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Die vorliegende Erfindung bezieht sich auf ein Verfahren zur Generierung einer Stößelkinematik für Servopressen, deren Teilezuführung und Teiletransport mechanisiert ist.
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Stand der Technik
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Allgemein bekannte Servopressen zeichnen sich dadurch aus, dass die Kinematik des Stößels zwischen den konstruktiv vorgegebenen oberen und unteren Umkehrpunkten in weiten Grenzen frei gewählt werden kann. Dadurch ist es möglich, für jedes umzuformende Teil eine optimale Kinematik, d. h. einen solchen Ablauf zu realisieren, der die höchste Teileausbringung ermöglicht. Es wird so z. B. dafür gesorgt, dass im Aufsetzpunkt eine maximal zulässige Ziehgeschwindigkeit nicht überschritten wird. Auch an anderen Punkten des Stößelverlaufes kann dafür gesorgt werden, dass bestimmte Bedingungen eingehalten werden, z. B. eine Stößelrast für technologische Nebenoperationen. So lässt sich insgesamt ein Verlauf errechnen, den die Presse entsprechend ihrer technischen Parameter mit maximaler Taktrate abfahren kann.
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In der Praxis erweist sich diese Taktrate, welche die Presse unter Einhaltung der technologischen Parameter zu fahren in der Lage ist, oft als zu hoch für die ebenfalls an der Ausbringung der Teile beteiligte Mechanisierungseinrichtung. Die Presse muss sich die Zeit für einen Takt mit der Mechanisierungseinrichtung teilen. Der Stößel darf den Teiletransport so lange nicht behindern, bis dieser vollzogen ist. Er muss sich entsprechend lange außerhalb des entsprechenden Kollisionsbereiches befinden. Die Zeitdauer hängt von den geometrischen Verhältnissen und von den kinematischen Möglichkeiten der Transfereinrichtung ab.
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Um die Stößelkinematik nun auf den Transfer abzugleichen, kann z. B. die Abwärtsgeschwindigkeit des Stößels vermindert werden. Es kann auch die Aufwärtsgeschwindigkeit geändert werden. Weiterhin kann im oberen Hubbereich des Stößels eine Rast eingefügt oder ein Mix aus diesen Maßnahmen gewählt werden. Es können aber auch im Bereich des oberen Totpunktes Zonen mit kleineren Geschwindigkeiten eingeführt werden. Jede dieser Maßnahmen, die alle die Taktrate vermindern, führt mehr oder weniger schnell zum Ziel.
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Relativ einfach wäre es z. B. eine Rast im oberen Totpunkt einfach schrittweise zu verlängern. Diese Variante ist jedoch aus maschinendynamischen Gründen weniger sinnvoll, da sich gerade bei kurzen Rastphasen durch den wechselnden Auf- und Abbau von Drehmoment im Antrieb starke Schwingungen ergeben.
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Bei der Anwendung dieser Methoden ergeben sich zahlreiche und damit zeitaufwändige Iterationsschritte, die häufig schon vor dem Erreichen einer optimalen Lösung abgebrochen werden.
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Aufgabe und Vorteil der Erfindung
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Die Aufgabe der Erfindung ist darauf gerichtet, durch eine einfach zu handhabende Einrichtung im Bedienfeld der Presse zu ermöglichen, dass anhand der Variation eines einzigen für die Stößelkinematikgenerierung herangezogenen Parameters eine stetige Verbesserung der Freigängigkeit für den Teiletransport ermöglicht wird.
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Erfindungsgemäß wird die Aufgabe durch ein Verfahren zur Generierung einer Stößelkinematik für Servopressen mit den Merkmalen des Anspruches 1 gelöst. Weitere detaillierte Ausgestaltungen des Verfahrens sind in den Ansprüchen 2 bis 4 beschrieben.
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Zur Lösung der Aufgabe wird zunächst im Bedienfeld der Maschine die Möglichkeit zur Eingabe eines zusätzlichen Parameters geschaffen. Dies kann z. B. ein einfaches Eingabefeld, ein Dreh- oder ein Schieberegler sein. Dieser Parameter wirkt dann in der nachfolgend beschriebenen Weise auf das Rechenprogramm, welches aus den Vorgaben des Bedieners die Fahrkurve für den Stößel generiert. Zunächst ist ein „Bereich um den oberen Totpunkt” zu definieren. Dies kann automatisch geschehen, indem z. B. intern dieser Bereich auf oberhalb 80% des gerade eingestellten Stößelhubes gesetzt wird. Es besteht auch die Möglichkeit diesen Wert variabel zu gestalten, was aber der Einfachheit der Nutzung zuwiderläuft und nur unbedeutende Verbesserungen des Gesamtergebnisses erwarten lässt. In der Ausgangsstellung des Reglers bzw. bei Eingabe „0” soll die Presse mit der ihr möglichen Höchstgeschwindigkeit fahren. In diesem Falle gibt es keinen Einfluss auf die Kinematikberechnung, der Freiwinkel für den Teiletransport ist meist sehr klein.
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In den anderen Reglerstellungen läuft folgendes ab:
Bei der Berechnung einer realistischen Fahrkurve spielt das jeweils zur Verfügung stehende Motormoment, welches von der Motorkennlinie abhängt, eine Schlüsselrolle. Große Momente führen zu großen Winkelbeschleunigungen, also zu schnellen Drehzahländerungen und umgekehrt. Beschränkt man also im Bereich des oberen Totpunktes das Moment auf z. B. die Hälfte, so bedeutet dies, dass der Motor weniger stark bremst und auch weniger stark wieder beschleunigt. Der Bereich des oberen Totpunktes wird insgesamt flacher und dauert somit länger. Die stärkste mögliche Absenkung hängt von den konkreten Parametern ab. Wird darüber hinaus noch weniger Moment bereitgestellt, verringern sich die Möglichkeiten überhaupt noch auf das Fahrverhalten Einfluss zu nehmen, was auch nicht akzeptabel ist.
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Aus diesem Umstand ergibt sich noch eine Besonderheit für den Durchlaufbetrieb von Servopressen mit Kurbel- oder Hebelantrieben im Gegensatz zum Pendelbetrieb, wo sich die Antriebskurbel abwechselnd vor- und rückwärts dreht. Der Durchlaufbetrieb erfolgt nur in Vorwärts-Drehrichtung, wodurch stets der gesamte mögliche Hub durchfahren wird. Beim Kurbeltrieb wird zu den Umkehrpunkten hin kinetische Energie des Stößels in Drehenergie der Dreh-Antriebsträgheiten verwandelt. Im Durchlaufbetrieb des Kurbeltriebes ist der Bereich des oberen Totpunktes identisch mit dem aktuell gewählten Bereich des oberen Totpunktes. Lässt man hier hohe Drehzahlen zu und reduziert gleichzeitig das zur Beeinflussung verfügbare Moment, kann es vorkommen, dass dieses Restmoment nicht mehr ausreicht, um die Kontrolle über den Antrieb zu behalten. Der Stößel wird den Motor so schnell antreiben, dass dieser schon rein von der Kennlinie her nicht mehr gegenhalten kann. Daher nimmt im Durchlaufbetrieb der erfindungsgemäße Regler auch Einfluss auf die Anfangs- und Enddrehzahl des Antriebes. Bei Stellung „0” wird mit der gewählten Maximaldrehzahl des Motors begonnen, die je nach Regler-Verschiebung zunehmend auf eine Mindestdrehzahl reduziert wird. Dieser Eingriff läuft unabhängig vom Bediener. Die Entscheidung über Pendel- oder Durchlaufbetrieb ergibt sich aus dem eingestellten Stößelhub, so dass letztendlich je nach Reglereinstellung eine bessere (mit kleinerer Hubzahl) oder schlechtere Freigängigkeit (mit größerer Hubzahl) einstellbar wird.
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Der entscheidende Vorteil des erfindungsgemäßen Verfahrens unter Einsatz des „Freigängigkeitsreglers” liegt darin, dass anhand eines einzigen Parameters die Stößelfahrkurve an eine bestehende Transporteinrichtung angepasst werden kann, ohne dass sich die für die Technologie wichtigen Eigenschaften im unteren Stößelhubbereich verändern. Das Verfahren ist prinzipiell für alle Arten von Servopressen einsetzbar, nur dass im Falle von Linearantrieben an die Stelle der Momentenreduzierung die Kraftreduzierung tritt.
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Ausführungsbeispiel
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Die Erfindung wird nachstehend an einem Ausführungsbeispiel näher erläutert. Die zugehörigen Zeichnungen zeigen:
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1: Ansicht der Bedienoberfläche der Servopresse
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2: Fahrkurven verschiedener Freigängigkeit über der Leitwelle dargestellt
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3: Fahrkurven verschiedener Freigängigkeit gemäß 2 über der Zeit dargestellt
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Die 1 zeigt eine Ansicht der Bedienoberfläche einer Servopresse mit Kurbeltrieb. Diese Ansicht dient dazu, der Maschine den für das Teil erforderlichen Bewegungsablauf vorzugeben (Tabelle und Diagramm). Neben der Eingabe des gewünschten Bewegungsablaufes ist ein Schieberegler (mit Pfeil gekennzeichnet) zur Beeinflussung der Freigängigkeit angeordnet. Durch Betätigen des Buttons „Berechnung” wird durch ein internes Rechenprogramm der fahrbare Stößelverlauf erzeugt. Je nach Stellung dieses Reglers erhält man nach dem Berechnen verschiedene Resultate für die Stößelfahrkurve, wie in 2 dargestellt. Die Fahrkurve 1 ist diejenige, die mit der höchsten Hubzahl gefahren werden kann (in diesem Falle 44/min), dafür aber die geringste Freigängigkeit bietet. Mit zunehmender Rechtsverschiebung des Schiebereglers wird bei 50% die Kurve 2 realisiert, mit der 34 Teile/min herstellbar sind und schließlich im Rechtsanschlag des Schiebereglers die Kurve 3 für 26 Teile/min. Die Kombination von größtem Freiwinkel mit der kleinsten Hubzahl sorgt damit für die längste Zeit, die die Transporteinrichtung für das Wechseln der Teile bekommt. Mit Hilfe des Reglers kann der Stößelverlauf so optimal an die Transporteinrichtung angepasst werden, wodurch die maximale Ausbringung des Gesamtsystems erreichbar wird.
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Zur Verdeutlichung, dass im Umformbereich jeweils gleiche Bedingungen herrschen, zeigt die 3 diese Kurven noch einmal über der Zeit dargestellt. Die unterschiedliche Zeitdauer (gleich Periodendauer) der Kurven weist auf die unterschiedlichen Taktraten hin. Im unteren Bereich sind die Kurven, wenn die unteren Totpunkte auf den gleichen Zeitpunkt gelegt würden, weitgehend deckungsgleich, d. h., dass sich die für die Technologie wichtigen Eigenschaften des Bewegungsablaufes im unteren Stößelhubbereich nicht verändern.