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Die
Erfindung betrifft einen Blasenfüllstandssensor
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Die
Harnblase, die beim Menschen im Unterbauch direkt hinter der Symphyse
(Schambeinfuge) liegt, besteht aus einer Muskelschicht und ist mit Schleimhaut
ausgekleidet. Der von den Nieren über die Harnleiter (Ureter)
ankommende Urin wird zunächst
in der Harnblase gespeichert. Das durchschnittliche Fassungsvermögen der
Harnblase beträgt
etwa 500 ml, wobei der Mensch bereits bei etwa 150 bis 300 ml Harndrang
verspürt.
Eine Entleerung der Blase (Miktion) erfolgt über die Harnröhre (Urethra).
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Falls
der Urin nicht sicher in der Harnblase gespeichert und an einem
gewollten Ort zu einer selbstbestimmten Zeit ausgeschieden werden
kann, liegt eine Harninkontinenz vor.
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Harninkontinenz,
also unwillkürlicher
Urinverlust, ist eine häufige
Erkrankung, unter der in Deutschland etwa sechs Millionen Menschen
leiden. Harninkontinenz kann in jedem Alter auftreten, mit zunehmendem
Alter jedoch häufiger.
Eine Harninkontinenz kann auf unterschiedlichen Ursachen beruhen,
die auch in Kombination auftreten können.
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Daneben
ist für
eine ungestörte
Speicherung und Entleerung des Urins auch eine intakte Funktion zentraler
und peripherer Nervenstrukturen erforderlich. Deshalb treten bei
Personen mit neurologischen Erkrankungen, wie z. B. Parkinson, Demenz
oder Multipler Sklerose, häufig
gestörte
Blasenfunktionen auf, die zu einer Harninkontinenz führen können.
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Bei
der Harninkontinenz werden im Wesentlichen zwei Formen unterschieden,
nämlich
die Belastungsinkontinenz (auch als Stressinkontinenz bezeichnet)
und die Dranginkontinenz. Beide Inkontinenzformen erfordern unterschiedliche
Therapien.
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Bei
der Belastungsinkontinenz werden in leichteren Fällen konservative Therapien
vorgenommen. Hierzu zählen – abhängig vom
Geschlecht des Patienten-Biofeedbacktraining, Beckenbodentraining,
Elektrostimulation, Pessare, Scheidengewichte, medikamentöse Behandlung
und Hormonbehandlung. In schwereren Fällen steht bei einem weiblichen Patienten
eine Reihe von operativen Methoden zur Verfügung, beispielsweise die TVT-Operation (Tension
free Vaginal Tape = spannungsfreies vaginales Band) als minimal-invasiver
Eingriff. Bei einem männlichen
Patienten kann ein minimal-invasiver Eingriff am Schließmuskel
vorgenommen werden. In therapieresistenten Fällen kann ein künstlicher Schließmuskel
implantiert werden, bei dem jeweils mittels eines Pumpensystems
eine um die Harnröhre gelegte,
aufblasbare Manschette gefüllt
bzw. geleert wird.
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Bei
der Dranginkontinenz ist die Therapie teils kausal, also die Ursache
(z. B. Entzündung,
obstruktive Veränderung,
neurologische Störung)
beseitigend, teils aber auch nur symptomatisch, also lediglich die
Beschwerden lindernd.
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Aufgabe
der vorliegenden Erfindung ist es deshalb, ein miniaturisiertes
medizinisches Gerät
zu schaffen, das inkontinenten Patienten eine kontrollierte Miktion
erlaubt.
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Die
Aufgabe wird erfindungsgemäß durch
einen Blasenfüllstandssensor
gemäß Anspruch
1 gelöst.
Vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung sind jeweils Gegenstand
von weiteren Ansprüchen.
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Bei
dem Blasenfüllstandssensor
gemäß Anspruch
1 handelt es sich um ein miniaturisiertes medizinisches Gerät mit einem
sterilen und biokompatiblen Gehäuse,
in dem wenigstens eine Sensoreinrichtung zur Erfassung eines Flüssigkeitsvolumens
in einer Harnblase eines Patienten sowie wenigstens eine Sendeeinrichtung
zur Übermittlung
wenigstens eines Füllstandes
der Harnblase angeordnet sind.
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Der
erfindungsgemäße Blasenfüllstandssensor
wird in der Harnblase des Patienten implantiert. Das Flüssigkeitsvolumen
in der Harnblase (Füllstand der
Harnblase) kann durch den Harnblasensensor nach Anspruch 1 entweder
in vorgebbaren Zeitintervallen oder kontinuierlich erfasst werden.
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Der
Füllstand
kann beispielsweise beim Erreichen eines vorgebbaren Grenzwertes
bzw. Maximalwertes übermittelt
werden. Im Rahmen der Erfindung ist es jedoch auch möglich, dass
wenigstens ein Zwischenwert, der unterhalb des Grenzwertes liegt, zeitlich
vor dem Grenzwert und zusätzlich
zu diesem übermittelt
wird.
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Die Übermittlung
des Füllgrades
der Harnblase stellt ein wirkungsvolles Biofeedback dar, da die
Körperfunktion ”Miktion” dem Bewusstsein
des Patienten zugänglich
gemacht wird. Durch die Signale lernt der Patient also, die Körperfunktion ”Miktion” auszuführen bzw.
den Füllgrad
der Harnblase bewusst wahrzunehmen. Durch den erfindungsgemäßen Blasenfüllstandssensor
kann somit eine Therapie gegen Inkontinenz auf einfache Weise erfolgreich durchgeführt werden.
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Durch
den Einsatz des Blasenfüllstandssensors
nach Anspruch 1 kann eine erforderliche Diagnose oder eine erforderliche
Therapie gegebenenfalls über
einen längeren
Zeitraum, z. B. mehrere Tage, Wochen oder Monate, ausgedehnt werden.
Damit ergeben sich sowohl in der Diagnose als auch in der Therapie
deutlich mehr Möglichkeiten
und deutlich bessere Möglichkeiten.
Zweckmäßigerweise
ist das Gehäuse
des Blasenfüllstandssensors
hierfür zumindest
teilweise biochemisch inert ausgebildet.
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Für eine biochemisch
inerte Ausbildung des Gehäuses
kann das Gehäuse
beispielsweise zumindest teilweise eine Edelmetall-Beschichtung und/oder
zumindest teilweise eine Glasbeschichtung und/oder zumindest teilweise
eine Keramikbeschichtung aufweisen.
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Bei
einem Patienten mit einem funktionsfähigen Schließmuskel
kann der Füllstand
der Harnblase an den Patienten übermittelt
werden, der dann seine Harnblase willentlich entleeren kann.
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Alternativ
oder zusätzlich
kann der Füllstand der
Harnblase an eine Prothese, die der Patient trägt, übermittelt werden. Die Prothese
kann dann selbstständig
oder durch eine Betätigung
des Patienten die Harnblase entleeren.
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Für die Übermittlung
des Füllstandes
der Harnblase umfasst die Sendeeinrichtung gemäß einer vorteilhaften Ausführungsform
einen Funksender, der ein externes Gerät triggert, wie z. B. einen
Vibrator, einen Elektrostimulator, ein Hörgerät oder eine LED-Einheit.
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Um
auf einfache Weise ein Implantieren des Blasenfüllstandssensors in der Harnblase
zu ermöglichen,
kann das das Gehäuse
z. B. elipsoid-förmig, tropfenförmig oder
kugelförmig
ausgebildet sein. Der Blasenfüllstandssensor
kann beispielsweise über den
Harnleiter oder über
einen Blasentrokar in die Harnblase verbracht werden, wobei bei
einer Implantation mittels Blasentrokar das Gehäuse des Blasenfüllstandssensors
auch eine andere Form aufweisen kann.
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Im
Rahmen der Erfindung können
für die
Erfassung des Füllstandes
der Harnblase – einzeln oder
in Kombination – verschiedene
Messprinzipien zum Einsatz kommen.
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Gemäß vorteilhafter
und bevorzugter Ausgestaltungen ist die Sensoreinrichtung als Drucksensoreinrichtung
und/oder als optische Sensoreinrichtung und/oder als akustische
Sensoreinrichtung ausgebildet.
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Der
in der Drucksensoreinrichtung angeordnete druckempfindliche Sensor
kann beispielsweise als piezoresistiver Drucksensor (Dehnungsmessstreifen)
oder als piezoelektrischer Drucksensor ausgeführt sein. Auch andere Drucksensoren
sind im Rahmen dieser Ausgestaltung als druckempfindliche Sensoren
einsetzbar. Die Drucksensoreinrichtung misst den auf die Blasenwand
wirkenden Druck, der mit zunehmendem Flüssigkeitsvolumen in der Harnblase,
d. h. mit zunehmendem Füllgrad
der Harnblase, entsprechend steigt.
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Besonders
vorteilhaft ist eine Ausführungsform,
bei der die Drucksensoreinrichtung wenigstens eine Druckmessmembran,
die in einer Außenhaut des
Gehäuses
angeordnet ist, und wenigstens einen druckempfindlichen Sensor,
der hinter der Druckmembran angeordnet ist, umfasst.
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Der
Füllgrad
der Harnblase kann auch mit einer optischen Sensoreinrichtung ermittelt
werden. Hierbei werden Besonderheiten bzw. Charakteristika im Inneren
der Harnblase ermittelt. Hierzu zählen beispielsweise die Oberflächenbeschaffenheit
der Blaseninnenwand und/oder die Farbe der Blaseninnenwand, die
sich beide mit zunehmendem Füllgrad
der Harnblase ändern.
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Bei
einer bevorzugten Ausgestaltung des Blasenfüllstandssensors umfasst die
optische Sensoreinrichtung eine Linse, eine CCD- oder CMOS-Kamera
mit einem Bildverarbeitungssystem und eine Beleuchtungseinrichtung,
die während
der optischen Erfassung des Füllstandes
der Harnblase kurzzeitig eingeschaltet wird.
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Schließlich kann
der Füllgrad
der Harnblase mit einer optischen Sensoreinrichtung ermittelt werden.
Die akustische Sensoreinrichtung sendet hierzu Schallwellen aus,
die nach ihrer Reflexion an einer Innenwand der Blase empfangen
werden, wobei aus dem Laufzeitunterschieden zwischen den emittierten Schallwellen
und den empfangenen Schallwellen der aktuelle Durchmesser der Harnblase
errechnet und damit der Füllgrad
dieser Blase ermittelt wird.
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Gemäß einer
speziellen Variante wird durch die akustische Sensoreinrichtung
eine Resonanzfrequenz gemessen, die mit zunehmendem Füllstand der
Harnblase sinkt. Aus dem Verlauf der Resonanzfrequenz wird dann
der Füllgrad
der Harnblase ermittelt.
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Die
Erfindung sowie weitere vorteilhafte Ausgestaltungen werden im Folgenden
anhand von zwei schematisch dargestellten Ausführungsbeispielen in der Zeichnung
näher erläutert, ohne
jedoch auf diese beiden Ausführungsbeispiele
beschränkt
zu sein. Es zeigen:
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1 eine
erste Ausführungsform
eines erfindungsgemäßen Blasenfüllstandssensors,
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2 eine
zweite Ausführungsform
des erfindungsgemäßen Blasenfüllstandssensors,
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3 ein
Blockdiagramm einer Elektronik für
einen Blasenfüllstandssensor
gemäß 1 oder 2.
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Ein
in 1 und in 2 jeweils
dargestellter Blasenfüllstandssensor 1 umfasst
ein steriles und biokompatibles Gehäuse 2, in dem eine
Sensoreinrichtung 3 (1) bzw.
Sensoreinrichtung 4 (2) zur Erfassung
eines Flüssigkeitsvolumens 5 in
einer Harnblase 6 (siehe 2) eines
Patienten sowie wenigstens eine Sendeeinrichtung zur Übermittlung
des Flüssigkeitsvolumens 5 in
der Harnblase 6 angeordnet sind. Die Sendeeinrichtung ist
Bestandteil einer Elektronik 7 (siehe 3).
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Aufgrund
der Form des Gehäuses 2,
das biochemisch inert ausgeführt
ist, kann der in den 1 und 2 dargestellte
Blasenfüllstandssensor 1 nicht über die
Harnröhre
in die Harnblase 6 eingeführt werden. Der Blasenfüllstandssensor 1 muss vielmehr
mittels eines in den 1 und 2 nicht dargestellten
Blasentrokars in die Harnblase 6 implantiert werden.
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Bei
dem in 1 dargestellten Blasenfüllstandssensor 1 ist
die Sensoreinrichtung 3 als Drucksensoreinrichtung ausgeführt. Die
Drucksensoreinrichtung 3 umfasst wenigstens eine Druckmessmembran 8,
die in einer Außenhaut 9 des
Gehäuses 2 angeordnet
ist, und wenigstens einen druckempfindlichen Sensor 10,
der hinter der Druckmessmembran 8 angeordnet ist.
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Bei
dem in 2 dargestellten Blasenfüllstandssensor 1 ist
die Sensoreinrichtung 4 als optische Sensoreinrichtung
ausgebildet. Mit der optischen Sensoreinrichtung 4 werden
Besonderheiten bzw. Charakteristika 11 im Inneren der Harnblase 6 ermittelt.
Hierzu zählen
beispielsweise die Oberflächenbeschaffenheit
der Blaseninnenwand und/oder die Farbe der Blaseninnenwand, die
sich beide mit zunehmendem Füllgrad
der Harnblase 6 ändern.
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Bei
der in 2 gezeigten Ausgestaltung des Blasenfüllstandssensors 1 umfasst
die optische Sensoreinrichtung 4 eine Linse 12 und
eine CMOS-Kamera 13 mit einem integrierten Bildverarbeitungssystem
und eine Beleuchtungseinrichtung 14, die während der
optischen Erfassung des Flüssigkeitsvolumens 5 der
Harnblase 6 kurzzeitig eingeschaltet wird.
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Die
Komponenten des Blasenfüllstandssensors 1 werden
jeweils von einem Energiespeicher 15 mit Strom versorgt
(siehe 1 und 2). Der Energiespeicher 15 kann
als über
ein äußeres Wechselfeld
nachladbarer Akku ausgebildet sein. Alternativ kann der Akku auch
von einem Generator (in den 1 und 2 nicht
dargestellt) aufgeladen werden, der durch die Bewegungen des Patienten
Strom erzeugt.
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Die
Elektronik 7 gemäß 3 umfasst
einen Timer 16, der seine Zeit-Istwerte an einen Analog-Digital-Konverter 17 übermittelt.
Der Analog-Digital-Konverter 17 erhält weiterhin von einer Sensoreinrichtung
(z. B. Sensoreinrichtung 3 oder 4) Messwerte zum
Füllstand
der Harnblase 6. Im Folgenden werden die Messwerte zum
Füllstand
der Harnblase 6 als Füllstands-Istwerte bezeichnet.
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Die
Zeit-Istwerte und die Füllstands-Istwerte werden
im Analog-Digital-Konverter 17 zu digitalen Signalen umgewandelt und
an einen Komparator (Vergleicher) 18 übermittelt. Im Komparator 18 werden
die digitalisierten Zeit-Istwerte und die digitalisierten Füllstands-Istwerte
mit den entsprechenden Sollwerten verglichen. Abhängig von
dem Ergebnis dieses Vergleichs wird ein Signal an eine Sendeeinrichtung 19 gegeben,
die über
eine Sendeantenne 20 ein externes Gerät 21 triggert, das
eine Empfangsantenne 22 aufweist. Das externe Gerät 21 kann
beispielsweise als Vibrator, als Elektrostimulator, als Hörgerät oder als
LED-Einheit ausgeführt
sein.
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Im
Rahmen der Erfindung sind noch weitere Modifikationen möglich, die
der Fachmann unmittelbar aus der Beschreibung der Erfindung und
ihrer Ausführungsbeispiele
entnehmen kann.
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Bei
allen Varianten des erfindungsgemäßen Blasenfüllstandssensors 1 erhält der Patient
rechtzeitig die notwendigen Informationen und kann – falls sein
Schließmuskel
funktionsfähig
ist – somit
zum richtigen Zeitpunkt seine Harnblase willentlich entleeren. Bei
einem nicht (voll) funktionsfähigen
Schließmuskel
kann die Entleerung der Harnblase selbstständig von einer Prothese oder
durch eine Betätigung
der Prothese durch den Patienten vorgenommen werden.
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Damit
wird ein zu häufiges
Urinieren überflüssig. Dies
ist insbesondere bei Patienten mit einer künstlichen Manschette von Vorteil.
Darüber
hinaus wird auch ein zu seltenes Urinieren, das zu einer Überlaufinkontinenz,
zu einer Niereninsuffizienz oder sogar zu einer Harnvergiftung (Urämie) führen kann, zuverlässig vermieden.