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Die Erfindung betrifft ein Beschichtungsmaterial für ein Substrat, ein Schichtsystem für ein Substrat, ein Substrat mit einem solchen Schichtsystem und ein Herstellungsverfahren für ein beschichtetes Substrat.
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Bei Glassubstraten, wie z. B. Flachglasscheiben, ist es bekannt, eine Metalloxidschicht aus Titanoxid (TiO
2) aufzubringen, welche unter anderem als haftvermittelnde Grundschicht für ein darauf abgeschiedenes Schichtsystem, als Entspiegelungsschicht, als Schicht zur Verbesserung der optischen Eigenschaften, insbesondere der Gesamttransmission, dient. Beispielhaft wird auf die
DE 102004047135 verwiesen.
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Ein Problem der bekannten TiO2-Schichten ist, dass bei einer Erwärmung auf vergleichsweise hohe Temperaturen eine Phasenumwandlung des TiO2 Kristallgitters stattfindet. Dabei kommt es ab ca. 250°C zu einem Phasenübergang von der üblicherweise amorph vorliegenden Phase zur kristallinen Anastasphase. Bei noch höheren Temperaturen ab ca. 550°C erfolgt ein Phasenübergang von der Anastasphase zur rutilen Phase.
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Bei üblichen Anwendungsfällen der TiO2-Schicht, z. B. bei Reflektoren oder Kochfeldern können hohe Temperaturen von 400°C bis 500°C bzw. bis hin zu 800°C auftreten. Ferner können derart hohe Temperaturen bei der Umformung von Glassubstraten oder im Rahmen der Herstellung von Schichtsystemen, auftreten.
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Durch diese Phasenumwandlungen kommt es zu einer Verringerung der mittleren Gitterkonstante. Das führt zu Zugspannungen in der TiO2-Schicht, wodurch Risse oder Mikrorisse in der TiO2-Schicht verursacht werden. Durch diese Risse oder Mikrorisse verschlechtern sich unter anderem die optischen Eigenschaften der TiO2-Schicht und es kann zu erhöhter Lichtstreuung und verminderter Durchsicht und damit zur Verschlechterung der Transmissionseigenschaften kommen.
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Die Ausbildung von Rissen oder Mikrorissen beeinträchtigt ferner die Langzeitstabilität der TiO2-Schicht oder dazu benachbarter Schichten eines Schichtsystems. Insbesondere können Risse und Mikrorisse bei Feuchtigkeitsbeaufschlagung zu einer unerwünscht hohen Wasseraufnahme der TiO2-Schicht führen, wodurch beispielsweise deren Brechungsindex erheblich verschlechtert werden kann. Bei Schichtsystemen, wie beispielsweise sogenannten Low-E-Schichtsystemen, kann sich das aufgenommene Wasser auch nachteilig auf benachbarte Schichten auswirken.
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Ausgehend davon ist es wünschenswert, die Temperaturbeständigkeit der TiO2-Schichten zu verbessern. Aufgabe der Erfindung ist daher insbesondere, ein auf TiO2 beruhendes Beschichtungsmaterial anzugeben, welches unter anderem eine verbesserte Temperaturbeständigkeit aufweist. Ferner sollen unter der entsprechenden Aufgabenstellung ein Schichtsystem, ein beschichtetes Substrat und ein Herstellungsverfahren für ein solches Substrat angegeben werden.
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Diese Aufgabe wird gelöst durch die Merkmale des Patentanspruchs 1 und die von Patentanspruch 1 abhängigen nebengeordneten Patentansprüche 4, 5 und 8. Ausgestaltungen und Weiterbildungen ergeben sich aus den weiteren abhängigen Patentansprüchen 2 und 3, 6 und 7 und 9.
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Das Beschichtungsmaterial nach Patentanspruch 1 ist vorgesehen für ein Substrat, insbesondere für ein aus Glas oder einem Glasersatzmaterial, beispielsweise einem transparenten Kunststoff wie z. B. Acrylglas, hergestelltes monolithisches Substrat oder Verbund-Substrat. Monolithisch soll dabei insbesondere bedeuten, dass das Substrat aus einem im Wesentlichen einheitlichen Material, wie z. B. Glas, hergestellt ist und/oder eine im Wesentlichen gleiche innere Struktur aufweist. Unter einem Verbund-Substrat wird insbesondere ein Substrat verstanden, welches z. B. mehrere, nicht zwingend gleichartige Substrat-Materialien, insbesondere Substrat-Schichten umfasst, wie es z. B. bei Verbundglasscheiben der Fall ist. Bei den Substraten kann es sich insbesondere um Scheiben, insbesondere Fenster- oder Türscheiben für Gebäude oder Fahrzeuge, insbesondere Kraftfahrzeuge, handeln.
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Das Beschichtungsmaterial umfasst
- – mindestens 96,5 Massenanteile Titanoxid, insbesondere Titan(IV)-Oxid (TiO2),
- – mindestens 0,068, vorzugsweise zumindest 0,075 Massenanteile zumindest eines Zusatzes (Legierungszusatzes), der ausgewählt ist aus der
– Silberverbindungen, insbesondere Sauerstoff enthaltenden Silberverbindungen, vorzugsweise Silber(I)-Oxid (Ag2O) und Silbercarbonat (Ag2CO3), und
– Chromoxid, insbesondere Chrom(III)-Oxid (Cr2O3),
umfassenden Gruppe von Verbindungen,
- – ggf. weitere Bestandteile, insbesondere (unvermeidbaren oder auch gewollten) Verunreinigungen,
- – wobei die Summe der Massenanteile von Titanoxid, der Gesamtheit der Zusätze und der ggf. vorgesehenen weiteren Bestandteile 100 Massenanteile ergibt.
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Der Massenanteil ist gleichbedeutend mit den ebenfalls gebräuchlichen Bezeichnungen Gewichtsprozent (Gew.-%) und Massenprozent (M.-%).
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Die Legierungszusätze gemäß der Erfindung im Titanoxid führen dazu, dass insbesondere die Temperaturstabilität einer aus dem Beschichtungsmaterial auf dem Substrat hergestellten Beschichtung nachhaltig verbessert werden kann. Insbesondere ist die Ausbildung von Rissen oder Mikrorissen bei vergleichsweise hoher Temperaturbeaufschlagung mit Temperaturen von bis zu 800°C und mehr gegenüber herkömmlichen TiO2-Schichten deutlich reduziert. Durch die verminderte Rissbildung werden gewünschte optischen Eigenschaften, wie geringe Lichtstreuung und hoher Transmissionsgrad, selbst bei Beaufschlagung der Beschichtung mit hohen Temperaturen nicht oder nicht maßgeblich beeinträchtigt. Ferner zeigt die Beschichtung eine gegenüber herkömmlichen TiO2-Schichten verbesserte Langzeitstabilität. Die verminderte Rissbildung führt auch dazu, dass die legierte Titan(IV)-Oxid-Schicht in feuchter Umgebung weniger oder nahezu keine Feuchtigkeit aufnimmt. Eine geringe, wenn nicht sogar vernachlässige Feuchtigkeitsaufnahme geht einher mit verbesserten optischen Eigenschaften, insbesondere verbesserten Transmissionseigenschaften. Das ist insbesondere von Vorteil, wenn die Beschichtung als Schicht in sogenannten Low-E-Schichtsystemen verwendet wird, welche einen niedrigen Emissionsgrad von typischerweise unter 0,05 im infraroten Spektralbereich aufweisen. Im Allgemeinen kann bei Low-E-Schichtsystemen die gemäß der Erfindung legierte Titanoxid-Schicht auch zu Zwecken der Entspiegelung, als Diffusionsblocker oder zur Haftvermittlung eingesetzt werden.
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Als Obergrenze für die Konzentration oder den Massenanteil des Legierungszusatzes oder, im Falle mehrerer Zusätze, der Gesamtheit der Legierungszusätze wird vorzugsweise ein Massenanteil von höchstens 1,1 vorzugsweise höchstens 0,09, in dem Beschichtungsmaterial eingestellt. Dies hat den Vorteil einer hohen Transmissivität der Schicht.
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Außer den zulegierten Zusätzen vorhandene Verunreinigungen im Titanoxid sind insbesondere eine oder mehrere der folgenden, in Titanoxid häufig enthaltenen Substanzen: Europiumoxid (Eu2O3), Aluminiumoxid Al2O3, Siliziumoxid (SiO2), Eisenoxid (Fe2O3), Calciumoxid (CaO) und Manganoxid (MgO). Der Massenanteil dieser Verunreinigungen in dem Beschichtungsmaterial beträgt typischerweise unter 2%, vorzugsweise unter 0,5%.
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Das Schichtsystem nach Patentanspruch 4 ist vorgesehen für ein Substrat, insbesondere für ein aus Glas oder einem Glasersatzmaterial hergestelltes monolithisches oder Verbund-Substrat. Das Schichtsystem umfasst zumindest eine aus dem Beschichtungsmaterial gemäß der Erfindung hergestellte oder bestehende Schicht, also gemäß der Erfindung legierte Titanoxid-Schicht. Wegen Vorteilen und vorteilhaften Wirkungen wird insbesondere auf die Ausführungen zu Patentanspruch 1 verwiesen. Das Schichtsystem kann lediglich aus der legierten Titanoxid-Schicht oder aus zumindest einer legierten Titanoxid-Schicht und weiteren Schichten bestehen, wie z. B. bei einem Low-E-Schichtsystem.
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Bei dem Substrat nach Patentanspruch 5 kann es sich insbesondere um ein Substrat aus Glas oder einem Glasersatzmaterial hergestelltes monolithisches Substrat oder Verbund-Substrat handeln. Das Substrat weist auf zumindest einer Oberfläche zumindest ein Schichtsystem gemäß der Erfindung auf, also ein Schichtsystem mit wenigstens einer Schicht aus dem Beschichtungsmaterial gemäß der Erfindung.
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Wegen der hohen Temperaturstabilität der legierten Titanoxid-Schicht kann das Substrat vergleichsweise hohen Temperaturen von bis zu 800°C oder eventuell sogar mehr ausgesetzt werden, ohne dass es zu wesentlichen, durch Degradation der Titanoxid-Schicht verursachte Beeinträchtigungen des Schichtsystems kommt. Solche Temperaturen können auftreten, wenn das beschichtete Substrat z. B. Bestandteil eines Reflektors oder eines Kochfelds ist. Ferner können solche Temperaturen bei der Umformung des Substrats, z. B. zur Herstellung eines gekrümmten oder gebogenen Glaskörpers, auftreten. Darüber hinaus können solche Temperaturen bei einem zu Zwecken der Modifikation des Substrats oder des Schichtsystems durchgeführten Temperprozess auftreten. In all diesen Fällen tritt auf Grund der oben genannten vorteilhaften Eigenschaften des Beschichtungsmaterials keine wesentliche nachteilige Verschlechterung der Eigenschaften der legierten Titanoxid-Schicht auf, was sich entsprechend auf das Schichtsystem überträgt.
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In einer Ausgestaltung kann die Schicht aus dem Beschichtungsmaterial gemäß der Erfindung der Oberfläche des Substrats zugewandt sein, vorzugsweise unmittelbar auf die Oberfläche des Substrats aufgebracht sein und insbesondere in diesen Fällen unter anderem auch als Diffusionsblocker oder als Haftvermittler für weitere Schichten des Schichtsystems dienen.
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Das Substrat kann wenigstens teilweise und zumindest an der dem Schichtsystem zugewandten Oberfläche aus Glas oder einem Glasersatzstoff bestehen und/oder ein flacher, thermisch gebogener oder gekrümmter Glasformkörper sein.
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Gemäß einem weiteren Aspekt der Erfindung ist ein Verfahren zum Herstellen eines beschichteten Substrats, insbesondere eines aus Glas oder einem Glasersatzmaterial hergestellten monolithischen Substrats oder Verbund-Substrats oder ein Substrat gemäß der Erfindung, vorgesehen, bei dem auf das Substrat oder auf eine auf dem Substrat befindliche Schicht oder auf ein auf dem Substrat befindliches Schichtsystem zumindest eine Schicht aus einem Beschichtungsmaterial gemäß der Erfindung aufgebracht wird.
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Bevorzugt wird die legierte Titanoxidschicht mittels PVD insbesondere Sputtern, vorzugsweise Magnetronsputtern, aufgebracht.
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Auf die legierte Titanoxid-Schicht kann dann zusätzlich zumindest eine weitere Beschichtung aufgebracht werden.
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Mit dem Herstellungsverfahren können insbesondere gebogene oder gekrümmte Substratkörper, insbesondere Glaskörper, hergestellt werden. Insbesondere kann das Substrat dabei vor oder auch nach der Beschichtung mit zumindest der legierten Titanoxid-Schicht auf Temperaturen in einem Bereich bis zu einer oder um eine Erweichungstemperatur des Substratmaterials, insbesondere Glases, welches eine Erweichungstemperatur insbesondere im Bereich von 620°C bis 680°C aufweist, erwärmt werden, so dass das Substrat in gewünschter Weise umgeformt werden kann. Das Erwärmen kann zusätzlich oder alternativ dazu dienen, Spannungen in dem Substratmaterial abzubauen oder zu verringern. Dabei kann das Substrat, insbesondere Glassubstrat, mit dem bereits aufgebrachten Schichtsystem getempert oder über einen vorgegebenen Zeitraum auf Temperaturen bis in die Nähe der Erweichungstemperatur (sogenanntes thermal annealing) aufgeheizt werden.
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Aufgrund der thermischen Stabilität der Titanoxid-Schicht bleiben dessen vorteilhafte Eigenschaften bei solchen Temperaturerhöhungen im Wesentlichen erhalten.
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Zur gezielten Veränderung der Eigenschaften der auf das Substrat aufgebrachten Titanoxid-Schicht und wenn möglicherweise vorhandene anderen Schichten bezüglich ihrer Temperaturstabilität dies erlauben, kann das zumindest mit der legierten Titanoxid-Schicht beschichtete Substrat, z. B. nach dessen Umformung, in einem Kurzzeittemperprozess auf Temperaturen zwischen 700°C bis 750°C aufgeheizt und anschließend, vorzugsweise auf Raumtemperatur, abgekühlt werden. Dabei erfolgt das Aufheizen und Abkühlen vorzugsweise in vergleichsweise kurzer Zeit.
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Die Erfindung wird nachfolgend anhand von Ausführungsbeispielen näher beschrieben. Zum besseren Verständnis wird den Ausführungsbeispielen ein Vergleichsbeispiel nach dem Stand der Technik gegenüber gestellt.
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Zunächst wird auf das Vergleichsbeispiel nach dem Stand der Technik näher eingegangen.
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Vergleichsbeispiel (Stand der Technik):
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Auf einer Labor-Magnetronsputteranlage z. B. OSA mit einer Targetlänge von 1.40 m wurden unter gleichen Bedingungen 4 mm dicke Glasscheiben mit einer 50 nm dicken unlegierten TiO2-Schicht beschichtet. Unlegiert soll dabei bedeuten, dass zwar übliche Verunreinigungen wie Europiumoxid (Eu2O3), Aluminiumoxid Al2O3, Siliziumoxid (SiO2), Eisenoxid (Fe2O3), Calciumoxid (CaO) und Manganoxid (MgO) enthalten sein können, jedoch die insbesondere in Patentanspruch 1 genannten Legierungszusätze Ag2O, Ag2CO3 und Cr2O3 nicht zulegiert waren.
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Bei der Beschichtung wurden unlegiertes TiO2 Targets mit einer Reinheit von 99,5 bis 99,8% Massenanteil TiO2 verwendet. Die Magnetronsputteranlage wurde mit einer Targetleistung von 24 kW in der Betriebsweise DM-MF (Dual-Magnetron-Middle-Frequency) betrieben. Die Abscheiderate wurde bei 24 nm × m/min gemessen. Die beschichteten Glasscheiben wurden danach für 6 Minuten bei 600°C getempert und danach auf Raumtemperatur abgekühlt.
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Anschließend wurde die diffuse Streuung, auch mit Haze bezeichnet, gemessen zu 1%.
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Ausführungsbeispiele gemäß der Erfindung:
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In den Ausführungsbeispielen wurde bei ansonsten gleichen Bedingungen und Prozessparametern wie im Vergleichsbeispiel lediglich das Beschichtungsmaterial im verwendeten Target geändert und zwar dahingehend, dass dem Titanoxid unterschiedliche Legierungszusätze in unterschiedlichen Konzentrationen zulegiert wurden, nämlich Silber(I)-Oxid (Ag2O) oder Silbercarbonat (Ag2CO3) oder Chrom(III)-Oxid (Cr2O3) mit unterschiedlichen Massenanteilen von zumindest 0,068%, vorzugsweise zumindest 0,075%, bis zu 1,1%, vorzugsweise 0,9%.
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Bei den Glasscheiben gemäß den Ausführungsbeispielen wurden diffuse Streuungen (Haze) gemessen von etwa 0,3%. Damit liegt die diffuse Streuung bei den Ausführungsbeispielen deutlich unter der des Vergleichsbeispiels. Das zeigt insbesondere, dass die legierte Titanoxid gemäß der Erfindung eine deutlich verbesserte Temperaturstabilität zeigt als die unlegierte Titanoxidschicht des Vergleichsbeispiels. Damit verbunden ergeben sich bei ansonsten gleichen Beschichtungsverfahren für die legierte Titanoxid die weiter oben beschriebenen vorteilhaften Eigenschaften, wie z. B. verbesserte Transmission und verringerte Streuung.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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