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Die Erfindung betrifft ein Herstellungsverfahren und eine Herstellungsvorrichtung zur Herstellung eines Kristallkörpers aus einem Halbleitermaterial.
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Derartige Kristallkörper werden beispielsweise in Form von Ingots aus Silizium hergestellt und anschließend in dünne Wafer geschnitten oder vereinzelt, welche für die Halbleitertechnologie oder in der Photovoltaik als Substrate verwendet werden können. Es ist von großer Bedeutung, den Kristallkörper einerseits kosten- und zeiteffizient, andererseits aber auch möglichst störstellenarm herzustellen.
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Das in der Vergangenheit für die Ingotherstellung weit verbreitete Czochralski-Verfahren ist in neuerer Zeit durch ein Verfahren ersetzt worden, welches unter dem Begriff des gerichteten Erstarrens bekannt ist. Für dieses Verfahren befindet sich eine Schmelze aus einem Halbleitermaterial in einem Tiegel. In Kontakt mit der Schmelze steht ein Keimkörper, an dem das Halbleitermaterial aus der Schmelze ankristallisieren beziehungsweise Erstarren kann. Damit dies kontrolliert erfolgt und zu einem möglichst störstellenfreien Kristallkörper führt, wird mittels eines geeigneten zeitabhängigen Temperaturprofils in der Schmelze sichergestellt, dass das Erstarren von dem Keimkörper ausgehend gerichtet erfolgt.
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Bei üblichen Ausgestaltungen des gerichteten Erstarrens wird zunächst der Keimkörper in dem Tiegel angeordnet und bedeckt den Tiegelboden vollständig. Anschließend wird der Tiegel mit Halbleitermaterial beschickt, entweder in Form einer Schmelze oder in Form von festen Halbleiterstücken, die anschließend in dem Tiegel geschmolzen werden, wobei darauf zu achten ist, dass der Keimkörper nur an seiner Oberfläche angeschmolzen und nicht vollständig verflüssigt werden darf. Schließlich wird in dem Tiegel ein Temperaturprofil derart erzeugt, dass aufgrund dessen ausgehend vom Keimkörper am Tiegelboden der Kristall senkrecht zum Tiegelboden nach oben wächst.
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Mittels dieses Verfahrens lassen sich prinzipiell Kristallkörper beliebiger Größe und Form herstellen, wenn der Tiegel dementsprechend geformt und dimensioniert ist. Für große Tiegel würde jedoch immer ein entsprechend großer Keimkörper benötigt, um den Tiegelboden zu bedecken, wodurch jedoch die Kosten des Verfahrens enorm steigen können. Ferner würde der Aufheizvorgang zum Erzeugen der Schmelze in dem Tiegel bei derartig großen Keimkörpern aufgrund thermischer Ausdehnung des Keimkörpers zu destruktiven mechanischen Spannungen in den Tiegelinnenwänden führen.
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Im Stand der Technik sind bereits Verfahren vorgeschlagen worden, bei denen das gerichtete Erstarren in einem Tiegel ausgehend von mehreren Keimkörpern durchgeführt wird, welche auf dem Tiegelboden verteilt sind. Ein Beispiel hierfür ist in
DE 10 2007 035 756 A1 offenbart, worin vorgeschlagen wird, den Tiegelboden mit einer Keimfläche aus einer Vielzahl an Keimen zu bedecken. Anschließend wird mittels gerichteten Erstarrens in einer Erstarrungsrichtung senkrecht zu der Keimfläche der Kristallkörper gebildet.
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Die Verwendung mehrerer Keimkörper hat jedoch den Nachteil, dass sich bei der Herstellung des Kristallkörpers zwangsläufig Korngrenzen in dem Kristallkörper bilden, welche Störstellen darstellen. Je größer die Anzahl der verwendeten Keimkörper ist, desto höher ist in der Regel auch die Korngrenzendichte in dem daraus hergestellten Kristall Diese Störstellen bleiben in den aus dem Kristallkörper geschnittenen Wafern erhalten und führen zu Wirkungsgradeinbußen bei den Halbleiterchips oder Photovoltaikelementen beziehungsweise Solarzellen, welche hieraus hergestellt werden.
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Es ist daher Aufgabe der Erfindung, ein Herstellungsverfahren für Kristallkörper bereitzustellen, das kosteneffizient durchgeführt werden kann und mit dem ein Kristallkörper mit einer verminderten Störstellendichte hergestellt wird.
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Die Aufgabe wird gemäß der Erfindung durch ein Herstellungsverfahren mit den Merkmalen des Anspruchs 1 und durch eine Herstellungsvorrichtung mit den Merkmalen des Anspruchs 15 gelöst. Vorteilhafte Weiterbildungen der Erfindung sind in den Unteransprüchen aufgeführt.
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Bei dem Halbleitermaterial handelt es sich vorzugsweise um Silizium. Mit diesem Verfahren lassen sich Kristallkörper bestehend aus wenigen großen Kristallkörnern erzeugen, idealerweise bestehend aus einem einzigen Kristallkorn, also im Wesentlichen ohne interne Korngrenzen. Bei dem hergestellten Kristallkörper handelt es sich somit um einen ein-, poly- oder multikristallinen Kristallkörper. Dieser Kristallkörper kann anschließend zu Halbleiterwafern vereinzelt und zu Halbleiterchips oder Solarzellen weiterverarbeitet werden.
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Die Erfindung beruht auf dem Gedanken, aus dem Keimkörper zunächst mittels des ersten gerichteten Erstarrens entlang der ersten Erstarrungsrichtung einen Kristallkörperabschnitt herzustellen. Dieser Kristallkörperabschnitt dient wiederum selbst als Keimkristall beim zweiten gerichteten Erstarren entlang der zweiten Erstarrungsrichtung. Die Kristallkörper-Herstellung erfolgt somit in einem mindestens zweistufigen Erstarrungsprozess. Es können auch mehr als zwei Erstarrungsschritte vorliegen. Beispielsweise kann zunächst das erste gerichtete Erstarren entlang der ersten Erstarrungsrichtung, anschließend das zweite gerichtete Erstarren entlang der zweiten Erstarrungsrichtung und schließlich ein drittes gerichtetes Erstarren entlang einer dritten Erstarrungsrichtung oder aber erneut das erste gerichtete Erstarren entlang der ersten Erstarrungsrichtung erfolgen. Wichtig ist, dass zwei Erstarrungsschritte nacheinander durchgeführt werden, die entlang unterschiedlichen Erstarrungsrichtungen erfolgen. Dass die erste und die zweite Erstarrungsrichtung zueinander in einem Winkel angeordnet sind bedeutet somit entsprechend des üblichen Verständnisses, dass die beiden Erstarrungsrichtungen nicht parallel oder antiparallel zueinander verlaufen.
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Das Anordnen des Keimkörpers in der Schmelze erfolgt entweder indem zuerst die Schmelze entweder in dem Tiegel erzeugt oder dort nach dem Erzeugen hineingegossen wird und anschließend der Keimkörper zumindest teilweise in die Schmelze getaucht wird. Vorzugsweise sollte jedoch der Keimkörper zeitlich vor der Schmelze in den Tiegel platziert werden. Im letzteren Fall wird die Schmelze im Anschluss an den Keimkörper in den Tiegel gebracht. Dies erfolgt bevorzugt in Form von festem Halbleitermaterial, das in dem Tiegel mittels Heizelementen zum Schmelzen gebracht wird, wobei darauf geachtet werden muss, dass der Keimkörper selbst nicht vollständig schmilzt sondern idealerweise lediglich an seiner mit der Schmelze in Kontakt stehenden Oberfläche anschmilzt.
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Vorzugsweise schmilzt der Keimkörper im Wesentlichen entlang einer gesamten Kontaktfläche mit der Schmelze an, wobei bevorzugt zumindest eine Kontaktfläche des Keimkörpers entlang eines ersten Isothermenflächenabschnittes angeschmolzen wird. Beim Anschmelzen sollte der Keimkörper jedoch nicht in zwei oder mehr Teile geteilt werden oder gar vollständig in der Schmelze aufgehen.
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Das erste gerichtete Erstarren des Kristallkörperabschnittes ausgehend von dem Keimkörper ist jedoch nicht so streng auszulegen, dass der Keimkörper überhaupt keine Kristallisation entlang einer anderen als der ersten Erstarrungsrichtung erfährt. Vielmehr erfolgt das gerichtete Erstarren hauptsächlich und beabsichtigt nur entlang der ersten Erstarrungsrichtung. Trotz sorgfältiger Steuerung der Temperaturverteilung in der Schmelze ist es physikalisch nicht auszuschließen, dass auch eine geringe Kristallisation an den Oberflächenabschnitten des Keimkörpers auftritt, die nicht streng in der gewünschten Erstarrungsrichtung liegen. Dies gilt entsprechend auch für das zweite gerichtete Erstarren des Kristallkörpers ausgehend von dem Kristallkörperabschnitt und allgemein immer, wenn hierin von einem gerichteten Erstarren die Rede ist.
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Die erste und/oder die zweite Erstarrungsrichtung verlaufen vorzugsweise jeweils entlang einer Tiegelinnenkante oder entlang einer Tiegelinnenfläche des Tiegels.
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Kristallisationsraten für die erste Erstarrung liegen vorzugsweise in Bereichen zwischen etwa 1 bis 10 Millimetern pro Minute. Demgegenüber liegen bevorzugte Kristallisationsraten für die zweite Erstarrung in Bereichen zwischen etwa 2 bis 10 Millimetern pro Stunde.
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Der in dem mindestens zweistufigen Erstarrungsverfahren gebildete Kristallkörper füllt vorzugsweise den Tiegel im Wesentlich vollständig aus oder bedeckt zumindest eine Tiegelinnenfläche im Wesentlichen vollständig, beispielsweise den Tiegelboden. Dies ist jedoch nicht zwingend notwendig. Beispielsweise kann der Kristallkörper wiederum selbst als Keimkörper für das hier beschriebene Herstellungsverfahren eines weiteren Kristallkörpers oder für ein anderes Kristall-Herstellungsverfahren im gleichen oder in einem anderen Tiegel verwendet werden.
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Bei dem Tiegel kann es sich um einen Tiegel der Standardgröße G4 oder G5 handeln, welche zu groß sind, als dass Keimkörper mittels anderer Verfahren kostengünstig hergestellt werden können, die den Tiegelboden vollständig bedecken.
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Der erste und der zweite Isothermenflächenabschnitt sind jeweils Teil einer Isothermenfläche, die um den Keimkörper aufgespannt ist und entlang welcher eine Temperatur vorherrscht, unterhalb derer eine Kristallisation des Halbleitermaterials aus der Schmelze an den Keimkörper oder an hieran bereits kristallisiertes Halbleitermaterial erfolgt. Die Isothermenfläche verläuft somit entlang einer Phasengrenze zwischen einer kristallinen Phase und einer flüssigen Phase des Halbleitermaterials, wobei die Phasengrenze entlang des ersten und des zweiten Isothermenflächenabschnitts vorzugsweise eben verläuft.
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In Abhängigkeit von den physikalischen Bedingungen in der Schmelze handelt es sicht hierbei in der Regel um eine Temperatur nahe der Schmelztemperatur des Halbleitermaterials. Um derartige zeitabhängige Temperaturprofile zu bekommen, muss eine geeignete Temperatursteuerung eingesetzt werden. Eine mögliche Realisierung der Temperatursteuerung bildet die Verwendung von Heizelementen um den Tiegel und/oder unterhalb des Tiegels, die gegebenenfalls auch für das Schmelzen des Halbleitermaterials benutzt werden können. Die Heizeinwirkung der Heizelemente auf den Tiegel und seinen. Inhalt kann mittels geeigneter Abschattungselemente gesteuert werden, welche zwischen Heizelement und Tiegel angeordnet und bewegt werden.
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Beispielsweise können für das erste Erstarren in der ersten Erstarrungsrichtung Vorrichtungen verwendet werden, die zur Veränderung des Temperaturprofils in dem Tiegel eine seitlich verschiebbare Platte unterhalb des Tiegelbodens umfassen. Eine derartige Platte kann zwischen Tiegelboden und einem unterhalb des Tiegelbodens angebrachten Bodenheizelement oder zwischen dem Bodenheizelement und einem Kühlelement angebracht sein. Wenn die verschiebbare Platte aus Isolationsmaterial gebildet ist und zwischen Bodenheizelement und Kühlelement angebracht ist, kann durch Verschieben der Platte das Kühlelement vom Tiegel thermisch entkoppelt werden. Durch ein teilweises Öffnen eines Schiebers mit der verschiebbaren Platte entsteht im Bereich des Keimkörpers eine zusätzliche Kühlwirkung entlang einer Kante des Keimkörpers aufgrund einer verstärkten Wärmeabfuhr gegenüber einer Anordnung mit einem geschlossenen Schieber. Diese zusätzliche Wärmeabfuhr liefert eine Temperaturverteilung mit Isothermen, wie sie für das Verfahren erwünscht sind.
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Demgegenüber können für das zweite Erstarren in der zweiten Erstarrungsrichtung dann Vorrichtungen verwendet werden, welche vertikal verschiebbare Abschattungselemente aufweisen, beispielsweise ebenfalls in Form von Platten aus Isolationsmaterial.
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Bei einer bevorzugten Ausführungsform ist vorgesehen, dass der Winkel zwischen der ersten Erstarrungsrichtung und der zweiten Erstarrungsrichtung in einem Bereich von etwa 80° bis 100° liegt, bevorzugt in einem Bereich von etwa 85° bis 95° liegt, besonders bevorzugt im Wesentlichen ein rechter Winkel ist.
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In einer vorteilhaften Weiterbildung ist vorgesehen, dass das erste gerichtete Erstarren entlang zwei oder mehreren ersten Erstarrungsrichtungen erfolgt, welche in einer ersten Erstarrungsebene ausgerichtet sind. Beispielsweise kann das erste gerichtete Erstarren radial entlang einer Tiegelinnenfläche, beispielsweise eines Tiegelbodens, vorzugsweise bis zu einem Tiegelrand erfolgen. Das anschließende zweite gerichtete Erstarren erfolgt dann vorzugsweise in axialer Richtung, so dass sich ein zylindrischer Kristallisationskörper ergibt. Alternativ kann das erste gerichtete Erstarren entlang zwei antiparalleler erster Erstarrungsrichtungen erfolgen. Die mehreren Erstarrungsrichtungen können hierbei eine Winkelspreizung von bis zu 180° aufweisen, vorzugsweise von etwa 10° bis etwa 170°, bevorzugt auch von bis zu 360°. Eine Winkelspreizung von etwa 180° bedeutet hierbei, dass die erste Erstarrung entlang mehreren Erstarrungsrichtungen verläuft, welche eine Winkelverteilung von etwa 180° abdecken. Anders ausgedrückt, die erste Erstarrung verläuft entlang einer Ebene in einem Halbraum.
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Gemäß einer zweckmäßigen Ausgestaltung ist vorgesehen, dass das erste gerichtete Erstarren im Wesentlichen entlang einer einzigen ersten Erstarrungsrichtung erfolgt.
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Bevorzugterweise ist vorgesehen, dass der Keimkörper entlang einer Erstreckungsrichtung gestreckt ist und dass zwischen der ersten Erstarrungsrichtung und der Erstreckungsrichtung des gestreckten Keimkörpers ein Winkel gebildet wird. Ein derartiger Keimkörper kann beispielsweise aus einem zuvor gegebenenfalls mittels anderen Kristallisationsprozessen hergestellten Ingot geschnitten sein, vorzugsweise entlang einer Längsachse des Ingots.
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Bei einer zweckmäßigen Ausführungsform ist vorgesehen, dass der Winkel zwischen der ersten Erstarrungsrichtung und der Erstreckungsrichtung des gestreckten Keimkörpers in einem Bereich von etwa 80° bis 100° liegt, bevorzugt in einem Bereich von etwa 85° bis 95° liegt, besonders bevorzugt im Wesentlichen ein rechter Winkel ist.
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In einer vorteilhaften Ausgestaltung ist vorgesehen, dass die erste Erstarrungsrichtung, die zweite Erstarrungsrichtung und/oder die Erstreckungsrichtung des gestreckten Keimkörpers im Wesentlichen parallel zu einer Tiegelinnenfläche oder zu mehreren Tiegelinnenflächen des Tiegels ausgerichtet sind. Wenn, wie vorangehend erläutert, der Keimkörper aus einem Ingot geschnitten ist, und dieser Ingot eine kreisförmige Grundfläche hatte, so können aus einem Ingot vier gestreckte Keimkörper hervorgehen, welche als Grundfläche jeweils ein Viertel-Kreissegment aufweisen und senkrecht zu dieser kreissegmentförmigen Grundfläche gestreckt sind.
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Gemäß einer bevorzugten Weiterbildung ist vorgesehen, dass der Keimkörper an einer Tiegelinnenfläche des Tiegels angeordnet wird. Vorzugsweise berührt der Keimkörper eine oder mehrere Tiegelinnenflächen punktuell, linienförmig und/oder flächig. Vorzugsweise berührt der Keimkörper genau die eine Tiegelinnenfläche, und zwar derart, dass er von weiteren Tiegelinnenflächen beabstandet ist. Bevorzugterweise wird der Keimkörper mittig an der Tiegelinnenfläche des Tiegels angeordnet. Bei dieser Tiegelinnenfläche handelt es sich vorzugsweise um einen Tiegelboden.
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Vorteilhafterweise ist vorgesehen, dass der Keimkörper entlang einer Tiegelinnenkante des Tiegels angeordnet wird, welche eine Berührungslinie zweier Tiegelinnenflächen bildet. Wenn der Tiegel eine rechteckige Grundfläche aufweist, kann ein gestreckter Keimkörper der wie vorangehend erläutert eine Viertel-Kreissegment-Grundfläche aufweist so angeordnet werden, dass eine ebene Längsfläche des Keimkörpers eine der beiden Tiegelinnenflächen und eine weitere ebene Längsfläche des Keimkörpers die weitere der beiden Tiegelinnenflächen flächig berührt.
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Gemäß einer bevorzugten Ausgestaltung ist vorgesehen, dass der Keimkörper derart entlang der Tiegelinnenkante angeordnet wird, dass er die Tiegelinnenkante im Wesentlichen vollständig bedeckt. Vorzugsweise geschieht dies so, dass zwischen dem Keimkörper und der besagten Tiegelinnenkante im Wesentlichen kein Raum bleibt, in den sich die Schmelze ausbreiten kann.
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In einer weiteren vorteilhaften Anordnung weist der Keimkörper eine Länge von etwa 20% der Länge einer Tiegelinnenkante des Tiegels auf und ist derart entlang der Tiegelinnenkante angeordnet wird, dass eine Längskante des Keimkörper die Tiegelinnenkante teilweise bedeckt. Der Keimkörper kann hierbei beispielsweise in etwa mittig an der Tiegelinnenkante befestigt sein. Alternativ kann der Keimkörper entlang der Tiegelinnenkante und an einer Ecke des Tiegels angeordnet sein.
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Jeder hierin beschriebene Keimkörper kann an einer beliebigen Stelle entlang des Tiegelbodens angeordnet werden, wobei er in einer bevorzugten Ausführungsform in etwa mittig auf dem Tiegelboden angeordnet wird. Diese Ausführungsform ist insbesondere dann sinnvoll, wenn die erste Erstarrung entlang mehreren Erstarrungsrichtungen verlaufen soll, welche eine Winkelspreizung von etwa 360 zueinander aufweisen, das bedeutet, radial in alle Richtungen entlang des Tiegelbodens gerichtet sind.
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Bevorzugterweise ist vorgesehen, dass der Keimkörper an dem Tiegel befestigt wird. Dies hat den Vorteil, dass sich der Keimkörper in der Schmelze nicht bewegen kann, beispielsweise aufgrund eines Auftriebs, wenn seine Dichte geringer ist, als die der Schmelze, oder während Turbulenzen, die bei der Beschickung oder der Schmelzung des Halbleitermaterials auftreten können. Das Befestigen erfolgt vorzugsweise mittels Kleben des Keimkörpers an eine Tiegelinnenfläche. Ein hierfür verwendetes Klebemittel sollte so beschaffen sein, dass es die Schmelze nicht verunreinigt, beispielsweise kann das Klebemittel einen Graphitkleber umfassen. Alternativ oder kumulativ können auch Zapfen, Ausbuchtungen oder Vertiefungen für das Befestigen des Keimkörpers an dem Tiegel verwendet werden, insbesondere mittels einer Klemmwirkung.
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In einer zweckmäßigen Weiterbildung ist vorgesehen, dass zunächst der Keimkörper in dem Tiegel angeordnet und der Tiegel nach dem Anordnen des Keimkörpers mit dem Halbleitermaterial beschickt wird. Die Beschickung kann entweder in Form fester Stücke erfolgen, die anschließend im Tiegel geschmolzen werden, vorzugsweise mittels der gleichen Heizelemente, die anschließend auch für das Herstellen des zeitabhängigen Temperaturprofils zuständig sind. Alternativ kann die Schmelze außerhalb des Tiegels hergestellt und nach dem Anordnen des Keimkörpers in den Tiegel gegossen werden. In jedem Fall kann der Keimkörper entweder teilweise oder vollständig in der Schmelze angeordnet sein.
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Zweckmäßigerweise ist vorgesehen, dass der Tiegel nach dem ersten gerichteten Erstarren und vor dem zweiten gerichteten Erstarren mit zusätzlichem Halbleitermaterial beschickt wird. Dies kann notwendig sein, wenn das bei einer ersten Beschickung vor dem ersten Erstarren in den Tiegel eingebrachte Halbleitermaterial nach dem Ende des ersten Erstarrens aufgebraucht ist oder zumindest so sehr vermindert ist, dass für das zweite Erstarren nicht mehr genug Schmelze übrig bleibt. Der Vorteil einer geringeren Beschickung vor dem ersten Erstarren kann darin liegen, dass sichergestellt wird, dass der Keimkörper bei der Herstellung der Schmelze nicht vollständig geschmolzen wird. Wenn aus dem Keimkörper mittels des ersten Erstarrens ein größerer Kristallkörperabschnitt erzeugt ist, kann auch eine größere Menge an Schmelze im Tiegel angeordnet werden, ohne die Gefahr, den erzeugten Kristallkörperabschnitt wieder vollständig zu schmelzen.
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In einer vorteilhaften Ausgestaltung ist vorgesehen, dass der Keimkörper aus dem Halbleitermaterial gebildet ist. Es wird also kein Fremdmaterial für den Keimkörper verwendet.
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Schließlich ist es bevorzugt, wenn der Keimkörper selbst störstellenarm ausgebildet ist und im Wesentlichen einkristallin mit einer bevorzugten kristallographischen Orientierung ausgebildet ist, beispielsweise einer <100>-Orientierung.
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Die Erfindung wird im Folgenden anhand von Ausführungsbeispielen unter Bezugnahme auf die Figuren erläutert. Hierbei zeigen:
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1a eine schematische Perspektivenansicht auf einen Tiegel mit einem hierin angeordneten Keimkörper;
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1b eine mögliche Anordnung der vorliegend behandelten Richtungen;
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2 eine Aufsicht auf den Tiegel aus der 1a;
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3a, 3b Seitenansichten aus unterschiedlichen Richtungen auf den Tiegel aus der 1a;
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4 Seitenansicht auf den Tiegel aus der 1a bei einem Beschickungsvorgang;
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5 Seitenansicht auf den Tiegel aus der 1a beim Erzeugen einer Schmelze;
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6a–6c unterschiedliche Phasen eines ersten Erstarrungsvorgangs in Seitenansicht des Tiegels aus der 1a;
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7a–7c unterschiedliche Phasen eines ersten Erstarrungsvorgangs in Aufsicht des Tiegels aus der 1a;
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8a–8c unterschiedliche Phasen eines zweiten Erstarrungsvorgangs in Seitenansicht des Tiegels aus der 1a;
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9 die Anordnung der 5 mit Isothermenflächen; und
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10a–10c die Phasen des Erstarrungsvorgangs aus den 6a–6c mit sich zeitlich verändernden Isothermenflächen.
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Die 1a zeigt in einer schematischen Perspektivenansicht einen Tiegel 1 mit einem hierin angeordneten Keimkörper 2. Der in der 1a gezeigte Tiegel 1 weist eine rechteckige Grundfläche auf, welche eine Tiegelinnenfläche bildet, nämlich den Tiegelboden 12, und vier Ecken A, B, C und D aufweist. Entlang eines oberen Randes des Tiegels 1 sind Ecken entsprechend mit a, b, c und d gekennzeichnet. Eine von den Ecken A, D, a und d aufgespannte Tiegelwand ist in der 1a weggelassen worden, um eine Sicht in den Tiegelinnenraum mit dem Keimkörper 2 zu erlauben. Die in 1a gestrichelt gezeichneten Konturen sind entweder von den dargestellten Tiegelwänden oder vom Keimkörper 2 verdeckt.
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Der Keimkörper 2 ist entlang einer Erstreckungsrichtung EK gestreckt und entlang einer Tiegelinnenkante 13 derart angeordnet, dass er die Tiegelinnenkante 13 im Wesentlichen vollständig bedeckt und den Tiegelboden 12 berührt. Entlang des Tiegelbodens 12 ist zudem eine erste Erstarrungsrichtung E1 eingezeichnet, entlang welcher wie nachfolgend erläutert eine erste Erstarrung ausgehend vom Keimkörper 2 stattfindet. In der 1a ist außerdem eine zweite Erstarrungsrichtung E2 eingezeichnet, entlang welcher eine zweite Erstarrung durchgeführt wird.
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Die erste Erstarrungsrichtung E1, die zweite Erstarrungsrichtung E2 und die Erstreckungsrichtung EK des Keimkörpers 2, welche in der 1a eingezeichnet sind, sind in der 1b gesondert mit ihren Winkelbeziehungen zueinander dargestellt. Hierbei bezeichnet α (alpha) den Winkel zwischen der Erstreckungsrichtung EK des Keimkörpers 2 und der ersten Erstarrungsrichtung E1 und β (beta) den Winkel zwischen der ersten Erstarrungsrichtung E1 und der zweiten Erstarrungsrichtung E2. In dem in 1a dargestellten Fall und in den nachfolgend behandelten Fällen betragen die Winkel α und β etwa 90°. Das hierin beschriebene Verfahren funktioniert jedoch auch bei anderen Winkelwerten, solange β nicht 0° oder 180° beträgt.
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Die 2 zeigt eine Aufsicht auf den Tiegel 1 aus der 1a, somit das Ergebnis eines Blicks auf den Tiegelboden 12. Demgegenüber zeigen die 3a und 3b die gleiche Anordnung in einer Seitenansicht des Tiegels 1, jeweils aus unterschiedlichen Richtungen. Dies führt dazu, dass der Keimkörper 2 in der 3a von seiner Stirnseite her betrachtet wird, und in der 3b von einer Längsseite her. Bei dem Keimkörper 2 handelt es sich beispielsweise um ein entlang seiner Länge gevierteltes Ingot, welches mittels eines Czochralski-Verfahrens erzeugt wurde. Beim Anordnen des Keimkörpers 2 in dem Tiegel 1, kann der Keimkörper 2 an dem Tiegel 1 befestigt werden, um ein versehentliches Verrutschen oder Auftreiben während des Beschickens des Tiegels 1 zu verhindern.
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Nach dem Anordnen des Keimkörpers 2 in dem Tiegel 1 erfolgt die Beschickung des Tiegels 1 mit Ausgangsmaterial 31 für eine Schmelze 3, insbesondere mit Halbleitermaterial in fester Form. Hierzu wird der Tiegel 1, wie in der 4 dargestellt, bis zu einer gewünschten Füllmenge mit dem Ausgangsmaterial 31 aufgefüllt, so dass der Keimkörper 2 bedeckt ist. Anschließend wird der Tiegelinnenraum mittels in den Figuren nicht dargestellten Heizelementen erwärmt, bis das Ausgangsmaterial 31 schmilzt und hierbei gemäß der 5 eine Schmelze 3 entsteht. Beim Erwärmen sollte darauf geachtet werden, dass der Keimkörper 2 selbst nicht vollständig schmilzt. Vorteilhaft ist es jedoch, wenn der Keimkörper 2 an seinen mit der Schmelze in Berührung stehenden Oberflächen anschmilzt.
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Ein erstes gerichtetes Erstarren entlang der ersten Erstarrungsrichtung E1 ausgehend von dem Keimkörper 2 wird in den 6a bis 6c veranschaulicht, die eine Seitenansicht auf die Tiegelwand mit den Eckpunkten A, D, d und a zeigen. Wie hier gezeigt wird, wächst ausgehend von dem Keimkörper 2 im Laufe des gerichteten Erstarrens ein Kristallkörperabschnitt 21, der sich über den gesamten Tiegelboden 12 erstreckt. Dies wird deutlicher in den 7a bis 7c, welche die den 6a bis 6c entsprechenden Phasen der Erstarrung in Aufsicht auf den Tiegelboden 12 zeigen. In den 7a bis 7c ist die Schmelze 3 nicht dargestellt, da sie die Sicht auf den Keimkörper 2 beziehungsweise auf den Kristallkörperabschnitt 21 behindern würde.
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Nach dem in den 6 und 7 dargestellten ersten gerichteten Erstarren erfolgt ein zweites gerichtetes Erstarren in eine zweite Erstarrungsrichtung E2, das in den 8a bis 8c veranschaulicht ist. Hierbei verläuft die zweite Erstarrungsrichtung E2 senkrecht zu dem Tiegelboden 12, so dass der Tiegel 1 im Verlauf des Erstarrens durch den entstehenden und wachsenden Kristallkörper 22 gefüllt wird, bis die Schmelze 3 aufgebraucht oder der Erstarrungsprozess gestoppt wird. Der fertige Kristallkörper 22 kann nun aus dem Tiegel 1 entnommen werden.
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In einer in den Figuren nicht dargestellten Ausführungsform kann bei der Beschickung des Tiegels 1 mit dem Halbleitermaterial entsprechend 4 vorgesehen sein, nur so viel Schmelze 3 im Tiegel 1 bereitzustellen, dass am Ende des ersten Erstarrens keine Schmelze 3 oder keine ausreichende Menge an Schmelze 3 mehr übrig bleibt, um das zweite Erstarren durchzuführen. In diesem Fall wird somit eine zweite Beschickung des Tiegels 1 notwendig sein, bevor der zweite Erstarrungsschritt gemäß 8a bis 8c eingeleitet werden kann.
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Die 9 zeigt eine Temperaturverteilung in dem Tiegel 1, wobei Isothermenflächen T1, T2, T3, T4 und Tm eingezeichnet sind. Die Isothermenfläche T1 hat eine Temperatur T1, welche unterhalb der Schmelztemperatur Tm des Halbleitermaterials in der Schmelze 3 liegen sollte, so dass der Keimkörper 2 nicht vollständig schmilzt. Die Temperatur an der Isothermenfläche Tm der Phasengrenze ist die Schmelztemperatur des Halbleitermaterials und die Isothermenfläche Tm umspannt den Keimkörper 2. Die weiteren Isothermenflächen T2, T3 und T4 weisen entsprechend höhere Temperaturen auf, so dass sich keine kristallinen Zonen innerhalb der Schmelze 3 im Tiegel 1 bilden können.
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Schließlich zeigen die 10a bis 10c die Phasen des Erstarrungsvorgangs aus den 6a bis 6c, wobei in jeder hier dargestellten Phase die Verläufe von Isothermenflächen T1 bis T4 und Tm eingezeichnet sind. Lediglich die Isothermenflächen Tm der Phasengrenze in den 10a bis 10c haben im Wesentlichen untereinander die gleiche Temperatur und die gleiche Temperatur wie die Isothermenfläche Tm der Phasengrenze in der 9, nämlich die Schmelztemperatur des Halbleitermaterials. Die Temperaturen der weiteren Isothermenflächen T1 bis T4 können in den 10a bis 10c voneinander abweichen. In den 10b und 10c weisen die Isothermenflächen T1 und T2 eine geringere und die Isothermenflächen T3 und T4 eine höhere Temperatur auf, als die Isothermenfläche Tm der Phasengrenze.
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Mittels der 10a bis 10c wird deutlich, dass während des ersten Erstarrens entlang der ersten Erstarrungsrichtung E1 das Temperaturprofil in der Schmelze 3 derart zeitabhängig gesteuert wird, dass sich ein erster Isothermenflächenabschnitt 4 der Isothermenfläche Tm der Phasengrenze entlang der ersten Erstarrungsrichtung E1 bewegt. Hierdurch verschiebt sich die Phasengrenze zwischen kristallinem und flüssigem Bereich in Richtung der ersten Erstarrungsrichtung E1, so dass auch die gerichtete Erstarrung entlang dieser ersten Erstarrungsrichtung E1 erfolgt.
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Das Ende des Vorgangs des ersten Erstarrens ist in der 10c dargestellt. Hier verlaufen die Isothermenflächen T1 bis T4, Tm im Wesentlichen parallel zum Tiegelboden 12. Diese Ausrichtung der Isothermenflächen T1 bis T4, Tm bleibt auch im Verlauf der zweiten Erstarrung in die zweite Erstarrungsrichtung E2 im Wesentlichen erhalten, wobei sich die Isothermenfläche Tm der Phasengrenze nach oben von dem Tiegelboden 12 weg bewegt.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Tiegel
- 12
- Tiegelboden (Tiegelinnenfläche)
- 13
- Tiegelinnenkante
- 2
- Keimkörper
- 21
- Kristallkörperabschnitt
- 22
- Kristallkörper
- 3
- Schmelze
- 31
- Ausgangsmaterial für Schmelze
- T1, T2 ...
- Isothermenfläche
- Tm
- Isothermenfläche der Phasengrenze
- 4
- erster Isothermenflächenabschnitt
- E1
- erste Erstarrungsrichtung
- E2
- zweite Erstarrungsrichtung
- EK
- Erstreckungsrichtung des Keimkörpers
- α
- Winkel zwischen Erstreckungsrichtung des Keimkörpers und erster Erstarrungsrichtung
- β
- Winkel zwischen erster Erstarrungsrichtung und zweiter Erstarrungsrichtung
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 102007035756 A1 [0006]