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Technisches Gebiet
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Die Erfindung betrifft ein Mikrofluidiksystem und ein Verfahren zu dessen Betreiben.
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Mikrofluidik-Applikationen haben schon seit einigen Jahren in Form von InkJet-Druckern, Diabetesanalysegeräten, intelligenten Füllfederhaltern, u. v. m. Einzug in unser tägliches Leben genommen. Derzeit arbeiten Forschergruppen mit Hochdruck daran, Mikrofluidik-Anwendungen und Lösungen mit Hilfe von Labor-auf-dem-Chip-Systemen (Lab-on-chip/(LOC)-Systemen) in den Bereichen Medizin, (Bio-)Chemie und Pharmazie zu etablieren.
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Derzeit werden Analysen und medizinische Diagnosen in kleinen und mittleren Institutionen vorwiegend manuell, d. h. zeitaufwendig und mit hohem Reagenzienverbrauch durchgeführt. In großen Institutionen werden diese Untersuchungen von Roboteranlagen durchgeführt, die eine hohe Durchsatzrate besitzen, aber viel Platz benötigen und große Anschaffungskosten haben. Die großen Totvolumina, entstehend durch Schläuche, Mehrwegventile und Peristaltik-Pumpen, verhindern hierbei eine effiziente und kostengünstige Analyse.
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Die Miniaturisierung komplexer Laboraufgaben auf Millimeter bis Zentimeter große Chips ermöglicht es, Analysen effektiv und effizient durchzuführen. Die Größenreduzierung der vorhandenen Aufbauten verkürzt Analysezeiten, verringert den Reagenzienverbrauch von oftmals wertvollen bzw. seltenen Proben und ermöglicht den Aufbau portabler Geräte. Ziel der LOC-Systeme ist es, komplizierte und aufwendige Prozessabläufe zu miniaturisieren und automatisieren. Die Integration einer sehr großen Anzahl an Grundoperationen auf den miniaturisierten Chip ermöglicht eine außerordentlich schnelle, zuverlässige und kostengünstige Analyse und medizinische Diagnose, da ähnlich dem Mikroelektronik-Prozessor in einem einzigen Schritt tausende von Operationen gleichzeitig realisiert werden können. Die Automatisierung der oftmals mehrstufigen Analysevorgänge erspart nicht nur Zeit, da nach dem Initialisierungsbefüllen die verbleibenden Prozessschritte autonom durchgeführt werden, sondern verringert zudem die Fehleranfälligkeit der Untersuchung, da der Benutzer als potentielle Fehlerquelle ausgeschlossen wird. Die Automatisierung der Analysevorgänge ist ein wichtiger Bestandteil von LOC-Systemen, da Nicht-Fachleuten das Durchführen komplizierter Untersuchungen ermöglicht wird, so dass sie innerhalb kurzer Zeit und vor Ort auf eine patientennahe Laborgiagnostik (Point-of-Care Diagnostik) auf die benötigten Ergebnisse zugreifen können.
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Trotz der offensichtlichen Vorteile der LOC-Systeme vor allem im Bereich der Point-of-Care Diagnostik gibt es bis heute kaum kommerziell erhältliche Geräte. Grund hierfür sind technologische Probleme, den gesamten Analysevorgang zu automatisieren und die benötigte Energiequelle effektiv in das LOC-System zu integrieren.
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Stand der Technik
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Die Aufgabe von Mikrofluidik-Applikationen ist das Handhaben kleinster Stoffmengen in den Hauptanwendungsgebieten Pharmazie, Chemie und Biochemie sowie Medizin, wo typischerweise die folgenden Aufgaben durch LOC-Systeme realisiert werden sollen:
- • Probenaufnahmen durch das LOC-System
- • Handhabung der Flüssigkeit, wie z. B. Bewegen, Dosieren, Teilen, Mischen und Zusammenführen der zu untersuchenden Flüssigkeit
- • Durchführen der Reaktion
- • Analyse der Reaktionsergebnisse
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Nachfolgend werden einige Ansätze vorgestellt, deren Ziel es ist, einen hohen Durchsatz an Reaktionen zu erzielen. Pipettierroboter und Spezialmaschinen (
WO 2006 085 071 A2 ;
WO 2005 114 223 A2 ) erfüllen die oben genannten Aufgaben preiswerter als derzeit am Markt erhältliche hybride LOC-Systeme. Pipettierroboter und Spezialmaschinen sind jedoch in den Anschaffungskosten sehr teuer und wenigen finanzkräftigen Firmen und Instituten vorbehalten.
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Die von S. Quake dargestellte pneumatische Steuerung für LSI (large scale integration) Mikrofluidik (
Melin, J. and Quake, S. R. "Microfluidic large-scale integration: The evolution of design rules for biological automation", 2007, Annual Review Of Biophysics And Biomolecular Structure, 36, 213–231;
Wu, A. R. and Hiatt, J. B. and Lu, R. and Attema, J. L. and Lobo, N. A. and Weissman, I. L. and Clarke, M. F. and Quake, S. R. "Automated microfluidic chromatin immunoprecipitation from 2,000 cells", 2009, Lab On A Chip, 9, 1365–1370) ermöglicht es, preiswert und effizient eine große Anzahl an Reaktionen parallel ablaufen zu lassen.
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Bei hybriden LOC-Systemen (
WO 2002 057 744 A2 ;
US 2003 0230488 A1 ) handelt es sich um Mikrofluidik-Chips, die unterschiedliche Materialplattformen enthalten oder bei denen die aktiven Elemente, wie z. B. Ventile und Pumpen, durch separate Arbeitsschritte auf dem Chip integriert werden müssen. Diese zusätzlichen Arbeitsschritte verhindern eine wirtschaftliche Nutzung derzeitiger hybrider LOC-Systeme. Zudem müssen die Ventile und Pumpen elektrisch bzw. pneumatisch angesteuert werden, was zu einem komplexen Gesamtaufbau führt.
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Der Nachteil der oben vorgestellten Systeme ist, dass sie nicht portabel sind und so keine Nutzbarkeit im Point-of-Care Bereich bieten. Es gibt jedoch verschiedene Ansätze, LOC-Systeme durch Hilfsenergie in den Point-of-Care Bereich einzuführen.
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Rotationssysteme (
Ducree, J. and Haeberle, S. and Lutz, S. and Pausch, S. and von Stetten, F. and Zengerle, R. "The centrifugal microfluidic bio-disc platform", 2007, Journal Of Micromechanics And Microengineering, 17, 103–115;
Haeberle, S. and Zengerle, R. "Microfluidic platforms for lab-on-a-chip applications", 2007, Lab Chip, 7, 1094–1110;
Haeberle, S. and Zengerle, R. and Ducree, J. "Centrifugal generation and manipulation of droplet emulsions", 2007, Microfluidics And Nanofluidics, 3, 65–75) nutzen die Zentrifugalkräfte, um Flüssigkeiten auf einem CD ähnlichen LOC-System zu transportieren. Hierbei wird das LOC-System in einen modifizierten und portablen CD-Player eingelegt und kann nach dem Gebrauch einfach ausgetauscht werden. Durch diesen Ansatz entstehen Abhängigkeiten vom Betriebsgerät und mechanische Anfälligkeiten. Ideal wäre ein Gerät mit integrierten Energiequellen, so dass der Aufbau von autarken LOC-System ermöglicht wird. Ein erster Ansatz, autarke LOC-Systeme aufzubauen, wird nachfolgend vorgestellt.
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Der autonome Mikrofluidik-Prozessor (
WO 2008 049 413 A2 ) ist kunststoffbasiert, wobei die aktiven Elemente (Ventile, Pumpen) mit quellfähigen Hydrogelen und auflösbaren Elementen realisiert werden. Es können so Herstellungskosten erreicht werden, die stark unter denen derzeitig angebotener LOC-Systeme liegen.
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Eine auf dem Chip integrierbare Mikroenergiequelle kann hier zusätzlichen Nutzen bringen und neue Anwendungsfelder erschließen, da ein erweitertes Eigenschaftsprofil aufgebaut werden kann. Zudem sind mit einer integrierten Mikroenergiequelle Applikationen auf dem Gebiet der Point-of-Care-Diagnostik möglich.
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Ein ideales LOC-System ist ein portables, autarkes und weitestgehend automatisch arbeitendes System, bei dem der Nutzer nur noch die zu analysierenden Flüssigkeiten zuführen muss, während die Bewegung der Flüssigkeit auf dem Chip, das Mischen, Teilen und Zusammenführen autonom geschieht.
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Der Vorteil von autonomen LOC-Systemen ist die Reduktion des Material- und Reagenzienverbrauchs sowie der benötigten Analysezeit. Zudem wird die Fehleranfälligkeit des Systems verringert, da der Nutzer als potentielle Fehlerquelle fast vollständig ausgeschlossen werden kann.
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Darstellung der Erfindung
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Aufgabe der Erfindung ist es, eine pneumatische Mikroenergiequelle für Mikrofluidilsysteme zu schaffen, die auf einem LOC-Chip integriert werden kann.
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Erfindungsgemäß wird die Aufgabe durch die in den Ansprüchen 1 und 11 angegebenen Merkmale gelöst. Vorteilhafte Ausgestaltungen sind in den begleitenden Ansprüchen angegeben.
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Die stoffliche Grundlage der Erfindung bilden Edukte, die bei einer chemischen Reaktion miteinander ein Gas freisetzen. Vorzugsweise werden hierfür Säuren und Basen eingesetzt. Es gibt eine Vielzahl an möglichen Eduktkombinationen, wobei sich im Folgenden auf eine Säure und ein Salz auf Carbonatbasis bezogen wird, da bei dieser Reaktion das ungefährliche Gas Kohlenstoffdioxid (CO2) entsteht.
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Prinzipiell kann jede Säure genutzt werden, doch bietet es sich aus sicherheitstechnischen Gründen an, nur schwache Säuren, wie z. B. Zitronensäure (C6H8O7) oder Malonsäure (C3H4O4) zu verwenden. Als Salze eignen sich z. B. Natriumhydrogencarbonat (NaHCO3) oder Natriumcarbonat (Na2CO3).
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Das Funktionsprinzip der pneumatischen Mikroenergiequelle beruht auf der chemischen Reaktion zwischen einem Salz und einer Säure, bei der es zu einer Gasentwicklung kommt. Es können die Edukte in den folgenden Formen vorliegen: fest-fest; fest-flüssig; flüssig-flüssig.
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Die Reaktionspartner können örtlich getrennt voneinander auf dem LOC-Chip integriert werden.
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Erst durch Kontakt bzw. Mischen der beiden Edukte wird die Reaktion gestartet. Das bei der Reaktion entstehende Gas führt zu einer Druckerhöhung in der Druckkammer, die als geschlossenes System ausgeführt ist. Ist eine Wand der Druckkammer flexibel ausgeführt, wie z. B. durch eine elastisch dehnbare Membran, so wird diese durch die Druckerhöhung ausgelenkt. Die Membranauslenkung kann genutzt werden, um Flüssigkeiten innerhalb eines LOC-Systems infolge der resultierenden Verdrängung zu bewegen.
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Besonders vorteilhafte Wege zur Ausführung der Erfindung
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Die Erfindung soll anhand der nachfolgenden Ausführungsbeispiele näher erläutert werden. Den verwendeten Bezugszeichen kommt eine gleich bleibende Bedeutung zu. Die zugehörigen Zeichnungen zeigen:
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1a: den prinzipiellen Aufbau einer pneumatischen Mikroenergiequelle mit einer elastisch dehnbaren Membran als Bestandteil einer Pumpe.
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1b: das Befüllen einer Pumpenkammer.
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1c: die prinzipielle Ansteuerung der Pumpenkammer.
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1d: den Pumpvorgang, ausgelöst durch die pneumatische Energiequelle.
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2a: die Massen der Edukte für die chemische Reaktion und die dazu gehörigen Massenverhältnisse.
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2b: die theoretische und die gemessene Druckentwicklung für 57,6 mg Zitronensäure und 75,6 mg Natriumhydrogencarbonat.
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2c: die Druckentwicklung über die Zeit bei 57,6 mg Zitronensäure und 75,6 mg Natriumhydrogencarbonat.
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2d: die Volumenentwicklung von CO2 in Abhängigkeit der Eduktmassen.
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3: den prinzipiellen Aufbau eines Teilausschnittes eines LOC-Chips mit integrierter pneumatischer Mikroenergiequelle zur Ansteuerung mehrerer Pumpenkammern.
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4: eine Integration mehrerer Druckquellen auf einem LOC-Chip.
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5: eine Kaskadensteuerung, bei der die Pumpen in Abhängigkeit des anliegenden Druckes angesteuert werden.
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Eine in 1a dargestellte pneumatische Mikroenergiequelle kann zur Ansteuerung von einer oder mehrerer Pumpenkammern 6 genutzt werden. Eine Integration der pneumatischen Mikroenergiequelle in ein komplexes LOC-System ermöglicht den Transport, das Mischen, Trennen und die Analyse geringer Flüssigkeitsmengen. Dieses LOC-System ist vor allem für chemische, biologische und medizinische Anwendungen geeignet, wo geringe Mengen an oftmals preisintensiven Reagenzien manipuliert und untersucht werden. Die Fertigung der erfindungsgemäßen pneumatischen Mikroenergiequelle wird nachfolgend detailliert beschrieben.
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Zum Herstellen eines Kanalstrukturträgers 1 und eines Aktorstrukturträgers 2 des Mikrosystems können gängige Verfahren der Massenfertigung von Kunststoffformteilen, wie Spritzguss, Heißabformung oder Ähnliches, verwendet werden. Als Materialien eignen sich z. B. Polycarbonat (PC), Cycloolefine (COC), Polyamide (PA), Polyester (PES), Polystyrol (PS), Polyvinylchlorid (PVC), Polydimethylsiloxan (PDMS), Polymethylmethacrylat (PMMA), Polytetrafluorethylen (PTFE) oder auch Polyethylenterephthalat (PET).
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Zur Fertigung einer kleinen Stückzahl eignen sich z. B. die Verfahren des Rapid Prototyping mit PDMS. Die Negativstrukturen des Kanalstrukturträger 1 und des Aktorstrukturträger 2 werden fotolithografisch auf einen Siliziumwafer übertragen und anschließend durch Sputtern mit Teflon beschichtet, um einen optimalen Abformprozess zu gewährleisten. Das PDMS wird in dem gewünschten Mischungsverhältnis aus Polymer und Vernetzer auf den Siliziumwafer gebracht, entgast und anschließend für ca. 1 h bei 80°C vernetzt.
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Bei einer zwischen den Strukturträgern 1, 2 der Mikroenergiequelle liegenden Membran 3 handelt es sich um ein dünnes Polymer, vorzugsweise ein Elastomer, das sich leicht auslenken lässt. Es bieten sich flexible, elastisch dehnbare Membranen aus PDMS, Polyurethan (PUR) oder Latex an. Die Membranen können eigenständig durch Rotationsbeschichten hergestellt werden. Es lassen sich so Membrandicken von 15 μm bis 200 μm erzielen. Membranen mit der erforderlichen Stärke lassen sich allerdings auch kommerziell erwerben.
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Die Ebenen aus Kanalstrukturträger 1, Aktorstrukturträger 2 und elastisch dehnbarer Membran 3 der pneumatischen Mikroenergiequelle können durch verschiedene Techniken, wie z. B. Kleben, thermisches Schweißen oder kraftschlüssiges Fügen miteinander verbunden werden. Für das Verkleben von PDMS bietet sich die Niederdruck-Plasma-Behandlung an, nach der sich die einzelnen Ebenen des LOC-Chips einfach miteinander verkleben lassen.
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Der geometrische Aufbau der pneumatischen Mikroenergiequelle und damit auch eines LOC-Chips hängt stark von den Zuständen verwendeter Edukte ab, wobei sich drei mögliche Kombinationsvarianten für die Aggregatzustände zweier Edukte ergeben: fest/fest; fest/flüssig und flüssig/flüssig. Liegen die Edukte in flüssiger Form vor, so müssen sie vor Reaktionsbeginn voneinander getrennt sein. Durch Zusammenführen der beiden Flüssigkeiten wird die Reaktion ausgelöst. Liegt ein Edukt in flüssiger und ein Edukt in fester Form vor, so müssen die Edukte vor Reaktionsbeginn ebenfalls voneinander getrennt sein. Durch Zusammenführen der Flüssigkeit mit dem Feststoff wird die Reaktion ausgelöst. Liegen beide Edukte in fester Form vor, so müssen sie nicht voneinander getrennt sein. Durch Zuführen einer geeigneten Initiatorflüssigkeit 13 wird die Reaktion ausgelöst.
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Nachfolgend wird anhand von 1a bis 1d ein Pumpvorgang einer pneumatischen Mikroenergiequelle beschrieben, bei der sich beide Edukte 8a, 8b in fester Form (fest/fest) bereits vor Beginn des Versuches in einer Druckkammer 5 befinden. Ein Pumpvorgang mit den Eduktkombinationen fest/flüssig und flüssig/flüssig ist durch geringfügige Variation des Aufbaus der pneumatischen Mikroenergiequelle zu realisieren.
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Zu Beginn des Vorgangs wird die Pumpenkammer 6 mit einer zu pumpenden Flüssigkeit 9 über Einlässe 11 (4, 5) gefüllt. Über eine Kanalstruktur 1a des Kanalstrukturträgers 1 gelangt die Flüssigkeit 9 in die Pumpenkammer 6, die von der Druckkammer 5 durch die elastisch dehnbare Membran 3 getrennt ist. Ein passives Ventil 10 hindert die Flüssigkeit 9 am Weiterfließen und ermöglicht so die vollständige Befüllung der Pumpenkammer 6. Ein passives Ventil 10 kann durch eine Veränderung der Oberflächeneigenschaften, wie z. B. durch Hydrophobisierung des Trägersubstrates durch Trichlorsilan an ausgewählten Stellen realisiert werden. Auch durch das Verringern des Kanalquerschnittes und der daraus resultierenden Erhöhung des fluidischen Widerstandes kann ein passives Ventil aufgebaut werden. Die Initiatorflüssigkeit 13 für die chemische Reaktion wird ebenfalls in einen Einlass 11 gefüllt. Bei der Initiatorflüssigkeit 13 handelt es sich idealerweise um Wasser, es kann jedoch auch jede andere mögliche Flüssigkeit genutzt werden, in der sich Edukte 8a, 8b lösen oder die selbst ein Edukt ist.
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Der Pumpvorgang einer Flüssigkeit 9 durch die pneumatische Mikroenergiequelle wird nachfolgend durch die Bilder 1a bis 1d beschrieben. 1a zeigt die pneumatische Energiequelle im Grundzustand. Die Pumpenkammer 6 ist von der Druckkammer 5 durch die elastisch dehnbare Membran 3 getrennt. Die Edukte 8a, 8b der chemischen Reaktion liegen in fester Form in der Druckkammer 5 vor. Am Eingang der Pumpenkammer 6 und der Druckkammer 5 befinden sich geöffnete Richtungsventile 4a, 4b. Wie in 1b zu sehen, wird im ersten Schritt die Pumpenkammer 6 mit der zu pumpenden Flüssigkeit 9 gefüllt. Während des Befüllvorgangs passiert die Flüssigkeit 9 das Richtungsventil 4a. Ein geschlossene Richtungsventil 4a im Kanal 1a des Kanalstrukturträgers 1 bewirkt, dass die zu pumpende Flüssigkeit 9 während des Pumpvorgangs nur in eine Richtung und zwar über das passive Ventil 10 aus der Pumpenkammer 6 bewegt werden kann. 1c zeigt die befüllte Pumpenkammer 6 und das geschlossene Richtungsventil 4a im Kanalstrukturträger 1. Das geschlossene Richtungsventil 4a verschließt den Kanal 1a im Kanalstrukturträger 1 dicht. Nach dem Befüllen der Pumpenkammer 6 und dem Verschließen des Einlasskanals 1a durch das Richtungsventil 4a wird die Initiatorflüssigkeit 13 aus einem Flüssigkeitsreservoir 7 in die Druckkammer 5 gefüllt, wobei sie das geöffnete Richtungsventil 4b im Kanal 2a des Aktorstrukturträgers 2 passiert. Bevor die Initiatorflüssigkeit 13 die Edukte 8a und 8b erreicht, schließt das Richtungsventil 4b den Kanal 2a des Aktorstrukturträgers 2, wodurch die Druckkammer 5 dicht nach außen hin verschlossen ist, was garantiert, dass Druck in der Druckkammer 5 durch die chemische Reaktion aufgebaut werden kann.
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Kommt die Initiatorflüssigkeit 13 mit den Edukten 8a und 8b in Kontakt, so kommt es aufgrund der nun ausgelösten chemischen Reaktion zur Gasentwicklung. Bei den Edukten 8a und 8b handelt es sich beispielsweise um eine Säure und ein Salz, die durch eine chemische Reaktion zu einem Gas reagieren. Aus Sicherheitsgründen werden vorzugsweise schwache Säuren, wie Zitronensäure (C6H8O7), Malonsäure (C3H4O4), uvw. für die Reaktion verwendet. Als Salze bieten sich Natriumhydrogencarbonat (NaHCO3), Natriumcarbonat (Na2CO3), usw. an, da bei ihrer Reaktion mit der Säure das ungefährliche Gas CO2 entsteht. Prinzipiell können als Edukte alle Stoffe verwendet werden, die durch eine Reaktion Gas abgeben. In den nachfolgenden Erläuterungen wird sich auf die Edukte Zitronensäure (C6H8O7) und Natriumhydrogencarbonat (NaHCO3) bezogen. Zu Beginn der Reaktion liegen die Edukte 8a und 8b in fester Form vor. Erst wenn die Edukte 8a und 8b mit der Initiatorflüssigkeit 13 in Kontakt kommen, wird die chemische Reaktion gestartet. C6H8O7 + NaHCO3 → Na3C6H5O7 + 3CO2 + 3H2O (Gl. 1)
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Als Produkte entstehen Natriumcitrat (Na3C6H5O7), das Gas Kohlenstoffdioxid (CO2) und Wasser (H2O). Da als Produkt Wasser entsteht, unterhält sich die Reaktion selbst. Dies bedeutet, dass schon ein geringer Tropfen Wasser genügt, um die Reaktion zu starten und sie nicht aufgrund von fehlender Flüssigkeit abbricht.
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1d zeigt die Druckentwicklung aufgrund der chemischen Reaktion. Wichtig für die Druckentwicklung sind das geschlossene Richtungsventil 4a am Eingang der Pumpenkammer 6 und das geschlossene Richtungsventil 4b am Eingang der Druckkammer 5.
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Da das bei der chemischen Reaktion entstandene Gas ein größeres Volumen benötigt als die Edukte 8a und 8b, kommt es in der abgeschlossenen Druckkammer 5 infolge der Volumenvergrößerung zu einem Druckanstieg. Der Druckanstieg wird genutzt, um die elastisch dehnbare Membran 3 auszulenken, was zu einer Verkleinerung des Pumpenkammervolumens und somit zu einer Verdrängung der Flüssigkeit 9 in der Pumpenkammer 6 führt. Dieser Verdrängungsprozess kann als Pumpvorgang angesehen werden. Mit diesem Ansatz können nicht nur Pumpen, sondern auch Schließerventile realisiert werden, wenn die ausgelenkte Membran den Volumenstrom in bestimmte Regionen des LOC-Systems verhindert.
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Es ist auch möglich, den Flüssigkeitstransport auf einem LOC-Chip mit integrierter pneumatischer Mikroenergiequelle ohne elastisch dehnbare Membranen aufzubauen. Hierbei wird die Flüssigkeit direkt durch das bei der chemischen Reaktion entstehende Gas verdrängt. Nachteilig hierbei ist, dass das Gas sich mit der Flüssigkeit mischen kann, was zu einer Ergebnisverfälschung des LOC-Systems führt.
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Die Dynamik der Gasentwicklung und die damit verbundene Pumpgeschwindigkeit und der maximale Druck in der Druckkammer 5 lassen sich durch die Auswahl der Edukte und deren bei der chemischen Reaktion verwendeten Massen beeinflussen.
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2a zeigt das Massenverhältnis für die chemische Reaktion von Zitronensäure und Natriumhydrogencarbonat. Das Massenverhältnis bezieht sich hierbei auf die Reaktionsgleichung (Gl. 1) von Zitronensäure und Natriumhydrogencarbonat. Damit eine möglichst vollständige Umsetzung der Edukte erfolgt, sollten die Edukte in einem Massenverhältnis von 192:252 bzw. 1:1,31 eingesetzt werden.
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2b zeigt die bei der Reaktion verwendeten Massen an Zitronensäure und Natriumhydrogencarbonat, den theoretischen und den gemessenen Druck in kPa und den daraus resultierenden relativen Fehler.
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Der theoretische Druck wurde über die allgemeine thermische Zustandsgleichung idealer Gase berechnet: pV = RsmT (Gl. 2) p – Druck; V – Volumen; Rs – spezifische Gaskonstante; m – Masse; T – Temperatur
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Durch Umstellen von Gl. 2 entsteht:
wobei T (288 K), p (101,3 kPa) und R
s (188,9 Jkg
–1K
–1 für CO
2) Konstanten sind. Die Masse an theoretisch entstandenem CO
2 erhält man aus der Reaktionsgleichung, durch Einsetzen der jeweiligen Molaren Masse.
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Durch Anwenden des Gesetzes von Boyle-Mariotte: p1V1 = p2V2 (Gl. 3) kann mit p1 = 101,3 kPa und V2 = 8,5 ml der Druck infolge der chemischen Reaktion berechnet werden.
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Der theoretische Druck, der über die allgemeine thermische Zustandsgleichung idealer Gase berechnet wurde stimmt gut mit dem gemessenen Druck überein.
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2c zeigt die Druckentwicklung über die Zeit bei 57,9 mg Zitronensäure und 75,6 mg Natriumhydrogencarboat. Die Reaktion zeigt ein dynamisches Verhalten. 50% des maximalen Druckes stehen schon nach wenigen Sekunden zur Verfügung.
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Die Standardabweichungen des Diagramms zeigen, dass die Reaktionsergebnisse reproduzierbar sind. Durch Verändern der eingesetzten Eduktmassen lassen sich die Drücke voreinstellen. Je größer die eingesetzten Eduktmassen sind, desto größer ist die Dynamik des Systems und desto größer ist auch der Maximaldruck. 2d zeigt das durch die chemische Reaktion entstandene Volumen an CO2. Auch hier stimmen die theoretischen Werte gut mit den Messwerten überein. Abweichungen entstehen vor allem durch:
- • Fehler und Ungenauigkeiten beim Dosieren der Edukte
- • Keine vollständige Reaktion der Edukte miteinander
- • Das entstandene CO2 löst sich gut Wasser, wodurch die Messergebnisse verfälscht werden können.
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Wie in 3 zu sehen ist, können mit einer pneumatischen Mikroenergiequelle mehrere pneumatische Mikroenergiequellen gleichzeitig angesteuert werden. Die pneumatischen Mikroenergiequellen können geometrisch beliebig auf einem LOC-Chip verteilt werden, solange sie durch Kanäle 2a im Aktorstrukturträger 2 mit den Druckkammern 5 verbunden sind. Die Anzahl der pneumatischen Mikroenergiequellen ist nicht beschränkt, so dass beliebig viele voneinander unabhängige Druckquellen auf dem LOC-Chip platziert werden können.
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Durch die allseitige Druckverteilung können viele Elemente, wie z. B. Pumpen und Ventile gleichzeitig betätigt werden. Befinden sich mehrere Druckquellen auf dem LOC-Chip, so können Elementkaskaden aufgebaut werden, die zeitlich variabel angesteuert werden können und so mehrere Pumpvorgänge auf dem LOC-Chip realisieren. Die Integration von Überdruckventilen 14 verhindert, dass ein LOC-Chip durch zu hohen Druck zerstört wird. Erreicht der Druck in der Druckkammer 5 einen festgelegten Maximaldruck, so öffnet das Druckventil 14 und verhindert, dass der Maximaldruck überstiegen und der LOC-Chip zerstört wird.
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4 zeigt die Integration von mehreren pneumatischen Mikroenergiequellen auf einem LOC-Chip. Mit jeder pneumatischen Mikroenergiequelle können eine variable Anzahl an Pumpen zeitlich unabhängig voneinander und mit verschiedenen Drücken angesteuert werden.
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In 5 ist eine Kaskadensteuerung verschiedener Pumpen dargestellt. In Abhängigkeit der Überdruckventile 14 werden die Pumpen dann mit Druck beaufschlagt, wenn der Druck im Kanal 2a des Aktorstrukturträgers 2 den Öffnungsdruck des Überdruckventils 14 überschreitet. Es kann so eine druckbasierte Kaskadensteuerung des LOC-Chips aufgebaut werden.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Kanalstrukturträger
- 1a
- Kanal im Kanalstrukturträger
- 2
- Aktorstrukturträger
- 2a
- Kanal im Aktorstrukturträger
- 3
- elastisch dehnbare Membran
- 4a
- Richtungsventil im Kanalstrukturträger
- 4b
- Richtungsventil im Aktorstrukturträger
- 5
- Druckkammer
- 6
- Pumpenkammern
- 7
- Reservoir der Initiatorflüssigkeit
- 8a
- Edukt 1 (Säure)
- 8b
- Edukt 2 (Salz)
- 9
- Flüssigkeit
- 10
- Passives Ventil
- 11
- Einlass/Eingang
- 12
- Auslass/Ausgang
- 13
- Initiatorflüssigeit
- 14
- Druckventil
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Diese Liste der vom Anmelder aufgeführten Dokumente wurde automatisiert erzeugt und ist ausschließlich zur besseren Information des Lesers aufgenommen. Die Liste ist nicht Bestandteil der deutschen Patent- bzw. Gebrauchsmusteranmeldung. Das DPMA übernimmt keinerlei Haftung für etwaige Fehler oder Auslassungen.
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Zitierte Patentliteratur
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- WO 2006085071 A2 [0007]
- WO 2005114223 A2 [0007]
- WO 2002057744 A2 [0009]
- US 20030230488 A1 [0009]
- WO 2008049413 A2 [0012]
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Zitierte Nicht-Patentliteratur
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- Melin, J. and Quake, S. R. ”Microfluidic large-scale integration: The evolution of design rules for biological automation”, 2007, Annual Review Of Biophysics And Biomolecular Structure, 36, 213–231 [0008]
- Wu, A. R. and Hiatt, J. B. and Lu, R. and Attema, J. L. and Lobo, N. A. and Weissman, I. L. and Clarke, M. F. and Quake, S. R. ”Automated microfluidic chromatin immunoprecipitation from 2,000 cells”, 2009, Lab On A Chip, 9, 1365–1370 [0008]
- Ducree, J. and Haeberle, S. and Lutz, S. and Pausch, S. and von Stetten, F. and Zengerle, R. ”The centrifugal microfluidic bio-disc platform”, 2007, Journal Of Micromechanics And Microengineering, 17, 103–115 [0011]
- Haeberle, S. and Zengerle, R. ”Microfluidic platforms for lab-on-a-chip applications”, 2007, Lab Chip, 7, 1094–1110 [0011]
- Haeberle, S. and Zengerle, R. and Ducree, J. ”Centrifugal generation and manipulation of droplet emulsions”, 2007, Microfluidics And Nanofluidics, 3, 65–75 [0011]