-
Die
vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zum Tiefziehen einer
Platine in einem Werkzeug mit zumindest einem Ziehstempel und zumindest
einem Niederhalter, wie beispielsweise in der Metallindustrie zum
Einsatz kommt.
-
Tiefziehteile
werden hauptsächlich
in der blechverarbeitenden Metallindustrie hergestellt, z.B. in
den Bereichen Fahrzeugbau, Gerätebau
oder weiße
Waren. Jedoch werden auch Kunststoffteile aus plastisch verformbaren
Kunststoffplatinen tiefgezogen.
-
In 1 ist
eine Tiefziehvorrichtung dargestellt, wie sie beispielsweise aus
Lange, K.; Umformtechnik, Handbuch für Industrie und Wissenschaft; Band 3 Blechbearbeitung; 2.
Auflage; Berlin u.a. Springer bekannt ist. Die auftretende axiale
Zugspannung sigmaZ in der Zarge im Bereich
des Bodenradius hängt
proportional von der Ziehkraft ab und stellt eine versagensrelevante
Kenngröße dar.
Erreicht diese Zugspannung einen kritischen Wert, tritt eine bekannte
lokale Einschnürung
auf und kann im weiteren Prozessfortschritt zum vollständigen Versagen
(Riss) führen.
Die zweite wesentliche versagensrelevante Kenngröße ist die Niederhalterkraft
bzw. die auf die gedrückte
Fläche
bezogene Niederhalterpressung. Unterschreitet sie einen kritischen
Wert, kommt es zur bekannten Faltenbildung.
-
Da
Niederhalterkraft FNH und auftretende Zugspannung
sigmaZ proportional zusammenhängen, besteht
der Zielkonflikt zwischen gewünschter minimaler
Niederhalterkraft für
das Unterschreiten der kritischen Zugspannung sigmaZ und
gewünschter großer Niederhalterkraft
zur Vermeidung von Falten. Diese Figur ist aus hausinternen Untersuchungen der
Anmelderin abgeleitet worden.
-
2 basiert
auf eigenen Untersuchungen der Anmelderin. In 2 ist
die Ziehkraft FZ des Ziehstempels über dem
Ziehweg dargestellt, wobei die Kurven die als bekannt angesehenen
Tiefziehprozesse „klassisch" und „zyklisch" charakterisieren.
Die Niederhalterkraft der zwei als bekannt angesehenen Prozesse
ist nicht dargestellt und wird im Folgenden diskutiert.
-
Beim
klassischen Tiefziehprozess wird üblicherweise eine konstante
Niederhalterkraft realisiert. Die Kurve in 2 stellt
diesen Fall dar. Bekannt ist die Variation der Niederhalterkraft über den
Ziehweg mit dem Ziel, ja nach Prozessfortschritt die minimal not wendige
Niederhalterkraft einzustellen, um Faltenbildung zu vermeiden. Mit
diesem zyklischen Ziehen kann eine geringe Erhöhung der Ziehtiefe erreicht
werden.
-
Beim
bekannten Tiefziehen mit zyklischer Kraftbeaufschlagung kann die
Schwingung über
den Niederhalter oder Stempel/Ziehmatrize aufgebracht werden. Üblich sind
Frequenzen von 5–20
Hz. Ziel der schwingenden Werkzeuge ist eine zyklische Verringerung
der in der Zarge auftretenden Zugspannung sigmaZ.
Durch die Reduktion dieser lokalen Zugspannungen steigt die erreichbare
Ziehtiefe.
-
Es
stellt sich jedoch als nachteilig heraus, dass die auftretenden
Zugspannungen sigmaZ durch den schwingenden
Kraftverlauf nur im Moment der Verringerung der Niederhalterpressung
herabgesetzt werden. Mit dem Maximalwert der zyklisch veränderlichen
Kräfte
tritt auch der Maximalwert der Niederhalterpressung und damit der
versagensrelevanten Zugspannungen sigmaZ in
der Zarge auf. Damit werden die erreichbare Ziehtiefe der Teile
und das Prozessfenster für
eine gesicherte Produktion beschränkt.
-
DE 44 34 419 A1 und
EP 1 593 443 A1 offenbaren
eine pulsierende Niederhalterkraft in Zusammenhang mit einer Umformpresse.
Die
DE 102 15 008
A1 offenbart, Reibung im Bereich kleiner Formradien zwischen
einem Umformwerkzeug und einem umzuformenden Werkstück durch
impulsweise dynamische Druckbeaufschlagung des Werkstücks zu verringern.
-
Es
ist Aufgabe der vorliegenden Erfindung, ein Verfahren zum Tiefziehen
einer Platine anzugeben, um Tiefziehteile mit größeren Ziehtiefen prozesssicher
herzustellen.
-
Diese
Aufgabe wird erfindungsgemäß gelöst durch
ein Verfahren zum Tiefziehen einer Platine in einem Werkzeug mit
zumindest einem Ziehstempel und zumindest einem Niederhalter, wobei
der Ziehstempel mit einer Ziehkraft beaufschlagt wird, und der Niederhalter
mit einer Niederhalterkraft beaufschlagt wird, und beide Kräfte zumindest
in einem Teilbereich des Tiefziehvorgangs derart gesteuert werden,
dass die Kraftverläufe
der Ziehkraft und der Niederhalterkraft zwischen lokalen Maxima
und Minima schwingen und eine phasenverschobene Überlagerung der Kräfteschwingungen
erfolgt.
-
Dadurch,
dass die Ziehkraft, mit der der Ziehstempel beaufschlagt wird und
die Niederhalterkraft, mit der der Niederhalter beaufschlagt wird,
zwischen lokalen Maxima und Minima derart schwingen, dass eine phasenverschobene Überlagerung
der Kräfte schwingungen
erfolgt, liegt ein Zustand nahe dem niederhalterlosen Tiefziehen
vor und es verringern sich die lokalen Zugspannungen, die in der
Zarge des Tiefziehteils auftreten. Hierdurch können größere Ziehtiefen erreicht werden,
ohne dass es zu Einschnürungen
oder Rissen in der Zarge kommt, insbesondere in einem Bereich, in
dem die Zarge in einen Bodenabschnitt des Tiefziehteils übergeht.
Die Prozesssicherheit des Tiefziehverfahrens wird somit erhöht.
-
Vorzugsweise
werden die Niederhalterkraft und die Ziehkraft derart gesteuert,
dass ein lokales Maximum der Niederhalterkraft auf ein lokales Minimum
der Ziehkraft fällt.
Hierdurch wird die Zugspannung in der Zarge des Tiefziehteils weiter
reduziert.
-
Vorzugsweise
werden die Niederhalterkraft und die Ziehkraft derart gesteuert,
dass ein lokales Minimum der Niederhalterkraft auf ein lokales Maximum
der Ziehkraft fällt.
Auch hierdurch wird die Zugspannung in der Zarge des Tiefziehteils
weiter reduziert.
-
Vorzugsweise
wird die Niederhalterkraft in ihrem lokalen Minimum auf Null abgesenkt
und/oder die Ziehkraft wird in ihrem lokalen Minimum auf Null abgesenkt.
Hierbei kann auch ein minimaler Rückhub des Ziehstempels oder
Niederhalters auftreten.
-
Vorzugsweise
wird die Niederhalterkraft derart gesteuert, dass eine Flächenpressung
der Platine im Verlauf des Tiefziehvorganges proportional zu einer
Kaltverfestigung der Platine ansteigt und proportional zu einer
Flanschflächenverringerung
der Platine abfällt.
Hierdurch ist es möglich,
die Ziehtiefe des Tiefzieherzeugnisses weiter zu erhöhen, ohne
dabei die kritische Zugspannung im Bereich der Zarge zu erreichen.
-
Gemäß einem
weiteren bevorzugten Ausführungsbeispiel
werden die Niederhalterkraft und/oder die Ziehkraft derart gesteuert,
dass ihre Kraftverläufe im
Wesentlichen sinusförmig
sind. Ein sinusförmiger Kraftverlauf
des Ziehstempels und des Niederhalters ist besonders leicht steuerbar.
-
Gemäß einem
weiteren bevorzugten Ausführungsbeispiel
wird die Niederhalterkraft in dem ersten Zeitintervall bis zu einem
Zeitpunkt t1 derart gesteuert, dass die Niederhalterkraft am Beginn
ein lokales Minimum einnimmt, bis auf ein lokales Maximum zum Zeitpunkt
t1 steigt und danach in einem zweiten Zeitintervall bis zu einem
Zeitpunkt t2 auf ein lokales Minimum abfällt. Der Abfall erfolgt vorzugsweise
langsamer als der Anstieg der Niederhalterkraft.
-
Vorzugsweise
werden in einem dritten Zeitintervall, das mit dem Zeitpunkt t2
beginnt, die Niederhalterkraft und die Ziehkraft derart gesteuert,
dass ein lokales Maximum der Niederhalterkraft auf ein lokales Minimum
der Ziehkraft fällt,
und umgekehrt. Gemäß einem
bevorzugten Ausführungsbeispiel werden
die Niederhalterkraft und die Ziehkraft derart gesteuert, dass die
Kräfteschwingungen
zwischen ihren lokalen Maxima und Minima im dritten Zeitintervall
zwischen 5 und 50 Mal wiederholt werden. Hierdurch wird, eine vergleichbare
Ziehtiefe des tiefgezogenen Werkstückes vorausgesetzt, die Zugspannung
im Bereich der Zarge weiter reduziert.
-
Vorzugsweise
nach Abfall der notwendigen maximalen Ziehkraft auf einen geringeren
Wert als das Ziehkraftmaximum am Ende des zweiten Zeitintervalles
beim Zeitpunkt t2 beginnt beim Zeitpunkt t3 ein viertes Zeitintervall
ohne die synchrone Schwingungsüberlagerung
von Ziehkraft und Niederhalterkraft. Da die Ziehkraft unter den
kritischen Wert für eine
Einschnürung
gesunken ist, kann bis zu einem Zeitpunkt t4 schnell weitergezogen
werden.
-
Vorzugsweise
wird der Tiefziehvorgang derart gesteuert, dass das dritte Zeitintervall,
in dem die Überlagerung
der Kräfteschwingungen
erfolgt, maximal 25% der gesamten Zeit des Tiefziehvorganges ausmachen.
Obwohl sich durch die zuvor beschriebenen Kräfteschwingungen der Tiefziehvorgang
im Vergleich zum monotonen Kraftverlauf der Ziehkraft und der Niederhalterkraft
verlängert,
fällt gemäß diesem
Ausführungsbeispiel
die Verlängerung
so kurz wie möglich
aus. Vorzugsweise erfolgt die Überlagerung
der Kräfteschwingungen
daher nur im kritischen Bereich der maximalen Ziehkraft, d.h. im
Bereich, in dem üblicherweise
die kritischen Spannungen auftreten.
-
Weitere
bevorzugte Ausgestaltungen des erfindungsgemäßen Verfahrens zum Tiefziehen
sind in den abhängigen
Ansprüchen
dargelegt.
-
Die
vorliegende Erfindung wird nachstehend anhand von bevorzugten Ausführungsbeispielen
in Verbindung mit den zugehörigen
Figuren näher
erläutert.
In diesen zeigen:
-
1 eine
Schnittansicht einer Tiefziehvorrichtung in einem Ausgangszustand
und einem Zwischenzustand,
-
2 Ziehkraft über Ziehweg
für die
Tiefziehprozesse „klassisch" und „zyklisch",
-
3 Ziehkraft über Prozesszeit
für die
Tiefziehprozesse „klassisch", „zyklisch" und „synchronisiert", und
-
4 Ziehkraft
(obere Kurve) und Niederhalterkraft (untere Kurve) über Prozesszeit
für den synchronisierten
Tiefziehprozess.
-
In 1 ist
ein Ausführungsbeispiel
einer Tiefziehvorrichtung gezeigt. Auf der linken Seite der Figur
ist diese Tiefziehvorrichtung in einem Ausgangszustand dargestellt,
während
auf der rechten Seite die besagte Tiefziehvorrichtung in einem Zwischenzustand
während
des Tiefziehvorganges dargestellt ist. Im Ausgangszustand wird von
einer ebenen Platine 4, beispielsweise einer Ronde ausgegangen,
die zwischen einem Ziehstempel 1 und einem Niederhalter 3,
bzw. einem Ziehkissen, auf der unteren Seite und einer Ziehmatrize 2,
bzw. einem Ziehring, auf der oberen Seite eingelegt wird. Vorzugsweise
ist die Platine 4 eben und weist eine einheitliche Dicke über ihre
gesamte Fläche
auf. Jedoch ist es auch denkbar, eine Platine mit unterschiedlichen
Dickenbereichen und/oder eine bereits vorgeformte Platine zu verwenden.
-
In
Bewegungsrichtung der Ziehmatrize 2 und des Niederhalters 3 ist
der Ziehstempel 1 gegenüberliegend
angeordnet, so dass die Platine 4 zwischen der Ziehmatrize 2 und
dem Niederhalter 3 gehalten werden kann.
-
In
einem bevorzugten Ausführungsbeispiel sind
die Ziehmatrize 2 und der Niederhalter 3 mit Aktuatorelementen
(nicht gezeigt) verbunden und durch diese in axialer Richtung, d.h.
entlang einer in 1 durch die gestrichelte Linie
dargestellten Stempelachse bewegbar. Die Aktuatorelemente werden durch
eine Steuereinrichtung (nicht gezeigt) gesteuert, beispielsweise
eine CNC-Steuerung, in der ein Steuerprogramm läuft.
-
Durch
Vorsehen entsprechender Sensorelemente (nicht gezeigt), die mit
der Steuereinrichtung verbunden sind, und die entsprechende Parameter während dem
Tiefziehvorgang aufnehmen, kann durch die Rückführung der Sensorparameter und
deren Einfließen
in den Steuerprozess vorzugsweise ein Regelkreis gebildet werden.
Beispielsweise kann dieser Regelkreis eine Kraftregelung enthalten,
um die Bewegung des Ziehsternpels 1 und/oder der Ziehmatrize 2 und/oder
des Niederhalters 3 nach gemessenen Sensorsignalen zu regeln.
Diese Sensorsignale können
auftretende Kraftverläufe
sein, aber auch Kennwerte der Faltenbildung und/oder der Blecheinzugsgeschwindigkeit,
die optisch, akustisch, mechanisch oder thermisch erfasst werden
können.
-
Jedoch
ist auch eine Wegregelung oder eine Kombination aus beiden Regelungen
denkbar. Selbiges gilt für
Steuerverfahren ohne Parameterrückführung.
-
In
dem folgenden Ausführungsbeispiel
wird die Ziehmatrize 2 durch ihren Aktuator mit einer Kraft beaufschlagt,
die im Ziehstempel 1 zur Ziehkraft FZ führt. Der
Niederhalter 3 wird durch seinen Aktuator mit einer Niederhalterkraft
FNH beaufschlagt. Die Summe von Ziehkraft
FZ und Niederhalterkraft FNH ergibt
die Kraft, die vom Aktuator der Ziehmatrize 2 aufgebracht
werden muss.
-
Im
Beispiel werden nur Niederhalter 3 und Ziehmatrize 2 bewegt
und Ziehstempel 1 steht ortsfest. Es ist auch denkbar,
Ziehstempel 1 und Niederhalter 3 zu bewegen und
Ziehmatrize 2 ortsfest zu halten.
-
Durch
die Relativbewegung zwischen dem Ziehstempel 1 und der
Ziehmatrize 2 wird die Platine 4 tiefgezogen.
Ein Bodenbereich 4a der Platine 4 wird nur minimal
umgeformt. Der Werkstoff der Platine 4 fließt in einen
Ziehspalt zwischen Ziehstempel 1 und Ziehmatrize 2 und
bildet eine Zarge 4b aus, während zwischen Ziehmatrize 2 und
Niederhalter 3 ein Flansch 4c der Platine 4 einer
Flächenpressung
unterliegt, durch radialen Zug und tangentiale Stauchung plastisch
wird und im Prozessfortschritt eine kleiner werdende Fläche aufweist.
-
Im
Zwischenzustand von 1 bezeichnet sigmaZ die
Zugspannung in der Zarge 4b in der Nähe zum Bodenbereich 4a.
Dort ist die Zugspannung am höchsten,
so dass es in diesem Bereich am ehesten zu Einschnürungen oder
Rissbildungen kommt.
-
Die
kritische Zugspannung sigmaZ wird im Beispiel
bei einer Ziehkraft von 250 kN erreicht.
-
In 2 ist
sichtbar, dass der klassische Prozess einen Ziehweg von 17 mm ermöglicht.
Mit zyklischer Kraftüberlagerung
wird eine Erhöhung
der Ziehtiefe auf 23 mm erreicht.
-
In 3 ist
zusätzlich
der Ziehkraftverlauf über
die Zeit bei einem verbesserten synchronisierten Tiefziehverfahren
gezeigt. Die erreichbare Ziehtiefe liegt bei 29 mm.
-
Hierbei
wird das Verfahren beispielsweise durch ein Computerprogramm mittels
der eingangs beschriebenen Steuereinrichtung ausgeführt. Bei den
Aktuatoren handelt es sich vorzugsweise um Elektromotoren oder Piezoelemente.
Jedoch sind auch hydraulische oder pneumatische Aktuatoren verwendbar,
wenn diese eine ausreichendes Ansprechverhalten aufweisen, um die
entsprechenden Schwingungsverläufe
durch ihre Bewegungen abbilden zu können.
-
Im
Beispiel in 4 wird die Niederhalterkraft
FNH in dem ersten Zeitintervall bis zu einem
Zeitpunkt t1 derart gesteuert, dass die Niederhalterkraft FNH am Beginn minimal ist um ein sanftes Klemmen der
Platine 4 zwischen Ziehmatrize 2 und Niederhalter 3 zu
ermöglichen.
Damit wird ein schlagartiges Aufsetzen der Werkzeuge und die dadurch
verursachten dynamischen Kraftreaktionen des Gesamtsystems Maschine/Werkzeug/Werkstück vermieden, welche
eine Anfangseinschürung
der Platine und damit einen Schädigungsstart
verursachen können.
Die Niederhalterkraft FNH steigt auf ein
absolutes Maximum, welches mit der maximalen Flanschfläche am Beginn
korreliert.
-
Nach
dem Erreichen der maximalen Niederhalterkraft fällt diese in einem zweiten
Zeitintervall bis zu einem Zeitpunkt t2 entsprechend der abnehmenden
Flanschfläche
wieder ab, so dass in diesem Bereich die Zugspannung sigmaZ in der Zarge 4b des tiefzuziehenden
Werkstückes
weniger stark ansteigt, d.h. dass der Gradient der Zugspannungssteigerung abnimmt.
Durch die Kaltverfestigung im Werkstoff tritt eine zur Flanschflächenverringerung
gegenläufige Tendenz
auf, welche in der Bestimmung der Niederhalterkraft FNH berücksichtigt
werden kann.
-
Vorzugsweise
werden Ziehkraft FZ und Niederhalterkraft
FNH derart gesteuert, dass der zwischen
dem Zeitpunkt t2 und einem Zeitpunkt t3 beschriebene Kurvenverlauf
ca. 5 bis 50 Mal wiederholt wird. Mit zunehmender Wiederholanzahl
sinkt der Vorschubweg der Ziehmatrize 2, die Faltenbildung kann
besser unterdrückt
werden und Prozesszeit und erreichbare Ziehtiefe steigen.
-
Vorzugsweise
steigen dabei die lokalen Minima der Ziehkraft FZ entlang
einer Grenzkurve c. Die lokalen Ziehkraftmaxima ergeben eine Grenzkurve
d. Die lokalen Minima der Niederhalterkraft steigen entlang einer
Grenzkurve b, während
die lokalen Maxima der Niederhalterkraft FNH entlang
einer Grenzkurve a vorzugsweise flanschflächenproportional fallen.
-
Nach Überschreiten
des Maximums der notwendigen Ziehkraft beginnt beim Zeitpunkt t3
ein viertes Zeitintervall ohne die synchrone Schwingungsüberlagerung
von Ziehkraft und Niederhalterkraft. Dieser Übergang zum vierten Zeitintervall
kann eingeleitet werden, wenn die Ziehkraft auf einen geringeren
Wert gesunken ist als das erste Ziehkraftminimum im dritten Zeitintervall.
Da die Ziehkraft unter den kritischen Wert für eine Einschnürung gesunken ist,
kann bis zu einem Zeitpunkt t4 schnell weitergezogen werden.
-
Vorzugsweise
beträgt
der Zeitanteil bis zum Zeitpunkt t1 2–5% der Prozesszeit, der Zeitanteil
vom Zeitpunkt t1 bis zum Zeitpunkt t2 50–80%, der Zeitanteil vom Zeitpunkt
t2 bis zum Zeitpunkt t3 10–25% und
der Zeitanteil vom Zeitpunkt t3 bis zum Zeitpunkt t4 10–15%.
-
Der
zeitliche Abstand zwischen den synchronisierten Kraftänderungen
im dritten Zeitintervall zwischen den Zeitpunkten t2 und t3 ist
im gezeigten Beispiel konstant. Vorzugsweise wird er aber zum Ende des
Prozesses geringer. Die Frequenz der synchronisierten Kraftänderungen
ist durch die Möglichkeiten des
Gesamtsystems Maschine/Aktuator/Werkzeug/Werkstück bestimmt. Anzustreben sind
hohe Frequenzen bis 50 Hz.
-
Vorzugsweise
werden die Ziehkraft FZ und/oder die Niederhalterkraft
FNH derart gesteuert, dass ihre Kurvenverläufe im Wesentlichen
sinusförmig
sind. Jedoch sind auch beispielsweise dreiecksförmige oder rechteckförmige Kraftverläufe denkbar. Auch
ist es denkbar, dass lokale Maxima der Ziehkraft FZ nicht
immer auf lokalem Minima der Niederhaltekraft FNH fallen,
und umgekehrt, sondern dass die beiden Kräfte derart gesteuert werden,
dass zwischen ihnen eine Phasenverschiebung ungleich 180° vorliegt.
-
Die
Grenzkurven für
die lokalen Niederhalterkraftextrema im dritten Zeitintervall können auch steigend
für Grenzkurve
a und fallend für
Grenzkurve b ausgeführt
werden. Für
sehr schwierige Ziehaufgaben wird die synchronisierte Niederhalterkraft
immer auf 0 reduziert und auf einen konstanten maximalen Wert angehoben.
-
In 4 ist
ein kombinierter Ziehkraft- und Niederhalterkraftverlauf bei dem
verbesserten synchronisierten Tiefziehverfahren in einem gemeinsamen
Diagramm dargestellt. Die Niederhalterkraft FNH bewegt
sich hierin beispielsweise zwischen 0 und 100 kN, während sich
die Ziehkraft FZ beispielsweise zwischen
0 und 220 kN bewegt. Auch ist ersichtlich, dass die synchrone Schwingungsüberlagerung
zum Zeitpunkt t2 beginnt, dass während
der Schwingungsüberlagerung
bis zum Zeitpunkt t3 das Minimum der Niederhalterkraft FNH variabel sein kann, während bei der Ziehkraft FZ Maxima und Minima im Verlauf des Tiefziehvorganges
ansteigen. Die Schwingungsüberlagerung
kann auch mit veränderlichen
Minima der Niederhalterkraft FNH im Prozessfortschritt
realisiert werden. Während
der Schwingungsüberlagerung
liegt das Verhältnis
zwischen maximaler Ziehkraft FZ und maximaler
Niederhalterkraft FNH vorzugsweise zwischen
2:1 und 4:1.
-
Vorzugsweise
wird der Aktuator der Ziehmatrize wegabhängiggesteuert. Im dritten Zeitintervall kann
dabei auch ohne zeitaufwändigen
Rückhub
des Ziehkissens gearbeitet werden. Das Ziehkissen wird also nur
zum Ziehen verfahren bei reduzierter Niederhalterkraft, hält dann
an, und die kurzzeitige Niederhalterkraftsteigerung zum Niederdrücken der
entstandenen Falten wird durchgeführt. Bei der vorliegenden Steifigkeit
in üblichen
Gesamtsystemen Maschine/Werkzeug/Werkstück wird dabei die Ziehkraft entlastet
und es entsteht wieder der synchronisierte Ziehvorgang.
-
Um
unstete Kraftübergänge zu vermeiden werden
vorzugsweise am Beginn und am Ende des dritten Zeitintervalles,
also des Bereiches mit synchroner Schwingungsüberlagerung, Amplitude und Frequenz
der Ziehkraft FZ und/oder der Niederhalterkraft
FNH stetig verändert. Dadurch werden Spannungsspitzen
in der Zarge beseitigt und frühzeitige Schädigungen
durch Ausdünnung
verhindert.
-
In
einer bevorzugten Ausführungsvariante wird
vom Beginn des dritten Zeitintervalles an die Amplitude der Niederhalter-
und Ziehkraftschwingungen von Null beginnend langsam ansteigend
gestaltet bis zu einem Amplitudenmaximum zum Zeitpunkt des Ziehkraftmaximums,
und zum Ende des dritten Zeitbereiches wird diese Amplitude langsam
auf Null abklingend eingestellt. In einer weiteren bevorzugten Ausführungsvariante
wird im dritten Zeitintervall die Frequenz der Niederhalter- und/oder
Ziehkraftschwingungen mit zunehmender Maximalziehkraft erhöht und mit
abnehmender Maximalziehkraft abgesenkt.
-
Vorzugsweise
werden die Größen Amplitude und/oder
Frequenz der Kraftschwingungen abhängig vom Gradienten der Ziehkraft
geregelt.
-
In
einem bevorzugten Ausführungsbeispiel ist
der Aktuator der Ziehmatrize 2 der Stößel einer servoelektrisch angetriebenen
4-Spindelpresse. Die vier Spindelachsen der Presse sind gemeinsam
synchronisiert. Die Aktuatoren des Niederhalters 3 sind einzelne
servoelektrisch angetriebene Ziehkissen, genannt Pinolen. Die bis
zu 16 Pinolen bringen die Niederhalterkraft zeitvariabel auf. Sie
können
jeweils einzeln angesteuert werden und realisieren damit auch eine
ortsvariable Niederhalterpressung für verschiedene Flanschbereiche
des Ziehteiles.
-
In
einem bevorzugten Ausführungsbeispiel wird
der Stößel mit
der Ziehmatrize 2 weggesteuert. Dabei erfolgt keine Richtungsumkehr
der Bewegung. Die Bewegung setzt sich zusammen aus weggesteuertem
Hub zum Ziehen und Halten der Position. Die Pinolen werden dagegen
kraftgeregelt, so dass während
des Ziehhubes eine minimale Flächenpressung auftritt,
dadurch mit minimal auftretender Zugspannung sigmaZ das
Einschnüren
verhindert wird und während
des Stößelhaltens
eine maximale Flächenpressung
zum Zurückdrücken der
Falten realisiert werden kann. Damit ist das schnelle synchronisierte Tiefziehen
möglich.
Bei servoelektrischen Pressen werden die realisierbaren Frequenzen
bei 5 Hz liegen.