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Die
Erfindung bezieht sich auf eine Lehmbauplatte, bestehend aus Lehm
und Fasern. Lehm ist eine Mischung aus Sand, Schluff und Ton, der
durch die Verwitterung aus festem oder lockerem Gestein oder durch
die unsortierte Ablagerung der genannten Bestandteile entsteht.
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Dabei
ist Sand ein Gesteinsgemisch aus Körnern der Größe
von 0,063 mm bis 2 mm, vorwiegend aus Quarz (Siliziumdioxid SiO2) aber auch vielen anderen Mineralien. Wichtige
Tonminerale sind Allophan, Kaolinit, Halloysit, Montmorillonit und
Vermicolit sowie Chrysokoll. Die hohe spezifische Oberfläche
der sehr feinkörnigen Minerale und die Polarität
der Mineralflächen ermöglicht Stoffabsorption
an den Außenflächen. Einige Tonminerale können
Wasser, Kationen und organische Moleküle reversibel in ihre
Struktur einlagern.
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Da
Lehm sehr häufig und fast überall vorkommt, sowie
lediglich durch Beimischung von Wasser zu einem viskosen, leicht
verarbeitbaren Material umgeformt werden kann, das nach der Trocknung wieder
eine hohe Festigkeit erlangt, ist es einer der ältesten
und am weitesten verbreiteten Baustoffe der Welt, der bis in die
fünfziger Jahre des 20. Jahrhunderts als Baustoff in fast
allen Wohnhäusern verwendet wurde und seit etwa 1980 wieder
verstärkt wegen seiner Wärme- und feuchtigkeitsspeichernden
Wirkung sowie wegen seiner vollständigen biologischen Abbaubarkeit
vermehrt eingesetzt wird. Ein wesentlicher Vorteil ist die vollständige
Wiederverwendbarkeit von ungebranntem Lehm. Die für die
meisten anderen Baustoffe erforderliche Ablagerung als Sondermüll
entfällt.
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Ungebrannter
Lehm wird unter anderem in Form von Lehmziegeln vermauert, zwischen
Schalungen gegossen oder als Lehmbauplatte für Außen- und
Innenwände verwendet. Ein Problem bei den nach heutigem
Stand der Technik bekannten Lehmbauplatten ist die geringe mechanische
Festigkeit. Bei schlanken Platten, die aus reinem Lehm bestehen,
ist deshalb die Verwendung als Deckenplatte häufig schon
dadurch ausgeschlossen, dass die Platte in horizontaler Position
und bei Befestigung nur an den Kanten schon durch ihr Eigengewicht
zerbricht.
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Deshalb
ist es seit Jahrtausenden üblich, dem Lehm die verschiedensten
Zusatzstoffe zur mechanischen Verstärkung beizumischen.
Dafür bekannt sind kleine Holzteile wie Zweige und Späne, natürliche
pflanzliche Fasern wie z. B. Jute, Leinen oder Stroh, tierische
Fasern, wie Schafwolle oder Pferdehaare sowie synthetische Fasern
wie z. B. Glasfasern bis hin zu metallischen Einlagen wie Draht
und Drahtgeflecht.
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Wenn
jedoch die vollständige biologische Abbaubarkeit sowie
die hundertprozentige Wiederverwendbarkeit gesichert werden soll,
sind die bekannten Lehmbauplatten entweder sehr dick und daher gewichtig
oder durch zusätzliche externe oder interne Armierungen
stabilisiert. So ist z. B. bekannt, in eine Lehmbauplatte Armierungen
aus Schilf einzugießen oder Gewebe aus Jute als äußere
Armierung aufzubringen. Neben dem hohen Gewicht ist ein weiterer
Nachteil, dass die Bearbeitung nur spanabhebend möglich
ist, dass zum Ablängen einer Platte also in der Regel Sägen
erforderlich ist.
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So
ist z. B. aus
EP 0 903 328 ,
Roland Meingast, eine Lehm- Verbund- Platte bekannt, bei der eine
durchgehende Lehmschicht auf einer durchgehenden Holzwerkstoffplatte
befestigt ist. Zur Befestigung werden aufgebrachte oder eingeformte,
hölzerne Streifen oder Leisten oder ähnliche Konstruktionen
beschrieben. Dadurch wird die Herstellung der Platte aufwändig
und eine Entsorgung oder gar Wiederverwendung nur nach zahlreichen
Bearbeitungsschritten mit entsprechenden Kosten möglich.
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Auf
diesem Hintergrund hat sich die Erfindung die Aufgabe gestellt,
eine Lehmbauplatte zu entwickeln, die auch bei vergleichsweise geringen Stärken
der Platte im Verhältnis zu ihrer Stärke eine deutlich
höhere Stabilität als die bisher bekannten aufweist,
trotzdem jedoch leicht verarbeitbar und vollständig wiederverwendbar
ist.
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Als
Lösung präsentiert die Erfindung eine Lehmbauplatte,
bestehend aus Lehm und Fasern, die dadurch gekennzeichnet ist, dass
ein weiterer Bestandteil Kieselgur oder Diatomeenerde ist.
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Der
Kerngedanke der Erfindung besteht darin, dass dem bekannten Lehmbauwerkstoff
Kieselgur zugemischt wird. Kieselgur wird auch als Bergmehl, Diatomeenerde,
Diatomeenpelit, Diatomit, Infusorienerde, Kieselmehl, Novakulit,
Novakulite, Triepel, Triepolid, Triepolide oder Celite bezeichnet.
Kieselgur ist eine weißliche, pulverförmige Substanz,
die hauptsächlich aus den Siliziumdioxidschalen fossiler Kieselalgen,
den Diatomeen besteht. Diese Schalen waren zu Lebzeiten der Alge
ihr Skelett, das zum größten Teil aus amorphem,
nicht kristallinem Siliziumdioxid (SiO2)
besteht und eine sehr poröse, oft stark verzweigte Struktur
aufweist. Diese Skelette sind so klein, dass ein Milliliter reines
Kieselgur etwa eine Milliarde Diatomeenschalen bzw. deren Bruchstücke
enthält.
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Geologisch
ist Kieselgur ein aus von fossilem Diatomeenschlamm entstandenes
Sedimentgestein, das auf Grund seiner leichten und hoch porösen
Materialeigenschaften die mechanische Stabilität der Lehmbauplatte
deutlich erhöht, ohne dabei in gleichem Maße das
Gewicht zu steigern.
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Da
die genannten Schalen oder Skelette der Kieselalgen eine gewachsene
Struktur von filigranem und vielgestaltiger Ausprägung
mit zahlreichen Hohlräumen sind, resultiert daraus, dass
Kieselgur viel Feuchtigkeit aufnehmen kann und sich dadurch mit feinkörnigem
und wasserhaltigen Material wie Ton besonders innig verbindet. Bei
der Trocknung verkeilen sich die einzelnen Körner des Lehms
sowie die beigemischten Fasern intensiv mit den filigranen Skeletten
der Diatomeen und erzeugen dadurch eine sehr viel höher
als bisher belastbare Lehmbauplatte.
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Grundsätzlich
sind die Mischungsanteile der drei Bestandteile Lehm, Fasern und
Kieselgur beliebig, eine besonders wirtschaftliche Ausführungsform ist
jedoch ein Anteil von etwa 60% Lehm und 40% eines Gemisches aus
Fasern und Kieselgur.
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Eine
besonders geeignete Aufbereitungsform des Kieselgurs ist das calzinierte
Kieselgur, bei dem durch Trocknen und Erhitzen auf etwa 700°C eventuell
noch enthaltene organische Substanzen verbrannt worden sind. In
dieser Form ist das Kieselgur besonders gut für eine erfindungsgemäße
Lehmbauplatte geeignet. Eine weitere, zu bevorzugende Variante enthält
vorrangig kugelförmige Skelette, die belastbarer sind als
andere Skelettformen.
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Als
Fasern sind alle bisher bekannten und zukünftig denkbaren,
für Baustoffe sinnvollen Fasern geeignet. Zu bevorzugen
ist die Kokosfaser, eine leichte, sehr elastische und bruchfeste
Faser aus der Fruchthülle der Kokosnuss. Sie ist widerstandsfähig gegen
Feuchtigkeit, beständig, geruchsneutral und diffusionsoffen.
Wegen diesen Eigenschaften ist dieses Naturmaterial zur Stabilisierung
der Lehmbauplatte bevorzugt geeignet. Denkbar ist jedoch auch die
Verwendung von Glasfasern, Stroh und anderen bekannten Fasern.
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Dabei
bevorzugt die Erfindung die Verwendung von Fasern, die kürzer
als 30 mm sind, da sich derart kurze Fasern beim Vermischen mit
den anderen Bestandteilen kaum um sich selbst wickeln sondern sich
gleichmäßig mit den körnigen Lehmbestandteilen
und dem Kieselgur abwechseln.
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Eine
besonders stabile Variante ergibt sich dann, wenn die Fasern vorrangig
in Längsrichtung der Platte ausgerichtet sind, was z. B.
durch das Extrudieren oder Strangpressen erreicht werden kann. Dieses
Verfahren bietet zudem noch den Vorteil einer besonders innigen
Vermischung aller Bestandteile und eines lunkerarmen, also fast
ohne Hohlräume, aufgebauten Plattenquerschnittes.
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Ein
weiterer Vorteil dieses Herstellungsverfahrens ist die Möglichkeit,
eine Fertigungsstraße zu konfigurieren. Vorteilhaft ist,
dass dabei Platten sehr gleichmäßiger Qualität
entstehen.
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Wie
erwähnt ist Lehm ein Gemisch aus verschiedenen, kornförmigen
Bestandteilen. Die verfügbaren Qualitäten des
Lehms lassen sich durch Siebung auf bestimmte Korngrößen
eingrenzen.
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Eine
vorteilhafte Ausführungsform ist die Verwendung von Lehm,
dessen Bestandteile zumeist kleiner als 2 mm sind. Wenigstens die
Hälfte des Lehmvolumens sollte aus Bestandteilen mit einem Durchmesser
unter 2 mm bestehen. Ein solcher Lehm erfordert Dank der geringen
Größenunterschiede seiner Bestandteile nur wenig
Aufwand beim Vermischen.
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Der
Aufwand des Vermischens lässt sich weiter reduzieren, wenn
die Korngröße wenigstens der Hälfte des
Lehmvolumens 1 mm nicht überschreitet. Der Vorzug eines
so gleichmäßigen Ausgangsmaterials sind homogene
Platten mit einer vergleichsweise glatten Oberfläche, die
z. B. durch Extrudieren in einem Arbeitsgang erstellt werden können,
ohne in einem weiteren Arbeitsgang an der Oberfläche geschliffen
werden zu müssen.
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Eine
andere, interessante Ausführungsform einer erfindungsgemäßen
Lehmbauplatte verwendet Lehm mit Bestandteilen von sehr unterschiedlicher Korngröße.
Ein Vorzug dieses Materials ist, dass die Bruchfestigkeit in Bezug
auf das spezifische Gewicht besonders hoch ist, da in die Zwischenräume
der großen Bestandteile kleine Körner eingefügt
werden, wodurch die sich insgesamt ergebende Berührungsfläche
zwischen allen Bestandteilen besonders hoch ist. Zu beachten ist,
dass bei dieser Variante eine sorgfältige Vermischung erforderlich
ist, sowie eventuell eine Nachbearbeitung der Oberfläche
nötig wird.
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Der
Aufwand zur Oberflächenbearbeitung wird dann reduziert,
wenn etwa die Hälfte der Körner des Lehms wenigstens
halb so groß sind, wie das größte enthaltene
Korn und die restlichen Bestandteile sehr klein sind.
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Als
weitere Zuschlagstoffe sind Mergel, Kalk, Trasskalk, Zement oder
Trasszement denkbar. Sie erhöhen die mechanische Stabilität,
begrenzen jedoch die Wiederverwendbarkeit.
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Im
Sinne eines guten Recycling sind als Zuschlagstoffe auch Pflanzenstärke,
Zellulose oder Acrylate geeignet.
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Eine
weitere, sehr vorteilhafte Ausführungsform einer erfindungsgemäßen
Lehmbauplatte enthält Abflachungen an wenigstens einer
Kante, die beim Aneinandersetzen von mehreren Platten zur Aufnahme
von Spachtelmasse genutzt werden kann. Dabei ist es eine besonders
interessante Variante, als Spachtelmasse den gleichen Baustoff einzusetzen,
aus dem auch die Platte besteht, also ebenfalls eine Mischung aus
Lehm, Fasern und Diatomeenerde. Dadurch entsteht eine sehr große
fugenlose Platte mit durchgehend homogenem Aufbau. Positiv einzustufen
ist auch, dass aus wiederverwendetem Material ein homogener Baustoff
mit den gleichen Eigenschaften wie das Ausgangsmaterial gewonnen werden
kann.
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Eine
vorteilhafte Ausführungsform ist eine Platte, die an zwei
gegenüberliegenden Seiten abgeflacht ist. Diese Form kann
durch Extrudieren mit einer entsprechend geformten Ausgangsöffnung
entstehen. Diese Öffnung ist Vorteilhafterweise ein längliches
Rechteck, das wenigstens an einem Ende dadurch verschmälert
ist, dass eine Längsseite in wenigstens einem Endbereich
abgewinkelt ist. Dadurch wird ein ursprünglich rechteckiges
Profil an zwei Kanten mit einer Fase versehen, die zusammen mit
einer benachbarten, gleichartig abgefasten Kannte eine V-förmige
Kerbe erzeugt, die nach der Montage durch eine Spachtelmasse geglättet
werden kann.
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Alternativ
kann diese Fase auch in jeweils weiteren Produktionsschritten an
den Kanten einer quaderförmigen Platte erzeugt werden.
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In
jedem Fall werden die erfindungsgemäßen Platten
in drei Schritten hergestellt, wobei im ersten Schritt Lehm, Fasern
und Kieselgur miteinander vermischt werden, im zweiten Schritt zu
Platten geformt werden und im dritten Schritt getrocknet werden.
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Wie
beschrieben kann dabei die Abflachung der Kannten entweder zusammen
mit der Extrusion erfolgen oder in jeweils späteren, getrennten
Arbeitsschritten.
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Ein
weiterer, aufwertender Verfahrensschritt ist die Aufbereitung der
verwendeten Fasern in einer Hammermühle, wodurch relativ
kurze Fasern, bevorzugt mit einer Länge von 1 cm bis 3
cm entstehen, die sich – wie erwähnt – nicht
beim Mischen selbst umeinander wickeln, sondern eine innige Verbindung mit
dem übrigen Bestandteilen der erfindungsgemäßen
Lehmbauplatte eingehen.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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