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Die vorliegende Erfindung betrifft ein Trainingsgerät für wenigstens teilweise gelähmte Patienten.
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Läsionen des zentralen Nervensystems rufen bedingt durch die limitierten Regenerationsmöglichkeiten des zentralen Nervensystems in der Regel anhaltende Defizite hervor. Motorische Defizite führen zu schweren funktionellen Beeinträchtigungen, die im schwersten Fall eine permanente Pflegebedürftigkeit zur Folge haben können. Die mit Abstand häufigste Ursache für solche Läsionen sind in den Industrieländern ischämische Hirninfarkte und seltener Hirnblutungen. So liegt die Inzidenz in Deutschland laut einer Erhebung bei etwa 182 Patienten pro 100.000 Einwohner pro Jahr, von denen bis zu 37% innerhalb eines Jahres versterben. Der Schlaganfall ist damit die dritt- nach einigen Erhebungen sogar zweithäufigste Todesursache und der häufigste Grund für bleibende Behinderungen. Eine der wichtigsten auftretenden Behinderungen ist eine teilweise, meist einseitige Lähmung des Patienten.
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Bei bis zu 30% der Überlebenden nach einem Schlaganfall ist ständige Hilfe entweder in einem Pflegeheim oder im häuslichen Umfeld erforderlich. Da einer der wesentlichen Risikofaktoren für einen Schlaganfall das Alter des Patienten darstellt und die Altersentwicklung der Bevölkerung eine dramatische Verschiebung hin in die Altersstufen über 65 Jahre erlebt, ist mit einer weiteren Zunahme dieses Problems zu rechnen. Schon jetzt rechnet man in Deutschland mit bis zu 200.000 Schlaganfällen pro Jahr und damit zwischen jährlich 40.000 und 60.000 Patienten, die auf Dauer hilfsbedürftig werden. Eine Verbesserung der Rehabilitationsmöglichkeiten kann helfen, den Grad der Selbständigkeit bei etwa 80% der Patienten zu verbessern; nur etwa 10% der Patienten zeigen keinen Rehabilitationserfolg.
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Stand der Technik
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Aus dem Stand der Technik sind stationäre Fahrradergometer bekannt, die mit einer Einrichtung zur funktionellen Elektrostimulation (FES) ausgerüstet sind. Derartige Fahrradergometer werden insbesondere bei vollständig querschnittsgelähmten Patienten zum kardiopulmonalen und muskulären Training mit Erfolg eingesetzt.
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So offenbart z. B. die
US-Patentschrift US 4,499,900 ein Fahrradergometer für Patienten mit gelähmten Beinen. Das Ergometer weist vier Elektroden auf, von denen jeweils zwei an jedem Bein des trainierenden Patienten angebracht werden, um eine Kontraktion der Beinmuskeln zu bewirken. Außerdem wird mittels eines Positionssensors eine Pedalstellung erfasst und einem Computer zugeleitet. Dieser errechnet daraus Steuersignale zum Ansteuern der Elektroden, um so eine koordinierte Pedaltretbewegung in den gelähmten Beinen hervorzurufen.
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Die US-Patentpublikation
US 2003/0109814 A1 offenbart ebenfalls ein Fahrradergometer, mit dem die gelähmten Beine eines Patienten durch funktionelle Elektrostimulation (FES) zu einer Tretbewegung angeregt werden, und mit dem zwischen aktivem und passivem Trainingsmodus gewechselt werden kann.
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Die US-Patentpublikation
US 2005/0015118 A1 offenbart schließlich ein motorgetriebenes Trainingsgerät zu FES bestimmter Muskelgruppen eines Patienten, das ein Kontrollsystem aufweist, um eine isokinetische gerichtete Bewegung zu erreichen.
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Außerdem sind aus dem Stand der Technik induktive magnetische Neurostimulationsverfahren bekannt, die insbesondere zu einer nicht-invasiven transkortikalen Reizung der Großhirnrinde eingesetzt werden können. Derartige Magnetstimulatoren weisen zur Magnetfelderzeugung gewöhnlich eine elektrische Spule auf und können mit dieser für einen Zeitraum zwischen 5 und 15 Minuten Impulse mit einer Wiederholfrequenz von 30 Hz liefern. Wegen einer schnellen Erhitzung der Spulen (1–5 Minuten bei 100% Ausgangsleistung) sind lediglich Stimulationsleistungen von 10–30% üblich, die dann bis zu 15 Minuten lang aufrechterhalten werden können.
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Die deutsche Offenlegungsschrift
DE 198 24 504 A1 beschreibt allgemein die Anwendung von funktioneller Magnetstimulation (FMS) zur Erzeugung von Bewegungen eines gelähmten Körperteils. Offenbart werden dazu Vorrichtungen mit mindestens zwei Magnetspulen.
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Die Publikation von Lin und Mitarbeitern (Lin, V. W. et al. (1998) J. Appl. Physiol. 84, 1144–11) offenbart eine klinische Studie zur Anwendung von FMS im Rahmen der Stimulation der exspiratorischen Muskulatur.
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Die Publikation von Shimada und Mitarbeitern (Shimada, Y. et al. (2006) Biomed. Res. 27, 23–27) beschreibt hingegen die Wirkung von RMS bei akuter Muskelatrophie in Rattern.
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Im
US-Patent US 6,500,110 B1 werden schließlich in allgemeiner Form FES- und FMS basierte Trainingsverfahren für gelähmte Patienten miteinander verglichen.
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Außerdem wird in der internationalen Patentanmeldung
WO 99/26596 A1 vorgeschlagen, Spulen über Innervationszonen eines gelähmten Körperteils zu platzieren, um dort durch magnetische Induktion ein elektrisches Feld zu erzeugen. Hierdurch sollen Muskeln oder Muskelgruppen des betreffenden Körperteils zur Kontraktion oder Erschlaffung angeregt werden. Außerdem sind Sensoren zur Erfassung der momentanen Position des Körperteils vorgesehen, die Stromversorgungen der Spulen ansteuern können, z. B. vermittels eines neuronalen Netzes. Mit der offenbarten Vorrichtung sollen natürliche Bewegungen des Patienten möglichst naturgetreu nachempfunden werden, z. B. Greif- und Gehbewegungen (wobei keine Angaben zur konkreten Realisierung der Gehbewegung gegeben werden). Angestrebt wird, dass eine regelmäßige Wiederholung der induzierten Bewegungen im zentralen Nervensystem einen Lerneffekt bewirkt, der dazu führt, dass der Patient die induzierten Bewegungen wieder selbständig ausführen kann.
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Der Erfindung zugrundeliegendes Problem
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Das Muskeltraining des gelähmten Körperteils ist eine wichtige Rehabilitationsmaßnahme bei gelähmten Patienten. Hiermit lässt sich zahlreichen Folgeerkrankungen vorbeugen, z. B. unzureichender Durchblutung, Herz-Kreislauferkrankungen und Osteoporose. Jedoch haben die Erfinder festgestellt, dass das Training mit funktioneller Elektrostimulation (FES) bei durch Schlaganfall oder aus anderen Gründen (z. B. Multiple Sklerose oder nur teilweise Querschnittslähmung) hemiplegischen (d. h. nur teilweise gelähmten) Patienten im Vergleich zu paraplegischen (d. h. vollständig gelähmten) Patienten zu nur unbefriedigenden Ergebnissen führt, unter anderem hinsichtlich des erreichten Muskelaufbaus und des kardiovaskulären Trainingseffekts.
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Dementsprechend liegt der Erfindung die Aufgabe zugrunde, eine verbesserte Vorrichtung für ein muskuläres und/oder kardiovaskuläres Training bereitzustellen, das sich auch für hemiplegische Patienten eignet.
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Erfindungsgemäße Lösung
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Die Erfindung betrifft ein Trainingsgerät für wenigstens teilweise gelähmte Patienten mit den Merkmalen des Anspruchs 1.
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Das Trainingsgerät für wenigstens teilweise gelähmte Patienten gemäß der vorliegenden Erfindung umfasst mindestens eine Magnetfeldquelle zum Anregen einer Kontraktion oder Erschlaffung wenigstens eines Muskels oder wenigstens einer Muskelgruppe in einem gelähmten Körperteil des Patienten, um eine Bewegung hervorzurufen, mindestens ein Führungsmittel, um die Freiheitsgrade der Bewegung einzuschränken, und ein Widerstandmittel, um der Bewegung einen Widerstand entgegenzusetzen, wobei das Trainingsgerät dadurch gekennzeichnet ist, dass es dazu ausgebildet ist, eine zur Lokomotion notwenige Bewegung zu erzwingen, das Führungsmittel die Bewegung auf den Verlauf entlang einer vorgegebenen geschlossenen Bahn einschränkt, und die Muskeln oder Muskelgruppen in dem Körperteil des Patienten in einem Maße angeregt werden, dass sie ein Drehmoment von mehr als 1.25 Nm erzeugen können.
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Der Erfindung liegt die Erkenntnis zugrunde, dass das durch funktionelle Elektrostimulation (FES) unterstützte Training bei hemiplegischen Patienten häufig mit zu geringer Intensität praktiziert wird. Um einen ausreichenden Trainingseffekt zu erzielen, muss nach Erkenntnis der Erfinder eine Stimulationsintensität ausreichender Höhe eingesetzt werden, um eine trainingsrelevante Muskelkontraktion sicherzustellen. Weiter liegt der Erfindung die Erkenntnis zugrunde, dass eine Ursache der unbefriedigenden Ergebnisse Folge einer ausgeprägten Schmerzempfindlichkeit und Intoleranz gegenüber der elektrischen Stimulation bei Patienten mit erhaltener Sensibilität (z. B. Patienten mit Hemiparese) ist. Mit anderen Worten, Hemiplegiker trainieren häufig nicht mit der erforderlichen Trainingsintensität, weil die Elektrostimulation Schmerzen verursachen kann. Vermutete Ursache ist, dass Hemiplegiker, anders als Paraplegiker, im Allgemeinen noch über eine wenigstens teilweise erhaltene Sensibilität in dem gelähmten Körperteil verfügen.
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Das der Erfindung zugrunde liegende Funktionsprinzip nutzt aus, dass eine Anregung durch ein von der Magnetfeldquelle erzeugtes Magnetfeld eine Bewegung auslösen kann, insbesondere dadurch, dass nach dem Induktionsprinzip in dem Körperteil ein elektrisches Feld und damit ein Strom erzeugt wird, der in der in Nervenzellen ein Aktionspotential auslöst. Dies wiederum kann eine Muskelkontraktion auslösen.
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Weiter nutzt die Erfindung aus, dass die Magnetstimulation in der Tiefe des Körpers wirkt und die in der Haut befindlichen nozizeptiven Afferenzen in viel geringerem Ausmaß anregt als die bekannte funktionelle Elektrostimulation. Deswegen kann mit der Erfindung erreicht werden, dass das Training für den Patienten nicht oder weniger schmerzhaft ist. Die Erfinder haben außerdem erkannt, dass Magnetfeldquellen mit stark fokussierender Wirkung (insbesondere Doppel- oder Schmetterlingsspulen) zum Erzielen einer ausgeprägten Kraftwirkung in mittleren oder großen Skelettmuskeln (z. B. in der massigen Oberschenkelmuskulatur) weniger geeignet sein können. Magnetfeldquellen mit diffuser ober großvolumiger Wirkung (insbesondere Ringspulen, z. B. mit 90 mm Durchmesser) können z. B. in der Beinmuskulatur zwar eine gute Kraftwirkung, weniger aber eine präzise Richtungssteuerung, die zur Realisierung von Lokomotionsaufgaben notwendig wäre, erzielen.
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Der vorliegenden Erfindung liegt die Erkenntnis zu Grunde, dass eine ausreichend krafterzeugende Magnetfeldquelle (insbesondere Rundspule oder generell beliebige Magnetfeldquellen mit tiefer Volumenwirkung) mit mindestens einem Mittel zur mechanischen Führung der beabsichtigten Gelenkbewegung kombiniert werden muss, um eine zur Lokomotion notwendige Bewegungsrichtung oder -bahn zu erzwingen. In diesem Sinne ist die Erfindung auf Magnetstimulation basierenden Systemen ohne mechanischer Führung (wie z. B. aus der internationalen Offenlegungsschrift
WO 99/26596 A1 bekannt) überlegen, insbesondere zu neuroprothetischen oder therapeutischen Zwecken. Freiheitsgrade der Bewegung sind im Sinne der vorliegenden Erfindung die ohne äußere beschränkende Einflüsse möglichen Bewegungen des Körperteils. Durch Einschränken der Freiheitsgrade auf bestimmte Bewegungen kann das mindestens eine Führungsmittel eine von der Magnetfeldquelle angeregte Muskelkontraktion in eine geführte Bewegung des Körperteils umsetzen. Insbesondere kann dadurch eine wiederholte Bewegung, vorzugsweise eine rhythmisch wiederholte Bewegung, ermöglicht werden. Es hat sich gezeigt, dass wiederholte Bewegungen zu besonders guten Trainingsergebnissen führen können.
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Auch liegt der Erfindung die Erkenntnis zugrunde, dass bei Hemiplegikern bei einer für einen befriedigenden Trainingseffekt erforderlichen Stimulationsintensität eine Erhöhung des Muskeltonus im Sinne einer Verstärkung einer vorbestehenden Spastik auftreten kann, die die Wiederherstellung der motorischen Funktion erschwert.
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Bevorzugte Körperteile, bei denen die Erfindung zum Einsatz kommt, sind Körperextremitäten, insbesondere Beine und/oder Arme des Patienten.
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Die Erfindung ermöglicht ein wirksames Training gelähmter Körperteile ohne andauernde externe Hilfe, so dass die Behandlung des Patienten mit der Erfindung einen etwa im Vergleich zur Krankengymnastik geringeren Personalaufwand erfordert und entsprechend geringere Kosten verursacht.
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Mit der Erfindung lässt sich eine überraschend hohe Kraftentwicklung in dem gelähmten Körperteil hervorrufen. Es wird vermutet, dass dies darauf zurückzuführen ist, dass das Magnetfeld tiefer in das Gewebe eindringen und dadurch mehr Muskelfasern anregen kann, als dies mit einer Elektrostimulation möglich ist. Mit der vorliegenden Erfindung lässt sich auch eine geringere Ermüdung der Muskelfasern im Vergleich zur Elektrostimulation erreichen. Wiederum wird angenommen, dass dies mit dem tieferen Eindringen des Magnetfelds in Zusammenhang steht. Die Kraftentwicklung wird dadurch einer physiologisch ausgelösten Muskelkontraktion ähnlicher. Insgesamt ist mit der Erfindung ein im Vergleich zum Stand der Technik wesentlich verbesserter Trainingseffekt erreichbar.
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Das erfindungsgemäße Trainingsgerät ist vorteilhaft einfach aufgebaut. Insbesondere sind keine komplizierten Sensoren erforderlich, die die Bewegung des Körperteils in mehreren Freiheitsgraden überwachen und die Anregung der Muskelkontraktion entsprechend steuern müssen. Die in der Erfindung beschriebene Kombination von Magnetstimulation und mechanischer Führung ermöglicht die Erfassung der Gliedmassenposition aus der Lage der Führung. Es sind somit vorzugsweise nur wenige (im Falle des Pedaltretens ein) Sensoren) notwendig. Die Sensoren gehören vorzugsweise zur Führung. Sie liefern vorzugsweise direkt verwendbare, robuste Lageinformation. Es ist ein erreichbarer Vorteil der Erfindung, dass auf zusätzliche Verarbeitungsalgorithmen (Filterung, Neuronale Netze) wenigstens weitgehend verzichtet werden kann.
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Es ist ein erreichbarer Vorteil des erfindungsgemäßen Trainingsgeräts, dass es in der Praxis einfach einsetzbar ist. Dabei kann insbesondere ausgenutzt werden, dass die eingesetzten Magnetfelder durch Textilstoffe kaum geschwächt werden. Dadurch lässt sich z. B. vermeiden, dass Elektroden oder andere Stimulationsvorrichtungen auf die Haut des Patienten geklebt und nach der Übung wieder abgezogen werden müssen, was im Falle der funktionellen Elektrostimulation eine erhebliche Patientenbelastung und einen hohen Zeitaufwand für den Physiotherapeuten (gewöhnlich ca. 15 Minuten bei einer 15-minutigen Übungsdauer) bedeutet. Insbesondere kann vermieden werden, dass bestimmte therapeutische Kleidungsstücke, z. B. eng anliegende Hosen zum Bekämpfen von Spastiken des Beins abgelegt werden müssen. Auch ist erreichbar, dass etwaig angebrachte Blasenkatheter oder Funktionsfisteln vorteilhafterweise keine Behinderung darstellen.
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Vorteilhafte Aus- und Weiterbildungen des erfindungsgemäßen Trainingsgeräts sind Gegenstand der abhängigen Ansprüche.
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In einer bevorzugten Ausführung der Erfindung ist die Magnetfeldquelle so ausgebildet, dass ihr Magnetfeld periphere, insbesondere motorische Nerven des Körperteils anregen kann. Dazu ist die Magnetfeldquelle vorzugsweise an oder in der Nähe des Körperteils angebracht.
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Bei der Erfindung kommt vorzugsweise ein veränderliches Magnetfeld zum Einsatz, z. B. eine Folge von Magnetfeldpulsen. Die Pulsdauer beträgt vorzugsweise zwischen 10 [mu]s und 1 ms, besonders vorzugsweise zwischen 50 und 500 [mu]s, besonders vorzugsweise zwischen 100 und 200 [mu]s. Die Flussdichte des Magnetfelds während der Magnetfeldpulse beträgt vorzugsweise zwischen 0,1 und 10 T, besonders vorzugsweise zwischen 0,5 und 3 T, besonders vorzugsweise zwischen 1 und 1,5 T. Vorzugsweise wird pro Puls eine elektrische Energie zwischen 10 und 1000 Ws, besonders vorzugsweise zwischen 20 und 200 Ws, besonders vorzugsweise zwischen 50 und 100 Ws in die Magnetfeldquelle eingebracht.
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Die Wiederholfrequenz der Pulse beträgt vorzugsweise zwischen 20 und 100 Hz. In einer Ausführung der Erfindung beträgt sie zwischen 20 und 30 Hz, vorzugsweise um 25 Hz. In einer anderen Ausführung der Erfindung beträgt sie zwischen 30 und 50 Hz, vorzugsweise um 40 Hz. In einer dritten Ausführung der Erfindung beträgt sie zwischen 50 und 100 Hz, vorzugsweise zwischen 60 und 80 Hz.
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Bei einer anderen Ausführungsvariante der Erfindung liegt die Wiederholfrequenz zwischen 1 000 und 10 000 Hz, vorzugsweise zwischen 2 000 und 5 000 Hz, z. B. um 4 000 Hz. Mit solchen Wiederholfrequenzen kann Spastiken entgegengewirkt werden. Die Pulsfolge ist vorzugsweise mit einer weiteren Frequenz zwischen 20 und 100 Hz, z. B. zwischen 20 und 30 Hz, zwischen 30 und 50 Hz oder 50 und 100 Hz amplitudenmoduliert, z. B. sinusförmig.
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Die Magnetfeldquelle des erfindungsgemäßen Trainingsgeräts umfasst vorzugsweise einen stromdurchflossenen elektrischen Leiter, besonders vorzugsweise eine elektrische Spule. Es müssen Spulen mit ausgeprägter Tiefen- Volumenwirkung eingesetzt werden. Zum Beispiel kann eine Rundspule eingesetzt werden, die in einer Ausführungsform flach ist. Der Durchmesser der Spule beträgt vorzugsweise zwischen 10 und 100 mm, z. B. 90 mm oder weniger.
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Die bevorzugten elektrischen Spulen sind Ringspulen (z. B. mit 90 mm Durchmesser), besonders vorzugsweise mit diffuser ober großvolumiger Wirkung. Mit diesen kann eine ausgeprägte Kraftwirkung in mittleren oder großen Skelettmuskeln (z. B. in der massigen Oberschenkelmuskulatur) erreicht werden.
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Die bevorzugte Magnetfeldquelle kann auf das zu erregende Gewebe aufgelegt werden. Sie ist vorteilhafterweise seitlich mit einem oder mehreren Halteelementen, z. B. Gurten ausgestattet, um sie an dem Körperteil anzubringen. Zum Schließen können die Gurte mit Klettverschlüssen oder Schnallen ausgerüstet sein. Mit dieser Ausführung der Erfindung ist erreichbar, dass die Magnetfeldquelle schnell, z. B. in weniger als 1 Minute, schmerzfrei an das Körperteil angebracht werden kann. (Zum Vergleich: die Anwendung der bei elektrischer Stimulation üblichen Elektroden an der Hautoberfläche beträgt gewöhnlich 10–15 Minuten.) Ein weiterer Vorteil der Magnetstimulation ist, dass dem Auftreten von Hautallergien, wie sie insbesondere bei der FES gelegentlich vorkommen, durch die direkt berührungslose Anwendung der Magnetspule entgegengewirkt werden kann.
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Durch eine zweckmäßige Orientierung der Magnetfeldquelle kann auf die Stärke der erreichten Kontraktion und/oder den entstehenden Schmerz Einfluss genommen werden. In einer bevorzugten Ausführung der Erfindung ist das Körperteil, in dem mindestens ein Muskel oder mindestens eine Muskelgruppe angeregt wird, ein Bein des Patienten. Die Magnetfeldquelle ist hierbei vorzugsweise in einer ventralen (oben auf dem Oberschenkel) oder lateralen (seitlich am Oberschenkel) Position oder einer zwischen diesen beiden Extrempositionen liegenden Zwischenposition am Oberschenkel des Beins, insbesondere im Bereich des Quadrizeps, anordenbar. Besonders bevorzugt ist eine in der Mitte zwischen diesen beiden Positionen liegenden 45° ventro-laterale Position. Es wird vermutet, dass in dieser Lage eine maximale Magnetfelddurchsetzung des Quadrizeps erzielt und/oder einer Stimulation des Antagonisten entgegengewirkt wird.
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Die Erfindung umfasst nicht nur Ausführungen bei der nur eine sondern auch Ausführungen, bei der zwei oder mehr Magnetfeldquellen, vorzugsweise Spulen, an derselben Extremität zum Einsatz kommen, beispielsweise eine zum Anregen des Quadrizeps und eine andere zum Anregen des Bizeps.
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Die Magnetfeldquelle kann sich durch die hohe Leistung, die erforderlich ist, um eine Muskelkontraktion zu bewirken, merklich erwärmen, was für den Patienten unangenehm sein kann und im Extremfall sogar zu Verbrennungen führen könnte. Deshalb ist die Magnetfeldquelle eines bevorzugten Trainingsgeräts mit einer Kühlvorrichtung ausgestattet.
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Die bevorzugte Magnetfeldquelle umfasst außerdem eine Stromversorgung, um elektrischen Strom zur Erzeugung des Magnetfelds bereitzustellen. Außerdem ist sie vorzugsweise mit einer Steuerung, die den zeitlichen Verlauf und/oder die räumliche Form des Magnetfelds steuern kann, zu einem Magnetstimulator weitergebildet, z. B. zu einem Stimulator wie er von dem Gerät Rapid der Fa. Magstim, Cardiff, Großbritannien bekannt ist.
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In einer Ausführungsvariante ist das erfindungsgemäße Trainingsgerät zusätzlich zur Magnetfeldquelle mit mindestens einer Stimulationselektrode ausgestattet. Hierdurch ist eine kombinierte magnetische und elektrische Stimulation möglich. Insbesondere kann auf diese Weise eine Steigerung der Muskelkontraktion erreicht werden. Durch die Kombination von Magnetfeldquelle und Elektrostimulation kann das elektrische Feld niedriger gewählt werden, als es bei der bekannten funktionellen Elektrostimulation gewöhnlich zum Einsatz kommt. Es ist ein erreichbarer Vorteil dieser Ausführung der Erfindung, dass Schmerz und Spastiken vermieden oder wesentlich gemindert werden. Verfahren zur Anordnung und Ansteuerung der Elektroden sind dem Fachmann bekannt. Insbesondere wird auf den diesbezüglichen Inhalt der
US-Patentschrift US 4,499,900 verwiesen.
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Das mindestens eine Führungsmittel des erfindungsgemäßen Trainingsgeräts schränkt die Bewegung auf eine Bewegung entlang dem Verlauf einer vorgegebenen geschlossenen Bahn ein. Bevorzugt sind Ruder- oder Pedaltrittbewegungen, die den Behandlungserfolg dadurch steigern können, dass die Sequenz und die Symmetrie dieser Bewegungen erlernt werden kann. Die mit der Magnetstimulation kombinierbare mechanische Führung kann ebenfalls Trajektorien für mehrgelenkige Bewegungen (z. B. für das Gehen durch einen Gangroboter) vorgeben.
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Eine geschlossene Bahn kann z. B. eine Kreisbahn oder eine ovale Bahn sein, z. B. entsprechend der Bahn eines Pedals bei einem Fahrrad. Hierzu umfasst das Führungsmittel vorzugsweise eine um eine Achse drehbare Kurbel, deren Ende eine Kreisbahn beschreibt.
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Ein erfindungsgemäßes Trainingsgerät regt die Muskeln oder Muskelgruppen in dem Körperteil des Patienten in einem Masse an, dass ein Drehmoment von mehr als 1,25 Nm erzeugt wird, vorzugsweise mehr als 2 Nm, mehr als 5 Nm, mehr als 10 Nm, mehr als 15 Nm mehr als 20 Nm oder mehr als 30 Nm. Das Körperteil ist vorzugsweise ein Bein.
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Vorzugsweise ist an dem Führungsmittel ein Befestigungsmittel vorgesehen, um das Körperteil an dem Führungsmittel zu befestigen. Das Befestigungsmittel kann z. B. ein Pedal und/oder ein Halteelement umfassen, z. B. einen Gurt, einen Schuh, einen Handschuh oder eine Bindung für einen Schuh wie sie aus dem Radsport oder dem Skisport bekannt ist. Das Pedal ist vorzugsweise drehbar an der Kurbel angeordnet.
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In einer bevorzugten Ausführung der Erfindung umfasst das Trainingsgerät eine Beinorthese. Die Beinorthese gehört im Falle der Pedaltrittbewegung vorzugsweise zur mechanischen Führung. Sie besteht z. B. aus einem starren, aus Hartplastik gefertigten Stiefel der die Bewegung im Sprunggelenk verhindern, d. h. das Sprunggelenk auf 90° Flexion fixieren kann. Weiterhin kann eine Beinorthese die Unter- und Oberschenkelbewegungen in die sagittale Ebene (keine seitlichen Ausschläge sind möglich) zwingen. Die Beinorthese kann die Anzahl der Freiheitsgrade beim Pedaltreten auf (im Wesentlichen) einen reduzieren.
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Das mindestens eine Führungsmittel ist so ausgebildet und an dem Trainingsgerät angeordnet, dass es eine untere Extremität, z. B. einen Fuß oder ein Bein des Patienten, führen kann. Dadurch kann insbesondere ein gelähmtes Bein des Patienten trainiert werden. Es sind aber auch Ausführungen der Erfindung denkbar, bei denen eine obere Extremität, insbesondere eine Hand oder ein Arm des Patienten geführt wird, um diese zu trainieren.
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Besonders vorzugsweise sind Führungsmittel für zwei Körperteile, insbesondere Extremitäten, vorgesehen, z. B. für zwei Beine oder zwei Arme. Die Führungen können miteinander gekoppelt sein, wie dies z. B. bei den beiden Tretkurbeln eines Fahrrads oder Fahrradergometers der Fall ist, die zueinander drehfest auf einer gemeinsamen Achse angeordnet sind. Vorzugsweise sind die Magnetfeldquelle(n) und gegebenenfalls vorhandene Stimulationselektroden lediglich für eine Körperseite vorgesehen, insbesondere um die gelähmte Seite eines hemiplegischen Patienten zu stimulieren.
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Bei einer bevorzugten Ausführung der Erfindung ist das Führungsmittel mit einem Aufnehmer ausgestattet, um die Position des Körperteils zu bestimmen. Dieser Aufnehmer bildet vorzugsweise mit der mechanischen Führung einen Körper. Zum Beispiel kann der Aufnehmer den Kurbelwinkel bestimmen, wenn das Führungsmittel eine drehbar gelagerte Kurbel umfasst. In Abhängigkeit von der erfassten Position kann/können die Magnetfeldquelle(n) angesteuert werden, um ein Magnetfeld zu erzeugen. Die Steuerung kann im Wesentlichen analog zu der bei bekannten Ergometern mit funktioneller Elektrostimulation ausgeführt sein. Allerdings wird die Stimulationsintensität vorzugsweise bei jedem Einsetzen der Stimulation mit einer längeren Rampe erhöht, als dies bei der funktionellen Elektrostimulation üblich ist.
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Das erfindungsgemäße Trainingsgerät umfasst ferner ein Widerstandsmittel, um der Bewegung einen Widerstand entgegenzusetzen. Hierdurch kann eine höhere Trainingsintensität und damit ein besseres Trainingsergebnis erzielt werden.
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Bevorzugte Widerstandsmittel sind Bremsen, z. B. eine Wirbeistrombremse oder eine mechanische Bremse, vorzugsweise mit einer Bremsscheibe und Bremsbacken.
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Ein bevorzugtes Führungsmittel ist zu einem Ergometer weitergebildet, vorzugsweise zu einem Fahrradergometer, z. B. ähnlich dem Typ MOTOmed der Fa. Reck, Betzenweiler, Deutschland. Es ist aber z. B. auch denkbar, das Führungsmittel zu einem Ruderergometer weiterzubilden. Als weiteres Führungsmittel ist ein Gangroboter (z. B. Lokomat der Fa. Hocoma, Zürich, Schweiz) vorstellbar. Darüber hinaus kann das Führungsmittel auch zu einem nicht-stationären Trainingsgerät weitergebildet werden, z. B. zu einem Dreirad, wie beispielsweise offenbart in
WO 02/28700 A1 oder dem
US-Patent US 4,863,157 . Der diesbezügliche Inhalt der vorgenannten Druckschriften ist durch Verweis Teil der vorliegenden Offenbarung.
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Kurzbeschreibung der Figuren
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Die Erfindung wird im Folgenden anhand von Figuren und Ausführungsbeispielen in weiteren Einzelheiten näher erläutert.
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Es zeigen:
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1 schematisch eine erste Ausführung des erfindungsgemäßen Trainingsgeräts als Fahrradergometer mit einer Magnetfeldquelle;
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2 eine weitere Ausführung der Erfindung als Fahrradergometer mit zwei Magnetquellen;
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3 die experimentell ermittelten Kurbeldrehmomente bei elektrischer und/oder magnetischer Stimulation bei querschnittsgelähmten Patienten;
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4 Magnetstimuliertes Radfahren von Patientin mit beidseitig komplett gelähmten Beinen; und
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5 Eine bevorzugte Platzierung der Stimulationsspule über dem Musculus Quadriceps des Oberschenkels.
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Beschreibung anhand von Ausführungsbeispielen
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In 1 ist ein erfindungsgemäßes Trainingsgerät 1 dargestellt, das als stationäres Fahrradergonometer ausgebildet ist. Ein Rahmen 2 des Ergonometers 1 ist fest im Boden verankert. Der Rahmen 2 ist mit einem Sitz 3 ausgestattet, in dem der Patient 4 Platz nimmt. Der Patient ist vorzugsweise ein Hemiplegiker mit einem gesunden (nicht dargestellt) und einem gelähmten Bein 6. In bequemer Reichweite der Füße des Patienten 4 (von denen der Fuß 5 des gelähmten Beins 6 des Patienten in der Figur dargestellt ist) befindet sich ein Paar in entgegengesetzte Richtungen weisender Tretkurbeln, die über eine Achse starr verbunden ist, die in einem Tretlager 7 drehbar gelagert ist. Des Weiteren ist ein Kettenblatt 8 ebenfalls starr mit der Achse verbunden, das über eine Kette 9 einen Zahnkranz 10 antreibt, der mittels einer nicht dargestellten Wirbelstrombremse abgebremst wird. Die Tretkurbeln sind jeweils mit nicht dargestellten Pedalen ausgerüstet, die jeweils von dem einen oder anderen Fuß 5 des Patienten 4 betätigt werden können, um das Kettenblatt 8 in Drehbewegung zu versetzen. Außerdem sind nicht dargestellte Beinorthesen vorgesehen, um die Füße 5 des Patienten 4 an den Pedalen zu fixieren.
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Weiterhin ist an dem Kettenblatt 8 ein Aufnehmer angeordnet, der den Kurbelwinkel C des Tretkurbelpaares ermittelt und in Abhängigkeit von dem ermittelten Winkel einen Magnetstimulator 11 vom Typ Rapid der Fa. Magstim, Cardiff, Großbritannien steuert. Die Magnetspule 12 dieses Stimulators 11 ist in einer 45° ventro-lateralen Position im Bereich des Quadrizepsmuskels am Oberschenkel 13 des gelähmten Beins 6 des Patienten 4 mittels Gurten aus Polystyren fixiert, die mit Klettverschlüssen geschlossen sind. Wenn der Aufnehmer einen Kurbelwinkel feststellt, bei dem die Kurbel von dem gelähmten Bein 6 betätigt werden muss, um eine Pedaltrittbewegung auszuführen, schaltet der Magnetstimulator 11 die Spule 12 ein, um mit dem Magnetfeld eine Muskelkontraktion im Oberschenkel 13 des Patienten 4 herbeizuführen. Am anderen, nicht gelähmten Bein des Patienten 4 ist eine solche Stimulation nicht erforderlich. Durch die Erfindung kann der Patient 4 ein regelmäßiges, koordiniertes Pedaltreten ausführen. In der Darstellung der 1 wird eine handelsübliche Spule 12 mit einem Stil verwendet. In einer alternativen Ausführung der Erfindung kommen speziell angepasste Spulen ohne Stil zum Einsatz.
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2 zeigt ein weiteres Ausführungsbeispiel der Erfindung, das sich von dem in 1 dadurch unterscheidet, dass eine weitere Spule 14 vorgesehen ist, die ebenfalls von dem Magnetstimulator 11 eingeschaltet werden kann, die aber auf der Unterseite des Oberschenkels 13 angeordnet ist, im Bereich des Bizeps. Diese Spule 14 wird dann aktiviert, wenn der Aufnehmer am Kettenblatt eine Kurbelstellung anzeigt, bei der das gelähmte Bein angezogen werden muss. Eine solche anziehende Bewegung kann durch die Anregung des Bizepsmuskels mit der zweiten Spule 14 angeregt oder unterstützt werden. Zum Auslösen einer Muskelkontraktion werden die Spulen 12, 14 mit 80% bis 100%iger Aussteuerung betrieben, wobei magnetische Impulse von jeweils etwa 150 ms Länge mit einer Wiederholfrequenz von ca. 25 Hz und einer Magnetfeldstärke von etwa 1,25 T erzeugt werden.
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zeigt an dem Trainingsgerät 1 nach 1 gemessene Kurbeldrehmomente des gelähmten Beins 6 an der Tretkurbel. Durch die magnetische Stimulation (C) lassen sich Drehmomente von über 20 Nm erzeugen. Es wurden auch Experimente durchgeführt, bei denen zusätzlich zur magnetischen Stimulation eine konventionelle elektrische Stimulation nach dem Stand der Technik durchgeführt wurde (B). Durch Kombination von magnetischer und elektrischer Stimulation lassen sich demnach Drehmomente von bis zu annähernd 30 Nm realisieren. Eine Kontrollmessung mit ausschließlich elektrischer Stimulation nach dem Stand der Technik (A) ergab Drehmomente von lediglich maximal 8 Nm.
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zeigt eine stationäres Radfahrtraining durchführende Patientin mit beidseitig kompletter Lähmung der Beine (ab Th9). Die Pedaltrittbewegung wird ausschließlich über magnetische Stimulation realisiert. Linker und rechter Quadrizepsmuskel werden über M&M PStim 160 und MAGSTIM Rapid repetitive Magnetstimulatoren gereizt (20 bzw. 30 Hz). Die beiden Ringspulen werden über Polystyren-Halterungen am Oberschenkel befestigt. Die Beinorthesen sind in diesem Fall aus Blech gefertigte, bis zum Kniegelenk reichende Schaufeln.
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zeigt die bevorzugte Platzierung der Ringspule über dem Quadrizepsmuskel des Oberschenkels (45 deg. ventro-lateral). Die gereizte Muskelmasse ist in dieser Lage maximal.