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Die Erfindung betrifft ein Tiefziehwerkzeug gemäß dem Oberbegriff des Anspruchs 1 sowie eine Verwendung zur Herstellung eines Karosseriebauteils für ein Kraftfahrzeug.
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Ein Tiefziehwerkzeug der betreffenden Art dient der Herstellung eines dreidimensionalen Blechformteils aus einem ebenen, zweidimensionalen Blechmaterial. Hierzu wird das umzuformende Blechmaterial zwischen einem Niederhalter und einer Matrize eingespannt und mittels eines Ziehstempels durch eine formgebende Öffnung in der Matrize gezogen, wobei das Blechmaterial über die Ziehkante der Öffnung einläuft und aus dem Bereich zwischen Niederhalter und Matrize nachfließt, was zusammengefasst als Blechmaterialfluss bezeichnet wird. Der zwischen Ziehstempel und Matrize ausgebildete Spalt wird als Ziehspalt bezeichnet.
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Zur Beeinflussung des Blechmaterialflusses im Tiefziehwerkzeug, insbesondere bei unregelmäßigen Blechformteilgeometrien, sind aus dem Stand der Technik zwischen Niederhalter und Matrize wirksame Rückhalteeinrichtungen bekannt, die den Blechmaterialfluss in diesem Bereich, zusätzlich zur resultierenden Reibkraft, hemmen. Eine solche Rückhalteeinrichtung ist z.B. eine Ziehwulst-Ziehsicke-Kombination. Eine Ziehwulst ist ein vom Niederhalter oder von der Matrize vorstehender Profilkörper (Wulstleiste), die in eine korrespondierende nutartigen Ziehsicke im entgegenwirkenden Werkzeugteil (Matrize oder Niederhalter) eingreift. Während des Tiefziehvorgangs wird der Blechmaterialfluss durch die Ziehsicke um die Ziehwulst herum gelenkt und hierbei gehemmt bzw. gebremst, was auch als Rückhalten des Blechmaterials bezeichnet wird. Ziehwulst-Ziehsicke-Kombinationen werden dort im Tiefziehwerkzeug angeordnet, wo das Blechmaterial ansonsten unerwünscht leicht über die Ziehkante einlaufen würde, was nachteiligen Einfluss auf das hergestellte Blechformteil hat.
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Aus dem Stand der Technik sind variable Ziehwulste bekannt, die z.B. in Abhängigkeit vom Ziehweg, d.h. der Ziehstempelposition relativ zur Matrize, eine unterschiedliche Höhe und damit eine unterschiedliche Eindringtiefe in die korrespondierende Ziehsicke aufweisen, um somit den Blechmaterialfluss während des Tiefziehvorgangs verändern zu können.
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Ein Tiefziehwerkzeug mit einer solchen variablen Ziehwulst ist z.B. aus der aktuellen
US 2008 / 0 184 764 A1 bekannt. Die variable Ziehwulst ist hier an einem separaten Niederhaltermodul angeordnet, welches beweglich im Niederhalter gelagert ist und während des Tiefziehvorgangs in Abhängigkeit vom Ziehweg mittels eines Kurvensteuerantriebs in seiner Höhenposition verändert wird. In der dem Niederhalter entgegenwirkenden Matrize ist neben der korrespondierenden Ziehsicke ein separates, bewegliches und elastisch abgestütztes Matrizenmodul angeordnet, welches während des Tiefziehvorgangs in Blechmaterialeinlaufrichtung vor der Ziehwulst-Ziehsicke-Kombination unmittelbar eine definierte Normalkraft auf das Blechmaterial ausübt, woraus an dieser Stelle eine Reibkraft am Blechmaterial resultiert. Hierdurch wird der Blechmaterialfluss zwischen Niederhalter und Matrize zusätzlich gehemmt.
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Die
DE 198 08 586 C2 beschreibt ein Ziehwerkzeug zum Ziehen vorzugsweise zylindrischer Näpfe aus Blech.
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Aus der
DE 102 33 008 A1 sind ein Verfahren zur Materialflusssteuerung beim Tiefziehen von Blechen sowie ein Tiefziehwerkzeug bekannt.
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Die
DE 102 09 475 A1 betrifft eine Vorrichtung zum Verändern eines Materialflusses im Randbereich eines tief zu ziehenden Werkstücks während eines Tiefziehvorganges.
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Abschließend sind aus der
DE 199 53 751 A1 ein Verfahren und eine Vorrichtung zur passiven Ziehstabsteuerung für Tiefziehwerkzeuge bekannt. Eine Aufgabe der Erfindung ist es, den Blechmaterialfluss in einem Tiefziehwerkzeug zur Blechumformung mit einer zwischen Niederhalter und Matrize wirksamen Rückhalteeinrichtung zu optimieren.
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Diese Aufgabe wird gelöst durch ein Tiefziehwerkzeug mit den Merkmalen des Anspruchs 1. Vorteilhafte und bevorzugte Weiterbildungen sind Gegenstand der abhängigen Ansprüche. Die Verwendung des erfindungsgemäßen Tiefziehwerkzeugs zur Herstellung eines Karosseriebauteils für ein Kraftfahrzeug ist Gegenstand des nebengeordneten Anspruchs.
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Zur Lösung der Aufgabe wird ein Tiefziehwerkzeug zur Blechumformung mit einem Ziehstempel, einem Niederhalter und einer Matrize vorgeschlagen, wobei zwischen der Matrize und dem Ziehstempel ein Ziehspalt ausgebildet ist, sowie mit wenigstens einer zwischen Niederhalter und Matrize wirksamen Rückhalteeinrichtung zur Hemmung des Blechmaterialflusses, und mit wenigstens einem am Niederhalter und/oder der Matrize angeordneten und unmittelbar auf das umzuformende Blechmaterial einwirkenden Kraftstellelement zur definierten Erzeugung einer lokalen, den Blechmaterialfluss hemmenden Reibkraft. Erfindungsgemäß ist vorgesehen, dass wenigstens ein solches Kraftstellelement zwischen der Rückhalteeinrichtung und dem Ziehspalt angeordnet ist.
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Ein Kraftstellelement ist maßgeblich durch seine Funktion definiert, nämlich im Wesentlichen unabhängig vom Niederhalter oder der Matrize eine definierte Flächenpressung auf das umzuformende Blechmaterial, insbesondere auf das zwischen Niederhalter und Matrize während des Tiefziehvorgangs eingeklemmte Blechmaterial, ausüben zu können. Bevorzugt ist ein Kraftstellelement als separate Komponente ausgebildet.
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Die Angabe „zwischen“ umfasst einen Werkzeugbereich, der durch die Beabstandung von Rückhalteeinrichtung und Ziehspalt gebildet ist. Diese Beabstandung kann z.B. in Richtung des Blechmaterialflusses bemessen werden.
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Die nachfolgenden Ausführungen als auch die abhängigen Ansprüche betreffen ein solches, zwischen der Rückhalteeinrichtung und dem Ziehspalt angeordnetes Kraftstellelement.
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Der Ziehstempel, der Niederhalter und/oder die Matrize können einteilig oder mehrteilig ausgebildet sein.
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Die zwischen Niederhalter und Matrize wirksame Rückhalteeinrichtung dient ergänzend zur wirksamen Reibkraft dem Hemmen bzw. Bremsen des Blechmaterialflusses zwischen Niederhalter und Matrize in Richtung auf den Ziehspalt. Bevorzugt umfasst eine Rückhalteeinrichtung korrespondierende Rückhalteelemente, die am Niederhalter und der Matrize angeordnet sind.
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Erfindungsgemäß ist das Kraftstellelement in Blechmaterialflussrichtung nicht vor, sondern nach einer Rückhalteeinrichtung angeordnet. Das Kraftstellelement wirkt mit wenigstens einer Kontaktfläche unmittelbar auf das umzuformende Blechmaterial ein. Mittels der Kontaktfläche wird auf das Blechmaterial eine Normalkraft (genau genommen eine Flächenpressung) aufgebracht, woraus eine lokale, den Blechmaterialfluss zusätzlich bzw. ergänzend hemmende Reibkraft resultiert. Eine Kontaktfläche des Kraftstellelements kann aus dem selben Werkstoff wie die Wirkflächen des Niederhalters oder der Matrize oder aus einem anderen Werkstoff gebildet sein. Zudem kann eine Kontaktfläche gehärtet und/oder beschichtet sein.
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In vorteilhafter Weise ermöglicht ein zwischen Rückhalteeinrichtung und Ziehspalt angeordnetes Kraftstellelement zuverlässig eine definierte Hemmung des Blechmaterialflusses in diesem Bereich. In Blechmaterialflussrichtung weist das umzuformende Blechmaterial nach der Rückhalteeinrichtung keine konstant reproduzierbaren Eigenschaften auf. So variiert insbesondere die Blechmaterialdicke nach der Rückhalteeinrichtung. Gemäß dem Stand der Technik wird daher der Bereich zwischen Rückhalteeinrichtung und Ziehspalt häufig nicht oder mit nur geringem Aufwand eingearbeitet, wie z.B. eintuschiert. Hiermit ist insbesondere das Einstellen eines reibungsbegründenden Abstandes zwischen Niederhalter und Matrize gemeint.
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Aufgrund der erfindungsgemäßen Anordnung eines Kraftstellelements kann nunmehr auch in dem Bereich zwischen Rückhalteeinrichtung und Ziehspalt zuverlässig eine definierte Reibkraft erzeugt werden, wodurch die Hemmung des Blechmaterialflusses im Gesamten erhöht und dadurch optimiert werden kann. Dies ermöglicht auch ein weitergehendes Einlaufen des Flanschaußenrands zwischen Niederhalter und Matrize in Richtung des Ziehspalts. In der Folge kann somit z.B. auf einen kleineren Platinenzuschnitt zurückgegriffen werden, wodurch Material und Kosten eingespart werden. Mittels einer Steuerung oder Regelung des Kraftstellelements kann der Blechmaterialfluss während des Tiefziehvorgangs verändert und angepasst werden, so dass z.B. auf die aus dem Stand der Technik bekannten, variablen Ziehwulste, die besonders verschleißanfällig sind, verzichtet werden kann. Dies wird im Zusammenhang mit einer bevorzugten Weiterbildung noch ausführlicher erläutert.
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Gemäß einer bevorzugten Weiterbildung ist vorgesehen, dass das Kraftstellelement beweglich im Niederhalter oder in der Matrize gelagert ist. Die Bewegungsrichtung ist bevorzugt senkrecht zur Blechmaterialflussrichtung. Der Niederhalter oder die Matrize sind für diese Lagerung eines Kraftstellelements entsprechend hergerichtet und weisen z.B. eine Ausnehmung zur Aufnahme des Kraftstellelements auf. Insbesondere ist vorgesehen, dass entsprechende Lager- und/oder Stützflächen im Niederhalter oder in der Matrize angeordnet sind. Eine Stützfläche kann z.B. in Art eines Widerlagers ausgebildet sein, an dem sich das Kraftstellelement z.B. mit seinem der Kontaktfläche entgegengesetzten Ende (Fußbereich) abstützt. Die Lager- und/oder Stützflächen im Niederhalter oder der Matrize sind konstruktiv, z.B. durch Verstärkung, zur Aufnahme der sich einstellenden Kräfte ausgelegt. An den Lagerflächen können zusätzliche Lagerelemente, wie z.B. Bronzeplatten, angeordnet sein.
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Gemäß einer bevorzugten Weiterbildung ist vorgesehen, dass das Kraftstellelement mittels wenigstens einer gummielastischen Feder kraftbeaufschlagt ist. Die Kraftbeaufschlagung bewirkt eine Normalkraft in Richtung auf das umzuformende Blechmaterial. Die gummielastische Feder kann z.B. zwischen dem Fußbereich und einer Stützfläche im Niederhalter oder der Matrize angeordnet sein und ermöglicht ein elastisches Ein- und Ausfedern des Kraftstellelements, wodurch dieses während des Tiefziehvorgangs eine beständige Normalkraft auf das umzuformende Blechmaterial ausübt. Gummielastische Federn sind als Zubehörteile am Markt erhältlich.
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Gemäß einer bevorzugten Weiterbildung ist vorgesehen, dass das Kraftstellelement pneumatisch oder mittels Gasdruck kraftbeaufschlagt ist. Auch hierdurch kann eine federähnliche Wirkung erzielt werden. Die Kraftbeaufschlagung kann z.B. mittels einer im Niederhalter oder in der Matrize integrierte Pneumatikeinrichtung erfolgen. Bevorzugt erfolgt die Kraftbeaufschlagung mittels einer oder mehrerer Gasdruckfedern, die z.B. zwischen dem Fußbereich und einer Stützfläche im Niederhalter oder der Matrize angeordnet sind. Gasdruckfedern sind als Zubehörteile am Markt erhältlich.
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Gemäß einer bevorzugten Weiterbildung ist vorgesehen, dass das Kraftstellelement hydraulisch kraftbeaufschlagt ist. Dies kann mittels einer im Niederhalter oder der Matrize integrierten Hydraulik erfolgen, oder durch einen oder mehrere separate Hydraulikzylinder, die z.B. zwischen dem Fußbereich und einer Stützfläche im Niederhalter oder der Matrize angeordnet sind. Je nach Regelung der Hydraulik oder der Hydraulikzylinder kann eine federähnliche Wirkung erzielt werden.
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Selbstverständlich lassen sich in dem erfindungsgemäßen Tiefziehwerkzeug die vorstehend beschriebenen Maßnahmen zur Kraftbeaufschlagung eines Kraftstellelements auch miteinander kombinieren.
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Gemäß einer bevorzugten Weiterbildung ist vorgesehen, dass die Kraftbeaufschlagung des Kraftstellelements gesteuert oder geregelt ist. Dadurch kann die Aufbringung einer Normalkraft auf das umzuformende Blechmaterial während des Tiefziehvorgangs mittels des Kraftstellelements bzw. mittels dessen Kontaktfläche verändert werden. Bei der Steuerung erfolgt die Kraftbeaufschlagung z.B. in Abhängigkeit vom Ziehweg durch Vorgabe eines Kraftwertes und/oder eines Stellwegs. Bei der Regelung wird die Kraftbeaufschlagung zusätzlich in einen Regelkreis eingebunden. Durch Steuerung und/oder Regelung der Kraftbeaufschlagung kann der Blechmaterialfluss während des Tiefziehvorgangs soweit beeinflusst werden, dass auf herkömmliche, gleichwirkende Maßnahmen verzichtet werden kann, wie z.B. auf variable und äußerst verschleißanfällige Ziehwulste. Dies schließt jedoch die Verwendung variabler Ziehwulste im erfindungsgemäßen Tiefziehwerkzeug nicht aus.
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Gemäß einer bevorzugten Weiterbildung ist ein mechanischer Anschlag für das Kraftstellelement vorgesehen. Der mechanische Anschlag begrenzt einen Stellweg des Kraftstellelements in Richtung auf das umzuformende Blechmaterial. Ist das Kraftstellelement hydraulisch kraftbeaufschlagt, so kann der Anschlag auch durch eine hydraulische Stellwegbegrenzung gebildet sein.
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Gemäß einer bevorzugten Weiterbildung ist vorgesehen, dass wenigstens ein Langloch im Kraftstellelement zur Befestigung am Niederhalter oder an der Matrize umfasst ist. Ein Sicherungsmittel, wie z.B. ein Führungsstift, bewirkt durch dieses Langloch hindurch eine bewegliche Befestigung des Kraftstellelements.
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Gemäß einer bevorzugten Weiterbildung ist vorgesehen, dass das Kraftstellelement unmittelbar an den Ziehspalt oder an einen Spalt zwischen Niederhalter und Ziehstempel angrenzt. Dies ermöglicht z.B. eine einfache Montage und Demontage des Kraftstellelements.
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Bevorzugt ist hierbei vorgesehen, dass das Kraftstellelement im Niederhalter angeordnet und gegen den Ziehstempel abgestützt ist. Der Blechmaterialfluss in Richtung des Ziehspalts übt über die Reibkraftkopplung eine Querkraft in Richtung des Ziehspalts und ein Kippmoment auf das Kraftstellelement aus. Die Querkraft und das Kippmoment lassen sich werkzeugtechnisch elegant am Ziehstempel abstützen, so dass am Niederhalter keine diesbezüglichen Maßnahmen zu ergreifen sind. Die Abstützung am Ziehstempel kann z.B. durch eine Führungsplatte oder dergleichen erfolgen.
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Ferner ist bevorzugt vorgesehen, dass das Kraftstellelement den Bereich zwischen der Rückhalteeinrichtung und dem Ziehspalt oder zwischen der Rückhalteeinrichtung und dem Spalt zwischen Niederhalter und Ziehstempel im Wesentlichen vollständig einnimmt bzw. abdeckt. Hierdurch kann dieser Bereich bestmöglich zur Beeinflussung des Blechmaterialflusses genutzt werden.
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Gemäß einer bevorzugten Weiterbildung ist vorgesehen, dass die Rückhalteeinrichtung als Ziehstufe ausgebildet ist. Dies wird nachfolgend im Zusammenhang mit den Figuren näher erläutert.
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Gemäß einer anderen bevorzugten Weiterbildung ist vorgesehen, dass die Rückhalteeinrichtung als Ziehwulst-Ziehsicke-Kombination ausgebildet ist. Eine Ziehwulst weist insbesondere einen im Wesentlichen rechteckigen Querschnitt auf. Eine solche Rückhalteeinrichtung wurde eingangs erläutert. Die Ziehwulst kann zudem als variable Ziehwulst ausgebildet sein, wie ebenfalls eingangs erläutert.
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Selbstverständlich können in dem erfindungsgemäßen Tiefziehwerkzeug auch verschiedene Rückhalteeinrichtungen miteinander kombiniert werden.
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Nachfolgend wird die Erfindung beispielhaft anhand der Figuren näher erläutert. Es zeigen:
- 1 einen Tiefziehvorgang in einem einfachen Tiefziehwerkzeug gemäß dem Stand der Technik, in einer schematischen Schnittansicht;
- 2 ein erfindungsgemäßes Tiefziehwerkzeug während eines Tiefziehvorgangs, in einer schematischen Teil-Schnittansicht;
- 3 eine Abwandlung des erfindungsgemäßen Tiefziehwerkzeugs aus 2, in einer schematischen Teil-Schnittansicht; und
- 4 ein Kraftstellelement eines erfindungsgemäßen Tiefziehwerkzeugs nach den 2 oder 3, in einer perspektivischen Ansicht.
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1 zeigt ein einfaches Tiefziehwerkzeug 10 gemäß dem Stand der Technik. Dieses umfasst einen Ziehstempel 12, einen Niederhalter 14 und eine Matrize 16. Ein umzuformendes Blechmaterial 18 wird vom Niederhalter 14 auf die Matrize 16 gedrückt und somit zwischen Niederhalter 14 und Matrize 16 eingeklemmt. Der Ziehstempel 12 bewegt sich relativ zur Matrize 16 und zieht hierbei das Blechmaterial 18 durch eine Öffnung 20 in der Matrize 16, wobei ein dreidimensionales Blechformteil gebildet wird. Dies wird als Tiefziehvorgang bezeichnet. Eine Relativbewegung zwischen Ziehstempel 12 und Matrize 16 ist mit einem Pfeil P angegeben. Während des Tiefziehvorgangs gleitet das Blechmaterial 18 über die Ziehkante 22 am Öffnungsrand der Öffnung 20. Zwischen dem Ziehstempel 12 und der Matrize 16 ist ein so genannter Ziehspalt 24 erforderlich.
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2 zeigt ein erfindungsgemäßes Tiefziehwerkzeug 10. Gleiche Komponenten und Elemente sind hier mit gleichen Bezugszeichen versehen. Dargestellt ist nur ein Ausschnitt des Tiefziehwerkzeugs 10, der einen Teil des Ziehstempels 12 und Abschnitte des Niederhalters 14 und der Matrize 16 zeigt. Zudem ist die Darstellung nicht maßstabsgetreu.
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Zwischen dem Niederhalter 14 und der Matrize 16 ist eine Rückhalteeinrichtung 25 wirksam, welche den Blechmaterialfluss des Blechmaterials 18 zwischen dem Niederhalter 14 und der Matrize 16 in Richtung auf den Ziehspalt 24 hemmt bzw. bremst, was auch als Rückhalten des Blechmaterials 18 bezeichnet wird.
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Die Rückhalteeinrichtung 25 ist aus einer im Niederhalter 14 angeordneten Ziehwulst 26 und einer korrespondierenden, in der Matrize 16 ausgebildeten Ziehsicke 28 gebildet. Abweichend zu dem gezeigten Beispiel kann die Ziehwulst 26 auch in der Matrize 16 und die Ziehsicke 28 im Niederhalter 14 angeordnet sein. Während des Tiefziehvorgangs wird das Blechmaterial 18 durch die Ziehsicke 28 um die Ziehwulst 26 herum gelenkt, wodurch der Blechmaterialfluss gehemmt wird. Eine Rückhalteeinrichtung 25 ist in kritischen Werkzeugbereichen angeordnet, in denen ansonsten das Blechmaterial 18 unerwünscht leicht über die Ziehkante 22 einlaufen würde, was nachteiligen Einfluss auf das hergestellte Blechformteil hat. Das Tiefziehwerkzeug 10 kann mehrere solcher Rückhalteeinrichtungen umfassen. Ergänzend zu dem gezeigten Beispiel kann die Ziehwulst 26 als in der Höhe variable Ziehwulst ausgebildet sein, um hierdurch die Hemmung des Blechmaterialflusses während des Tiefziehvorgangs beeinflussen zu können.
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Im Niederhalter 14 ist gemäß der Darstellung linksseitig der Rückhalteeinrichtung 25 ein in der Höhe bewegliches Kraftstellelement 30 angeordnet. In Blechmaterialflussrichtung ist das Kraftstellelement 30 nach der Rückhalteeinrichtung 25 und vor dem Ziehspalt 24 angeordnet. Dieses Kraftstellelement 30 weist eine Kontaktfläche 32 auf, die zwischen der Rückhalteeinrichtung 25 und dem Ziehspalt 24 auf das Blechmaterial 18 unmittelbar eine Kraft F in Normalenrichtung ausübt, um in diesem Bereich eine lokale, definierte Reibkraft R zu erzeugen, wodurch der Blechmaterialfluss direkt in diesem Bereich gehemmt wird.
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Der Einsatz eines solchen Kraftstellelements 30 zwischen der Rückhalteeinrichtung 25 und dem Ziehspalt 24 hat den Vorteil, dass auf eine aufwändige Einarbeitung des Tiefziehwerkzeugs, wie z.B. ein Tuschieren, in diesem Bereich verzichtet werden kann und dennoch für das umzuformende Blechmaterial 18 eine optimale Reibwirkung in diesem Bereich erzielt wird, was sich vorteilhaft auf das herzustellende Blechformteil, wie z.B. dessen Zargenfestigkeit, auswirkt. Da wegen des Kraftstellelements 30 während des Tiefziehvorgangs auf das zwischen Niederhalter 14 und Matrize 16 eingeklemmte Blechmaterial 18 selbst dann noch eine Reibkraft einwirkt, wenn sich zu einem fortgeschrittenen Zeitpunkt das äußere Ende des Blechmaterials 18 (so genannter Flanschaußenrand) nahe des Ziehspalts 24 befindet, kann im Ergebnis auf einen kleineren Platinenzuschnitt zurückgegriffen werden, wodurch Blechmaterial 18 eingespart aber auch das Tiefziehwerkzeug 10 insgesamt kleiner und leichter ausgelegt werden kann. In Versuchen konnte z.B. eine umlaufende Verkleinerung der Platine um 15 mm erreicht werden.
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Das Kraftstellelement 30 ist mittels einer gummielastischen Feder 34 kraftbeaufschlagt. Die gummielastische Feder 34 ist zwischen einem Fußbereich des Kraftstellelements 30 und einer als Widerlager dienenden Stützfläche 36 im Niederhalter 14 angeordnet und kann dort z.B. klemmend fixiert oder an das Kraftstellelement 30 angeschraubt sein. Die gummielastische Feder 34 bewirkt ein gegenüber dem Niederhalter 14 elastisches Ein- und Ausfedern des Kraftstellelements 30 in Richtung der Kraft F, bzw. entgegen dieser Richtung. Dadurch wird sichergestellt, dass während des Tiefziehvorgangs die Kontaktfläche 32 des Kraftstellelements stets das umzuformende Blechmaterial 18 kontaktiert und eine Kraft F (genau genommen eine Flächenpressung) auf dieses ausübt. Eine Bewegung des Kraftstellelements 30 in Richtung der Kraft F ist durch einen mechanischen Anschlag 38 begrenzt. Zudem sind im Niederhalter 14 Führungsflächen 40 zur Führung des Kraftstellelements 30 ausgebildet, die mit korrespondierenden Führungsflächen 40a (vgl. 4) am Kraftstellelement 30 zusammenwirken.
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Je nach Größe und Anordnung des Kraftstellelements 30 können mehrere gummielastischer Federn 34 vorgesehen sein. Abweichend zu dem gezeigten Beispiel kann anstelle der gummielastischen Feder 34 auch eine Gasdruckfeder oder eine Vielzahl von Gasdruckfedern vorgesehen sein. Ferner ist auch eine pneumatische und/oder hydraulische Kraftbeaufschlagung des Kraftstellelements 30 möglich, wozu z.B. Pneumatik- und/oder Hydraulikzylinder (oder vergleichbare Einrichtungen) in den Niederhalter 14 eingesetzt werden können. Hierdurch ergibt sich die Möglichkeit, die Kraftaufbringung mittels des Kraftstellelements 30 durch Vorgabe eines Kraftwertes und/oder eines Stellwegs desselbigen zu steuern oder sogar zu regeln. Abweichend zu dem gezeigten Beispiel kann das Kraftstellelement 30 ebenso in der Matrize 16 angeordnet sein.
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Da das umzuformende Blechmaterial 18, aufgrund des sich während des Tiefziehvorgangs einstellenden Blechmaterialflusses, über die Reibkopplung an der Kontaktfläche 32 auf das Kraftstellelement 30 eine Querkraft und ein Kippmoment ausübt, sind entsprechende Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Das Abfangen einer Querkraft und eines Kippmoments gelingt sehr gut durch eine Abstützung des Kraftstellelements 30 am Ziehstempel 12. Hierzu ist das Kraftstellelement 30 unmittelbar benachbart zu einem Spalt 42 zwischen Niederhalter 14 und Ziehstempel 12 angeordnet und mittels wenigstens einer Führungsplatte 44 oder dergleichen, wie z.B. einer Bronzeplatte, abgestützt.
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3 zeigt eine alternative Ausführungsform einer Rückhalteeinrichtung 25. Diese ist hier in Form einer Ziehstufe ausgebildet, die das umzuformende Blechmaterial 18 durchlaufen muss, wodurch der Blechmaterialfluss gehemmt wird. Eine solche Ziehstufe lässt sich werkzeugtechnisch einfacher als eine Ziehwulst-Ziehsicke-Kombination realisieren. Weiterhin ist hier abweichend zum Beispiel der 2 die Führungsplatte 44 am Ziehstempel 12 angeordnet. Hierzu ist der Ziehstempel 12 z.B. mit einer Ausfräsung oder dergleichen versehen, in welche die Führungsplatte 44 eingesetzt ist, was zu einem sehr stabilen und robusten Werkzeugaufbau führt. Ferner kann der Spalt 42 zwischen Niederhalter 14 und Ziehstempel 12 in vorteilhafter Weise verringert und das Kraftstellelement 30, bzw. dessen Kontaktfläche 32, vergrößert werden. Eine solche Anordnung der Führungsplatte 44 lässt sich auch am Beispiel der 2 umsetzen. Ansonsten gelten für das Beispiel der 3 sinngemäß die obigen Ausführungen zum Beispiel der 2.
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Alternativ zu den beiden in 2 und 3 gezeigten Beispielen kann eine Rückhalteeinrichtung auch anders gestaltet werden, wozu auf die einschlägige Fachliteratur verwiesen wird.
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In der Draufsicht auf den Niederhalter 14 (oder die Matrize 16) korreliert die Länge des Kraftstellelements 30 mit der Länge einer benachbarten Rückhalteeinrichtung 25. D.h. das Kraftstellelement 30 erstreckt sich in etwa über eine selbe Länge wie die benachbarte Rückhalteeinrichtung 25. Das Kraftstellelement 30 kann aber auch mehrere Rückhalteeinrichtungen 25 überdecken, z.B. falls diese punktuell ausgebildet sind. Das Kraftstellelement 30 kann jedoch auch länger oder kürzer als die benachbarte Rückhalteeinrichtung 25 ausgebildet sein. Das erfindungsgemäße Umformwerkzeug 10 kann mehrere solcher Kraftstellelemente 30 aufweisen, die z.B. an unterschiedlichen Positionen oder auch unmittel benachbart zueinander angeordnet sein können. Falls mehrere Rückhalteeinrichtungen 25 im Tiefziehwerkzeug 10 umfasst sind, muss nicht jeder ein benachbartes Kraftstellelement 30 aufweisen.
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4 zeigt ein Kraftstellelement 30, wie dieses in den Tiefziehwerkzeugen 10 der 2 und 3 angeordnet werden kann. Das Kraftstellelement 30 ist einteilig ausgebildet, kann jedoch auch mehrteilig ausgebildet sein. Das Kraftstellelement 30 weist eine hier lediglich beispielhaft konvex ausgebildete Kontaktfläche 32 auf. Das Kraftstellelement 30 ist ferner mit einem zum mechanischen Anschlag 38 (vgl. 2) korrespondierenden Anschlag 38a und mit einer zur Führungsfläche 40 im Niederhalter 14 korrespondierenden Führungsfläche 40a ausgebildet. Zudem können auch weitere Kontaktflächen am Niederhalter 14 und/oder dem Kraftstellelement 30 als Führungsflächen ausgebildet sein.
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Am Fußbereich des Kraftstellelements 30 sind beispielhaft zwei gummielastische Federn 34 angeordnet, z.B. angeschraubt. Auf der in dieser Perspektive nicht sichtbaren Rückseite des Kraftstellelements 30 ist die Führungsplatte 44 angeordnet, z.B. angeschraubt, mittels derer sich das Kraftstellelement 30 während des Tiefziehvorgangs gegen den nicht dargestellten Ziehstempel 12 relativbeweglich abstützt. Wie oben im Zusammenhang mit 3 erläutert, besteht auch die Möglichkeit, die Führungsplatte 44 am Ziehstempel 12 anzuordnen. Zudem lassen sich diese Anordnungskonzepte einer Führungsplatte 44 auch kombinieren.
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Zur Befestigung des Kraftstellelements 30 am Niederhalter 14 sind Langlöcher 46 vorgesehen, durch die ein nicht näher dargestelltes Sicherungsmittel wie z.B. ein Sicherungsstift oder eine Sicherungsschraube durchgreifen kann, wodurch eine längsbewegliche Befestigung des Kraftstellelements 30 im Niederhalter 14 ermöglicht wird.
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Bezugszeichenliste
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Tiefziehwerkzeug mit Rückhalteeinrichtung und Kraftstellelement
- 10
- Tiefziehwerkzeug
- 12
- Ziehstempel
- 14
- Niederhalter
- 16
- Matrize
- 18
- umzuformendes Blechmaterial
- 20
- Öffnung
- 22
- Ziehkante
- 24
- Ziehspalt
- 25
- Rückhalteeinrichtung
- 26
- Ziehwulst
- 28
- Ziehsicke
- 30
- Kraftstellelement
- 32
- Kontaktfläche
- 34
- gummielastische Feder
- 36
- Stützfläche
- 38 (a)
- mechanischer Anschlag
- 40 (a)
- Führungsfläche
- 42
- Spalt
- 44
- Führungsplatte
- 46
- Langloch
- F
- Kraft
- P
- Relativbewegung Ziehstempel / Matrize
- R
- Reibkraft