-
Die
Erfindung betrifft Einrichtungen und Methoden zum Fördern bzw.
Pumpen von Medien, die aus mehreren in Reihe geschalteten mikro-
oder millimeterskalierten hydrogelbasierten Aktorsegmenten bestehen
und welche über
eine entsprechende kaskadierte Schnittstelle elektrisch oder elektronisch steuerbar
sind.
-
Elektronisch
steuerbare Mikropumpen auf Basis piezoelektrischer Aktoren sind
kommerziell erhältlich.
Eine Reihe von Patenten offenbaren derartige Einrichtungen. Stellvertretend
seien
US 5,224,843 und
US 2003/0143122 A1 genannt. Bei piezoelektrischen Pumpen wird eine
piezoelektrische Membran durch Ansteuern mit einer Wechselspannung
in Schwingung versetzt. In Kombination mit einer Rückflusssperre
wird ein gerichteter Fluss erzeugt.
-
US 5,659,171 offenbart eine
Mikropumpe für Gase,
bei der eine flexible Membran entweder aus einem bimorphen Material
mit jeweils unterschiedlichen Wärmeausdehnungskoeffizienten
oder aus einer Formgedächtnislegierung
besteht. Auch bei diesen Einrichtungen wird ein Volumenstrom durch
Auslenkung der Membran erreicht.
-
In
DE 19637928 A1 wird
stellvertretend für weitere
Erfindungen eine elektrostatisch betriebene Mikropumpe beschrieben.
Hier wird die Auslenkung der Membran durch elektrostatische Kräfte generiert.
-
Eine
blasenbasierte Mikropumpe wird unter anderem in
US 6,283,718 B1 vorgestellt.
Durch wiederholtes Ausbilden und Kollabieren einer Gasblase kommt
es infolge der Flüssigkeitsverdrängung zu
einer Medienförderung.
-
Einen
interessanten Antriebsmechanismus von Fördereinrichtungen bieten osmotische
Pumpen. Bei ihnen verrichtet ein quellfähiges Material die zur Medienförderung
notwendige Verdrängungsarbeit
(F. Theeuwes, Elementary osmotic pump, J. Pharm. Sci. 64 (1975),
1987–1991).
Dieses Prinzip wird mittlerweile vielfach in Medikamentiersystemen
genutzt. So beschreiben z.B.
DE 103 00 896 A1 , US 2004/0149780 A1,
DE 38 21 424 A1 Einrichtungen, mit
denen nach dem osmotischen Prinzip Wirkstoffe gefördert werden
können.
Aufgrund ihrer Fähigkeit, ihr
Volumen um mehr als das Einhundertfache durch Quellmittelaufnahme
zu ändern,
werden meist Hydrogele genutzt.
-
Einen Überblick über Mikropumpenprinzipien
und deren Anwendungen bieten u.a. N.-T. Nguyen, X. Huang, T.K. Chuan,
MEMS-miropumps: a review, J. Fluids Eng. 124 (2002), 384–392 und
D.J. Laser, J.G. Santiago, A review of micropumps, J. Micromech.
Microeng. 14 (2004), R35–R64.
-
Hydrogele
sind Polymernetzwerke, die bei Einwirkung des Quellmittels Wasser
ihr Volumen ändern.
Eine besondere Klasse der Hydrogele sind smarte Hydrogele. Dies
sind Polymernetzwerke, welche einen reversiblen diskontinuierlichen
Volumenphasenübergang
bei Einwirkung bestimmter Umgebungsgrößen vollführen. Die Umgebungsgrößen können elektrische
Feldgrößen, Strahlung,
Temperatur, Ionen- und
Stoffkonzentrationen sein.
-
Die
integrierten Aktor-Sensor-Eigenschaften smarter Hydrogele werden
z.B. in
DE 198 12
436 A1 zur Realisierung selbsttätig regelnder Ventile genutzt.
Für derartige
Ventile wurden in K.-F. Arndt, D. Kuckling, A. Richter, Application
of sensitive hydrogels in flow control, Polym. Adv. Technol. 11
(2000), 496–505
automatische Ventilfunktionen gegenüber dem pH-Wert, der Temperatur
und Alkoholkonzentrationen nachgewiesen. In D.J. Beebe et al., Functional hydrogel
structures for autonomous flow control inside microfluidic channels,
Nature 404 (2000), 588–590
wurde die hervorragende Miniaturisierbarkeit von automatischen Hydrogelventilen
demonstriert.
-
Unter
Nutzung der sensorischen Eigenschaften smarter Hydrogele lassen
sich z.B. nach
DE 198 28 093 und
DE 198 48 878 A1 Flüssigkeitssensoren entwickeln.
-
DE 198 12 436 A1 offenbart
weiterhin eine automatische Fördereinrichtung,
wobei das smarte Hydrogel in Abhängigkeit
bestimmter Umgebungsgrößen eine
Förderrate
realisiert. Eine miniaturisierte automatische Fördereinrichtung ist in D. T.
Eddington, D.J. Beebe, A valved responsive hydrogel microdispensing
device with integrated pressure source, J. Microelectromech. Syst.
13 (2004) 4, 586–593
beschrieben. Nachteilig an den automatischen Fördereinrichtungen ist ihre
Gebundenheit an bestimmte Prozessgrößen, die als Regelparameter
dienen. Dadurch sind sie nicht universell, sondern nur in speziellen
Fällen
einsetzbar. Funktionselemente auf Basis smarter Hydrogele können nach
DE 101 57 317 A1 auch
elektrisch angesteuert werden. Die dort vorgestellten Mikroventile
verfügen über eine
elektrisch-thermische
Schnittstelle, mit denen der Quellungsgrad temperatursensitiver
Hydrogele und damit eine Ventilfunktion gesteuert werden kann.
-
Auf
vergleichbare Weise wird in
EP
1442887 A1 ein smartes, stimulussensitives Hydrogel zum Zwecke
des Tröpfchen-Ausstoßens insbesondere
für den
Einsatz in Ink-Jet-Druckköpfen angesteuert.
Der Hydrogelaktor stößt die Druckerflüssigkeit
durch eine Düse
aus.
-
Aufgabe
der Erfindung ist es, elektronisch steuerbare Mikropumpen zu entwickeln,
welche on-chip-fähig
und damit einfach in komplexe Systeme integrierbar, simpel aufgebaut,
hinsichtlich ihrer Förderrate
steuerbar sind und geringe Leistungsaufnahmen besitzen.
-
Erfindungsgemäß geschieht
dies dadurch, dass ein oder mehrere Aktoren auf Basis von quellfähigen Polymernetzwerken
mit Volumenphasenübergangsverhalten,
den smarten Hydrogelen, bestehen durch thermisch-elektronische Schnittstellen,
die kaskadisch angeordnet sein können,
angesteuert werden.
-
Erfindungsgemäß wird die
Aufgabe durch die in Anspruch 1 angegebenen Merkmale gelöst. Vorteilhafte
Ausgestaltungen sind in den Ansprüchen 2 bis 13 angegeben.
-
Die
Erfindung soll an einigen Ausführungsbeispielen
näher erläutert werden.
In den zugehörigen
Zeichnungen zeigen:
-
1 den
prinzipiellen Aufbau einer elektronisch steuerbaren Mikropumpe auf
Basis temperatursensitiver smarter Hydrogele in Explosionsansicht,
-
1a die
Konfiguration nach 1 in Schnittdarstellung,
-
2 das
Volumenphasenübergangsverhalten
temperatursensitiver smarter Hydrogele in Abhängigkeit von der Temperatur,
-
3 die prinzipielle Funktionsweise einer elektronisch
steuerbaren Mikropumpe auf Basis temperatursensitiver smarter Hydrogele,
-
3a die
Konfiguration der Pumpe in der Startphase der Medienförderung
aus der Pumpenkammer,
-
3b die
Konfiguration der Pumpe in der Endphase der Medienförderung
aus der Pumpenkammer,
-
3c die
Konfiguration der Pumpe in der Startphase der Medienbeladung der
Pumpenkammer,
-
3d die
Konfiguration der Pumpe in der Endphase der Medienbeladung der Pumpenkammer,
-
4 die
Konfiguration einer Pumpe mit hydrogelbasierten Ventilen am Ein-
und Ausgang der Pumpenkammer.
-
Anhand
von 1 sollen zunächst
der prinzipielle Aufbau und ein mögliches Fertigungsverfahren
der erfindungsgemäßen Mikropumpen
vorgestellt werden.
-
Die
in 1 dargestellte Pumpe besteht aus drei Funktionsebenen.
Der Kanalstrukturträger
(9) enthält
den Förderkreis
mit der Pumpenkammer (11) sowie ihrem Eingang (12)
und Ausgang (10).
-
Der
Aktorstrukturträger
(2) ist vom Förderkreis
durch eine flexible Membran (13) getrennt. Er umfasst die
Aktorkammer (5) mit dem Hydrogelaktor (1) und
Quellmittelreservoire (3), welche von der Aktorkammer mit
quellmitteldurchlässigen
Aktorkammern (4) getrennt sein können. Abgedeckt wird die Ebene
des Aktorstrukturträgers
(2) durch den Strukturträger der elektrischen Ansteuerung
(6), der wiederum die Heizstrukturen (7) und die
entsprechenden elektrischen Kontaktierungen (8) umschließt.
-
Der
Ansteuerlayer besteht aus Weichglas D263 (550 μm Dicke, Berliner Glas AG).
Die Heizelemente (100nm Dicke, Widerstand ca. 50 Ω, Haftvermittlerschicht
10nm Titan) und die Leiterzüge
wurden mit einer Platin-Dünnschicht-Lift-Off-Technologie (Malz & Schmidt MSBA-400SP)
erzeugt und anschließend
mit Siliziumdioxid passiviert (800nm Dicke, PECVD-Verfahren mit
Plasmalab 80+ CVD, Oxford Technologies). Die elektrische Verbindung
mit der Ansteuerelektronik kann durch Bonden realisiert werden.
-
Die
Strukturen des Aktorstrukturträgers
(2) inklusive der flexiblen Membran sowie der Kanalstrukturträger (9)
wurden aus Polydimethylsiloxan (PDMS) (Sylgard 184, Dow Chemicals)
gefertigt. Zur Strukturierung von (2) und (9)
kam eine Masterabformtechnologie zum Einsatz. Dazu wurden Negativstrukturen
der erforderlichen Geometrien photolithographisch in 4"-Siliziumwafern erzeugt
(n-Si, <100> orientiert, 525μm dick, einseitig
poliert, nasschemisch geätzt
in KOH) und diese anschließend
mit ca. 10nm dickem Teflon durch Sputtern (Plasmalab 80+, Oxford
Technologies) beschichtet. Die Abformung der PDMS-Strukturen erfolgte
durch Nutzung einer aus Teflon bestehenden Abformeinrichtung. Diese
besteht aus zwei Teilen. Das untere Teil positioniert die Substrate,
auf die das PDMS aufgebracht werden soll. Der obere Teil enthält den Abformmaster.
Beide sind durch Führungen
passgenau aufeinander abgestimmt. Das PDMS wird auf das zu beschichtende
Substrat aufgebracht, welches im Falle des Aktorstrukturträgers (2)
der Ansteuerlayer (6) und beim Kanalstrukturträger (9)
eine einfache Weichglas-Platte ist, dann wird das Abformmaster aufgesetzt
und die ganze Anordnung ca. eine Stunde bei 100 °C temperiert. Nach Entfernung
der Master liegen die PDMS-Positivstrukturen vor. Die flexible PDMS-Membran
(13) wurde durch Spincoating hergestellt. Das PDMS wird
auf einen Silizium-Wafer aufgebracht und anschließend bei
etwa 3000 bis 4000 U/min für
20 bis 40s rotationsbeschichtet. Die erreichten Schichtdicken liegen
bei 15 bis 50 μm.
Alternativ kann die flexible Membran (13) auch direkt bei
der Herstellung des Aktorstrukturlayers (2) mit erzeugt
werden. Der Kanalstrukturträger
(9) und der Aktorstrukturlayer (2) können nach
jeweiligem Aktivieren der PDMS-Strukturoberflächen durch eine Sauerstoff-Plasmabehandlung
oder ähnliches
unter Druckeinwirkung gefügt
werden.
-
Die
Hydrogelaktoren (1) sind mit verschiedenen Methoden herstellbar.
In einem einfachen Fall wird die Prepolymerlösung in die Räume der
Aktorkammer (5) und Quellmittelreservoirs (3)
gefüllt. Dazu
können
Anschlussstutzen genutzt werden, welche auf dem Strukturträger (6)
platziert sein können. Dann
wird ein Überdruck
in der Aktorkammer (5) und den Quellmittelreservoirs (3)
erzeugt, der die flexible Membran (13) vollständig in
die Pumpenkammer auslenkt. Nach Fixierung der Anordnung wird das
Hydrogel unter Nutzung von Belichtungsmasken in der Aktorkammer
(5) polymerisiert. Als Resultat liegt die gequollene Positivstruktur
des Hydrogels vor. Unvernetzte Polymerbestandteile werden anschließend in einem
Waschgang mit einer Wasser-Alkohol-Mixtur entfernt. Alternativ kann
zum Auslenken der Membran auch ein Unterdruck in der Pumpenkammer
(11) erzeugt werden.
-
Statt
Photostrukturierung ist auch eine Gießtechnik nutzbar, indem die
Verbindungen der Aktorkammer (5) zu den Quellmittelreservoirs
(3) vorübergehend
mit Wachs oder ähnlichen
Materialien geschlossen werden. Nach Einfüllen der Prepolymerlösung in
die Aktorkammer (5) läuft
in diesem Fall dessen Polymerisation zum Hydrogel spontan ab, da auch
die Vernetzer in der Polymerlösung
enthalten sind. Danach ist das Verschlussmaterial zu entfernen.
-
In
einem anderen Fall ist getrocknetes Hydrogelgranulat in die Aktorkammer
(5) verfüllbar.
Bei diesem Verfahren ist allerdings die exakte Befüllung der
Aktorkammer (5) mit dem Hydrogelmaterial schwierig.
-
Anhand
der 1a, 2 und 3 werden prinzipielle
Verhaltensweisen temperatursensitiver smarter Hydrogele, typische
Vertreter, mögliche
Synthese- und Strukturierungsverfahren sowie die Funktionsweise
der erfindungsgemäßen Mikropumpen
erklärt.
-
Temperatursensitive
smarte Hydrogele können
zwei Verhaltensweisen beim Volumenphasenübergang aufweisen, die für einige
Hydrogelbeispiele in 2 dargestellt sind. Die meisten
temperatursensitiven smarten Hydrogele besitzen eine Lower Critical
Solution Temperature (LOST) – Charakteristik, d.h.,
sie sind bei niedrigen Temperaturen gequollen und entquellen bei Überschreiten
der Phasenübergangstemperatur.
Für das
bekannteste Hydrogel mit LCST-Charakteristik, das Homopolymer Poly(N-Isopropylacrylamid)
(PNIPAAm), beträgt
die Phasenübergangstemperatur
32,8 °C.
Die Lage der Phasenübergangs-
bzw. Schalttemperatur von NIPAAm-basierten Hydrogelen kann aber
durch Copolymerisation und Variation der Syntheseparameter in einem
Bereich von +5 °C
und etwa 60 °C
eingestellt werden. Mögliche
Synthese- und Strukturierungsverfahren von PNIPAAm-basierten Hydrogelen
sind z.B. in A. Richter et al., Electronically controllable microvalves based
on smart hydrogels: magnitudes and potential applications, J. Microelectromech.
Syst. 12 (2003) 5, 748–753
beschrieben.
-
Ähnlich gute
Phasenübergangs-Eigenschaften
mit LCST-Charakteristik
besitzt z.B. das ebenfalls in 2 gezeigte
Poly(Methylvinylether) (PVME). Die Lage der Phasenübergangstemperatur
dieses Hydrogels liegt bei etwa 37 °C. PVME wird mit hoch-energetischer
Strahlung (Elektronenbestrahlung, Gamma-Bestrahlung) vernetzt (K.-F.
Arndt, T. Schmidt, H. Menge, Poly (vinyl methyl ether) Hydrogel
Formed by High Energy Radiation, Macromol. Symp. 164 (2001) 313–322).
-
Weitere
Vertreter mit LCST-Charakteristik basieren z.B. auf Hydroxypropylcellulose
(B. Kabra, S.H. Gehrke, R. Spontak, Microporous Responsive HPC Gels
1. Synthesis and Microstructure, Macromolecules 31(1998), 2166–2173).
Temperatursensitive Hydrogele mit einer Upper Critical Solution
Temperature (UCST)-Charakteristik sind bei geringen Temperaturen
entquollen und quellen bei Überschreiten
der Phasenübergangstemperatur.
Praktisch nutzbare UCST-Gele sind allerdings sehr selten. 2 zeigt
das UCST-Verhalten eines durch Copolymerisation von Hydroxyethyl
Methacrylat (HEMA) und Acetoacetoxyethyl Methacrylat(AAEM) hergestellten Hydrogels
HEMA/AAEM, dessen Synthese in V. Boyko et al., Preparation and characterization
of acetoacetoxyethyl methacrylate-based gels, Macromol. Chem. Phys.
204 (2003), 2031–2039
beschrieben ist. In einer 60wt% : 40wt% Ethanol/Wasser-Mischung liegt
dessen Phasenübergangstemperatur
bei 31,5°C.
-
Hinsichtlich
des Energieverbrauchs eignen sich für die erfindungsgemäßen Mikropumpen
nach 1, 3 und 4 besonders
Aktoren auf Basis von Hydrogelen mit UCST-Charakteristik, da diese
nur zum Quellen beheizt werden müssen.
LCST-Hydrogel-Aktoren
müssen
dagegen beheizt werden, um den entquollenen Zustand zu halten.
-
Ein
Aktor auf Basis von HEMA/AAEM und einer 60wt% : 40wt% Ethanol/Wasser-Mischung
als Quellmittel ist bei Raumtemperatur entquollen (1a).
Zum Aktivieren der Pumpe ist die gewünschte Anzahl von Heizmäandern (7)
zu aktivieren, so dass der Hydrogelaktor (1) an den entsprechenden
Abschnitten über
die Phasenübergangstemperatur
von ca. 31,5 °C
beheizt wird. Dadurch quillt der Hydrogelaktor (1) an den
beheizten Abschnitten unter Quellmittelaufnahme aus den Reservoirs
(3). Wie in 3a schematisch dargestellt ist, lenkt
der gequollene Hydrogelabschnitt (1a) die flexible Membran
(13) in die Pumpenkammer (11) aus. Nun wird zunächst ein
Teil der Pumpenkammer-Flüssigkeit
in den Eingang (12) zurückgedrängt, ein
anderer in die gewünschte
Richtung gefördert.
Nach Erreichen des Pumpenkammerbodens (9) ist der Eingang verschlossen.
Werden weitere Aktorsegmente durch Beheizen mit den Heizmäandern (7)
aktiviert, findet nun eine gerichtete Entleerung der Pumpenkammer (11) über den
Ausgang (10) statt (3b). Zum
Auffüllen
der Pumpenkammer (11) mit neuer Flüssigkeit sind die Heizmäander (7)
der Reihe nach und von der Eingangsseite beginnend abzuschalten
(3c). Nach Unterschreiten der Phasenübergangstemperatur
entquellen die Aktorsegmente (1b) unter Quellmittelabgabe
in die Quellmittelreservoirs (3) und die flexible Membran
(13) kehrt in ihre undeformierte Ausgangslage zurück. Infolge
des entstehenden Unterdrucks füllt
sich die Pumpenkammer (11) über den Eingang mit Flüssigkeit
(3d).
-
Wird
ein Hydrogelaktor mit LCST-Charakteristik verwendet, z.B. auf Basis
von PNIPAAm, so entspricht die Konfiguration nach 1a einem
vollständig
beheizten Hydrogelaktor (1). Zum Fördern eines Mediums aus der
Pumpenkammer (11) ist zunächst das eingangsseitig liegende
Heizsegment (7) abzuschalten, so dass der PNIPAAm-Aktor
nach Unterschreiten der Phasenübergangstemperatur
quillt und den Eingang verschließt (3a). Durch
das Abschalten weiterer Segmente quellen weitere Aktorsegmente,
so dass der Pumpenkammerinhalt durch den Ausgang (10) ausgeschüttet wird
(3b). Der Beladevorgang der Pumpe nach 3c erfolgt
durch sequentielles Beheizen des Aktors (1) von der Eingangsseite
her. Auch hier füllt
sich die Pumpenkammer (11) infolge des entstandenen Unterdruckes.
-
Eine
Trennung des Aktorkreislaufes mit Aktorkammer (5) und Quellmittelreservoir
(3) vom Prozesskreislauf ist nicht zwangsläufig notwendig
und sollte nur realisiert werden, wenn eine Ausführung des Aktorkreislaufes
als geschlossenes System erforderlich ist. Dies ist z.B. der Fall,
wenn das Prozessmedium nicht als Aktorquellmittel nutzbar ist. Kann
das Prozessmedium als Quellmittel des Aktors (1) genutzt
werden, besteht kein Bedarf mehr an dieser Trennung und die Quellmittelreservoirs
(3) können
entfallen.
-
Die
Anordnungen nach 1 und 3 besitzen den
Nachteil, dass die jeweils äußeren Aktorsegmente
eine Ventilfunktion erfüllen
und deshalb kaum pumpend tätig
sind. Deshalb ist es empfehlenswert, zusätzlich Ventilelemente vorzusehen.
In das Design von 1 können solche Ventile integriert
werden, indem die Aktoreinheit um Segmente erweitert wird, welche
in den Eingang (12) und Ausgang (10) hineinragen
und diese bei Bedarf durch Auslenken der Membran (13) verschließen.
-
Für Ventilfunktionen
sind jedoch hydrogelbasierte Ventile, deren Aktor direkt im durchströmbaren Querschnitt
platziert ist, besser als membranbasierte Aufbauten geeignet (siehe
DE 101 57 317 A1 und
A. Richter et al., J. Microelectromech. Syst. 12 (2003) 5, 748–753).
4 zeigt
einen möglichen
Aufbau einer Mikropumpe mit derartigen Ventilen. Möglichst
nah an Ein- und Ausgang (
10,
12) der Pumpenkammer (
11)
werden durch eine entsprechende Layoutänderung des PDMS-Teils des
Kanalstrukturträgers
(
9) im Strömungsquerschnitt
befindliche Aktorkammern, welche durch Wälle (
15) begrenzt
werden, realisiert. In diese Kammern kann ein temperatursensitives
Hydrogel, z.B. Partikel auf Basis von PNIPAAm, eingebracht werden.
Ihr Quellungs- und damit der Ventilzustand wird über Heizmäander (
7) gesteuert.
Die Ventile können
auch als passive Richtungsventile, wie z.B. Klappen- oder Kugelventile,
ausgeführt
sein. Damit ist aber kein Pumpen-Betrieb
in beiden Richtungen möglich.
-
Eine
Konstruktion mit geringem Energiebedarf für LCST-Hydrogele ist in den 5 und 6 gezeigt.
Im Gegensatz zu den bisherigen Aufbauten nach 1, 3 und 4 wird hier
der Hydrogelaktor (1) direkt im durchströmbaren Querschnitt
bzw. in der Pumpenkammer (11) platziert. Durch Aufnahme
des Prozessmediums quillt der Aktor (1), beispielsweise PNIPAAm
und lenkt die flexible Membran (13) aus (5).
Zum Erzeugen eines Flüssigkeitsstromes
in Richtung Ausgang (10) werden die Heizstrukturen (7),
welche sich auf dem Kanalstrukturträger (16) befinden,
ausgangsseitig beginnend der Reihe nach beheizt. Dadurch entquillt
das Hydrogel (1b) und setzt das Prozessmedium frei. Die
flexible Membran (13) erzeugt nun infolge ihrer elastischen
Rückstellkräfte ein
Austreiben des Mediums (siehe 5a), welches
zum Ausgang (10) hin fließt, da der Eingang (12)
durch gequollenes Hydrogel (1a) verschlossen ist (5b).
Zum Beladen der Pumpe muss nach 5c zunächst der
Pumpenausgang (10) durch Ausschalten des ausgangsseitigen
Heizmäanders (7)
verschlossen werden. Dann werden die anderen Heizelemente (7)
vom Ausgang (10) zum Eingang (12) hin deaktiviert
(5d). Nach Unterschreiten der Phasenübergangstemperatur
quellen die Aktorelemente unter Prozessmedienaufnahme und spannen
die flexible Membran (13) infolge der Auslenkung wieder
vor (5).
-
Auch
bei diesem Prinzip können
die notwendigen Ventilfunktionen durch passive Richtungsventile
oder, wie in 6 gezeigt, durch aktive Ventile
realisiert werden. Die Ventile in 6 können nach
dem gleichen Prinzip wie die in 4 funktionieren.
-
Ein
besonderer Vorteil des Funktionsprinzips der Pumpen nach 5 und 6 sind
der einfache Pumpenaufbau und die vielfältige Gestaltbarkeit der Pumpe
infolge der Aktorintegration in den Arbeitskreis. Die flexible Membran
dient hier als antreibendes Funktionselement, der Hydrogelaktor
als Rückstellelement
der Membran. Solche Pumpen lassen sich ohne große Layoutänderungen in mikrofluidische
Schaltungen integrieren. Sie können
z.B. auch in Schläuche
integriert werden. Dabei kann die elastische Schlauchhülle als
antreibendes Element bzw. Äquivalent
zur flexiblen Membran (13) genutzt werden.
-
Die
vorgestellten Pumpen auf Hydrogelbasis besitzen drei wesentliche
Vorteile gegenüber
anderen Mikropumpenprinzipien.
- • Sie sind
on-chip-fähig
und können
in nahezu jedes mikrofluidische Layout integriert werden. Dadurch
können
sie sehr nahe an den Ort des Medienverbrauchs, beispielsweise einen
Reaktor, platziert werden, was das Totvolumen der Anordnung reduziert.
- • Durch
Variation der konstruktiven Parameter können Förderrate und Fördervolumen
optimal an den Prozess angepasst werden.
- • Ohne
Ventile und bei Einsatz aktiver Ventile können die Pumpen in beliebiger
Richtung betrieben werden. Es ist sogar möglich, dass die Pumpen mehr
als einen Ein- und Ausgang haben, indem die nicht benötigten Ein-
und Ausgänge
z.B. durch aktive Ventile verschlossen werden.
-
Die
Anwendungsmöglichkeiten
der erfindungsgemäßen Pumpen
sind sehr vielfältig.
Sie können
in integrierten und nichtintegrierten fluidischen Schaltungen Anwendung
finden. Prinzipiell lassen sich die Anwendungen von Mikropumpen
in vier Kategorien einteilen: Fluidische Regulationssysteme, Gas-
und Flüssigkeitsmessgeräte, Medizinische
Geräte,
und andere Einrichtungen. Besonderen Bedarf besitzt die Biotechnologie,
z.B. bei der DNA- und Protein-Analyse sowie der Wirkstoffhandhabung.
Insbesondere Lab-on-Chip-Aufbauten, Analysegeräte, biologische, biochemische
und chemische Reaktoraufbauten, Abgabesysteme, Mischer und Separatoreinrichtungen
der Biotechnologie, Medizintechnik, Verfahrenstechnik und Pharmazie
erscheinen als besonders geeignete Einsatzgebiete der erfindungsgemäßen Pumpen.
Ein besonderes Anwendungsgebiet sind extrakorporale und implantierbare
Medikamentenpumpen, die beispielsweise zur Insulinabgabe genutzt
werden können.
-
Weitere
Anwendungsmöglichkeiten
sind u.a. in N.-T. Nguyen, X. Huang, T.K. Chuan, MEMS-miropumps:
a review, J. Fluids Eng. 124 (2002), 384–392 und D.J. Laser, J.G. Santiago,
A review of micropumps, J. Micromech. Microeng. 14 (2004), R35–R64 genannt.
-
In
den vorangegangen Beschreibungen der erfindungsgemäßen Mikropumpen
wurde die Steuerung des Quellungsgrades der Hydrogelaktoren durch
Beheizen mit resistiven Heizwiderständen geschildert, wobei die über dem
Widerstand abfallende Verlustleistung die Heizleistung ist. Eine
Erwärmung der
Hydrogelaktoren ist aber auch durch energiereiche Strahlung, insbesondere
Licht, möglich,
indem diese durch Absorption im oder am Hydrogel in Wärme umgesetzt
wird. Als Lichtquellen eignen sich z.B. besonders solche mit einem
Spektrum im infraroten Bereich und Laser.
-
Tatsächlich sind
temperatursensitive Hydrogele zur Zeit zur Zeit die smarten Hydrogele,
welche die geeignetsten steuerbaren aktorischen Eigenschaften besitzen.
Sie lassen sich schnell, reversibel und reproduzierbar in ihrem
Quellverhalten beeinflussen.
-
Zum
elektronikkompatiblen Steuern des Quellungsgrades smarter Hydrogele über Umgebungsgrößen können aber
auch andere physikalische Größen, die
einfach durch elektronische bzw. elektrische Mittel erzeugt werden
können
und Volumenphasenübergänge in quellfähigen Polymernetzwerken auslösen, genutzt
werden. Sehr einfach elektrisch erzeugbare Steuergrößen sind
elektrische und magnetische Feldgrößen, Licht und Temperatur. Elektrische
und magnetische Feldgrößen sowie
Licht sind derzeit relativ schwierig zum Steuern des Quellungsgrades
smarter Hydrogele verwendbar, da die Hydrogel-Effekte zum Teil nur
eingeschränkt
reversibel und langsam sind.
-
Das
zeitliche Verhalten der Pumpen wird von Materialeigenschaften, konstruktiven
Parametern und Betriebsparametern bestimmt.
-
Das
hydrogelspezifische Zeitverhalten hängt unter anderem von der Art
des Hydrogels, vom Anteil der das Volumenphasenübergangsverhalten verursachenden
Gruppen innerhalb des Hydrogels und in geringerem Maße von den
Vernetzungseigenschaften des eingesetzten Hydrogels ab. Konstruktive
Parameter mit erheblichem Einfluss auf die Pumpendynamik sind insbesondere
die Dicke der Membran bzw. die elastische Rückstellkraft des antreibenden Elementes.
Frinzipiell gilt: Je größer eine
dem Quellvorgang entgegenwirkende Kraft ist, umso langsamer quillt
das Hydrogel, wobei sich bei großen Gegenkräften auch der erreichbare Hub
des Hydrogelaktors vermindert. Eine Schlussfolgerung daraus ist, dass
Pumpen nach 1, 3 und 4 beim
Entleeren der Pumpenkammer (11) infolge Membranauslenkung
langsamer sein werden als beim Beladen der Pumpenkammer (11).
Das in 5 und 6 dargestellte Pumpenprinzip
wird hingegen beim Beladen der Pumpenkammer (11) mehr Zeit
benötigen als
beim Entleeren.
-
Eine
weitere wesentliche konstruktive Größe ist die Wärmekapazität der zu
beheizenden Anordnung. Je größer diese
bzw. das aufzuheizende Volumen ist, umso geringer ist die Pumpendynamik.
Bei dem Pumpenprinzip mit Quellmittelreservoir kann insbesondere
der Strömungswiderstand
der quellmitteldurchlässigen
Aktorkammerwand (4) das zeitliche Aktorverhalten beeinflussen.
-
Der
wichtigste zeitlich wirksame Betriebsparameter ist die Heizleistung
der Heizelemente. Je größer die
applizierte Heizleistung ist, umso schneller entquillt der Hydrogelaktor.
Zur Regulation der applizierten Temperatur können in das Pumpenlayout Temperatursensoren
integriert werden.
-
Das
maximale Fördervolumen
pro Vollhub des Hydrogelaktors ist jeweils mit dem Aktorhub identisch.
Beim Pumpenprinzip nach 1, 3 und 4 entspricht
dies in etwa der Größe der Pumpenkammer
(11). Bei dem in 5 und 6 gezeigten Prinzip
ist ein Aktorhub die Differenz zwischen voll ausgelenkter Membran
infolge vollständiger
Aktorquellung und relaxierter Membran bei vollständiger Aktorentquellung. Die
Größe der möglichen
Teilhübe wird
von der Größe der einzelnen
Heizelemente (7) bzw. der daraus resultierenden Unterteilung
des Aktors (1) in Aktorsegmente bestimmt. Durch Regulation
der Heiztemperatur können
allerdings auch Zustände
der Aktoren (1) zwischen vollständig entquollen und gequollen
realisiert werden.
-
- 1
- Hydrogelaktor
- 1a
- gequollener
Hydrogelaktor
- 1b
- entquollener
Hydrogelaktor
- 2
- Aktorstrukturträger
- 3
- Quellmittelreservoir
- 4
- Quellmitteldurchlässige Aktorkammerwand
- 5
- Aktorkammer
- 6
- Strukturträger der
elektrischen Ansteuerung
- 7
- Heizstruktur/Heizmäander
- 8
- Leiterzug
- 9
- Kanalstrukturträger
- 10
- Ausgang
- 11
- Pumpenkammer
- 12
- Eingang
- 13
- Flexible
Membran
- 14
- Hydrogelaktor
des Ventils
- 15
- Aktorkammerwand
des Ventils
- 16
- Strukturträger der
elektrischen Ansteuerung
-
- und
Kanalstrukturträger