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Die
Erfindung betrifft ein Verfahren zur Vorabbewertung von Druckgussbauteilen
auf der Basis von Simulationsergebnissen nach dem Oberbegriff des
Anspruchs 1.
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Verfahren
zur Vorabbewertung von Druckgussbauteilen auf der Basis von Simulationsergebnissen
sind bekannt (zum Beispiel
WO 2002003309 A1 ) und entsprechende Rechenprogramme
für eine Gießsimulationsberechnung
sind beispielsweise unter den Bezeichnungen MAGMASOFT oder PROCast
oder STAR-CD oder FLUENT auf dem Markt erhältlich. Bei allen diesen Gießsimulationsberechnungen
werden im Prinzip die gleichen nacheinander folgenden Verfahrensschritte
durchgeführt:
- – Geometrieaufbereitung
im Simulationsprogramm, dem dazu die geometrischen Abmessungen des
konstruierten Druckgussbauteils mit Anguss-System sowie gießrelevante Geometrien der Druckgussform
ggf. mit Formen von Kühlkanälen mitgeteilt
werden,
- – Erstellung
eines Rechennetzes aus einer Vielzahl von finiten Volumenelementen
als Rechenzellen (R), welche die im vorstehenden Verfahrensschritt
aufbereitete Geometrie abbilden,
- – Aufbereitung
von Simulationsrandbedingungen im Simulationsprogramm, dem dazu
die wesentlichen Prozessparameter, insbesondere die Gießmaterialeigenschaften,
die Temperaturen der bereitgestellten Schmelze, das Schussprofil,
welches festlegt, wann wie viel flüssige Schmelze in den Hohlraum
der Gussform einfließt,
sowie die Definition der Wärmeströme, die
angibt, wohin wann und wie schnell eingebrachte Wärme abfließt, mitgeteilt
werden,
- – Durchführung der
Füll- und
Erstarrungsrechnung im Simulationsprogramm, wobei Strömungsgleichungen
zusammen mit Massen- und Energieerhaltungsgleichungen für jede Rechenzelle
(R) gelöst
werden und der Erstarrungsvorgang unter Berücksichtigung der frei werdenden Erstarrungs-Enthalpie
simuliert wird, so dass als Rechenergebnis für jede Rechenzelle (R) neben Informationen über den
Füllgrad,
die Geschwindigkeiten und die Drücke
während
des Füllvorgangs,
die für
die vorliegende Vorab-Bewertung benötigten Informationen über die
jeweils aktuelle Schmelzetemperatur (Ti)
in jeder befüllten
Rechenzelle (R) während
des Erstarrungsvorgangs an vorgewählten Ergebniszeitpunkten (EZ)
zur Verfügung
stehen.
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Die
Bauteilqualität
eines Druckgussbauteils, insbesondere eines dünnwandigen Druckgussbauteils
wird unter anderem durch großvolumig
zusammenhängende
Fehlvolumina, sogenannte makroskopische Erstarrungslunker beeinträchtigt.
Die Voraussage über
Position und Größe solcher
kritischer Erstarrungslunker, insbesondere bei dünnwandigen Bauteilen und Bewertungen
unterschiedlicher Prozessführungen,
sind mit den bekannten Gießsimula tionsberechnungen,
für qualitativ
sichere Voraussagen zu ungenau. Durch Vergleich solcher Simulationsergebnisse
mit tatsächlich
in entsprechenden Druckgussformen gegossenen Druckgussbauteilen hat
sich herausgestellt, dass zwischen der tatsächlichen Position und Größe von Erstarrungslunkern
und entsprechenden Ergebnissen aus der Gießsimulationsberechnung teilweise
so erhebliche Unterschiede vorliegen, dass die daraus abgeleiteten
bisherigen Bewertungen für
eine annähernd
sichere Vorhersage der Bauteilqualität bzw. für Vorgaben zur Entwicklung einer
Druckgussform nicht zufriedenstellend sind. Regelmäßig werden
zwar bei den bekannten Gießsimulationsberechnungen
möglicherweise
kritische Bereiche ermittelt, in denen umgeben von bereits erstarrtem
Material nachfolgend Material erstarrt (Hot Spots), wobei dieses
Ergebnis aber keine sichere Aussage darüber zulässt, ob sich hier tatsächlich die Bauteilqualität mindernde
makroskopische Fehlstellen ausbilden.
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Die
Entwickler von Druckgussformen können daher
im Wesentlichen nur auf Erfahrungen an geometrisch ähnlichen
Bauteilen zurückgreifen
und bei einer unzureichenden Bauteilqualität werden Optimierungen erst
nach Verfügbarkeit
der Druckgussform, d. h. regelmäßig sehr
spät in
einem Entwicklungsprozess durchgeführt. Solche Optimierungen bestehen
in der Praxis regelmäßig darin,
dass die Prozessführung
so lange verändert
wird und/oder Manipulationen an der Geometrie des Gießlaufs vorgenommen
werden, bis das Bauteil den Qualitätsansprüchen genügt. Die Aussagen der bisher
zur Verfügung
stehenden Simulationsergebnisse sind jedenfalls nicht ausreichend
um vorab Qualitätsaussagen treffen
zu können,
die für
Optimierungen tatsächlicher
Geometrien und/oder Prozessführungen
geeignet sind.
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Aufgabe
der Erfindung ist es demgegenüber ein
gattungsgemäßes Verfahren
zur Vorabbewertung von Druckgussbauteilen so weiterzubilden, dass
eine verlässliche
Vorabbewertung der Qualität
eines Druckgussbauteils, insbeson dere eines dünnwandigen Druckgussbauteils
noch vor Verfügbarkeit
der Druckgussform möglich
ist.
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Diese
Aufgabe wird mit den Merkmalen des Anspruchs 1 gelöst.
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Gemäß Anspruch
1 wird eine erweiterte Auswertung der Rechenergebnisse durchgeführt dergestalt,
dass
an den vorgewählten
Ergebniszeitpunkten (EZ) in einer weiteren Rechenschleife über alle
Rechenzellen (R) die Rechenzellen (R) ermittelt werden, deren aktuelle
Schmelzetemperaturen (Ti) im interdendritisch
speisbaren Erstarrungsintervall (Ei) liegen und diese ermittelten
Rechenzellen (R) zu zusammenhängenden
interdendritisch speisbaren Volumenbereichen (VZ) gruppiert werden,
dass
in einer zusätzlichen
Rechenschleife an den abgespeicherten Ergebniszeitpunkten (EZ) die
Volumengröße (VG)
eines jeden zusammenhängenden interdendritisch
speisbaren Volumenbereichs (VZ) berechnet wird, sowie jeweils die
dortige gemittelte Schmelzetemperatur (Tm) und die Standardabweichung
der Schmelzetemperatur in jeden dieser Volumenbereiche (VZ) ermittelt
und zu einer dimensionslosen Kennzahl als Temperaturgleichförmigkeits-Kennzahl
ins Verhältnis
gesetzt wird, die ein Maß für das Nachspeisepotential
im jeweiligen Volumenbereich (VZ) darstellt, dergestalt,
dass
für jeden
vorgewählten
und abgespeicherten Ergebniszeitpunkt (EZ) und für jeden zusammenhängenden
interdendritisch speisbaren Volumenbereich (VZ) die Volumengröße (VG)
und die Temperaturgleichförmigkeits-Kennzahl
(K) zur Verfügung
stehen, und
dass in einem weiteren Bewertungsschritt ein Minimalwert
für die
Volumengröße (VG)
und ein Maximalwert für
die Temperaturgleichförmigkeits-Kennzahl (K)
vorgegeben sind deren Unterschreitung bzw. Überschreitung an einem oder
mehreren Ergebniszeitpunkten (EZ) in einem oder mehreren zusammenhängenden
interdendritisch speisbaren Volumenbereichen (VZ) ein Kriterium
für dort
zu erwartende makroskopische Fehlstellen in einem tatsächlichen
Druckgussbauteil und damit für
eine unzureichende Bauteilqualität
sind, so dass Optimierungsmaßnahmen
im jeweiligen Bereich erforderlich sind.
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Beim
Erstarrungsvorgang wachsen ausgehend von Keimzellen Dendriten, deren
primärer
Abstand (λ1)
sowie sekundärer
Abstand (λ2)
ein Maß für die mechanischen
Festigkeitseigenschaften des verwendeten Gießmaterials ist, wobei kleine
Dendritenabstände
höhere
Festigkeiten kennzeichnen. Diese Abstände lassen sich unter anderem
durch die Abkühlgeschwindigkeit
beeinflussen. Unter dendritisch speisbaren Volumenbereichen (VZ),
werden solche Bereiche verstanden, in denen sich noch teil-flüssige Schmelze
durch die „Labyrinthe" zwischen bereits
erstarrten Dendriten bewegen kann. Dies ist in einem interdendritisch
speisbaren Erstarrungsintervall (Ei) mit entsprechenden Schmelzetemperaturen
(Ti) möglich,
welches beispielsweise aus dem Verlauf einer Erstarrungskurve zu
entnehmen ist. Einzelheiten dazu werden im Zusammenhang mit den 1 und 2 erläutert.
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Die
ermittelte Temperaturgleichförmigkeits-Kennzahl
(K) ist für
den interdendritisch speisbaren Volumenbereich (VZ) ein Maß für das Nachspeisepotential
und damit ein Qualitätsmerkmal,
da diese Kennzahl ein Maß für die Gleichmäßigkeit
der Schmelzetemperatur und damit für das Maß der Gleichförmigkeit
der dortigen zu erwartenden Abkühlung
darstellt.
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Physikalisch
lässt sich
die vorstehende Bewertung auf folgendes Phänomen zurückführen: Je größer der jeweilige zusammenhängende interdendritisch
speisbare Volumenbereich (VZ) ist und je kleiner der zugehörige Wert
der Temperaturgleichförmigkeits-Kennzahl
(K) ist, desto geringer ist die Gefahr einer qualitätsmindernden
makroskopischen Lunkerbildung in diesem Volumenbereich (VZ), da
eine „interdendritische
Nachspeisung" bei
Beachtung von Grenzwerten im gesamten Volumenbereich (VZ) möglich ist.
Eine Bewertung wird dabei jeweils an den Ergebniszeitpunkten (EZ)
durchgeführt.
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Die
damit eingeführten
beiden neuen Bewertungskriterien, einerseits als zusammenhängende interdendritisch
speisbare Volumenbereiche (VZ) und andererseits die zugehörigen Temperaturgleichförmigkeits-Kennzahlen
(K) haben in der Praxis durch Vergleiche mit späteren tatsächlichen Gussbauteilen ihre
Tauglichkeit bewiesen: Beeinträchtigungen
der Bauteilqualität
durch die Gefahr der Bildung großvolumig zusammenhängender
Fehlvolumina können schon
bei der Konzeption eines Druckgusswerkzeugs erkannt und durch Änderungen
an den Geometrien und/oder der Prozessführung und/oder des Werkzeugs
einfach schnell und kostengünstig
berücksichtigt
und behoben werden.
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Die
Dimensionsunabhängige
Temperaturgleichförmigkeits-Kennzahl
(K) wird gemäß Anspruch
2 mit einer für
Standardabweichungen allgemein bekannten Gleichung ermittelt:
- – mit einer
Summenbildung von i gleich 1 bis N, wobei N die Anzahl der Rechenzellen
(R) im jeweiligen zusammenhängenden
interdendritisch speisbaren Volumenbereich (VZ) ist, und
- – Tm
die gemittelte Schmelzetemperatur in diesem Volumenbereich (VZ)
bedeutet.
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Die
dimensionslose Temperaturgleichförmigkeits-Kennzahl
(K) ermöglicht
vorteilhaft Aussagen und Bewertungen unterschiedlicher Gegebenheiten. Insbesondere
können
durch eine entsprechende Auswahl eines Maximalwerts von vorneherein
Anforderungen an die Bauteilqualität berücksichtigt werden. Regelmäßig ergeben
Temperaturgleichförmigkeits-Kennzahlen
größer 40 nur
noch eine geringe, oft nicht ausreichende Bauteilqualität. Bei Temperaturgleichförmigkeits-Kennzahlen
von 20 oder kleiner in Verbindung mit einer merklichen Volumengröße, genügt dagegen
die Bauteilqualität
regelmäßig den Anforderungen.
Es wird daher mit Anspruch 3 vorgeschlagen, dass als Maximalwert
für die
dimensionslose Temperaturgleichförmigkeits-Kennzahl
(K) je nach Qualitätsanforderung
ein Wert im Bereich von 15 bis 30, vorzugsweise von 20 vorgegeben
wird.
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Gemäß Anspruch
4 werden auch hier in an sich bekannter Weise zur Geometrieaufbereitung dem
Simulationsprogramm CAD-Daten des Druckgussbauteils und der Gießform mitgeteilt.
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Wenn
mit der vorstehenden Bewertung erkannt wird, dass die Qualitätsvorgaben
für ein
konkretes Druckgussbauteil voraussichtlich nicht erreicht werden,
sind für
einen oder mehrere erneute Simulationsdurchläufe die Simulationsrandbedingungen, insbesondere
Prozessparameter und/oder Geometrieparameter so lange zu ändern, bis
die vorgegebenen Grenzwerte für
die beiden Bewertungskriterien eingehalten werden. Gute Optimierungsergebnisse werden,
soweit möglich,
oft schon mit einer (simulierten) Erhöhung der Füllgeschwindigkeit erreicht.
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Unter
Verwendung von drei Figuren wird ein konkretes Bewertungsbeispiel
näher erläutert.
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Es
zeigen
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1 den
Verlauf einer Erstarrungskurve,
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2 einen
schematisch dargestellten Ausschnitt aus einem interdendritisch
speisbaren Volumenbereich (VZ), und
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3 ein
Flussdiagramm zu der erfindungsgemäßen Auswertung.
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In 1 ist
der Verlauf der Erstarrungskurve für das Schmelzematerial AlSi10Mg
angegeben. In x-Richtung ist dazu die Schmelzetemperatur in °C und in
y-Richtung der Erstarrungsgrad fs aufgetragen. Daraus ist zu entnehmen,
dass dieses Legierungsmaterial bei Unterschreitung einer Schmelzetemperatur
von 595°C
zu erstarren beginnt und bei 555°C
die vollständige
Erstarrung erreicht. Eine interdendritische Nachspeisung ist hier
im eingezeichneten interdendritisch speisbaren Erstarrungsintervall Ei
bis zu einer Schmelzetemperatur von ca. 576°C möglich.
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Wie
in 2 dargestellt, läuft der Erstarrungsvorgang
so ab, dass ausgehend von Keimzellen Dendriten (in 2 sind
davon drei dargestellt) wachsen mit primären Abständen λ1 und sekundären Abständen λ2. Im Temperaturintervall entsprechend dem
interdendritisch speisbaren Erstarrungsintervall Ei aus 1,
sind die Durchgänge
aus dem „Labyrinth" zwischen den bereits
erstarrten Dendriten noch so groß, dass sich teilflüssige Schmelze
hindurch bewegen kann, was als „interdendritisches Nachspeisen" bezeichnet wird.
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3 zeigt
ein Flussdiagramm für
die erfindungsgemäße Auswertung
der Rechenergebnisse unter Verwendung der ermittelten Schmelzetemperaturen
in den einzelnen Rechenzellen R:
Dazu werden in einer ersten
Rechenschleife über
alle Rechenzellen R, z. B. 1 Million Rechenzellen alle Rechenzellen
R aufgefunden, deren Schmelzetemperatur im interdendritisch speisbaren
Erstarrungsintervall Ei liegt und diese Rechenzellen R zu zusammenhängenden
Volumenbereich VZ gruppiert.
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In
einer weiteren Rechenschleife über
jeden dieser zusammenhängenden
Volumenbereiche VZ (es wurden z. B. 5 bis 7 Volumenbereiche VZ ermittel)
wird deren Volumengröße VG berechnet.
Weiter wird die gemittelte Schmelzetemperatur Tm in den Volumenbereichen
VZ und anschließend
die Temperaturgleichförmigkeits-Kennzahl
K dieser Volumenbereiche VZ gemäß der angegebenen
Gleichung berechnet.
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Entsprechend
der weiter angegebenen Rechenschleife werden die vorstehenden Rechenschleifen über die
abgespeicherten vorgegebenen Ergebniszeitpunkte EZ ermittelt, wobei
als typisch ca. 20 Erstarrungsergebnisse entsprechend 20 Ergebniszeitpunkten
EZ während
eines Erstarrungsvorgangs hier vorgegeben worden sind.
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Damit
stehen pro Ergebniszeitpunkt EZ und pro zusammenhängendem
Volumenbereich VZ für die
weitere Bewertung die Volumengröße VG, die mittlere
Schmelztemperatur Tm und die Temperaturgleichförmigkeits-Kennzahl K zur Verfügung.
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Für jeden
zusammenhängenden
Bereich VZ werden in einem weiteren (im Flussdiagramm nicht dargestellten)
Bewertungsschritt die Volumengröße VG anhand
eines vorgegebenen Minimalwerts und die Temperatur gleichför migkeits-Kennzahl
K anhand eines Maximalwerts bewertet, wobei bereits eine Unterschreitung
bzw. Überschreitung
in einem oder mehreren zusammenhängenden
Volumenbereich VZ oder an einem oder mehrere Ergebniszeitpunkten
EZ ein Kriterium für
zu erwartende makroskopische Fehlstellen darstellt, so dass weitere
Simulationsdurchläufe
mit Optimierungsmaßnahmen
erforderlich sind.