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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Ermitteln von Stellgrößen zur Ansteuerung mindestens einer Taumelscheibe einer Rotoranordnung, die ein oder mehrere mittels der Taumelscheibe einstellbare Rotorblätter hat. Die Erfindung betrifft darüber hinaus auch eine Taumelscheibenansteuereinheit sowie eine Hubschrauber-Rotoranordnung hierzu.
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Ein Hubschrauberrotor besteht in der Regel aus einem Rotorkopf, der in der Regel über mehrere Rotorblätter verfügt. Die Rotorblätter sind dabei derart an dem Rotorkopf angeordnet, dass sie um ihre Längsachse drehbar angeordnet sind, so dass sich ein entsprechender Anstellwinkel durch Drehung um diese Längsachse einstellen lässt. Denn aufgrund ihres Profils sowie des Anstellwinkels erzeugen die Rotorblätter während ihres Umlaufes den entsprechenden Auftrieb, den der Hubschrauber benötigt, um in den Flugzustand überzugehen. Die Rotorblätter entsprechen somit als Auftriebselemente den Flügeln von Flugzeugen.
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Um entsprechende Flugmanöver bzw. Flugzustände außer dem Schwebeflug durchführen zu können, ist es seit längerem bekannt, dass sich der Anstellwinkel eines Rotorblattes während des Umlaufes zyklisch verändert, so dass sich hierbei eine entsprechende Auftriebsveränderung ergibt. Ein solcher sich im Umlauf verändernder Anstellwinkel wird beispielsweise mit Hilfe einer Taumelscheibe realisiert, die unterhalb des Rotorkopfes an der Rotorwelle angeordnet ist und gegenüber der Rotorwelle bzw. dem Rotorkopf axial verschiebbar und kippbar gelagert ist. Eine solche Taumelscheibe weist in der Regel einen sich drehenden und einen sich nicht drehenden Teil auf, wobei durch die Ankopplung des drehenden und des nicht drehenden Teils Steuersignale vom nicht drehenden Hubschraubersystem in das drehende Rotorsystem übertragen werden können. Wird nun beispielsweise die Taumelscheibe nach vorne gegenüber der Rotorwelle gekippt, so erfährt jedes Rotorblatt im hinteren Bereich des Rotors (in Bezug auf die Flugrichtung) einen niedrigeren Anstellwinkel als im vorderen Bereich. Ein Beispiel für eine solche Taumelscheibe ist beispielsweise aus der
DE 10 2006 030 089 B3 bekannt, bei der sogar mehrere Taumelscheiben zur Ansteuerung eines einzigen Rotors eingesetzt werden.
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Neben den herausragenden Vorteilen der vertikalen Start- und Schwebeflugfähigkeiten haben Hubschrauber darüber hinaus im Vergleich zu Flächenflugzeugen eine Reihe von Nachteilen, wie beispielsweise eine hohe Lärmbelastung insbesondere im Landeanflug und im Bereich der Höchstgeschwindigkeit, hohe Kabinenvibrationen sowie einen relativ hohen Leistungsbedarf. Die Hauptursachen dieser Nachteile sind systembedingt, denn sie entstehen im Vorwärtsflug in erster Linie aus der Ungleichförmigkeit der Anströmung der Rotorblätter sowie flugzustands- und geschwindigkeitsabhängig auch durch Interaktion der von den Rotorblättern abgehenden Blattspitzenwirbel mit nachlaufenden Rotorblättern oder anderen Baugruppen des Hubschraubers.
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Mit Hilfe einer intelligenten Rotorblattsteuerung wurde versucht, die oben genannten Probleme positiv zu beeinflussen. So wurden beispielsweise Aktuatoren im drehenden System dazu verwendet, die Rotorblätter einzeln und individuell anzusteuern (IBC – Individual Blade Control). Ziel ist es dabei, jedem Rotorblatt eines Hubschrauberrotors während des Umlaufs eine individuelle Ansteuerung zu geben, so dass sich für jedes Rotorblatt ein eigener Anstellwinkelverlauf während einer Rotorumdrehung ergibt, so dass sich Vibrationen und Lärm verringern lassen. Nachteilig dabei ist jedoch, dass Energie und Steuersignale in das drehende System (und zurück) übertragen werden müssen (beispielsweise durch Verwendung von elektrischen/hydraulischen Schleifringen), die dann auf die Aktuatoren aufgeprägt werden, und dass entsprechende Probleme bezüglich der Zentrifugalkräfte am Rotor auftreten, wenn zusätzliche Massen im drehenden System eingebaut werden.
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Darüber hinaus ist es bekannt, dass bei Hubschrauberrotoren mit einer Taumelscheibe, wobei nicht mehr als drei Rotorblätter an einer Taumelscheibe angeordnet sind, die Taumelscheibe derart anzusteuern, dass die Rotorblätter während ihres Umlaufes eine zyklische und dynamische Anstellwinkeländerung ausführen (Higher Harmonic Control – HHC). Die nachfolgende Tabelle zeigt dabei die Zusammenhänge zwischen zyklischer Anstelländerung und Taumelscheibenbewegung: Tabelle 1
Anzahl der Anstellwinkeländerungen pro Umlauf | Taumelscheibenbewegung |
2/rev | Oszillation mit Rotordrehrichtung mit 3/rev |
3/rev | Auf- und Abwärtsbewegung mit 3/rev |
4/rev | Oszillation gegen die Rotordrehrichtung mit 3/rev |
5/rev | Oszillation mit Rotordrehrichtung mit 6/rev |
6/rev | Auf- und Abwärtsbewegung mit 6/rev |
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Wie die Tabelle zeigt, kann mit einer zyklischen Ansteuerung der Taumelscheibe mit der N-fachen Rotordrehfrequenz der Rotor und damit die einzelnen Rotorblätter derart angesteuert werden, dass sich eine harmonische Auftriebsveränderung durch eine harmonische Ansteuerung der Rotorblätter ergibt. Somit kann entsprechenden Vibrations- und Lärmentwicklungen entgegengewirkt werden.
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Grundsätzlich ist jede Rotoranordnung, bei der maximal drei Rotorblätter über eine Taumelscheibe angesteuert werden, IBC-fähig, d. h. zur Einstellung von individuellen Blattanstellwinkeln fähig, da die maximal drei Freiheitsgrade der Rotorblätter (Drehung um die jeweilige Längsachse) genau drei Freiheitsgrade der entsprechenden Taumelscheibe (Kippen um zwei Achsen und Verschieben) gegenüberstehen. Dies bedingt, dass die Stellung der Taumelscheibe, die durch entsprechende Aktuatoren im bestehenden System angesteuert wird, vorherbestimmt ist, so dass sich für jeden Zeitpunkt des Umlaufes die exakte Stellung der Taumelscheibe ergibt. Hierbei ergibt sich jedoch das Problem, dass eine exakte Berechnung auf Grund der Komplexität nicht echtzeitfähig ist, als dass ein solcher Prozess bei der Hubschrauberansteuerung Anwendung finden könnte.
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Es ist daher Aufgabe der vorliegenden Erfindung, ein Verfahren anzugeben, mit dem Stellgrößen zur Ansteuerung einer Taumelscheibe derart ermittelt werden können, dass sie in Echtzeit berechnet werden können und eine individuelle Blattsteuerung (IBC) ermöglichen.
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Die Aufgabe wird mit den Verfahren der eingangs genannten Art erfindungsgemäß gelöst durch die Schritte:
- a) Berechnen einer Taumelscheibenstellung in Bezug auf ein drehendes Bezugssystem in Abhängigkeit von gewünschten Rotorblattanstellwinkeln der Rotorblätter bezüglich eines Umlaufwinkels,
- b) Transformieren der Taumelscheibenstellung im drehendes Bezugssystem in eine Taumelscheibenstellung in Bezug auf ein stehendes Bezugssystem in Abhängigkeit des Umlaufwinkels, und
- c) Ermitteln der Stellgrößen in Abhängigkeit der Taumelscheibenstellung im stehenden Bezugssystem.
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Mit Hilfe der vorliegenden Erfindung ist es somit möglich, jedes Rotorblatt eines Rotors individuell derart anzusteuern, dass ihm unabhängig von den anderen Rotorblättern ein individueller Anstellwinkelverlauf zugeordnet werden kann. Diese individuelle Ansteuerung der Rotorblätter ist in einem Taumelscheibensystem ohne Aktuatoren bzw. Steller im drehenden System ansonsten nicht möglich.
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Gegeben sei für jedes Rotorblatt des Rotors der entsprechende Anstellwinkel für jeden Umlaufwinkel. Diese Anstellwinkel im Umlauf können dabei beispielsweise durch eine harmonische Funktion der Blattanstellwinkel, z. B. Sinus und Kosinus-Funktionen, abgebildet werden. Es ist aber auch ein völlig freier Verlauf der gewünschten Blattanstellwinkel denkbar.
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Um nun die Stellgrößen zur Ansteuerung der Taumelscheibe zu ermitteln, schlägt die vorliegende Erfindung im Schritt a) vor, dass die Taumelscheibenstellung in Bezug auf ein drehendes Bezugssystem anhand der gewünschten Rotorblattanstellwinkel bezüglich eines entsprechenden Umlaufwinkels berechnet wird. Das drehende bzw. rotorfeste Bezugssystem bezeichnet hierbei das drehende System des Rotors, in der jede beliebige Konstellation vom Blattanstellwinkel über die Kopplung durch die jeweiligen Steuerstangen einer korrespondierenden Taumelscheibenanlage zugeordnet werden kann. In Hubschrauber-Rotorsystemen wird die Taumelscheibenstellung dabei in der Regel durch die beiden Kippwinkel α und β angegeben, wobei α die Sinusanteile und β die Kosinusanteile bezeichnet (in der Regel stehen α und β senkrecht aufeinander). Durch einen dritten Parameter z wird dabei meist die Verschiebung der Taumelscheibe axial zur Rotorwelle bezeichnet, so dass die einzelnen Rotorblätter kollektiv angesteuert werden.
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Wurde die Taumelscheibenstellung in Bezug auf das drehende bzw. rotorfeste Bezugssystem berechnet, so erfolgt in Schritt b) die Transformation dieser Taumelscheibenstellung in das stehende Bezugssystem, und zwar in Abhängigkeit des Umlaufwinkels, an dem die gewünschten Rotorblattanstellwinkel aus Schritt a) anliegen sollen. Da die Ansteuerung der Taumelscheibe aus dem stehenden System heraus erfolgt, in der Regel durch drei an dem Hubschrauber und der Taumelscheibe angelenkten Stellglieder, muss auch die Taumelscheibenstellung, die zuvor im rotorfesten, d. h. im drehenden System, berechnet wurde, in das stehende System, transformiert werden.
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Ist die Taumelscheibenstellung im stehenden Bezugssystem nunmehr bekannt, so können die entsprechenden Stellgrößen für die Ansteuerung der Taumelscheibe berechnet werden. Geht man davon aus, dass die Ansteuerung der Taumelscheibe mittels entsprechender Stellglieder erfolgt, so könnte die Stellgröße beispielsweise die Länge der einzelnen Stellglieder sein. Da im stehenden System bekannt ist, wo die Stellglieder an dem Hubschrauber angelenkt sind und wo die Stellglieder an der Taumelscheibe, genauer gesagt an dem stehenden Teil der Taumelscheibe, angelenkt sind, lässt sich durch einfache analytische Berechnung unter Zugrundelegung der Taumelscheibenstellung im stehenden System die notwendige Länge der einzelnen Stellglieder berechnen, damit die Taumelscheibe die berechnete Taumelscheibenstellung aufweist.
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Mit Hilfe dieses vorliegenden Verfahrens lässt sich für einen bestimmen Umlaufwinkel und an dieser Stelle gewünschten Rotorblattanstellwinkeln in Echtzeit die Stellgröße für die Ansteuerung der Taumelscheibe berechnen. Verändert sich nun der gewünschte Blattanstellwinkel für ein oder mehrere Rotorblätter, so kann mit Hilfe dieses Verfahrens auch während des Fluges darauf Rücksicht genommen werden und entsprechenden Taumelscheibenstellungen in Echtzeit berechnet werden. Mittels anderer Systeme, die mit Hilfe numerischer Optimierungsprozesse die Blattanstellwinkel an einen bestimmten Umlaufwinkel berechnen, sind für diese Aufgabe, auf sich ändernde Blattanstellwinkel zu reagieren, ungeeignet, da sie langsam sind und mit Blick auf die Rotordrehfrequenz nicht echtzeitfähig.
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Besonders vorteilhaft ist es, wenn die Taumelscheibenstellung im drehenden Bezugssystem (Schritt a)) in Abhängigkeit einer Steuermatrix erfolgt. Die Steuermatrix bildet dabei auf Grundlage des vorherrschenden Taumelscheiben- und Rotorsystems näherungsweise die Taumelscheibenstellungen für verschiedene Blattanstellwinkel analytisch ab, so dass für jeden Umlaufwinkel, auch Azimut genannt, und den dort gewünschten Blattanstellwinkeln die Taumelscheibenstellung im rotorfesten, d. h. drehenden Bezugssystem berechnet werden kann. Diese Matrizengleichung ist, im Gegensatz zur mathematisch exakten Berechnung der Taumelscheibenanlage unter Einsatz von numerischen Gleichungslösern und Optimierern grundsätzlich echtzeitfähig und kann somit in einer Steuerung für Rotorsysteme eingesetzt werden.
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Eine solche Steuermatrix kann dabei durch Messen der Taumelscheibenstellung für verschiedenste Blattanstellwinkel ermittelt werden. Dazu wird zunächst eine Rotoranordnung bestehend aus einem Rotor und einer Taumelscheibenanlage durch Einstellen unterschiedlichster Blattanstellwinkel ausgemessen, d. h. die Stellenlängen als Stellgrößen, wobei dann vorteilhafterweise die Steuermatrix mittels linearer Regression ermittelt wird. Je mehr Matrixelemente letztlich in der Steuermatrix vorhanden sind, desto genauer bildet die Steuermatrix die einzelnen Eintellungen ab. Es ist aber auch denkbar, dass die Steuermatrix aus einem die Rotoranordnung abbildenden Simulationsprogramm oder durch eine analytische Betrachtung der Rotoranordnung ermittelt wird. Wichtig dabei ist, dass die Winkel immer im Bezug auf das selbe (drehende) System gemessen und aufgezeichnet werden.
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Besonders vorteilhaft ist es, wenn die Taumelscheibenstellung in Bezug auf ein drehendes Bezugssystem (Schritt a)) anhand der Formel
berechnet wird, wobei α
R und β
R und z
R die Taumelscheibenstellung im drehenden Bezugssystem, M
IBC die zuvor genannte Steuermatrix, P
V der Anstellwinkelvektor der gewünschten Rotorblattanstellwinkel bezüglich des Umlaufwinkels und C
IBC eine Vektorkonstante sind. Die Vektorkonstante C
IBC lässt sich dabei als Nebenprodukt bei der Ermittlung der Steuermatrix aus der linearen Regression ermitteln.
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Wie bereits zuvor erwähnt, bezeichnen αR und βR den Kippwinkel der Taumelscheibe im drehenden Bezugssystem, während zR die axiale Verschiebung der Taumelscheibe bezüglich der Rotorwelle bezeichnet. Durch die Verschiebung der Taumelscheibe axial zur Rotorwelle können dabei alle Rotorblätter kollektiv angesteuert werden.
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Um nun die Taumelscheibenstellung in Bezug auf das drehende Bezugssystem in ein stehendes Bezugssystem zu transformieren, ist es besonders vorteilhaft, wenn dies anhand der Formeln αH = αR·cos(ψ) + βR·sin(ψ)
βH = βR·cos(ψ) + αR·sin(ψ)
zkoll = zkoll (2) erfolgt, wobei αH, βH und zH die Taumelscheibenstellung im stehenden Bezugssystem darstellt. αR, βR und zR bezeichnen dabei die Taumelscheibenstellung im drehenden Bezugssystem, sowie sie in Schritt a) berechnet wurde, wobei ψ den Umlaufwinkel, an dem die gewünschten Blattanstellwinkel an den Rotorblättern anliegen sollen, darstellt. Nach dieser Transformation, die einfach zu berechnen und somit echtzeitfähig ist, wurde die Taumelscheibenstellung vom drehenden System in das feste System transformiert, so dass auf Grundlage dieser Angaben nunmehr durch einfache analytische Berechnung die Stellgrößen zur Ansteuerung der Taumelscheibe abgeleitet werden können.
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Vorteilhafterweise werden nun anhand der ermittelten Stellgrößen entsprechende Steuersignale ermittelt, die dann zwecks Einstellung der Rotorblattanstellwinkel auf die Taumelscheibe aufprägbar sind. Denn wie bereits oben erwähnt, können als Stellgröße zur Ansteuerung der Taumelscheibe beispielsweise die Stellgliedlänge der einzelnen Stellglieder berechnet werden, so dass sich für jeden der meist drei Stellglieder eine entsprechende Stellgliedlänge ermitteln lässt, die dann beispielsweise mittels eines Steuersignals an das Stellglied übertragen wird.
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Des Weiteren wird die Aufgabe mittels einer Taumelscheibenansteuereinheit zur Ansteuerung mindestens einer Taumelscheibe einer Rotoranordnung, die ein oder mehrere mittels der Taumelscheibe anstellbaren Rotorblätter aufweist, gelöst, wobei die Taumelscheibenansteuereinheit zur Ermittlung von Stellgrößen zur Ansteuerung der Taumelscheibe mittels des vorstehenden Verfahrens eingerichtet ist. Im Übrigen wird die Aufgabe auch mit einer Hubschrauber-Rotoranordnung hierzu gelöst.
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Die Erfindung wird anhand der beigefügten Zeichnungen beispielhaft näher er läutert. Es zeigen:
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1 – Darstellung der Taumelscheibenstellung im rotorfesten Bezugssystem;
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2 – Darstellung der Taumelscheibenstellung im taumelscheibenfesten Bezugssystem;
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3 – Darstellung der Taumelscheiben-Ansteuerung mittels Stellglieder;
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4 – Darstellung von Blattanstellwinkeln über den Azimut;
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5 – Ablaufdiagramm des Echtzeitprozesses.
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1 zeigt die Darstellung der Taumelscheibenstellung bezüglich des drehenden Bezugssystems. An einer Rotorwelle 1, die hier nur skizzenhaft angedeutet ist, ist ein Rotorblatt 2 angelenkt. Unterhalb des Rotorblattes befindet sich eine Taumelscheibe 3, die bezüglich der Rotorwelle 1 axial verschiebbar und kippbar angeordnet ist. Über Steuerstangen ist die Taumelscheibe 3 mit den Rotorblättern 2 verbunden. Die Rotorblätter 2 sind dabei derart an der Rotorwelle 1 angeordnet, dass sie um ihre Längsachse xB1 drehbar sind. Durch die Drehung des Rotorblattes 2 um die Längsachse xB1 lässt sich dann ein entsprechender Anstellwinkel ϑ einstellen, der dem Rotorblatt dann einen entsprechenden Auftrieb während des Umlaufes verleiht. Zur vereinfachten Darstellung ist nur eine Taumelscheibe 3 abgebildet. Das vorliegende Verfahren ist jedoch auch aus zwei und mehr Taumelscheiben, beispielsweise bei einer Mehrfachtaumelscheibenanordnung, anwendbar.
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Unter Zugrundelegung eines bestimmten Umlaufwinkels bzw. Azimut ψ (vgl. 2) soll an dieser Umlaufposition das Rotorblatt 2 einen entsprechenden Blattanstellwinkel ϑ aufweisen. Hierfür muss die Taumelscheibe 3 entsprechend angekippt und axial verschoben werden, so dass der gewünschte Blattanstellwinkel ϑ des Rotorblattes 2 bei diesen Azimut ψ eingestellt werden kann. Gemäß der vorliegenden Erfindung wird nunmehr die Taumelscheibenstellung in Bezug auf das rotorfeste Bezugssystem xR, yR, zR anhand einer zuvor mittels linearer Regression ermittelten Steuermatrix MIBC ermittelt. Als Ergebnis dieser Berechnung ergibt sich der Kippwinkel αR und βR der Taumelscheibe bezüglich des rotorfesten Bezugssystems xR, yR, zR ohne die korrespondierende axiale Verschiebung zKoll der Taumelscheibe 3. Die Kippwinkel αR und βR bezeichnen hierbei die Winkel zwischen den Achsen des drehenden Bezugssystems xR, yR und den Achsen des nicht mitrotierenden stehenden Systems xTR, yTR. Das drehende Bezugssystem xR, yR wandert dabei mit dem Umlauf der Rotorblätter mit.
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Der kinematische Zusammenhang lässt sich dabei anhand der folgenden mathematischen Beziehung annähern:
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Die verwendete Steuermatrix MIBC kann dabei durch Messen unterschiedlicher Blattanstellwinkel ϑ und mittels Linearregression ermittelt werden, wobei die Steuermatrix den kinematischen Zusammenhang zwischen Blattanstellwinkel und Taumelscheibenstellung annähert. Je größer die Matrix ist, desto genauer wird letztendlich auch die Annäherung des Anstellwinkels. Die Vektorkonstante CIBC lässt sich dabei ebenfalls als Nebenprodukt der linearen Regression ermitteln.
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Nach diesem Berechnungsschritt ist nunmehr die Taumelscheibenstellung der Taumelscheibe 3 im Bezug auf das drehende Bezugssystem xR, yR bekannt. Die Ansteuerung der Taumelscheibe erfolgt jedoch aus dem stehenden System heraus, da die Taumelscheibe mit ihrem nicht drehenden Teil mit entsprechenden Stellgliedern am Hubschrauber verbunden ist. Aus diesem Grund ist es notwendig, die Taumelscheibenstellung bezüglich des rotorfesten Bezugssystems xR, yR in ein hubschrauberfestes bzw. stehendes Bezugssystem xH, yH zu transformieren. 2 zeigt beispielhaft die Darstellung der Taumelscheibenstellung im hubschrauberfesten Bezugssystem xH, yH. In Abhängigkeit des konkreten Umlaufwinkels bzw. Azimuts, an deren Stelle der entsprechende Blattanstellwinkel ϑ anliegen soll, wird nunmehr der Kippwinkel αH, βH im hubschrauberfesten System yH, yH berechnet. Im hubschrauberfesten System bezeichnet αH und βH demnach die Winkel zwischen den Achsen des Taumelscheibensystems xT, yT und des hubschrauberfesten bzw. stehenden Systems xH, yH.
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Mit Hilfe der Formel αH = αR·cos(ψ) + βR·sin(ψ)
βH = βR·cos(ψ) + αR·sin(ψ)
zkoll = zkoll (2) lässt sich somit anhand der Kippwinkel αR, βR der Taumelschaube 2, 3 im drehenden System xR, yR und des entsprechenden Umlaufwinkels ψ der Kippwinkel αH, βH des stehenden Systems xH, yH berechnen. Die axiale Verschiebung zkoll ist in beiden Bezugssystemen identisch.
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Sind nun die Kippwinkel αH, βH im stehenden Bezugssystem xH, yH bekannt, so lassen sich im dritten Schritt, wie in 3 beispielhaft dargestellt, die entsprechenden Stellgrößen für die Ansteuerung der Taumelscheibe 3 analytisch berechnen. Die Taumelscheibe 3 ist dabei durch die Steller 1, 2 und 3 mit dem Hubschrauber verbunden. Durch Änderungen der Stellerlänge lS lässt sich die Taumelscheibenstellung, die durch die Kippwinkel αH, βH gekennzeichnet ist, entsprechend verändern.
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Da der kinematische Zusammenhang vollständig bekannt ist, kann aufgrund der Steller-Anlenkpunkte SAP und der Steller-Fußpunkte SFP die Stellerlänge lS für jeden Steller derart ermittelt werden, dass sich der entsprechende Kippwinkel αH, βH und die somit entsprechende Taumelscheibenstellung für den gewünschten Blattanstellwinkel ϑ im Azimut ergibt. Der Steller-Anlenkpunkt SAP ist dabei der Anlenkpunkt, an dem die Taumelscheibe 3 mit dem jeweiligen Steller verbunden ist. Der Steller-Fußpunkt SFP ist dabei der Anlenkpunkt des jeweiligen Stellers am Hubschrauber.
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Nachdem dann nun die Stellerlänge lS ermittelt wurde, lassen sich daraus entsprechende Steuersignale generieren, die dann auf die Steller aufgeprägt werden, damit diese entsprechend ihre Stellerlänge lS einstellen.
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Anhand eines nun nachfolgenden Rechenbeispiels soll die Durchführung des Verfahrens aufgezeigt werden.
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I. Vorgabe der Rotorblatt-Anstellwinkel
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Am Anfang der Berechnung müssen die gewünschten Rotorblatt-Anstellwinkel für alle Umlaufwinkel bzw. Azimute bekannt sein. Die Blattanstellwinkel für die entsprechenden Azimute können dabei mit Hilfe von harmonischen Funktionen berechnet werden, wie dies im nachfolgenden Rechenbeispiel gezeigt wird, oder aber auch individuell und nicht harmonisch. Dabei sind letztendlich jegliche Anstellwinkel für die einzelnen Rotorblätter unabhängig voneinander denkbar.
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Im vorliegenden Rechenbeispiel werden die einzelnen Rotorblatt-Anstellwinkel über den Azimut mit Hilfe harmonischer Funktionen abgebildet: ϑ1 = cos(2·ψ) + 4·sin(2·ψ) ϑ2 = 2·cos(3·ψ) + 6·sin(6·ψ) ϑ3 = 0,5·(ϑ1 + ϑ2).
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Bei dem vorliegenden Rechenbeispiel handelt es sich um einen Zweiblattrotor, bei dem zur Berechnung mit Hilfe des vorliegenden Verfahrens ein so genantes Dummy-Rotorblatt (ϑ3) verwendet werden muss, damit die Berechnung mit Hilfe der Steuermatrix durchführbar bleibt.
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Mit Hilfe der harmonischen Funktionen für die Blattanstellwinkel kann nun für einen speziellen Umlaufwinkel ψ der entsprechende konkrete Blattanstellwinkel ermittelt werden. In diesem Ausführungsbeispiel soll der Blattanstellwinkel bei einem Umlauf ψ = 45° ermittelt werden. Es ergeben sich demnach für ψ = 45°:
ϑ1 = 4°
ϑ2 = 2,8284°
ϑ3 = 3,4142°
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Diese Anstellwinkel bei ψ = 45° Umlaufwinkel sollen nun mit Hilfe der Taumelscheibe eingestellt werden.
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II. Berechnung der Taumelscheibenstellung im drehenden Bezugssystem
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Auf Grundlage der gewünschten Blattanstellwinkel ϑ
1, ϑ
2 und ϑ
3 bei ψ = 45° wird die Taumelscheibenstellung in Bezug auf das drehende Bezugssystem berechnet. Die Berechnung erfolgt anhand der Formel:
wobei die Steuermatrix M
IBC und die Vektorkonstante C
IBC zuvor mittels linearer Regression identifiziert wurde. Eine solche Steuermatrix kann dabei z. B. mit Hilfe von konkreten Messungen an einem Rotorblatt durch Einstellen verschiedener Einstellwinkel erfolgen. Denn in diesem Berechnungsbeispiel hat die Steuermatrix vereinfacht drei Zeilen und drei Spalten und sieht wie folgt aus:
wobei die Vektorkonstante mit
angegeben wird. Nach der oben genannten Formel ergibt sich nunmehr das folgende Ergebnis:
wobei alle Winkel in Rad und die Verschiebung z
koll in Millimeter angegeben wird. α
H hat somit 0,0045 Rad und β
H hat –0,0042 Rad. Die kollektive Verschiebung der Taumelscheibe axial zur Rotorwelle z
koll beträt 29,3844 mm.
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Somit ist aus diesem Schritt die Taumelscheibenstellung in Bezug auf ein drehendes Bezugssystem bekannt.
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III. Berechnung der Taumelscheibenstellung im stehenden Bezugssystem
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Gewünscht ist der entsprechende Blattanstellwinkel bei einem Azimut ψ = 45°. Dafür wurde im vorherigen Schritt die Taumelscheibenstellung im drehenden System berechnet. Da jedoch die Ansteuerung der Taumelscheibe aus dem stehenden System heraus erfolgt, muss diese nunmehr auch in dieses umgerechnet werden. Die Umrechnung erfolgt dabei mit Hilfe der Formel
αH = αR·cos(ψ) + βR·sin(ψ)
βH = βR·cos(ψ) + αR·sin(ψ)
zkoll = zkoll wobei sich für ψ = 45° folgendes Ergebnis ergibt:
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Die Verschiebung entlang der z-Achse zkoll ist bezüglich drehendem und stehendem System dabei gleich. Nach diesem Berechnungsschritt liegt nunmehr der Kippwinkel der Taumelscheibe im stehenden System vor, so dass der Rest der Berechnung eine einfache analytische Angelegenheit darstellt.
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IV. Berechnung der Stellerlängen im stehenden System
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Nun erfolgt im letzten Schritt die Berechnung der Stellgrößen für die Steller im stehenden System. Dabei wird meistens die Stellerlänge der Stellglieder berechnet. Unter Kenntnis der Einlenkpunkte am Hubschrauber und an der Taumelscheibe lässt sich dies analytisch ermitteln.
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Mit der vorstehenden Berechnung lassen sich somit bei einem bestimmten Azimut ψ abhängig vom gewünschter Rotorblattanstellwinkel für jedes Rotorblatt die dazu im stehenden System erforderlichen Stellersignale in Echtzeit berechnen, ohne dass langsame numerische Optimierungsprozesse verwendet werden müssen.
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Somit können die Blattanstellwinkel auch während des Fluges angepasst und eingestellt werden, beispielsweise um Vibrationen und Lärmbelastungen entgegenzuwirken. Somit wird ein Hubschrauberrotor, der keinerlei Aktuatoren im drehenden System hat und ausschließlich über eine Taumelscheibe mit Stellgliedern mit stehenden System hat, Echtzeit-IBC-fähig.
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4 zeigt beispielhaft entsprechende Blattanstellwinkel, die über den Azimut aufgetragen sind. Der in 4 zugrunde gelegte Rotor weist vier Rotorblätter ϑ1 bis ϑ4 und zwei Taumelscheiben auf, wobei zu erkennen ist, dass die einzelnen Rotorblätter völlig unabhängig voneinander entsprechende Einstellwinkelverläufe aufweisen.
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5 zeigt als Ablaufdiagramm den vorliegenden Echtzeitprozess noch einmal in der Zusammenfassung. Im ersten Schritt 51 werden die gewünschten Blattanstellwinkel ϑ1 bis ϑx für den gewünschten Azimut ψ z. B. aus harmonischen Funktionen der Blattanstellwinkel ermittelt. Anschließend wird im Schritt 52 mit Hilfe der Steuermatrix MIBC die Taumelscheibenstellung im drehenden System berechnet, was in Schritt 53 als Ergebnis vorliegt. Daraus lassen sich dann die Kippwinkel αR, βR und zkoll ableiten.
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Mit Hilfe einer entsprechenden Transformation (54) wird dann die Taumelscheibenstellung aus dem drehenden Bezugssystem in das stehende Bezugssystem transformiert, deren Ergebnis in Schritt 55 vorliegt. Nach dieser Transformation liegt somit die Taumelscheibenstellung als Kippwinkel αH, βH und zkoll stehenden System vor.
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Mit Hilfe einer analytischen Berechnung können dann die Stellgrößen zur Einstellung der Taumelscheibe in Schritt 56 berechnet werden.
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Bezugszeichen
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- ϑn
- = Blattanstellwinkel des n-ten Rotorblattes
- xB1
- = Längsachse des Rotorblattes B1
- αR, βR
- = Kippwinkel der Taumelscheibe in Bezug auf das drehende Bezugssystem
- zkoll
- = axiale Verschiebung der Taumelscheibe
- xR, yR, zR
- = drehendes Bezugssystem
- xTR, yTR
- = Kippstellung des rotierenden Teils der Taumelscheibe
- xT, yT
- = Kippstellung des stehenden Teils der Taumelscheibe
- ψ
- = Umlaufwinkel, Azimut
- xH, yH, zH
- = stehendes bzw. Hubschrauber-festes Bezugssystem
- LSn
- = Stellerlänge des n-ten Stellers
- SAP
- = Steller-Anlenkpunkt
- SFP
- = Steller-Fußpunkt
- MIBC
- = Steuermatrix
- CIBC
- = Vektorkonstante der Steuermatrix
- αH, βH
- = Kippwinkel der Taumelscheibe im stehenden bzw. Hubschrauber-festen System