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Die
vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zum Betreiben einer
Hörvorrichtung
durch Verstärken
eines Eingangsschalls zu einem Ausgangsschall und Kompensieren einer
durch den Ausgangsschall hervorgerufenen Rückkopplung in einem vorgegebenem
Maß. Darüber hinaus
betrifft die vorliegende Erfindung eine Hörvorrichtung mit einer Verstärkungseinrichtung
zum Verstärken
eines Eingangsschalls zu einem Ausgangsschall und einer Rückkopplungskompensationseinrichtung
zum Kompensieren einer durch den Ausgangsschall hervorgerufenen
Rückkopplung
in einem vorgegebenen Maß. Unter
dem Begriff Hörvorrichtung
wird hier jedes im oder am Ohr bzw. am Kopf tragbare, schallausgebende
Gerät verstanden,
insbesondere ein Hörgerät, ein Headset,
Kopfhörer
und dergleichen.
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Hörgeräte sind
tragbare Hörvorrichtungen, die
zur Versorgung von Schwerhörenden
dienen. Um den zahlreichen individuellen Bedürfnissen entgegenzukommen,
werden unterschiedliche Bauformen von Hörgeräten wie Hinter-dem-Ohr-Hörgeräte (HdO),
Hörgerät mit externem
Hörer (RIC:
receiver in the canal) und In-dem-Ohr-Hörgeräte (IdO), z. B. auch Concha-Hörgeräte oder
Kanal-Hörgeräte (ITE, CIC),
bereitgestellt. Die beispielhaft aufgeführten Hörgeräte werden am Außenohr oder
im Gehörgang getragen.
Darüber
hinaus stehen auf dem Markt aber auch Knochenleitungshörhilfen,
implantierbare oder vibrotaktile Hörhilfen zur Verfügung. Dabei
erfolgt die Stimulation des geschädigten Gehörs entweder mechanisch oder
elektrisch.
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Hörgeräte besitzen
prinzipiell als wesentliche Komponenten einen Eingangswandler, einen Verstärker und
einen Ausgangswandler. Der Eingangswandler ist in der Regel ein
Schallempfänger, z.
B. ein Mikrofon, und/oder ein elektromagnetischer Empfänger, z.
B. eine Induktionsspule. Der Ausgangswandler ist meist als elektroakustischer
Wandler, z. B. Miniaturlaut sprecher, oder als elektromechanischer
Wandler, z. B. Knochenleitungshörer,
realisiert. Der Verstärker
ist üblicherweise
in eine Signalverarbeitungseinheit integriert. Dieser prinzipielle Aufbau
ist in 1 am Beispiel eines Hinterdem-Ohr-Hörgeräts dargestellt.
In ein Hörgerätegehäuse 1 zum
Tragen hinter dem Ohr sind ein oder mehrere Mikrofone 2 zur
Aufnahme des Schalls aus der Umgebung eingebaut. Eine Signalverarbeitungseinheit 3,
die ebenfalls in das Hörgerätegehäuse 1 integriert
ist, verarbeitet die Mikrofonsignale und verstärkt sie. Das Ausgangssignal
der Signalverarbeitungseinheit 3 wird an einen Lautsprecher
bzw. Hörer 4 übertragen,
der ein akustisches Signal ausgibt. Der Schall wird gegebenenfalls über einen
Schallschlauch, der mit einer Otoplastik im Gehörgang fixiert ist, zum Trommelfell
des Geräteträgers übertragen.
Die Energieversorgung des Hörgeräts und insbesondere
die der Signalverarbeitungseinheit 3 erfolgt durch eine
ebenfalls ins Hörgerätegehäuse 1 integrierte
Batterie 5.
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Wenn
ein Hörgerät benutzt
werden soll, wird es in der Regel zunächst eingeschaltet und dann
in das Ohr eingesetzt. Bedingt durch die Hände am Hörgerät bzw. am Ohr verändern sich
die Rückkopplungsbedingungen
des Hörgeräts. Meist
wird der Grad der Rückkopplung
durch die Hände
erhöht.
Je nach eingestellter oder gewählter
Verstärkung
des Hörgeräts kommt
es daher bei dem Vorgang des Einsetzens des Hörgeräts vielfach zu Rückkopplungspfeifen.
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Bisher
wurde dieses Problem des Rückkopplungspfeifens
beim Einsetzen dadurch gelöst,
dass das Hörgerät nach dem
Einschaltvorgang noch für eine
gewisse Zeit stummgeschaltet bleibt. Diese Zeit ist so großzügig bemessen,
dass der Einsetzvorgang in der Regel abgeschlossen ist, bevor das
Hörgerät sich endgültig aktiviert.
Nachteilig an dieser zeitweisen Stummschaltung ist, dass dem Hörgeräteträger während des
Einsetzvorgangs die Rückmeldung fehlt,
ob er das Hörgerät tatsächlich korrekt
aktiviert hat bzw. ob er das Hörgerät korrekt
eingesetzt hat. Eine häufige
Konsequenz ist das manuelle Nachjustieren des Hörgeräts in der Annahme, den vermeintli chen
Fehler beheben zu können.
Im Moment der vollständigen
Aktivierung des Hörgeräts kann
es daher wieder zu Rückkopplungspfeifen
kommen.
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In
einer Abwandlung obiger Lösung
wird während
der Stummschaltezeit ein im Hörgerät generiertes
Signal (z. B. Melodie) ausgegeben. Dies ist für den Hörgeräteträger ein sicheres Zeichen, dass das
Hörgerät aktiviert
wurde. Allerdings wird ein derartiges Abspielen eines künstlichen
Signals von den Hörgeräteträgern häufig abgelehnt.
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Die
Aufgabe der vorliegenden Erfindung besteht somit darin, den Vorgang
des Anbringens einer Hörvorrichtung
an ein Ohr im Hinblick auf Rückkopplungsartefakte
komfortabler zu gestalten.
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Erfindungsgemäß wird diese
Aufgabe gelöst durch
ein Verfahren zum Betreiben einer Hörvorrichtung durch
- – Verstärken eines
Eingangsschalls zu einem Ausgangsschall und
- – Kompensieren
einer durch den Ausgangsschall hervorgerufenen Rückkopplung in einem vorgegebenen
Maß,
wobei
- – in
einem vorbestimmten Zeitraum nach einem Einschalten der Hörvorrichtung
das Maß des Kompensierens
der Rückkopplung
gegenüber dem
vorgegebenen Maß automatisch
um einen Offset größer Null
erhöht
wird.
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Darüber hinaus
wird erfindungsgemäß bereitgestellt
eine Hörvorrichtung
mit
- – einer
Verstärkungseinrichtung
zum Verstärken eines
Eingangsschalls zu einem Ausgangsschall und
- – einer
Rückkopplungskompensationseinrichtung zum
Kompensieren einer durch den Ausgangsschall hervorgerufenen Rückkopplung
in einem vorgegebenen Maß,
wobei
- – mit
der Rückkopplungskompensationseinrichtung
automatisch in einem vorbestimmten Zeitraum nach einem Einschalten
der Hörvorrichtung das
Maß des
Kompensierens der Rückkopplung gegenüber dem
vorgegebenen Maß um
einen Offset größer Null
erhöht
wird.
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In
vorteilhafter Weise wird somit beim Einschalten der Hörvorrichtung
die Rückkopplung
entsprechend dem Offset zusätzlich
reduziert bzw. kompensiert (ganz oder teilweise). Durch diese zusätzliche
Reduktion von Rückkopplungsartefakten
kann beispielsweise vermieden werden, dass für eine prognostizierte Einsetzzeit
eines Hörgeräts in ein
Ohr Rückkopplungspfeifen
auftritt.
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Vorzugsweise
ist das vorgegebene Maß des Kompensierens
der Rückkopplung
ein für
den Normalbetrieb der Hörvorrichtung
festgelegter Maximalwert. Dies bedeutet, dass für den üblichen Betrieb der Hörvorrichtung
ein Maximalwert der Rückkopplungskompensation
festgelegt wird, bei dem die störenden
Artefakte gerade noch akzeptabel sind. Für die Phase des Einsetzens
kann dann dieser Maximalwert um den Offset überschritten werden, denn in dieser
Phase werden die durch den Kompensationsalgorithmus hervorgerufenen
Artefakte weniger störend
sein als das Rückkopplungspfeifen.
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Der
Offset kann für
einen vorbestimmten Zeitraum konstant sein. Dies ist dann vorteilhaft, wenn
die Hand während
der gesamten Phase des Anbringens der Hörvorrichtung in oder an das
Ohr gleichbleibend hohe Rückkopplungen
provoziert.
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Gemäß einer
alternativen Ausführungsform kann
der Offset auch für
den vorbestimmten Zeitraum von einem Anfangswert auf Null abnehmen.
Dadurch ergeben sich am Ende der Phase des Anbringens der Hörvorrichtung
keine sprunghaften Übergänge zum Normalbetrieb.
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Des
Weiteren kann der vorbestimmte Zeitraum, in dem das Kompensieren
nach dem Einschalten zusätzlich
erhöht
ist, für
einen Nutzer individuell in der Hörvorrichtung einstellbar sein.
Damit kann dem Zeitbedarf, den ein einzelner Nutzer zum Anbringen
der Hörvorrichtung
bzw. des Hörgeräts hat, individuell
Rechnung getragen werden.
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Des
Weiteren kann auch das zeitliche Profil des Offset in der Hörvorrichtung
aus mehreren Profilen auswählbar
sein. Auch hierdurch kann der Nutzer bzw. Hörgeräteträger auch im Nachhinein selbständig entscheiden,
wie lange und in welcher Art er die zusätzliche Kompensation von Rückkopplungen nach
dem Einschalten nutzen will.
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Die
vorliegende Erfindung wird anhand der beigefügten Zeichnungen näher erläutert, in
denen zeigen:
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1 den
prinzipiellen Aufbau eines Hörgeräts gemäß dem Stand
der Technik;
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2 ein
Diagramm des zeitlichen Profils eines Offsets für eine Rückkopplungskompensation und
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3 ein
anderes zeitliches Profil des Offset für eine Rückkopplungskompensation.
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Die
nachfolgend näher
geschilderten Ausführungsbeispiele
stellen bevorzugte Ausführungsformen
der vorliegenden Erfindung dar. Sie beziehen sich auf das Einsetzen
eines Hörgeräts in ein
Ohr bzw. das Anbringen eines Hörgeräts an ein
Ohr.
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Die
Verstärkung
des Hörgeräts kann
so hoch eingestellt sein, dass sich das System nahe an der Stabilitätsgrenze
befindet, über
der das Hörgerät zu Pfeifen
beginnt. Die Hand am Hörgerät genügt dann beispielsweise,
um die Intensität
der Rückkopplung zu
erhöhen,
so dass die Stabilitätsgrenze überschritten
ist. Beim Einsetzen des Hörgeräts in das
Ohr bzw. Anbringen an das Ohr ist es jedoch notwendig, dass die
Hand für
eine gewisse Zeit am Hörgerät oder in
der Nähe
des Hörgeräts ist.
Daher ist erfindungsgemäß vorgeschlagen,
dass ein Feedbackkompensator, der die Rückkopplungseinflüsse reduziert
(ganz oder teilweise kompensiert), während der prognostizier ten
Einsetzzeit des Hörgeräts in das Ohr
auf eine besonders hohe Wirkstärke
geschaltet wird.
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Ein
konkretes Beispiel hierzu zeigt 2. Dort
ist die Erhöhung
der Wirkstärke
eines Rückkopplungskompensators
bzw. einer Rückkopplungskompensationseinrichtung
in ihrem zeitlichen Profil dargestellt. Während des üblichen Betriebs arbeitet der
Rückkopplungskompensationsalgorithmus
mit einer vorgegebenen Wirkstärke.
Dies bedeutet, dass die Rückkopplungswirkung
in einem bestimmten Maß,
d. h. ganz oder teilweise, reduziert wird. Diese vorgegebene Wirkstärke des
Rückkopplungskompensationsalgorithmus
kann eine Anfangswirkstärke beim
Einschalten oder beispielsweise auch eine maximale Wirkstärke sein.
Die maximale Wirkstärke wird – wie bereits
erwähnt – dadurch
festgelegt, dass sie eine Grenze darstellt, unterhalb der die Artefakte der
Rückkopplungskompensation
für den
Hörgeräteträger gerade
noch akzeptabel sind. Dieser Anfangs- oder Maximalwert der Wirkstärke der
Rückkopplungskompensation
ist in 2 im rechten Teil dargestellt. Die Erhöhung der
Wirkstärke
in diesem Normalbetrieb ist definitionsgemäß Null. In den Beispielen von 2 beginnt
der Normalbetrieb etwa nach 15 Sekunden. Zuvor in der Einschaltphase,
d. h. von null bis 15 Sekunden, ist die Wirkstärke um einen Offset erhöht.
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Im
vorliegenden Beispiel erfolgt eine maximale Erhöhung der Wirkstärke um das
Maß Eins.
Die Erhöhung,
d. h. der Offset der Wirkungsstärke,
bleibt während
der gesamten Einschaltzeit gleich. Am Ende der Einschaltphase geht
die Erhöhung
der Wirkstärke
sprunghaft bzw. sehr rasch auf Null zurück. Dies bedeutet, dass die
Wirkstärke
des Rückkopplungskompensationsalgorithmus
gegenüber
der Normalbetriebsphase nicht mehr erhöht ist: Die Normalbetriebsphase
beginnt.
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Die
Höhe des
Offset während
der Einschaltphase kann vorgegeben sein oder aber vom Hörgeräteträger in einem
gewissen Rahmen gewählt
werden. Auch die Einschaltphase kann vorbestimmt oder für den Hörgeräteträger variierbar
sein. Üblicherweise
wird der Hörgeräteträger die
Einschaltphase möglichst
kurz wählen,
damit er möglichst
kurz durch Artefakte, die die Wirkstärkeerhöhung des Feedbackkompensationsalgorithmus
mit sich bringt, belästigt wird.
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Das
rasche oder sprunghafte Reduzieren der Wirkstärkeerhöhung des Rückkompensationsalgorithmus
nach der Einschaltphase kann selbst zu Problemen bzw. Artefakten
führen.
Daher ist es unter Umständen
günstig,
wenn gemäß dem Beispiel
von 3 die Erhöhung
der Wirkstärke
des Kompensationsalgorithmus während
der Einschaltphase allmählich
reduziert wird. In dem konkreten Beispiel beginnt die Wirkstärke beim
Einschaltvorgang mit 100% Erhöhung
und wird dann linear auf null Prozent Erhöhung abgesenkt. Die Zeit für diesen
Absenkvorgang richtet sich auch hier nach der erwarteten Dauer für das Einsetzen
des Hörgeräts. Selbstverständlich können auch
andere Funktionen gewählt
werden, um die Erhöhung
zu senken, d. h. den Offset der Wirkstärke des Rückkopplungskompensationsalgorithmus
auf Null zu reduzieren. Bevorzugt werden hierzu stetige Funktionen
ohne Sprünge.
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Besonders
vorteilhaft an der Wirkstärkeerhöhung der
Rückkopplungskompensationseinrichtung während der
Einschaltphase ist, dass das Rückkopplungspfeifen
selbst bei stark ausgeprägten
Rückkopplungspfaden,
wie sie beim Einsetzen des Hörgeräts auftreten,
wirksam unterdrückt
wird. Darüber
hinaus nimmt der Hörgeräteträger sofort
wahr, ob er das Hörgerät korrekt
aktiviert hat, denn er erhält
bereits beim Einsetzen Ausgangsschallsignale von seinem Hörgerät. Ferner
kann er unmittelbar nach dem Einsetzen des Hörgeräts, d. h. auch schon in der
Einschaltphase des Hörgeräts, seine
Umgebung akustisch wahrnehmen, auch wenn die besonders hohe Wirkstärke des
Rückkopplungskompensators
gegebenenfalls neue Artefakte hervorruft, was aber zeitlich limitiert
ist.
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- 1
- Hörgerätegehäuse
- 2
- Mikrofon
- 3
- Signalverarbeitungseinheit
- 4
- Lautsprecher
bzw. Hörer
- 5
- Batterie