren umfasst das Einlegen einer Dekorschicht in ein offenes Werkzeug oder aber eine offene Werkzeughälfte, das Aufbringen einer Haptikschicht aus einem niedrigenergetischen Schaumsystem aus mindestens einem Polyurethanschaum auf die freiliegende Seite der Dekorschicht und das in Kontakt bringen und verbinden des Verbundes aus Dekorschicht und Haptikschicht mit einer Trägerschicht.
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In einer bevorzugten Ausführungsvariante wird die Trägerschicht dazu in die Haptikschicht eingepresst. Bevorzugt geschieht das Einpressen der Trägerschicht innerhalb der Aufschäumzeit des auf der offen liegenden Seite angeordneten Schaumsystems. In diesem Fall ist keine zusätzliche Haftvermittlerschicht zur Montage der Trägerschicht erforderlich.
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Bevorzugt wird die Trägerschicht nach dem Einpressen in die Haptikschicht von einer Vorrichtung relativ zur Dekorschicht fixiert. Diese Fixierung wird solange aufrecht erhalten, bis das Schaumsystem soweit ausgehärtet ist, dass kein weiteres Einsinken oder Auspressen der Trägerschicht in bzw. durch die Haptikschicht erfolgen kann.
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Nach dem Aushärten der Haptikschicht kann das Bauteil dem Werkzeug entnommen werden.
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Alternativ kann das Aufbringen der Trägerschicht zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen. In diesem Fall kann auf der Trägerschicht oder der offen liegenden Seite der Schaumschicht ein aktivierter bzw. aktivierbarer Haftvermittler angeordnet werden, mit Hilfe dessen die Trägerschicht mit der Schaumschicht verbunden wird.
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Weist die Trägerschicht Öffnungen auf, in die der noch nicht vollständig ausgehärtete Schaum der Haptikschicht durch das Einpressen eindringt, wird der Hub des Einpressens derart limitiert, dass kein Austritt von Schaum auf der Rückseite der Trägerschicht erfolgt.
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In einer alternativen Ausführungsvariante wird der Hub des Einpressens derart eingestellt, dass der Schaum durch die Öffnungen der Trägerschicht dringt und auf der Rückseite der Trägerschicht seitlich verteilt wird, bzw. verfließt. Durch die derart entstandene mechanische Verbindung kann auch eine Materialkombination aus einer Trägerschicht und einer Schaumschicht verbunden werden, die keine ausreichenden Hafteigenschaften aufweist, bzw. es kann eine Verbindung der Trägerschicht mit der Schaumschicht erreicht werden, nachdem das Schaumsystem bereits keine Hafteigenschaften mehr aufweist.
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In einer weiter bevorzugten Ausführungsvariante des erfindungsgemäßen Verfahrens wird die Haptikschicht durch das Aufbringen eines ersten und zumindest eines zweiten Polyurethanschaums mit einer anderen chemischen Zusammensetzung oder anderen physikalischen Eigenschaften gebildet.
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Bevorzugt werden der erste, sowie der zumindest zweite Polyurethanschaum über einen Mehrkomponentensprühkopf auf die Dekorschicht aufgebracht. Der Mehrkomponentensprühkopf kann dabei derart elektronisch gesteuert werden, dass die unterschiedlichen Polyurethane jeweils bereichsweise auf die Dekorschicht aufgebracht werden können. In einer bevorzugten Ausführungsform erfolgt das Aufbringen der mehreren Polyurethanschäume in einem Linienzug, d. h. nahezu gleichzeitig, wobei hierzu der Mehrkomponentensprühkopf relativ zur im offenen Werkzeug bzw. in der offenen Werkzeughälfte angeordneten Dekorschicht in allen Raumrichtungen verfahren werden kann. Alternativ kann natürlich auch das Werkzeug bzw. die Werkzeughälfte relativ zum Sprühkopf verfahren werden.
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Weist die Dekorschicht zumindest bereichsweise Öffnungen auf, so wird bevorzugt bei der Bildung der Haptikschicht ein erster Polyurethanschaum auf die Dekorschicht im Bereich der Öffnungen aufgebracht und zumindest ein zweiter Polyurethanschaum auf den Verbund aus Dekorschicht und erstem Polyurethanschaum, zur vollständigen Ausbildung der Haptikschicht, aufgebracht.
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Kurze Beschreibung der Zeichnungen
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1 zeigt in einer schematischen Schnittansicht ein Bauteil nach dem bekannten Stand der Technik, bei der eine Haptikschicht (2), zwischen einer Dekorschicht (1) und einer Trägerschicht (3) angeordnet ist;
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2 zeigt in einer schematischen Schnittansicht beispielhaft die Herstellung eines erfindungsgemäßen Bauteils;
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3 zeigt beispielhaft ein erfindungsgemäßes Bauteil in einer schematischen Schnittansicht;
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4 zeigt in einer schematischen Darstellung Teile einer Anlage zur beispielhaften Herstellung erfindungsgemäßer Bauteile, bzw. zur Durchführung eines beispielhaften erfindungsgemäßen Verfahrens;
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5 zeigt beispielhaft in einer schematischen Schnittansicht ein erfindungsgemäßes Bauteil, welches Öffnungen in der Dekorschicht aufweist;
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6 zeigt in einer schematischen Schnittansicht eine aus dem Stand der Technik bekannte Abdichtung einer Naht, über die ein Schaum aufgebracht werden soll;
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7 stellt schematisch als Funktion des Volumens in Abhängigkeit von der Zeit das Aufschäumen eines erfindungsgemäßen niedrigenergetischen Polyurethanschaums dar;
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8 stellt beispielhaft den Verlauf des vom niedrigenergetischen Schaumsystem auf die in das Schaumsystem eingepresste Trägerschicht ausgeübten Druck für verschiedene Zeitpunkte des Einpressens in Abhängigkeit von der Zeit dar;
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9 stellt beispielhaft den Verlauf des Werkzeuginnendrucks eines aus dem Stand der Technik bekannten herkömmlichen Schaumsystems für verschiedene Wassergehalte in Abhängigkeit von der Zeit dar.
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1 zeigt in einer schematischen Schnittansicht ein Bauteil nach dem bekannten Stand der Technik, bei der eine Haptikschicht (2), zwischen einer Dekorschicht (1) und einer Trägerschicht (3) angeordnet ist. Bei der Dekorschicht (1) kann es sich dabei um ein Nähkleid aus Echt-Leder handeln. Rückseitig ist dieses Nähkleid über eine Haftvermittlerschicht mit einer Haptikschicht (2), beispielsweise aus einem Abstandsgewirke, verbunden. Diese Schicht dient zur definierten Einstellung einer Haptik, d. h. einer bei Druck durch den Fahrzeuginsassen auf das Innenausstattungsteil spürbaren Weichheit bzw. Nachgiebigkeit der Dekoroberfläche. Die auf der der Dekorschicht (1) gegenüberliegenden Seite der Haptikschicht (2) angeordnete Trägerschicht (3) kann beispielsweise als Spritzgießteil ausgeführt sein und ist ihrerseits über eine Haftvermittlerschicht mit der Haptikschicht (2) verbunden.
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2 zeigt in einer schematischen Schnittansicht das Aufbringen einer erfindungsgemäßen Haptikschicht auf eine Dekorschicht (1). Nicht dargestellt ist das Werkzeug, in dem die Dekorschicht (1) angeordnet ist. Mehrere niedrigenergetische Schaummaterialien (21, 22, 23) werden dabei von einem Mehrkomponentensprühkopf (4) auf die offen liegende Rückseite der Dekorschicht (1) aufgebracht. Die Zuführung der unterschiedlichen Komponenten (421, 422, 423) der Schaummaterialien zum Mehrkomponentensprühkopf geschieht dabei jeweils über eine geeignete Vorrichtung.
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3 zeigt ein erfindungsgemäßes Bauteil bei dem hinter einer Dekorschicht (1) mehrere Schaummaterialien (21, 22, 23) zumindest bereichsweise angeordnet sind. Abhängig von der gewünschten Haptik des Bauteils kann bereichsweise mehr oder weniger Schaummaterial aufgebracht werden. Rückseitig ist an der aus den Schaummaterialien (21, 22, 23) gebildeten Haptikschicht eine Trägerschicht (3) angeordnet. Die Trägerschicht weist über Ihre komplette Länge Öffnungen auf, ohne dass die Schaummaterialien die Öffnungen in der Trägerschicht derart durchdringen, dass diese auf der Rückseite der Trägerschicht austreten.
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4 zeigt eine schematische Darstellung von wesentlichen Teilen einer Anlage zur beispielhaften Herstellung erfindungsgemäßer Bauteile, bzw. zur Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens. Der Mehrkomponentensprühkopf 4 ist mit einer Reihe von Tanks verbunden in denen sich die verschiedenen Komponenten (422, 423, ..., 42n; 4a, 4b, 4c) der eingesetzten Schaummaterialien befinden. Das Mischen und/oder die Zufuhr bzw. das Aufbringen der verschiedenen Schaummaterialien auf die Dekorschicht (1) kann über eine elektronische Steuerungseinheit (CPU) flexibel gesteuert werden. Auf der Dekorschicht (1) werden bereichsweise die. unterschiedlichen Schaummaterialien (22, 23) aufgebracht. Dabei kann das Aufbringen der Materialien simultan oder aber wie in der vorliegenden Figur sukzessiv erfolgen.
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5 zeigt in einer schematischen Schnittansicht einen Ausschnitt aus einem erfindungsgemäßen Bauteil. Wobei in dieser Ausführungsform die Dekorschicht (1) mittig eine Naht aufweist. Um systembedingt die im Bereich der Naht vorhandenen Öffnungen zu verschließen, wird ein erstes geeignetes Schaummaterial (21) mit einer Komponente (421) verwendet, um den Bereich der Naht, bzw. der Öffnungen abzudichten. Ein zweites Schaummaterial (22) mit einer verschiedenen Komponente (422) wird oberhalb der der ersten Komponente angeordnet und dient zur Vervollständigung der Haptikschicht. Im konkreten Beispiel ist der Mehrkomponentensprühkopf (4) derart konstruiert, dass dieser simultan das Schaummaterial (21) im Bereich der Naht, sowie das dieses umgebende Schaummaterial (22) applizieren kann.
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6 zeigt in einer schematischen Schnittansicht eine aus dem Stand der Technik bekannte Abdichtung einer Naht in einer Dekorschicht (1) mit Hilfe von Folien (12) oder Klebebändern (13). Die in der Naht vorhandenen Öffnungen (14) werden durch dieses aufwändige Verfahren vor dem Eindringen von Schaummaterial geschützt.
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7 stellt schematisch als Funktion des Volumens in Abhängigkeit von der Zeit das Aufschäumen eines erfindungsgemäßen niedrigenergetischen Polyurethanschaums dar. Dabei sind die verschiedenen Regime „Reaktionszeit”, „Aufschäumzeit” und „Klebefreizeit” zeitlich aufeinander folgend dargestellt. Im Regime „Reaktionszeit” erfolgt die vollständige Reaktion der Komponenten, wobei das vom Material eingenommene Volumen des pastösen Gemischs noch relativ gering ist. Zu Beginn des Regimes „Reaktionszeit” (I) wird das Material auf die Dekorschicht eines erfindungsgemäßen Bauteils aufgebracht. Das sich anschließende Regime „Aufschäumzeit” beinhaltet einen exponentiellen Anstieg des Volumens bis zu einem Maximum ab dem sich das Volumen des Schaums nahezu nicht mehr verändert. In diesem Regime kann vorteilhaft in etwa ab Erreichen des Maximums des Volumens innerhalb. einer Zeitspanne (III) die Trägerschicht in die Haptikschicht eingepresst werden. Wird die Trägerschicht kurz vor dem Erreichen des Maximums des Volumens in die Haptikschicht eingepresst, begrenzt die Trägerschicht in diesem Fall vorteilhaft die weitere Expansion des Schaummaterials. Weil es sich bei dem Schaummaterial um einen niedrigenergetischen Schaum handelt, sind die durch das Werkzeug in diesem Fall aufzunehmenden Kräfte deutlich geringer, als bei den bekannten Schäumverfahren aus dem Stand der Technik und die Werkzeuge können deutlich einfacher und damit kostengünstiger gestaltet werden.
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Da das Schaummaterial im Regime „Aufschäumzeit” noch ausreichende Klebeeigenschaften aufweist, verbindet sich die Trägerschicht mit der Haptikschicht, ohne dass zusätzliche Haftvermittlerschichten erforderlich sind.
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8 stellt beispielhaft den Verlauf des vom niedrigenergetischen Schaumsystem auf die in das Schaumsystem eingepresste Trägerschicht ausgeübten Druckes für verschiedene Zeitpunkte (III1, ..., III7) des Einpressens in Abhängigkeit von der Zeit dar. Dabei geschieht das Einpressen bevorzugt in der Aufschäumzeit des Schaumsystems, bevor sich die endgültige Zellstruktur des Schaums ausgebildet hat und der Schaum seine Klebeeigenschaften verloren hat. Wie aus der Figur entnommen werden kann steigt der Druck prinzipiell mit einem späteren Zeitpunkt des Einpressens der Trägerschicht in das Schaumsystem, obwohl der Abstand zwischen der Dekorschicht und der Trägerschicht und damit die Dicke der mit dem Schaumsystem erzeugten Haptikschicht konstant gehalten wurde. Dies hängt mit der weiter fortgeschrittenen Ausbildung der Zellstruktur zu den jeweils späteren Zeitpunkten zusammen. Ein geringer Druck kann unabhängig vom Zeitpunkt des Einpressens erreicht werden, wenn die Temperatur des eingebrachten Schaumsystems variiert wird. Insgesamt jedoch ist der vom Schaumsystem auf die Trägerschicht ausgeübte Druck sehr gering und erreicht im vorliegenden Beispiel maximale Drücke von 0,05 bis 0,25 bar. Diese im Vergleich zum Stand der Technik zumindest um den Faktor 10 niedrigeren Drücke und das gleichzeitig stark eingeschränkte Fließverhalten der verwendeten niedrigenergetischen Schaumsysteme ermöglichen die Verwendung von einfachen Werkzeugen, die beispielsweise keine äußere Abdichtung aufweisen müssen, um ein Austreten des Schaumsystems aus dem Werkzeug zu verhindern.
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Der Druck stabilisiert sich im Zeitverlauf nach Erreichen eines Maximums und fällt danach bewirkt durch die abklingenden Schaumreaktionen sogar leicht ab.
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9 zeigt Vergleich den Druckverlauf eines aus dem Stand der Technik bekannten Schaumssystems. Bei herkömmlichen Schaumsystemen steigt der Druck nach dem Schließen der Werkzeughälften (III) und dem Abdichten des von den Werkzeugen umschlossenen Hohlraums (III') sehr stark an und erreicht Drücke, die deutlich über 1 bar liegen. Im vorliegenden Beispiel werden Drücke von bis zu 2,71 bar erreicht. Variiert wurde bei den in dieser Figur dargestellten Versuchen der Wassergehalt des Schaumsystems, wobei ein höherer Wassergehalt prinzipiell ein stärkeres Aufschäumen und damit einen höheren Werkzeuginnendruck verursacht. Erst nach dem Entfernen der Abdichtung (V') und dem öffnen der Werkzeughälften (V) sinkt der Druck spontan ab.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 19854246 A1 [0003]
- DE 102009004612 A1 [0004]