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Die
Erfindung betrifft ein Verfahren zur Steuerung eines Infusionssystems,
das eine serielle Infusion mehrerer verschiedenartiger Medikamente
bewirkt. Derartige Systeme werden besonders in Intensivstationen
von Kliniken eingesetzt.
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[Stand der Technik]
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Gegenwärtig erfolgt
die Applikation intravenöser
Medikamente und Lösungen
entweder über einmalige
Injektionen oder über
die automatische Injektion bzw. Infusion mittels steuerbarer Einzelgeräte. Dabei
verlässt
jedes Gerät
ein einzelner Schlauch, der auf dem Weg zum Patienten mit einem oder
mehreren anderen verbunden ist oder einen der in begrenztem Umfang
zur Verfügung
stehenden Schenkel des zentralen Venenkatheters in einer größeren Körpervene
belegt. Basis des Einzelgerätes
ist eine Spritzenpumpe, z. B. einer 50 ml-Spritze, auf deren Kolben
ein Druck ausgeübt
wird. Ein derartiges Gerät
ist in der
EP 0 223 346 offenbart.
Nachteile dieses Standards ergeben sich aus der Nähe der Schraubverbindungen
zum Patienten aufgrund der späten
Vermischung, da jegliche Verbindungen potenzielle Infektionsquellen
darstellen. Durch die Überführung jeglicher
kontinuierlich zu applizierender Medikamente in eine Spritze ergeben
sich Unsicherheiten und Gefahren. Neben der Verwechselungsgefahr,
die derzeit mit angeschlossenen Scannern und barcodegelabelten Medikamenten
und Patienten verringert werden soll, besteht bei mehreren Modellen
ebenfalls die Möglichkeit,
in der Spritze eine Wissensmatrix zu hinterlegen, die bei korrekter Erkennung
des Medikamentes Extremdosierungen verhindern soll.
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Ein
solches Infusionssystem ist in dem
US PS
5,378,231 beschrieben. Mehrere Pumpen sind in einem Gehäuse angeordnet
und über
je eine Leitung mit dem zentralen Venenkatheter verbunden. Eine Steuerung
gibt die Dosierung zeitabhängig
vor. Ein Barcode-System sichert das Zusammenwirken der Pumpen und
der Medikamentenbehälter
mittels einer Steuerung.
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Eine
Weiterentwicklung ist die serielle Infusion mit nur einer Pumpe,
wie in der
US PS 4,687,475 offenbart.
Diese ist am Schlauch angeordnet, der ein Venenkatheter mit einem
umschaltbaren Mehrwegeventil verbindet. Die Zufuhrleitungen des
Mehrwegeventils sind wiederum mit den einzelnen Medikamentenbehältern verbunden.
Das Fluid-Mangement-System besteht aus einer computergestützten Steuerung,
einer Präzisionspumpeneinheit,
die in der Lage ist, kurze Flüssigkeitssäulen (bei
Medikamenten als Boli bezeichnet) seriell hintereinander in den Schlauch
zu platzieren und einer Einheit für die Erkennung und Aufnahme
standardisierter und elektronisch gekennzeichneter Medikamenten-
und Infusionsbehälter.
Der Vorteil der Erfindung besteht in der Verwendung nur einer Pumpe
in Verbindung mit nur einem Schlauch zum Venenkatheter und anderseits der
Möglichkeit
eine Vielzahl von Medikamenten- und Infusionsbehälter anzuschließen.
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Inkompatibilitäten von
Medikamenten untereinander können
durch Trennung mittels Spüllösung bzw.
kompatibler Medikamente in einem begrenzten Umfang vermieden werden.
Dosierungsfehler und bekannte Arzneimittelinteraktionen mit bereits
laufenden Mitteln können
vor dem Beginn der Infusion eines neuen Medikaments durch eine hinterlegte
Matrix ausgeschlossen werden.
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Das
betrifft auch die Anordnung mehrerer Module in Serienschaltung gemäß
DE OS 103 08 401 .
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Sollen
eine Vielzahl von Medikamenten in bestimmten Zeiträumen verabreicht
werden, was zunehmend auf den Intensivstationen oder z. B. bei der Chemotherapie
gegeben ist, sind die bekannten Steuerungen nicht mehr einsetzbar.
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Neben
den Aspekten der Dosierung und inkompatibler Medikamente ist die
Einhaltung eines erforderlichen Serumspiegels im Patienten von großer Bedeutung.
Es wurden deshalb verschiedene pharmakokinetische Modelle entwickelt,
welche den zeitlichen Verlauf von Wirkstoffkonzentrationen im Körper simulieren.
Damit kann die Dosierung von Arzneimitteln weiter optimiert werden.
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Computergesteuerte
Infusionspumpen, die eine derartige Simulation nutze, sind als TCI
(Target Controlled Infusion) bekannt.
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Eine
Weiterentwicklung ist in der
DE
OS 10 2004 010 offenbart. Danach wird ein Zielprofil mit
einem gewünschten
Konzentrations-Zeit-Verlauf vorgegeben, eine pharmakokinetische
Simulation durchgeführt
und anschließend
Anpassungen vorgenommen, bis die Profile übereinstimmen. Mit diesem Ergebnis
wird die Dosiervorrichtung gesteuert. Andere Lösungen zur optimierten Bestimmung
der Dosierung sind z. B. in der
WO
2005/038049 und
EP 1
185 948 veröffentlicht.
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Für die Nutzung
dieser Vielzahl von Daten zur zeitlichen und/oder volumenmäßigen Steuerung bzw.
Regelung einer serialisierten Infusion von mehreren Medikamenten
liegt bisher keine praktikable Lösung
vor. Insbesondere sind keine Verfahren bekannt, welche die Dosierfolge
bei der seriellen Infusion bei Einsatz nur eines Zuführungsschlauches
zum Venenkatheter hinsichtlich Medikamentenverträglichkeit einerseits und einer
optimalen Dosierrate bezüglich
des medizinisch erforderlichen Serumspiegels im Patienten andererseits
erfüllen.
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[Aufgabe der Erfindung]
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Aufgabe
der Erfindung ist es deshalb, auf der Basis einer Vielzahl von Qualitätskriterien
für eine Vielzahl
von Medikamenten die Grundlage für
eine Steuerung bzw. Regelung einer seriellen Infusionsanordnung
hinsichtlich zeitlicher und/oder volumenmäßiger Dosierung zu schaffen.
Die Dosierung soll einen optimalen Serumspiegel des Patienten ermöglichen
und gleichzeitig die Unverträglichkeit
von Medikamenten in der Zuführung
zum Katheder und im Patienten, sowie die technischen Parameter der
Infusionsanordnung berücksichtigen.
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Erfindungsgemäß wird die
Aufgabe entsprechend den Merkmalen des Anspruchs eins gelöst.
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Danach
wird ein Gabeschema (Abfolge und Größe) der Boli unter Nutzung
von Rechenprogrammen für
eine pharmakokinetische Simulation mittels Kompartiment-Modellen
auf der Basis einer Datenbank für
Medikamente, patientenspezifischen Daten, sowie eingegebenen Verordnungsdaten
berechnet auf der Basis der:
Wechselwirkung der Medikamente
untereinander, Medikament-spezifischen
maximalen und minimalen Serumspiegel, Einhaltung einer maximal zulässigen Gaberate,
der medizinischen Vorgaben und der technischen und technologischen
Parameter der Infusionsanordnung.
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Bei
negativem Ergebnis erfolgt eine Neuberechnung mit möglichen
geänderten
Vorgaben. Das positive Ergebnis wird dokumentiert und als Steuerdaten
für die
Infusionsanordnung freigegeben.
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Mit
diesem Verfahren wird eine optimale Dosierung einer Vielzahl von
Medikamenten hinsichtlich eines optimalen Serumspiegels des Patienten
bei einer serialisierten Infusion mit nur einer oder wenigen Infusionsleitungen
ermöglicht.
Bei einer mittleren Anzahl von Medikamenten, bzw. nicht zu großen Unverträglichkeiten
der Medikamente ist eine Infusionsleitung vollkommen ausreichend.
Damit vereinfacht sich nicht nur die Infusionsanordnung (nur eine
Pumpeneinheit, weniger Schlauchverbindungen usw.) es wird auch die
Infektionsgefahr durch den Einsatz von nur einen Schlauch zum Venenkatheter
gesenkt.
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Gemäß einer
bevorzugten Ausführung
nach Anspruch 2 werden die Medikamente der medizinischen Vorgabe
mittels einem Rechenprogramm nach mehreren Kriterien Gruppen zugeordnet.
In jeder Gruppe wird danach ein Gabeschema berechnet. Die Steuerung
verarbeitet die Gruppen in einer vorgegebenen Reihenfolge.
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Damit
wird eine Optimierung der Dosierungsabfolge und des Serumspiegels
des Patienten erzielt.
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Nach
einer bevorzugten Ausführung
nach Anspruch 3 wird bei negativem Ergebnis der Berechnungen oder
Minimierung der Variation der Serumkonzentration eine Neuberechnung
für eine
Infusionsanordnung mit zwei oder drei Infusionsleitungen durchgeführt.
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Diese
Variante ermöglicht
eine serielle Infusion auch bei sehr vielen Medikamenten bzw. komplizierten
Wirkungsverhältnissen.
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Nach
einer bevorzugten Ausführung
nach Anspruch 4 wird bei den Berechnungen die Gaberate einer neutralen
Substanz zur Trennung der Boli in der Infusionsleitung berücksichtigt.
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Wenn
besonders viele gegenseitig unverträgliche Medikamente dosiert
werden müssen,
ermöglicht
diese Ausführung
die serielle Infusion mit einer Infusionsleitung.
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Weitere
günstige
Ausbildungen der Erfindung sind im Ausführungsbeispiel und den anderen Unteransprüchen dargelegt.
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[Beispiele]
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Nachfolgend
wird ein mögliches
Programm bzw. Tool für
das Verfahren zum Steuern bzw. Regeln einer serialisierten Infusion
gemäß der Erfindung
beschrieben.
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1 zeigt
das Schema einer seriellen Infusion
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2 und 3 zeigen
Diagramme von Gabevolumen und Serumspiegeln von je 3 Medikamenten
und
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4 das
Klassendiagramm des Tools.
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Mit
den Berechnungsergebnissen des Programms werden eine Pumpe für die Förderung
der Medikamente aus den Vorratsbehältern über einen Schlauch zum Katheter
und die Ventile der Zuleitungen zur Pumpe gesteuert. Eine entsprechende
Anordnung ist sinnbildlich in
1 dargestellt
und entspricht in der Funktion die in der
US PS 4,687,475 beschriebenen Vorrichtung.
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Mit
den gemäß der Erfindung
errechneten Daten wird die Pumpe in der Förderleistung und Förderzeit,
bzw. Taktlänge
und Unterbrechungszeit und dazu abgestimmt die Zu- und Abschaltung
der Ventile gesteuert.
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Im
Ergebnis werden kurze Flüssigkeitssäulen bestehend
aus Medikamenten und gegebenenfalls neutralen Spüllösungen für die Infusion seriell hintereinander
in dem Schlauch zum Katheter platziert. Die Boli sind dabei auf
einen optimalen Serumspiegel des Patienten gemäß der ärztlichen Verordnung und der
gegenseitigen Verträglichkeit
in der Zuführung
abgestimmt.
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Das
in diesem Beispiel verwendete Tool ist eine Visual C++ Anwendung.
Es bietet die Möglichkeiten
zur Verwaltung von Arzneistoffen, Erstellen von Verordnungen und
die Simulation von seriellen Infusionen mit unterschiedlichen Taktlängen, Infusionszeiten
und Unterbrechungszeiten.
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Die 4 zeigt
das Klassendiagramm. Die Klasse CsimView dient
der Erstellung von Verordnungen. Diese und der daraus resultierende
Serumspiegel kann grafisch dargestellt werden. Im Dialog CmedInfDialog wird die Datenbank der Wirkstoffe
erstellt. Für
jeden Wirkstoff können
die Qualitätskriterien
berechnet werden. Der Dialog CsimDlg beinhaltet
Funktionen zur Durchführung
der Simulation von seriellen Infusionen. Der Dialog CshowQualDlg enthält die Qualitätskriterien
nach einer Simulation. Die Parameter, die der Berechnung dienen,
wie die zeitliche Auflösung
oder die Größe des Intervalls
zur Bestimmung der schnellen Medikamente werden im Dialog CsimParDlg festgelegt. Alle Dialoge und die Cview greifen dabei auf Klassen zurück, die
häufig
wieder verwendet werden. Die Klasse CMedInf besitzt
alle Angaben zu einem Medikament, einschließlich beschränkender
Parameter, sowie Methoden zur Berechnung des Serumspiegels. Ein
zweidimensionales Feld CqualityMeasures enthält Qualitätsmaßzahlen
für Infusions-
und Unterbrechungszeiträume.
Die Klasse Cmedinf enthält Verordnungen, die Anfangs- und Endzeitpunkt
der Infusion und Höhe der
Infusionsrate beinhalten.
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Mit
Hilfe der Klasse CdrugQualityCalculator können Qualitätsmaßzahlen
berechnet werden. Die Berechnung der Qualitätskriterien für vorgegebene
unterschiedliche Infusionszeiten Tinf und
Unterbrechungszeiten Tunt erfolgt vor der
Simulation. Die serielle Infusion kann mit unterschiedlichen Infusionszeiten
berechnet werden.
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Die
Verläufe
der Plasmakonzentration werden für
alle möglichen
Kombinationen aus Infusionszeit und Taktverhältnis berechnet. Die Anlaufphase und
der Steady-State-Zustand
werden in CalcLDS und CalcSDS berechnet.
Für alle
Wertpaare aus Infusionszeit und Taktverhältnis werden die Qualitätszahlen bei
einer Berechnung dem jeweiligen Medikament hinzugefügt und abgespeichert.
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Zur
Optimierung der Vergabestrategie können die Medikamente z. B.
nach der Schnelligkeit der Wirkung geordnet werden. Zur Reduzierung
der Variation im Plasmaspiegels werden im Grundsatz die schnellen
Medikamente innerhalb einer Taktlänge häufiger verabreicht als die
langsamen. Vor jedem langsamen Medikament kann auch ein Block mit
allen schnellen Medikamenten eingesteuert werden.
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Nach
dem das Vergabeschema der Medikamente unter diesem Aspekt und der
Anzahl der Verordnungen festgelegt wurde, kann das Volumen und die
Infusionszeiten der Vergabe berechnet werden.
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Nachfolgend
soll das Verfahren an zwei Beispielen erläutert werden.
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Beispiel
1 zeigt gemäß 2 die
serialisierte Gabe von drei Medikamenten unter der Vorgabe „konstanter
Volumenstrom pro Zeiteinheit".
Damit bilden sich die unterschiedlichen Gaberaten auf unterschiedlich
lange Intervalle innerhalb der gewählten Zyklusdauer zd ab. Aufgrund
der intermittierenden Gabe der Medikamente 1, 2, und 3 ergibt sich
die dargestellte Variation für
den Serumspiegel, hier für den
eingeschwungenen Zustand („staedy
state") dargestellt.
Zusätzlich
ist die Darstellung für
jedes Medikament auf den Mittelwert des Serumspiegels normiert um
die Variation des Serumspiegels unabhängig von der Gaberate bewerten
zu können.
Medikament 1 weist die größte Variation
auf, beispielhaft quantitativ nachgewiesen durch den Qualitätsmaßstab PTF
(Peak Trough Fluctuation) = (Maximalwert Serumspiegel – Minimalwert
Serumspiegel)/mittleren Wert Serumspiegel = 0,83.
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Beispiel
2 gemäß 3 basiert
auf den gleichen Gaberaten wie Beispiel 1, allerdings wurde das Gabeschema
optimiert, um den Qualitätsmaßstab PTF
in einem vorgegebenen Grenzwert zu halten, hier 0,5. Das resultierende
Gabeschema verteilt die Gabezeiträume für das Medikament 1 auf zwei
Teilbereiche auf und erreicht damit eine weitaus geringere Variation,
wie deutlich an der Darstellung des Serumspiegels zu sehen ist.
Die Variation der Serumspiegel der Medikamente 2 und 3 bleiben durch
dieses optimierte Gabeschema unbeeinflusst.
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Die
Ermittlung eines geeigneten Gabeschemas erfolgt gemäß diesen
Beispielen mit Hilfe eines Berechnungsprogramms, das folgende Funktionalität umfasst:
(i) Vorgabe der benötigten
Gaberaten (konstant und/oder variierend) für jedes Medikament, (ii) Berechnung
der Variation der Serumspiegel für
jedes Medikament, (iii) Optimierung des Gabeschemas zur Einhaltung
vorgebbarer Qualitätskriterien,
die sowohl ausgezeichnete Punkte des Serumspiegels als auch seinen
Verlauf berücksichtigen,
(iv) Durchführung
der Optimierung für
den Zeitraum der Anflutung (Beginn der Gabe eines Medikaments) und
den Zeitraum nach Erreichen des Gleichgewichtszustandes.