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Die
Erfindung betrifft den Boden vorne des Unterbaus einer selbsttragenden
Karosserie eines Kraftfahrzeugs, beispielsweise eines Pkws.
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Eine
selbsttragende Kraftfahrzeugkarosserie besitzt einen die Fahrgastzelle
nach unten hin abschließenden
Unterboden bzw. Unterbau, der über Hochstreben,
meist A-, B- und C-Säule
genannt, mit dem Dach verbunden ist. Der Unterboden selbst besteht
aus mehreren Modulen, die herkömmlicherweise
als Blechteile im Rahmen der Fertigung zusammengeschweißt werden.
Hierzu gehören
unter anderem die Seitenschweller, Sitzquerträger, Sitzauflagen und der Tunnel.
Zwischen diesen sich in Fahrzeuglängsrichtung erstreckenden Modulen
befinden sich Bodenplatten, nämlich
im vorderen Karosseriebereich, d. h. in etwa unter den Vordersitzen,
der Boden vorne auf beiden Seiten des Tunnels, im mittleren Karosseriebereich
hinter dem Fersenblech der Boden hinten und im hinteren Karosseriebereich
hinter dem Hinterachsquerträger
die Verlängerung
Boden hinten mit der Reserveradmulde.
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Das
D-LFT-Verfahren, auch Direkt-LFT-Verfahren genannt, ist ein allgemein
bekanntes Verfahren der Kunststoffverarbeitung. LFT steht für langfaserverstärkter Kunststoff.
Beim D-LFT Verfahren wird in einem Extruder die Matrix aus einem
thermoplastischen Kunststoff plastifiziert und in einem Mischer mit
auf Länge
gekürzten
Endlosfasern vermengt. Das faserhaltige Plastifikat wird dann (direkt)
in Form gepresst. Das Ergebnis ist ein Faser-Kunststoff-Verbund
mit einer Kunststoffmatrix, in dem die Langfasern eingebettet sind.
Bedingt durch den Extrudereinsatz kann die Faserlänge allgemein
zwischen 1 mm und 50 mm betragen.
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Es
ist eine Aufgabe einer Ausführungsform der
Erfindung, einen Boden vorne mit geringem Gewicht bereitzustellen,
der den Belastungen eines Frontalaufpralls besser standhält.
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Die
Lösung
dieser Aufgabe erfolgt mit den Merkmalen der unabhängigen Ansprüche. Vorteilhafte
Weiterbildungen und weitere Ausführungsformen ergeben
sich mit den Merkmalen der abhängigen
Ansprüche.
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Ein
erster Aspekt der Erfindung betrifft einen Boden vorne eines Karosserieunterbaus
aus einem faserverstärkten
Kunststoff. Der Boden vorne besitzt auf seiner Unterseite, d. h.
bezogen auf die Einbauposition auf der der Fahrbahn zugewandten
Seite, eine nach unten hin abragende Verstärkung, die zur Aufnahme durch
einen Vorderrahmen des Karosserievorderbaus bestimmt ist. Die längliche
Verstärkung,
die meist in Fahrzeuglängsrichtung
ausgerichtet sein wird, stützt
sich auf der einem montierbaren Vorderrahmen abgewandten Seite,
d. h., in der Einbauposition im Kraftfahrzeug auf der dem Motorraum abgewand ten
Seite, an einem Sitzquerträger
ab.
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Bei
einer konventionellen Bauweise mit einem Boden vorne aus einem Stahlblech
wird dieses direkt mit dem Vorderrahmen verschweißt. Bei
einem Frontalaufprall stellt der Vorderrahmen des Karosserievorderbaus
einen Hauptlastpfad für
die Einleitung von Bewegungsenergie des Stoßpartners dar. Durch die Energieabsorption
kommt es zu einer Deformation und hierbei beim Boden vorne zu einer
starken Scherung, da der Vorderrahmen in seinem Bereich den Boden
vorne zum hinteren Fahrzeugbereich hin bewegt und der Boden vorne
seitlich am Schweller bzw. am Tunnel fixiert ist. Eine derart extreme
mechanische Belastung im Fall eines Frontalaufpralls kann im Regelfall
nur von einem Boden vorne aus Metall verkraftet werden, wegen der
anderen Werkstoffeigenschaften aber nicht bei einem Boden vorne aus
Kunststoff. Allerdings ist ein Boden vorne aus Kunststoff im Vergleich
zu einer Metallausführung deutlich
leichter und man kann eine Unterbodenverkleidung zur Verbesserung
des aerodynamischen Verhaltens einsparen bzw. ist der Boden vorne
die Unterbodenverkleidung selbst.
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Der
Boden vorne besitzt eine nach unten abragende Verstärkung. Diese
Verstärkung
ist eingeformt bzw. in den Boden vorne integriert, was durch ein
Urformverfahren verwirklicht werden kann. Der Boden vorne und die
Verstärkung
sind somit stoffschlüssig
verbunden. Die Verstärkung
stützt
sich an einem Sitzquerträger
ab, der zwischen dem Schweller und dem Tunnel verläuft, im
Regelfall in Fahrzeugquerrichtung. Diese Wahl erhöht die mechanische Belastbarkeit
des Bodens vorne für
den Fall eines Frontalaufpralls. Die in den Boden vorne eingeleitete E nergie
wird nämlich
durch den Sitzquerträger
in Richtung des Schwellers und in Richtung des Tunnels verteilt,
was zu geringeren lokalen Scherspannungen führt und darüber die Wahrscheinlichkeit
einer Rissausbildung mindert.
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In
einer zweiten Ausführungsform
sind die Verstärkung
und ggf. der Sitzquerträger
in den Boden vorne integriert. Damit können die eigentliche Bodenplatte,
die Verstärkung
und der Sitzquerträger
in einem einzigen Urformverfahren hergestellt werden, wodurch sich
eine kostensparende Funktionsintegration ergibt.
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In
einer dritten Ausführungsform
nimmt die senkrecht zur Ebene des Bodens vorne gemessene Höhe der Verstärkung bei
Annäherung
an den Sitzquerträger
auf der Unterseite ab und nimmt gleichzeitig auf der Oberseite des
Bodens vorne zu. Dies berücksichtigt,
dass sich die Verstärkung
zunächst
auf der Unterseite und der Sitzquerträger auf der Oberseite des Bodens
vorne befinden. Wenn die Höhe
der Verstärkung
zur Fahrbahn hin abnimmt und gleichzeitig bei Annäherung an
den Sitzquerträger
zum Fahrzeuginnenraum bzw. nach oben hin zunimmt, bspw. weil die
Gesamthöhe
der Verstärkung
konstant bleibt, ist im Fall eines Frontalaufpralls eine direkte Krafteinleitung
in den Sitzquerträger
möglich.
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In
einer weiteren Ausführungsform
ist der Boden vorne im Direkt-LFT-Verfahren mit Polyamid als Matrixmaterial
gefertigt. Untersuchungen haben nämlich ergeben, dass sich bei
Ausführungsformen, bei
denen die durchschnittliche Faserlänge zwischen 20 mm und 40 mm
betrug, der Boden vorne zum einen im D-LFT-Verfahren gut herstellen
lässt und
sich andererseits über
die Fasern eine Strukturstabilität erzielen
lässt,
die genauso gut oder besser als diejenige von Blechausführungen
ist. Beste Ergebnisse ergaben sich bei Faserlängen von etwa 1 Zoll (25,4 mm).
Bei kleineren Faserlängen,
die in den einstelligen Millimeterbereich gehen, nimmt die Strukturverstärkung durch
die Fasern zunehmend ab, wohingegen sich längere Fasern im Extruder zunehmend schlechter
verarbeiten lassen.
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Gute
praktische Ergebnisse zeigten sich bei einem Boden vorne mit einem
Faseranteil zwischen 20 Gew% und 40 Gew%. Gute Ergebnisse wurden insofern
mit PA6.6/GF30 erzielt. Der genannte Faseranteil von 30 Gew% ist
hierbei ein Kompromiss. Unter 20 Gew% ist die Stabilität der Bodenplatte
unbefriedigend. Bei über
40 Gew% wird die Bodenplatte zu schwer, wobei sich gleichzeitig
ihre Herstellbarkeit verschlechtert.
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Das
D-LFT-Verfahren erlaubt es weiterhin, den Boden vorne mit einer
Verstärkung
auszustatten, indem diese separat gefertigt und beim Formpressen als
Einlegeteil aus einem anderen Material verwendet wird. Alternativ
kann für
den Fall, dass das Einlegeteil und der Boden vorne aus demselben
Material bestehen können,
der erfindungsgemäße Boden
vorne auch in einem Arbeitsgang unter Verwendung geeigneter Formen
hergestellt werden. Hierbei ist es ein Leichtes, die Form der Verstärkung an
die Geometrie des Vorderrahmens anzupassen, sodass beispielsweise
bei einem Hutprofil für
den Vorderrahmen dieses im Montageprozess über die mit einer integrierten
Rippenstruktur versehenen Verstärkung
gestülpt werden
kann, um anschließend über abgestellte Flansche
mit dem Boden vorne verbunden zu werden, z. B. durch Vernieten,
Verschrau ben oder Verkleben.
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Das
Material Polyamid (abgekürzt:
PA) besitzt für
die Fertigung des Fahrzeugs eine gute Temperaturstabilität, mit der
es möglich
ist, die Karosserie mit montiertem Boden vorne durch eine Lackierstraße zu führen, ohne
dass sie temperaturbedingt Schaden nimmt. Auf diese Weise müssen etablierte
Prozessabläufe,
die sich bei der Fertigung von Blechkarosserien herausgebildet haben,
nicht verändert
werden. Dies vermeidet Zusatzkosten, die sonst durch eine Umstellung
der Fertigungsabläufe
entstünden.
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In
einer Ausgestaltung der oben aufgeführten Ausführungsformen besitzt die Verstärkung Versteifungsrippen.
Hierbei können
die Versteifungsrippen in ihrer Gesamtheit eine Kammerstruktur und beispielsweise
eine Wabenstruktur bilden. Bei gleichzeitiger Material- und Gewichtsersparnis
ergibt sich durch die Rippen eine erhöhte Steifigkeit des Bodens vorne,
mit der gleichzeitig eine für
das jeweilige Fahrzeugmodell optimale Steifigkeit gewählt werden kann.
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Weiterhin
ist eine Ausführungsform
vorgesehen, bei der die Verstärkung
Vertiefungen besitzt, die mit einem durch Erhitzung aufschäumenden
bzw. aufschäumbaren
Kleber gefüllt
sind. Bei der Montage wird der Karosserievorderbau, der bspw. ein
Hutprofil mit abgestellten Flanschen sein kann, über die Verstärkung gestülpt und über die
Flansche mit dem Boden vorne verbunden. Durch Hitzeeinwirkung, zum Beispiel
im Rahmen des Lackierprozesses, schäumt dann der Kleber auf, füllt den
Spalt zwischen Vorderrahmen und Verstärkung und verhindert auf diese Weise
Geräusche
beim Fahren.
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Ein
zweiter Aspekt der Erfindung betrifft ein Kraftfahrzeug, insbesondere
einen Pkw, mit einem Boden vorne nach einem der vorherigen Ausführungsformen.
Durch einen derartigen Boden vorne wird das Fahrzeug besonders leicht
und vermag es einem Frontalaufprall gut standzuhalten, ohne dass der
Boden vorne ein Rissversagen zeigt.
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In
einer Ausführungsform
des obigen Kraftfahrzeugs ist die Verstärkung von einem Vorderrahmen
des Karosserievorderbaus aufgenommen und ist der zwischen diesen
beiden Teilen verbleibende Spalt durch einen Strukturschaum gefüllt, mit
dem Geräusche
beim Fahren verhindert werden können. Der
Strukturschaum kann hierbei durch einen durch Erhitzung aufschäumten Kleber
gebildet sein bzw. ist der aufgeschäumte Kleber selbst.
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Weitere
Merkmale und Vorteile der beanspruchten Erfindung werden aus der
folgenden detaillierten Beschreibung mit Bezug auf die beigefügten Zeichnungen
erkennbar, die nachfolgend als nicht beschränkende Beispiele angegeben
sind. Hierbei soll die Benutzung von Bezugszeichen in den Figuren
nicht dahingehend verstanden werden, dass die Bezugszeichen den
Schutzumfang der beanspruchten Erfindung einschränken sollen. Es zeigen:
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1 eine
Draufsicht von schräg
unten auf den Unterboden eines Pkws;
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2 eine
Ausführungsform
eines Bodens vorne.
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Bei
den Figuren, die allgemein mit gleichen Bezugszeichen gleiche Gegenstände bezeichnen, zeigt 1 die
Unterseite 1 eines Kraftfahrzeugs 3, das seitlich
links und rechts jeweils einen Boden vorne 5 besitzt. Der
Boden vorne 5 besteht aus einem im D-LFT-Verfahren hergestellten
Polyamid. Der Boden vorne 5 hat etwa einen rechteckigen
Zuschnitt und besteht aus PA6.6/GF30 bei einer Materialstärke von etwa
3 mm. Am Boden vorne 5 ist mithilfe seines abstehenden
Flansches 7 ein länglicher,
sich in Fahrzeuglängs-
bzw. x-Richtung verlaufender Vorderrahmen 9 des Karosserievorderbaus 15 befestigt.
Der Vorderrahmen 9 hat ein Hutprofil und stützt sich
an seinem dem Motorraum 11 abgewandten Ende an einem Sitzquerträger 13 ab.
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Während 1 den
Zustand des Fahrzeugs 3 mit montiertem Karosserievorderbau 9 zeigt,
zeigt 2 dasselbe Fahrzeug 3 im Detail und ohne
den Karosserievorderbau 9. Man erkennt die längliche, sich
in x-Richtung erstreckende Verstärkung 19,
deren Versteifungsrippen 21 eine Rippenstruktur bilden. Auch
der zwischen dem Tunnel 23 und dem Schweller 25 angeordnete
Sitzquerträger 13 hat
eine derartige Rippenstruktur. Die als Verstärkung 19 stützt sich an
ihrem hinteren, d. h. dem Fahrzeugende zugewandten Ende am Sitzquerträger 13 ab.
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Erleidet
ein Kraftfahrzeug 3 mit diesem Boden vorne 5 einen
Frontalaufprall, so wird Aufprallenergie in den Vorderrahmen 9 des
Karosserievorderbaus 15 eingeleitet. Da dieser über die
angestellten Flansche 7 mit dem Boden vorne 5 verbunden
ist, wird in diesem Bereich auch Aufprallenergie in den Boden vorne 5 eingeleitet.
Die Verstärkung 19 erhöht die Längssteifigkeit
des Bodens vorne 5 und verhindert eine Rissbildung. Die
Wahrscheinlichkeit einer Rissbildung wird nochmals durch den in
den Boden vorne 5 eingeformten Sitzquerträger 13 reduziert,
gegen den sich die Verstärkung 19 abstützt, da
der Sitzquerträger 13 die
Quersteifigkeit des Bodens vorne 5 erhöht.
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Der
Boden vorne 5 kann bei der Fahrzeugherstellung mit integrierter
Verstärkung 19 vorgefertigt
werden, wobei anschließend
in die Vertiefungen 17 ein Kleber eingebracht wird, der
bei Erhitzung, z. B. bei Erhitzung in der Lackierstraße, aufschäumt. Dadurch
wird der montagebedingte Spalt zwischen dem Karosserievorderbau 15 und
der eingebrachten Verstärkung 19 geschlossen.
Dadurch können
diese beiden Teile während
der Fahrt nicht gegeneinanderstoßen und Geräusche verursachen.
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Obwohl
vorstehend konkrete Ausführungsformen
beschrieben wurden, wird der Fachmann erkennen, dass die Beschreibung
dieser Ausführungsformen
nicht zum Zweck hat, die Erfindung in der angegebenen Form zu beschränken. Die
Erfindung soll vielmehr alle Modifikationen, Äquivalente und Alternativen
umfassen, die in den Schutzumfang der beanspruchten Erfindung fallen.
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- 1
- Unterboden
- 3
- Kraftfahrzeug
- 5
- Boden
vorne
- 7
- Flansch
des Vorderrahmens
- 9
- Vorderrahmen
- 11
- Motorraum
- 13
- Sitzquerträger
- 15
- Karosserievorderbau
- 17
- Vertiefung
- 19
- Verstärkung
- 21
- Versteifungsrippe
- 23
- Tunnel
- 25
- Schweller