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Die
vorliegende Erfindung bezieht sich auf eine Orthese zur Korrektur
von Gelenkfehlstellungen im oberen und unteren Sprunggelenk sowie
in den Fußwurzel-
und Vorfußgelenken.
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Nach
Schlaganfall (Aploplex) oder in Folge anderer Erkrankungen oder
von Verletzungen, insbesondere beispielsweise solchen, die mit einer
schlaffen Lähmung
(Plegie; Paralyse) einher gehen, können verschiedene Fehlstellungen
des Fußes
auftreten, beispielsweise Spitzfuß (Pes equinus) oder Spitzklumpfuß (Pes equino
varus). Die Spitzklumpfuß-Stellung
ist eine Kombination aus einer Plantarflexion und einer Supination.
Die Plantarflexion findet dabei im oberen Sprunggelenk (Articulatio
talocruralis), die Supination im unteren Sprunggelenk (Articulatio
talocalcaneonavicularis) und im Chopartgelenk statt.
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Diese
und andere Deformitäten
des Fußes werden
herkömmlich
mit Orthesen korrigiert, bei denen ein erstes Schalenteil den Unterschenkel
und ein zweites, mit dem ersten Schalenteil starr verbundenes Schalenteil
den Fuß in
einer Korrekturstellung aufnehmen und fixieren. Das Anlegen dieser
Orthesen ist zeitaufwendig und erfordert einige Übung.
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Die
Aufgabe der vorliegenden Erfindung besteht darin, eine Orthese zur
Korrektur von Gelenkfehlstellungen im oberen und/oder unteren Sprunggelenk
und ein Verfahren zum Anlegen einer Orthese zu schaffen, die das
Anlegen der Orthese erleichtern.
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Diese
Aufgabe wird durch eine Orthese gemäß Anspruch 1 und durch ein
Verfahren gemäß Anspruch
9 gelöst.
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Bevorzugte
Weiterbildungen der vorliegenden Erfindung sind in den abhängigen Ansprüchen definiert.
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Die
vorliegende Erfindung beruht auf der Idee, die beiden zur Aufnahme
des Unterschenkels bzw. des Fußes
vorgesehenen Schalenteile einer Orthese durch ein Orthesengelenk
derart miteinander zu verbinden, dass die Schalenteile zwischen
einer Spitzfuß-Stellung
und einer Korrekturstellung bewegbar sind. Dies hat den Vorteil,
dass die Orthese in der Spitzfuß-Stellung
angelegt werden kann und erst nach Abschluss der Adaption die Korrektur
der Fehlstellung im oberen Sprunggelenk vorgenommen oder vollendet
wird. Dies erleichtert und beschleunigt das Anlegen der Orthese
erheblich, wobei eine Korrektur einer Fehlstellung im unteren Sprunggelenk
in biomechanisch korrekter Weise in Spitzfuß-Stellung erfolgt. Die Korrekturstellung
im oberen Sprunggelenk kann erreicht werden durch ein Drehmoment mittels
Druck auf die Fußsohle
bei Einsatz des Körpergewichtes.
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Ein
weiterer Vorteil liegt darin, dass der Fuß ohne weiteres vorübergehend
aus der Korrektur- bzw. Normalstellung in die Spitzfuß-Stellung
gebracht werden kann, ohne die Orthese abnehmen zu müssen. Den
Patienten bietet sich hierdurch die Möglichkeit, eine Spitzfußkorrektur
temporär
durchzuführen,
ohne die Orthese ausziehen zu müssen. Die
Korrekturstellung der Orthese und des durch diese korrigierten Fußgelenks
ist vorzugsweise eine Normalstellung, kann jedoch auch jede andere
therapeutisch sinnvolle Stellung sein.
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Vorzugsweise
hält das
zweite Schalenteil den Fuß nach
dem Dreipunktprinzip dreidimensional in einer vorbestimmten Lage.
Dazu weist das zweite Schalenteil besonders bevorzugt Korrekturspangen, ganz
besonders bevorzugt drei Korrekturspangen, auf. Das untere Schalenteil
umschließt
den Fuß schalenförmig von
unten und korrigiert diesen dreidimensional. Die Korrektur erfolgt
medial an der Basis des I. Mittelfußknochens (Os metatarsalis
I) sowie dem Fersenbein (Calcaneus), lateral am Kopf des Sprungbeins
(Taluskopf). Auf diese Weise können die
für die
Korrektur erforderlichen Kräfte
und Momente präzise
und zuverlässig
auf den Fuß übertragen
werden. Die Korrekturspangen zwängen,
beim Einschlüpfen
des Fußes
in dessen Schalenteil, die an der Bewegung des unteren Sprunggelenks
beteiligten Knochen in eine verminderte Fehlstellung. Erst dann
folgt die Fußwinkelkorrektur
im oberen Sprunggelenk.
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Vorzugsweise
ist das Orthesengelenk ein Universalgelenk, wie es beispielsweise
bei Kniegelenksorthesen zur Stützung
bzw. Stabilisierung verletzter Kniegelenke bereits zum Einsatz kommt.
Diese Universalgelenke sind auch in anderen Anwendungen umfangreich
erprobt und weisen eine hohe Robustheit und eine lange Lebensdauer
auf. Sie werden in hoher Qualität
und zu günstigen
Stückpreisen hergestellt.
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Vorzugsweise
ist das Orthesengelenk ein einseitiges Gelenk, das ausschließlich lateral
oder ausschließlich
medial angeordnet ist. Dadurch wird das Anlegen der Orthese weiter
vereinfacht. Die laterale Anordnung des Orthesengelenks hat darüber hinaus
den Vorteil, dass das über
die Kontur des Fußes hinaus
ragende Orthesengelenk keine Behinderung oder Verletzung des anderen
Beines oder Fußes
des Patienten bewirken kann.
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In
vorteilhafter Weiterbildung der Erfindung kann das Orthesengelenk
so verriegelt werden, dass es starr ist oder nur noch in einem eingeschränkten Winkelbereich
bewegbar ist. Z. B. kann das Orthesengelenk mit einem über eine
Achse drehbaren Riegel ausgestattet sein, der einerseits zur sohlenseitigen
Bewegungslimitierung in Korrekturstellung und andererseits zur temporären Freigabe
der mechanischen Gelenkbewegung zum Zwecke der Fußbeugung
(Plantarflexion) dient, um ein Anziehen der Orthese in Spitzfuß-Stellung
zu ermöglichen
und nach erfolgter Adaption den Fuß, unter Belastung durch das
Körpergewicht,
aus der Spitzfuß-Fehlstellung
herauszubewegen und in einer Korrekturstellung des oberen Sprunggelenkes
in der Orthese zu verriegeln. Die Verriegelung bzw. Verrastung des
Orthesengelenks bei Erreichen der Korrekturstellung verhindert eine
Rückbewegung
des Fußes
in die Spitzfuß-Stellung.
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Die
Erfindung wird nachfolgend beispielshalber mit Bezug auf die beiliegenden
Figuren noch näher
erläutert.
Es zeigen:
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1 und 2 ein
rechtes Bein eines Patienten in Spitzklumpfuß-Stellung;
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3 eine
schematische Darstellung einer Ausführungsform einer erfindungsgemäßen Orthese;
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4 eine
schematische Darstellung der Orthose aus 3 an einem
Bein eines Patienten in Spitzfuß-Stellung;
und
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5 und 6 schematische
Darstellungen der Orthese aus 3 an einem
Bein eines Patienten in Korrekturstellung.
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Die 1 und 2 zeigen
schematische Darstellungen eines Beines eines Patienten in Spitzklumpfuß-Stellung. 1 zeigt
das Bein aus einer medial-ventralen Position, während 2 das Bein aus
einer rein ventralen Position zeigt. Die dargestellte Spitzklumpfuß-Stellung
ist eine Plantarflexion (Absenkung des Fußes in Richtung des Bodens),
die überwiegend
im oberen Sprunggelenk lokalisiert ist, mit einer gleichzeitigen
Supination (Hebung des inneren Fußrandes bei gleichzeitiger
Senkung des äußeren),
die überwiegend
im unteren Sprunggelenk lokalisiert ist. Aufgrund der räumlichen
Orientierung der Ach sen der oberen und unteren Sprunggelenke liegt
im Ergebnis eine Innenrotation des Fußes bzw. der Fußspitze
vor, die vor allem in 2 deutlich erkennbar ist.
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3 ist
eine schematische Darstellung einer Ausführungsform einer erfindungsgemäßen Orthese.
Diese weist ein erstes Schalenteil 10 und ein zweites Schalenteil 12 auf,
die durch ein Orthesengelenk 14 miteinander verbunden sind.
Das erste Schalenteil 10 ist zur Aufnahme eines Unterschenkels
eines Patienten, das zweite Schalenteil 12 zur Aufnahme
eines Fußes
eines Patienten vorgesehen. Beide Schalenteile 10, 12 sind
an den Unterschenkel bzw. den Fuß des Patienten individuell
angepasst.
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Am
ersten Schalenteil ist eine Fixationseinrichtung 16 vorgesehen,
die beispielsweise als Klettband-Verschluss ausgebildet ist und
den Unterschenkel des Patienten im ersten Schalenteil 10 hält.
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Das
zweite Schalenteil 12 weist Korrekturspangen 22, 24, 26 zur
Anlage am Sprungbeinkopf, am Fersenbein und am ersten Mittelfußknochen
auf.
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4 ist
eine schematische Darstellung der an ein Bein eines Patienten angelegten
Orthese. Das erste Schalenteil 10 liegt am Unterschenkel
an und umschließt
diesen teilweise. Der Unterschenkel wird durch die in 3 erkennbare
Fixationseinrichtung im ersten Schalenteil 10 gehalten
und durch die individuelle anatomische Anpassung des ersten Schalenteils 10 an
den Unterschenkel in einer vorgegebenen Lage im ersten Schalenteil 10 gehalten.
Das zweite Schalenteil 12 liegt am Fuß an und umschließt diesen
teilweise. Die Korrekturspange 22 liegt am Sprungbeinkopf
an, die Korrekturspange 24 liegt am Fersen bein an (in 4 nicht
dargestellt), und die Korrekturspange 26 liegt am Mittelfußknochen
an.
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Der
Fuß und
der Unterschenkel des Patienten sind ebenso wie die Schalenteile 10, 12 der
Orthese in einer Spitzfuß-Stellung
zueinander angeordnet. Dies wird durch das Orthesengelenk 14 ermöglicht,
das die Schalenteile 10, 12 gelenkig miteinander
verbindet. Vorzugsweise wird die Orthese in dieser Spitzfuß-Stellung an Fuß und Unterschenkel
des Patienten angelegt. Beim Anlegen der Orthese wird lediglich
die Supination korrigiert, die Plantarflexion bleibt zunächst erhalten.
Anders ausgedrückt
wird beim Anlegen der Orthese eine Spitzklumpfuß-Stellung in eine Spitzfuß-Stellung überführt.
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5 ist
eine schematische Darstellung der Orthese mit Unterschenkel und
Fuß des
Patienten in einer Korrekturstellung. Nach dem Anlegen der Orthese
an Fuß und
Unterschenkel des Patienten und Fixation des Unterschenkels im ersten
Schalenteil 10 mittels der Fixationseinrichtung 16 werden
Fußgelenk
und Orthese aus der in 4 dargestellten Spitzfuß-Stellung
in die in 5 dargestellte Korrekturstellung
gebracht. Dabei schwenken die Schalenteile 10, 12 relativ
zueinander um die Achse des Orthesengelenks 14. Die in 5 dargestellte
Korrekturstellung entspricht der Normalstellung vom Unterschenkel
und Fuß zueinander,
in der diese in einem Winkel von ca. 90° zueinander stehen.
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Das
Orthesengelenk 14 weist einen drehbaren Sperrriegel 28 auf.
Das äußere, hebelförmige und in 5 erkennbare
Ende des Sperrriegels 28 steht vom Orthesengelenk 14 ab
und ist zur Betätigung durch
den Patienten oder eine Hilfsperson vorgesehen. Das innere, in 5 nicht
sichtbare Ende des Sperrriegels 28 greift wirksam in das
Orthesengelenk 14 ein. In einer Verriegelungsposition des
Sperrriegels 28 verriegelt dieser das Orthesengelenk 14 in der
Korrekturstellung der Orthese. Dadurch wird entweder ein einzelner
vorbestimmter Winkel zwischen den Schalenteilen 10, 12 starr
eingestellt. Alternativ sind das Orthesengelenk 14 bzw.
die Schalenteile 10, 12 in der Verriegelungsposition
des Sperrriegels 28 in einem reduzierten (kleinen) Winkelbereich
relativ zueinander bewegbar.
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Durch
Betätigung
des äußeren, hebelförmigen Abschnitts
des Sperrriegels 28 können
die Verriegelung aufgehoben und das Sprunggelenk des Patienten und
die Orthese wieder in die in 4 dargestellte
Spitzfuß-Stellung
gebracht werden, um beispielsweise das An- oder Ausziehen einer
Hose zu erleichtern oder die Orthese abzunehmen.
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6 ist
eine weitere schematische Darstellung der Orthese mit Fuß und Unterschenkel
des Patienten in der in 5 dargestellten Korrekturstellung aus
einer anderen Perspektive. Dabei sind Fuß und Unterschenkel teilweise
transparent dargestellt, um den räumlichen Bezug zwischen Fuß und Unterschenkel
einerseits und Orthese andererseits deutlich zu machen.
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Die
erfindungsgemäße Orthese
kann außer zur
Korrektur einer Spitzfuß-
oder Spitzklumpfuß-Fehlstellung
auch zur Korrektur anderer Deformitäten angepasst und verwendet
werden. Abhängig von
der zu korrigierenden Deformität
und den dazu erforderlichen Kräften
und Momenten weisen die Schalenteile 10, 12 und
insbesondere die Korrektspangen 22, 24, 26 andere,
an die individuellen anatomischen und orthopädischen Gegebenheiten und Erfordernisse
angepasste Formen auf, die von dem in den 3 bis 6 dargestellten
abweichen. Auch die Form und Anordnung des Orthesengelenks, beispielsweise
medial statt lateral, können
an die Gegebenheiten und Erfordernisse angepasst werden. Ferner
können
an beiden Schalenteilen je eine oder mehrere Fixationseinrichtungen
vorgesehen sein. Die Orthese kann mehrere Korrekturstellungen aufweisen,
zwischen denen beispielsweise in vorgegebenen oder vom Patienten
gewählten
Zeitintervallen zu wechseln ist.
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Zum
Anlegen der Orthese werden zunächst die
Schalenteile 10, 12 relativ zueinander in eine Spitzfuß-Stellung
bewegt, wozu ggf. zunächst
eine Verriegelung des Orthesengelenks durch Betätigen des hebelförmigen äußeren Endes
des Sperrriegels aufgehoben wird. Anschließend werden das erste Schalenteil 10 an
den Unterschenkel des Patienten und das zweite Schalenteil 12 an
den Fuß des
Patienten angelegt und ggf. mittels einer oder mehrerer Fixationseinrichtungen 16 an
diesem fixiert. Zuletzt wird das zweite Schalenteil mit dem Fuß relativ
zu dem ersten Schalenteil mit dem Unterschenkel in eine Korrekturstellung
bewegt. In dieser Korrekturstellung wird vorzugsweise das Orthesengelenk 16 verriegelt.
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- 10
- erstes
Schalenteil
- 12
- zweites
Schalenteil
- 14
- Orthesengelenk
- 16
- Fixationseinrichtung
- 22
- Korrekturspange
Sprungbeinkopf
- 24
- Korrekturspange
Fersenbein
- 26
- Korrekturspange
Mittelfußknochen
- 28
- Sperriegel