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Gegenstand
der Erfindung ist ein neues Verfahren zur Umwandlung von Terpenen,
welches diese Stoffklasse einer Fülle von chemischen Folgereaktionen
zugänglich
macht.
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Die
Terpene sind eine sehr interessante Klasse von Naturstoffen, die
als Ausgangssubstanzen für
die Synthese zahlreicher Produkte, z.B. für Aromastoffe und Duftstoffe
von großer
Bedeutung sind. Die Möglichkeiten
der Terpenchemie können
jedoch nur dann ausreichend genutzt werden, wenn vielseitig einsetzbare
Methoden zur Substitution des Terpenmoleküls geschaffen werden. Voraussetzung hierfür ist die
Umwandlung von Terpenmolekülen, d.h.
die Einführung
von funktionellen Gruppen, die den Ansatzpunkt für weitergehende chemische Folgereaktionen
bieten. Eine ganz besonders interessante Umwandlung von ungesättigten
Terpenen besteht in der Halohydrin-Bildung, weil dadurch zwei unterschiedliche
Substituenten in das Terpenmolekül eingeführt werden
können,
die eine große
Anzahl unterschiedlicher Folgereaktionen ermöglichen (Barluenga et al.,
2004, Chem. Eur. J., 10, 1677-1682).
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Es
ist bereits versucht worden, ungesättigte Terpene mit Peroxidasen
aus marinen Rotalgen oder ganzen Zellen von Rotalgen zu halogenieren.
Eine Halohydrin-Bildung aus nicht oxifunktionalisierten, reinen
Terpenkohlenwasserstoffen konnte dabei aber nicht beobachtet werden
(Carter-Franklin and Butler 2004; J Am Chem Soc, 126 (46), 15060-15066,
Polzin and Rorrer, 2003, Biotechnol Bioeng 82 (4), 415-428). Die
enzymatische Halohydrin-Bildung mit Chloroperoxidase ist zwar schon
bekannt, ist jedoch mit Terpenen als Substrate bisher nicht beschrieben worden..
Bisher ist die chemische Halohydrin-Bildung von Terpenen nur mit
den üblichen
chemischen Methoden, nicht aber mit Enzymen als Katalysatoren durchgeführt worden
(Lochynski und Kowalska 2002, Flavour and Fragrance Journal, 3,
181-186). Gerade die Carten-Iodohydrinbildung ist auf chemischem Wege
bisher nur unter Einsatz eines vielfachen Ü berschusses der stark gesundheits-
und umweltgefährdenden
Tetrafluor-Borsäure (HBF4) zu erzielen (Barluenga et al. 2004, Chem.
Eur. J., 10, 1677-1682).
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Für die Umwandlung
ungesättigter
Terpene kommen an sich zahlreiche Peroxidasen in Frage. Besonders
geeignet könnte
hierfür
auch die Chloroperoxidase sein, die von dem Pilz Caldariomyces fumago
gebildet wird und im Handel erhältlich
ist. Die Chloroperoxidase ist bezüglich ihrer Substratspezifität und ihrer
katalytischen Eigenschaften einschließlich der Halogenierung, der
Epoxydierung, der Oxidation von Alkoholen und Heteroatomen sowie
der Bildung von Halohydrinen einzigartig und in zahlreichen Publikationen
beschrieben (z.B. Libby et al. 1982, J Biol Chem, 257(9), 5030-5037;
Lakner und Hager 1996, J Org Chem, 61(11) 3923-3925; Van Deurzen et
al. 1997, Tetrahedron, 53, 13183-13220; Hu und Hager 1999, Tetrahedron
Lett 40, 1641-1644; Colonna et al. 1999, Trends Biotechnol, 17,
163-168). Überraschenderweise
ist die Umwandlung von Terpenen mit Chloroperoxidase bisher nicht
beschrieben worden. Vielmehr sind bisher chemische Reaktionen zur
Umsetzung von Terpenen eingesetzt worden, die kompliziert sind und über viele
Stufen ablaufen. Bei der Herstellung von Duft- und Aromastoffen besteht
jedoch der Wunsch, diese auf möglichst
natürlichem
Wege ohne Zuhilfenahme der Chemie zu gewinnen. Diese Anforderungen
werden durch den Einsatz fermentativer oder enzymatischer Methoden zur
Herstellung von Terpenderivaten aus natürlichen Rohstoffen erfüllt (Schrader
and Berger 2001, In: Rehm, Reeds, eds. Biotechnology Vol. 10, Weinheim:
Wiley-VCH, 373-422; De Carvalho und da Fonseca 2006, Biotechnol.
Adv., 24, 134-142). Der größte Teil
der bisher beschriebenen Umwandlungen, einschließlich einiger Terpenoxidationen,
findet mit ganzen Zellen (P450) Monooxygenase exprimierender Bakterien,
Pilze, Hefen, Cyanobakterien, Pflanzen und Mikroalgen statt und
führt zu
eher geringen Produktivitäten
und der Bildung von Nebenprodukten (Schrader and Berger 2001; de
Carvalho and da Fonseca, 2005). Biotechnologisch anwendbare Terpenoxidationen
mit isolierten, Cofaktor abhängigen
P450 Monooxygenasen konnten bisher nicht gezeigt werden. Enzymatische
Terpen-Umsetzungen werden bisher hauptsächlich durch Lipasen oder Hydrolasen
katalysiert und sind auf bereits oxifunktionalisierte Terpene beschränkt.
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Die
vorliegende Erfindung beschreibt nun erstmalig eine rein enzymatische,
Cofaktor unabhängige,
stereospezifische in vifro-Haloyhydrin-Bildung. Gegenstand der Erfindung
ist deshalb ein Verfahren zur Umwandlung von Terpenen, bei dem man
ein ungesättigtes
Terpen in Gegenwart einer Peroxidase mit einem Peroxid und einem
Halogenid zu einem Halohydrin umsetzt. Erfindungsgemäß wird vorzugsweise
ein ungesättigtes,
zyklisches Terpen zu einem Halohydrin umgewandelt. Als Peroxidase
wird ganz bevorzugt die Chloroperoxidase eingesetzt. Anstelle einer
reinen Peroxidase kann allerdings auch eine Suspension eines Peroxidase
bildenden Stammes von Mikroorganismen eingesetzt werden, insbesondere
eine Suspension des Chloroperoxidase bildenden Pilzstammes Caldariomyces
fumago.
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Die
Umsetzung von Terpenen, insbesondere von Monoterpenen mit Chloroperoxidase
aus Caldariomyces fumago wurde erfindungsgemäß bei einer großen Zahl
von Terpenen untersucht. Dabei zeigte sich, dass in Abwesenheit
von Chlorid- oder Bromidionen Terpenalkohole zu einer Carbonylverbindung umgesetzt
werden, also Geraniol und in geringerem Umfang auch Citronellol
und Nerol zu Geranial, Citronellal und Neral. Die entstehenden Aldehyde
sind intensive Duft- und Aromastoffe und können vor dem Gesetz mit dem
bevorzugten Prädikat „natürlich" deklariert werden,
da ihre Synthese ausgehend von natürlichen Terpenalkoholen unter
Einsatz von enzymatischen Methoden durchgeführt wird.
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In
Anwesenheit von Chloridionen wird dagegen jedes ungesättigte Terpen
zu einem Halohydrin umgesetzt. Weiterhin wurden Terpenumwandlungen auch
in Anwesenheit von Bromidionen für
(+)-3-Caren, α-Pinen, β-Pinen, R-(+)-Limonen und Myrcen untersucht.
Dabei stellte sich heraus, dass die Substrate unter diesen Bedingungen
ebenfalls umgesetzt wurden. Daraufhin wurde für (+)-3-Caren, α-Pinen, und
R-(+)-Limonen auch die Umwandlung in Anwesenheit von Iodidionen
getestet und festgestellt, dass auch in diesen Fällen ein Substratumsatz zu
erkennen ist.
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Herauszustellen
ist, dass Terpenkohlenwasserstoffe nur in Anwesenheit von Halogenid-Ionen durch
Chloroperoxidase umgesetzt werden. In Abwesenheit von Halogenid-Ionen
dagegen werden Terpenalkohole zu Terpencarbonylverbindungen, Terpenkohlenwasserstoffe
jedoch nicht umgesetzt.
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Besonders
sorgfältig
wurde daraufhin die Umsetzung von (1S)-(+)-3-Caren als Substrat
in Anwesenheit von Chlorid, Bromid und Jodidionen getestet und als
Oxidationsmittel H2O2 und
Chloroperoxidase eingesetzt. Dabei stellte sich heraus, dass hierbei
im Wesentlichen jeweils nur ein Produkt entsteht. Diese Produkte
wurden mittels NMR analysiert und eindeutig als (1S,3R,4R,6R)-4-Chloro-, (bzw. -Bromo-
oder -Iodo-)-3,7,7-trimethyl-bicyclo[4.1.0]heptan-3-ol identifiziert.
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Die
Bildung dieser Caren-Halohydrinderivate ist streng stereoselektiv
und zeigt in der Reihenfolge Chlorid < Bromid < Jodid eine ansteigende Reaktionsgeschwindigkeit.
Diese Reaktion ist auch deshalb von Bedeutung, weil das (+)-3-Caren ein kostengünstiges
und leicht verfügbares
Terpen aus Terpentinöl
ist, für
das bisher chemische Ansätze
zur Oxigenierung, Halogenierung und Halohydrinbildung beschrieben
worden sind. Die dabei erhaltenen (+)-3-Carenderivate können als Ausgangsstoffe für weitere
Synthesen z.B. von β-Lactamantibiotika
oder interessanten Aromen dienen (Bhawal et al. 2001; J Indian Inst
Sci, 81, 265-276; Lochynski und Kowalska, 2002, Flavour and Fragrance
Journal, 3, 181-186). Die erfindungsgemäß durchführbare Umwandlung von Terpenen
ermöglicht
zudem die regio- und stereoselektive Herstellung von wertvollen
Verbindungen unter milden und umweltfreundlichen Bedingungen. Zwar
sind auch schon bisher vereinzelt Enzyme, Zellextrakte oder ganze
Zellen zur Umwandlung von Terpenkohlenwasserstoffen eingesetzt worden,
jedoch sind derartige Ansätze
für eine
industrielle Anwendung im großen
Maßstab
ungeeignet.
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Im
Gegensatz dazu bietet die biotechnologische Umsetzung von Terpenen
mit Chloroperoxidase eine leicht einsetzbare Alternative zur chemischen Synthese.
Die Halohydrinbildung mit Chloroperoxidase ist zwar schon für verschiedene Alkene
beschrieben worden, jedoch wurden Terpene als Substrate bisher noch
nicht berücksichtigt.
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Ein
wesentlicher Vorteil des erfindungsgemäßen Verfahrens besteht darin,
dass Chloroperoxidase ein relativ einfach zu gewinnendes und gut
analysiertes Enzym mit einer Reihe von interessanten katalytischen
Eigenschaften ist. Von besonderem Vorteil ist, dass für die Umsetzung
von Terpenen mit Chloroperoxidase auch eine das Enzym produzierende
Pilzkultur eingesetzt werden kann und im gleichen Medium dann auch
die Halohydrierung des Terpens stattfinden kann. Von besonderem
Vorteil ist dabei die hohe Stereoselektivität der beschriebenen Halohydrinbildung
und die hohe Reaktionsgeschwindigkeit.
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Für das erfindungsgemäße Verfahren
wurden bereits α-
und β-Pinen,
(+)-3-Caren, Citronellol, Geraniol,
Nerol, Limonen, Linalool, Myrcen und Ocimen eingesetzt. In keinem
Fall konnte eine Umsetzung der genannten Terpene in Gegenwart von
H2O2 und einem Halogenid
beobachtet werden, wenn nicht auch gleichzeitig die Chloroperoxidase
anwesend war.
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Terpenderivate
sind wertvolle chemische Ausgangsstoffe für Pharmazeutika, Duftstoffe
und Aromen. Von großer
Bedeutung sind bei Ihnen die absoluten sterischen Konfigurationen,
weil von ihnen die unterschiedlichen Eigenschaften der Enantiomere
abhängen.
Insbesondere für
das (+)-3-Caren, das als preiswerter Ausgangsstoff in Terpentinöl in großen Mengen
zur Verfügung
steht, konnte gezeigt werden, dass auf enzymatischem Wege mit Hilfe
der Chloroperoxidase wertvolle Ausgangsstoffe für die Synthese von Pharmazeutika,
Duftstoffen und Aromastoffen erhältlich
sind.
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Die
beiliegenden Darstellungen sollen das erfindungsgemäße Verfahren
näher erläutern:
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1 zeigt
Umsetzungen verschiedener Monoterpen-Alkohole mit Chloroperoxidase
und H2O2 in Abwesenheit
von Halogenidionen. Hierbei findet die Oxidation der Hydroxyl- zur
Carbonylgruppe statt.
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2 zeigt
die zeitabhängige
Abnahme von Citronellol (O) und Geraniol als Ausgangsstoffe (♢)
sowie die entsprechende Zunahme der durch Umsetzung mit Chloroperoxidase
und H
2O
2 erhältlichen
Reaktionsprodukte Citronellal
und
Geranial
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3 zeigt
die erfindungsgemäße Umsetzung
von (+)-3-Caren mit Chloroperoxidase, H2O2 und einem Halogenid zu dem entsprechenden
Halohydrin.
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4 zeigt
die zeitabhängige
Abnahme des in
3 dargestellten (+)-3-Caren als Ausgangsstoff
in Anwesenheit von NaBr (•)
bzw. NaI
sowie
die entsprechende Zunahme der erhältlichen Reaktionsprodukte
4-Bromo-(O) bzw. 4-Iodo-3,7,7-trimethyl-bicyclo[4.1.0]heptan-3-ol (☐) durch
Umsetzung mit Chloroperoxidase und H
2O
2.
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Beispiel:
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Für die Umwandlung
von Terpenen in Abwesenheit von Chlorid, Bromid oder Jodidionen
wurden 225 Einheiten/ml von Chloroperoxidase in 100 mM Zitronensäurepuffer,
bei einem pH 3,5 mit einer 25%igen Lösung von Tertiärbutanol
und 2 mM des Terpens umgesetzt. Bei der Terpenumwandlung in Gegenwart
von Chlorid oder Bromid oder Jodidionen wurden etwa 56 Einheiten/ml
von Chloroperoxidase eingesetzt und in 100 mM Zitronensäurepuffer
bei einem pH-Wert
3,5 mit 25% Tertiärbutanol
und 10 mM des Terpens und 10 mM Natriumchlorid, Natriumbromid oder
Natriumiodid eingesetzt. Während
der 60minütigen
Reaktionszeit wurde H2O2 zwanzig
Mal bis zu einer Endkonzentration von 2 mM alle 3 Minuten zugesetzt.
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Als
Negativkontrolle wurde die Vergleichsversuche entweder ohne Chloroperoxidase
oder ohne H2O2 durchgeführt.
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Die
Proben wurden mit n-Hexan oder Pentan extrahiert und das erhaltene
Produkt anschließend analysiert.
Beim Einsatz von β-Pinen,
Limonen, Myrcen und Ocimen zeigen sich z.T. quantitative Umsetzungen
zu Produkten, die mit GC-MS
jedoch nicht eindeutig identifiziert werden konnten. Die Identität dieser
Produkte muss daher noch mittels NMR-Analysen verifiziert werden.
Das bei der (+)-3-Caren-Umwandlung erhaltene Produkt wurde durch 1H-NMR und 13C-MNR als (1S,3R,4R,6R)-4-Chloro-3,7,7-Trimethyl-Bicyclo[4.1.0]Heptan-3-ol
identifiziert. Diese Analyse zeigte eine quantitative Umwandlung
des Substrats (10 mM) innerhalb von 40 bis 50 Minuten. Die analogen
Ansätze
mit NaBr bzw. NaI als Halogendonor führen einer quantitativen Umsetzung
des Substrates (1S)-(+)-3-Caren in (1S,3R,4R,6R)-4-Bromo-3,7,7-Trimethyl-Bicyclo[4.1.0]Heptan-3-ol
bzw. (1S,3R,4R,6R)-4-Iodo-3,7,7-Trimethyl-Bicyclo[4.1.0]Heptan-3-ol mit Anfangsreaktionsgeschwindigkeiten
von 0,55 bzw. 1,67 Einheiten/ml (4). Nachgereicht:
Das bei der Umwandlung von Citronellol in Gegenwart von Halogenid-Ionen
erhaltene Produkt wurde ebenfalls durch 1H-NMR
und C13-NMR
als Citronellol-Halohydrin identifiziert. Diese Substanz ist bekanntermaßen wiederum
eine Synthesevorstufe des wertvollen Terpenoxidationsproduktes Rosenoxid.