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Die
Erfindung betrifft einen Rollstuhl mit mindestens einem lenkbaren
Rad, mittels dem der Rollstuhl lenkbar ist, und einem Antrieb zum
Verändern eines
Lenkwinkels zwischen einer Laufrichtung des lenkbaren Rades und
einem Gestell des Rollstuhles.
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Derartige
Rollstühle
sind beispielsweise aus der
DE
37 24 161 C1 bekannt und dienen körperbehinderten Personen dazu,
sich fortzubewegen. Aufgrund ihrer Behinderung sind die Personen
in der Regel nicht in der Lage, Schäden an ihrem Rollstuhl selbst
zu beheben. Unfälle
und Funktionsstörungen von
Rollstühlen
müssen
daher möglichst
vollständig vermieden
werden. Nachteilig an bekannten Rollstühlen ist, dass ihr Lenksystem,
mit dem der Rollstuhl gelenkt wird, relativ häufig ausfällt. Im Stand der Technik wird
versucht, das Problem dadurch zu umgehen, dass der Antrieb stabiler
ausgelegt wird. Nachteilig hieran ist jedoch, dass der Rollstuhl
dadurch schwerer wird.
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Der
Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, Nachteile im Stand der Technik
zu überwinden.
Die Erfindung löst
das Problem durch einen gattungsgemäßen Rollstuhl, bei dem das
mindestens eine lenkbare Rad über
eine drehmomentbegrenzende Koppeleinrichtung mit dem Antrieb verbunden
ist.
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Vorteilhaft
an der Erfindung ist, dass der Antrieb nicht mit beliebig hohen
Drehmomenten belastet wird. Dadurch kann er kleiner und leichter
ausgelegt werden, was Gewicht spart. Vorteilhaft ist zudem, dass
der Rollstuhl dadurch robuster wird, da auch große Drehmomente, die auf das
lenkbare Rad wirken, nicht zu einem Schaden am Antrieb führen können. Ausfälle durch Überlastung
des Antriebs sind damit weitgehend ausgeschlossen.
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Es
ist ein weiterer Vorteil, dass der Antrieb aufgrund der Koppeleinrichtung
vom lenkbaren Rad beabstandet angebracht werden kann. Das ist beispielsweise
bei so genannten Stehstühlen
vorteilhaft. Stehstühle
besitzen neben einer Sitzstellung, in der der Patient sitzt, eine
Stehstellung, in der der Patient weitgehend aufrecht steht. In dieser
Position ist der Schwerpunkt des Gesamtsystems aus Benutzer und Rollstuhl
sehr weit bezüglich
der Fahrtrichtung nach vorne verlagert. Es ist daher vorteilhaft,
schwere Komponenten, wie beispielsweise den Antrieb, möglichst
weit nach hinten zu verlagern, um in der Stehstellung ein Kippen
des Stehstuhls zu vermeiden.
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Ein
weiterer Vorteil ist es, dass für
den Antrieb Standardmotoren verwendet werden können, da keine erhöhten Anforderungen
an deren Widerstandskraft gegenüber
hohen Drehmomenten erforderlich sind.
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Im
Rahmen der vorliegenden Beschreibung wird unter einem Rollstuhl
insbesondere ein elektrischer Rollstuhl verstanden, einen Elektromotor
als Fahrmotor besitzt und bei dem der Antrieb für das lenkbare Rad ebenfalls
als Elektroantrieb ausgebildet ist. Es ist jedoch auch möglich, die
Erfindung an rein mechanischen Rollstühlen vorzusehen. In diesem
Fall verhindert die das Drehmoment begrenzende Koppeleinrichtung,
dass impulsartige Kräfte
auf das lenkbare Rad nicht auf einen Handgriff durchschlagen, der
als Antrieb für
das lenkbare Rad dient und daher auch als Steuergriff bezeichnet
werden kann.
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Unter
einer drehmomentbegrenzenden Koppeleinrichtung wird insbesondere
jede Vorrichtung verstanden, die den Antrieb mit dem lenkbaren Rad drehfest
koppelt, sofern ein zu übertragendes
Drehmoment unterhalb eines vorgegebenen Durchrutsch-Drehmoments
liegt, und die die drehfeste Verbindung zwischen dem lenkbaren Rad
und dem Antrieb aufhebt, wenn das Durchrutsch-Drehmoment überschritten
wird.
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Bevorzugt
besitzt die drehmomentbegrenzende Koppeleinrichtung ein Lenk-Riemenrad, das mit dem
lenkbaren Rad drehfest verbunden ist, ein Antriebs-Riemenrad, das mit
dem Antrieb drehfest verbunden ist, und einen Riemen, der das Lenk-Riemenrad
mit dem Antriebs-Riemenrad verbindet. Besonders günstig ist
es, wenn das lenkbare Rad und das Lenk-Riemenrad auf einer Achse
angeordnet sind. Entsprechend ist es günstig, wenn das Antriebs-Riemenrad
auf einer Abtriebsachse des Antriebs montiert ist. Derartige Riemenantriebe
haben den Vorteil, besonders einfach aufgebaut zu sein, so dass
ein durchschnittlicher Benutzer kleinere Reparaturen selbst durchführen kann.
Vorteilhaft ist zudem, dass Riemenantriebe wenig verschleißen und
kostengünstig
herstellbar sind.
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Besonders
bevorzugt ist der Riemen ein Zahnriemen. Kommt es zu einer zu großen Kraft
auf das Lenk-Riemenrad, so rutscht der Zahnriemen um einen oder
mehrere Zähne
durch und greift danach wieder sicher in das Lenk-Riemenrad ein.
Es ist möglich,
den Zahnriemen nebst Riemenrädern
so auszubilden, dass der Zahnriemen bei einem zu großen Drehmoment
am Lenk-Riemenrad durchrutscht oder dass er am Antriebs-Riemenrad
durchrutscht. So kann gemäß einer
bevorzugten Ausführungsform vorgesehen
sein, dass das Lenk-Riemenrad und/oder das Antriebs-Riemenrad Ausnehmungen aufweist,
die zum Eingreifen durch Zähne
des Zahnriemens ausgebildet sind. Diese Ausnehmungen können an
ihren Flanken so geneigt sein, dass ein Durchrutschen erleichtert
wird.
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Bevorzugt
umfasst der Antrieb einen Servomotor, insbesondere einen Gleichstrommotor
und ein Getriebe. Derartige Gleichstrommotoren können leicht mit dem elektrischen
System eines elektrischen Rollstuhls verbunden werden. Es ist möglich, auf das
Getriebe zu verzichten, wenn das Antriebs-Riemenrad einen deutlich
kleineren Durchmesser aufweist als das Lenk-Riemenrad.
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Der
Servomotor besitzt ein Maximallast-Drehmoment, bei dessen Überschreiten
der Servomotor mit einer vorgegebenen Wahrscheinlichkeit von beispielsweise
mehr als 10% funktionsuntüchtig wird.
Gleichzeitig ist die drehmomentbegrenzende Koppeleinrichtung so
ausgebildet, dass Drehmomente unterhalb eines Durchrutsch-Drehmoments übertragbar
und Drehmomente oberhalb des Durchrutsch-Drehmoments nicht übertragbar sind. Bevorzugt
ist vorgesehen, dass das Durchrutsch-Drehmoment kleiner ist als
das Maximallast-Drehmoment. Das Maximallast-Drehmoment wird beispielsweise in Vorversuchen
ermittelt, indem auf den Antrieb verschiedene Drehmomente aufgebracht
werden und ermittelt wird, wann der Antrieb funktionsuntüchtig wird.
Aus derartigen Messreihen wird auf aus dem Stand der Technik bekannte
Weise dasjenige Maximallast-Drehmoment ermittelt, bei dem mit der
vorgegebenen Wahrscheinlichkeit ein Versagen des Antriebs eintritt.
Anschließend
wird die Koppeleinrichtung so ausgebildet, dass ihr Durchrutsch-Drehmoment
unterhalb des ermittelten Maximallast-Drehmoments liegt.
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Um
nach einem Ereignis, bei dem die drehmomentbegrenzende Koppeleinrichtung
durchgerutscht ist, ein sicheres Lenken des Rollstuhls zu gewährleisten,
ist bevorzugt eine Lenkwinkelerfassungsvorrichtung vorgesehen, die
angeordnet ist zum Erfassen des Lenkwinkels zwischen dem Gestell
des Rollstuhls und der Laufrichtung des lenkbaren Rades. Diese Lenkwinkelerfassungsvorrichtung umfasst
bevorzugt einen Winkelsensor, der ausgebildet ist, um ein magnetisches
Feld eines Magneten zu messen, der mit Radachse drehfest gekoppelt
ist, an der das lenkbare Rad aufgehängt ist. Diese Radachse verläuft in Betriebsstellung
des Rollstuhls im Wesentlichen vertikal. Alternativ ist es möglich, den Lenkwinkel
beispielsweise optisch zu erfassen.
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Im
Folgenden wird die Erfindung anhand eines Ausführungsbeispiels näher erläutert. Dabei zeigt
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1a einen
erfindungsgemäßen Rollstuhl in
Form eines Stehstuhls in einer Sitzposition,
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1b den
Rollstuhl nach 1a in einer Stehposition,
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1c eine
schematische Darstellung eines lenkbaren Rads, das um einen Lenkwinkel α aus einer
Geradeausstellung ausgelenkt ist und
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2 eine
Detailansicht des lenkbaren Rades nebst Antrieb und Koppeleinrichtung
eines erfindungsgemäßen Rollstuhls.
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1a zeigt
einen Rollstuhl 10, der von einem Benutzer 12 benutzt
wird, in einer Sitzstellung. Der Rollstuhl 10 besitzt zwei
Hinterräder 14,
von denen nur eines zu sehen ist, sowie zwei lenkbare Räder 16 in
Form von Vorderrädern,
von denen ebenfalls nur eines zu sehen ist. Die Hinterräder 14 und die
lenkbaren Räder 16 sind
durch ein Gestell 18 miteinander verbunden. Das Gestell 18 trägt zudem
einen Sitz 20 des Rollstuhls 10. 1b zeigt
den Rollstuhl 10 in einer Stehposition, in der der Benutzer 12 in
eine im Wesentlichen aufrechte Lage gebracht ist.
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Das
in 1a sichtbare lenkbare Rad 16 ist um eine
Fahrachse F, die im Wesentlichen horizontal verläuft, drehbar. Senkrecht zur
Fahrachse F verläuft eine
Radachse R, die in Betriebsstellung des Rollstuhls 10 im
Wesentlichen vertikal verläuft
und um die das lenkbare Rad 16 schwenkbar ist.
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Der
Rollstuhl 10 besitzt eine Rollstuhllängsachse L, die in eine Laufrichtung
D der lenkbaren Räder 16 zeigt,
wenn der Rollstuhl 10 genau geradeaus fährt. Die Laufrichtung D der
lenkbaren Räder 16 entspricht
einer Fahrtrichtung des Rollstuhls 10.
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1c zeigt
den Fall, dass der Rollstuhl 10 eine Kurve fährt. In
diesem Fall weicht die Laufrichtung D des lenkbaren Rads 16 von
der Rollstuhllängsachse
L um einen Lenkwinkel α ab.
In anderen Worten steht die Fahrachse F des lenkbaren Rades 16 genau
dann senkrecht zur Rollstuhllängsachse
L, wenn der Rollstuhl geradeaus fährt und der Lenkwinkel α gleich null
ist. Eine Auslenkung der Fahrachse 16 aus dieser Stellung
entspricht dem Lenkwinkel α.
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2 zeigt
das lenkbare Rad 16, das mittels einer Lenkwelle 22 um
die Fahrachse F drehbar gelagert ist. Die Lenkwelle 22 ist
in zwei Kugellagern 24.1, 24.2 an dem Gestell 18 gelagert
und weist an einem dem lenkbaren Rad 16 abgewandten Ende
ein Lenk-Riemenrad 26 auf, das drehfest mit der Lenkwelle 22 verbunden
ist. In das Lenk-Riemenrad 26 greift ein Zahnriemen 28,
der mit einem Antriebs-Riemenrad 30 kämmt. Das Antriebs-Riemenrad 30 ist auf
einer Abtriebswelle 32 eines Servomotors 34 in Form
eines elektrischen Gleichstrommotors verbunden. Der Servomotor 34 ist
ausgebildet, um externen Drehmomente unterhalb eines Maximallast-Drehmoments
Mmax standzuhalten. Oberhalb des Maximallast-Drehmoments
Mmax treten mit höherer Wahrscheinlichkeit Schäden am Servomotor 34 auf.
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Die
Abtriebswelle 32 stellt dabei gleichzeitig die Abtriebswelle
eines Getriebes 36 dar, das Teil des Servomotors 34 ist.
Der Servomotor 34 ist starr mit dem Gestell 18 verbunden,
beispielsweise verschraubt.
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Benachbart
zum Lenk-Riemenrad 26 und dem lenkbaren Rad 16 abgewandt
ist an einer Stirnseite 38 der Lenkwelle 22 ein
Magnet 40 angebracht, dessen Orientierung relativ zum Gestell 18 durch
einen Winkelsensor 42 erfasst wird. Der Winkelsensor 42 steht
in Verbindung mit einer nicht eingezeichneten elektrischen Steuerung.
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Beim
Betrieb des Rollstuhls 10 erfasst der Winkelsensor 42 ständig die
Größe des Lenkwinkels α (vgl. 1c)
und vergleicht diesen mit einem vorgegebenen Soll-Lenkwinkel αsoll,
der von der elektrischen Steuerung vorgegeben wird. Die elektrische Steuerung
wiederum erfasst den Soll-Lenkwinkel αsoll von
einer ebenfalls nicht eingezeichneten Eingabevorrichtung, wie beispielsweise
einem Joystick, für den
Benutzer 12. Weicht der tatsächliche Lenkwinkel α von dem
Soll-Lenkwinkel αsoll ab, so sendet die elektrische Steuerung
elektrische Signale an den Servomotor 34, der dar aufhin
ein Steuer-Drehmoment Msteuer auf die Lenkwelle 22 aufbringt,
so dass sich der Lenkwinkel α wie
gewünscht ändert.
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Kommt
es zu einem Stör-Drehmoment
Stör auf
das lenkbare Rad
16, beispielsweise dadurch, dass der Rollstuhl
10 unter
einem Winkel von ungefähr
45° auf
eine Bordsteinkante fährt,
so pflanzt sich dieses Stör-Drehmoment M →
Stör über das
Lenk-Riemenrad
26,
den Zahnriemen
28 und das Antriebs-Riemenrad
30 fort,
so dass am Servomotor
34 ebenfalls ein Drehmoment anliegt. Überschreitet
das Stör-Drehmoment M →
Stör ein
Durchrutsch-Drehmoment M →
Rutsch, so hebt sich
der Zahnriemen
28 vom Lenk-Riemenrad
26 ab und
hebt die ansonsten drehstarre Verbindung zwischen dem Servomotor
34 und der
Lenkwelle
22 auf. Das Stör-Drehmoment M →
Stör kann
den Servomotor
34 damit nicht beschädigen.
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Durch
die Einwirkung des Stör-Drehmoments M →Stör auf
das lenkbare Rad 16 kommt es zu einer Veränderung
des Lenkwinkels α,
der jedoch von der nicht eingezeichneten elektrischen Steuerung mittels
des Servomotors 34 rasch ausgeglichen wird.
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Der
in 1a gezeigte Rollstuhl 10 besitzt zwei
lenkbare Räder,
die beide gleich und wie oben beschrieben aufgebaut sind und unabhängig von
der nicht eingereichten elektrischen Steuerung angesteuert werden.
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- 10
- Rollstuhl
- 12
- Benutzer
- 14
- Hinterrad
- 16
- lenkbares
Rad
- 18
- Gestell
- 20
- Sitz
- 22
- Lenkwelle
- 24
- Kugellager
- 26
- Lenk-Riemenrad
- 28
- Zahnriemen
- 30
- Antriebs-Riemenrad
- 32
- Abtriebswelle
- 34
- Servomotor
- 36
- Getriebe
- 38
- Stirnseite
- 40
- Magnet
- 42
- Winkelsensor
- R
- Radachse
- F
- Fahrachse
- L
- Rollstuhllängsachse
- D
- Laufrichtung
Lenkwinkel
- M →Stör
- Stör-Drehmoment
- M →Rutsch
- Durchrutsch-Drehmoment
- Mmax
- Maximallast-Drehmoments