Aufgabe
der Erfindung war daher, ein einfaches, leicht zugängliches
und quantitative Analysen in kurzer Zeit ermöglichendes Zellsystem bereitzustellen,
das den komplexen Aufbau des Gehirngewebes angemessen abbildet.
Eine weitere Aufgabe der Erfindung war, Zellen bereitzustellen,
deren Zustand und Verhalten mit dem adulter Zellen im adulten Gehirn
vergleichbar ist, so daß an
solchen Zellen bei Tests gewonnene Ergebnisse eine zuverlässige Vorhersage
der Wirksamkeit der getesteten Substanzen erlauben. Aufgabe der
Erfindung war auch, Verwendungen für solche Zellen anzugeben und
Verfahren zur Verfügung
zu stellen, die sich derartiger Zellen bedienen.
Organotypische
Kulturen, die Geweben und Organen eines Säugers entnommen wurden, insbesondere
aus Organen oder Geweben des Nervensystems eines Säugers gewonnene
Zellen, können ex
vivo als organotypische Kulturen bei geeigneten Bedingungen gehalten
werden und bei ihrer Kultivierung bleiben die für das Verhalten im Zellverbund wichtigen
Nachbarschaftsbeziehungen und die Signaltransduktion zwischen den
Zellen beibehalten.
Die
vorliegende Erfindung betrifft aus Geweben oder Organen eines Säugers gewonnene,
ex vivo auf porösen
Membranen mit einer Porengröße ≥ 0,02 μm bei einem
physiologisch annehmbaren pH-Wert in Gegenwart eines Kulturgases
in Kultur in einem geeigneten Kulturmedium gehaltene lebende Zellen,
bei denen die Nachbarschaftsbeziehungen und die Signaltransduktion
zwischen den Zellen beibehalten sind, und die über einen transienten Zeitraum
mindestens einer Substanz ausgesetzt wurden, die gewählt ist
aus der Gruppe pro-inflammatorische Botenstoffe
und Inflammogene. Die erfindungsgemäßen Zellen sind beispielsweise
(ohne die Erfindung jedoch hierauf zu beschränken) aus dem Gewebe des Nervensystems
eines Säugers
gewonnene Zellen, besonders bevorzugt aus dem Hippocampus eines
Säugers
gewonnene Zellen.
Vorteilhafte
Ausführungsformen
der beanspruchten lebenden Zellen ergeben sich aus den Unteransprüchen 2 bis
10.
Die
Erfindung betrifft darüber
hinaus ein Verfahren zur Induktion inflammatorischer Prozesse an ex
vivo gehaltenen lebenden Säugerzellen,
das die Schritte umfaßt,
daß man
- – Gewebeschnitte
auf an sich bekanntem Weg von funktionalem Säuger-Gewebe gewinnt;
- – die
so erhaltenen Gewebeschnitte ex vivo auf porösen Membranen mit einer Porengröße ≥ 0,02 μm bei einem
physiologisch annehmbaren pH-Wert in Gegenwart eines Kulturgases
in Kultur in einem geeigneten Kulturmedium in der Weise hält, daß die Nachbarschaftsbeziehungen
und die Signaltransduktion zwischen den Zellen beibehalten werden;
und
- – die
Zellen der Wirkung mindestens eines pro-inflammatorischen Botenstoffs über einen
transienten Zeitraum aussetzt.
Bevorzugte
Ausführungsformen
dieses Verfahrens sind in den Unteransprüchen 12 und 13 beansprucht.
Weiter
betrifft die Erfindung ein Verfahren zur Induktion inflammatorischer
Prozesse an ex vivo gehaltenen lebenden Säugerzellen, das die Schritte umfaßt, daß man
- – Gewebeschnitte
auf an sich bekanntem Weg von funktionalem Säuger-Gewebe gewinnt;
- – die
so erhaltenen Gewebeschnitte ex vivo auf porösen Membranen mit einer Porengröße ≥ 0,02 μm bei einem
physiologisch annehmbaren pH-Wert in Gegenwart eines Kulturgases
in Kultur in einem geeigneten Kulturmedium in der Weise hält, daß die Nachbarschaftsbeziehungen
und die Signaltransduktion zwischen den Zellen beibehalten werden;
und
- – die
Zellen der Wirkung mindestens eines Inflammogens über einen
transienten Zeitraum aussetzt.
Bevorzugte
Ausführungsformen
dieses Verfahrens finden sich in den Unteransprüchen 15 und 16.
Bevorzugte
Ausführungsformen
aller Verfahrensvarianten der vorliegenden Erfindung sind in den Patentansprüchen 17
bis 26 beansprucht.
Die
Erfindung betrifft auch die Verwendung der lebenden, ex vivo in
Kultur gehaltenen und nachfolgend im einzelnen beschriebenen Säugerzellen
für medizinische
Zwecke.
Die
Erfindung betrifft auch die Verwendung der lebenden, ex vivo in
Kultur gehaltenen und nachfolgend im einzelnen beschriebenen Säugerzellen zur
ex vivo-Untersuchung entzündlicher
Prozesse, insbesondere zum Testen pharmazeutischer Zubereitungen,
weiter bevorzugt zum Testen pharmazeutischer Zubereitungen auf eine
neuroprotektive und entzündungsmodulatorische
Wirkung.
Weitere
bevorzugt Ausführungsformen
der vorgenannten Verwendungen sind in den Ansprüchen 31 bis 38 beansprucht.
Die
Erfindung betrifft weiter ein Verfahren zum Testen der antiinflammatorischen
Wirksamkeit einer chemischen Substanz, umfassend die Schritte:
- – Gewinnen
von Gewebeschnitten von funktionalem Säuger-Gewebe, insbesondere von
Säuger-Gehirn;
- – Kultivieren
der erhaltenen Gewebeschnitte ex vivo auf porösen Membranen mit einer Porengröße ≥ 0,02 μm bei einem
physiologisch annehmbaren pH-Wert
in Gegenwart eines Kulturgases in Kultur in einem geeigneten Kultur medium
in der Weise, daß die
Nachbarschaftsbeziehungen und die Signaltransduktion zwischen den
Zellen beibehalten werden, unter Erhalt einer lebende Säugerzellen
umfassenden Gewebekultur;
- – Applikation
mindestens eines pro-inflammatorischen Botenstoffs auf die Gewebekultur;
- – Applikation
mindestens einer auf ihre antiinflammatorische Wirksamkeit zu testenden
chemischen Substanz auf die Gewebekultur;
- – Applikation
mindestens eines Reagenz zum Nachweis einer antiinflammatorischen
Wirksamkeit auf die Gewebekultur unter Erzielen einer quantifizierbaren
Nachweisreaktion; und
- – Quantifizieren
der Nachweisreaktion anhand des als Ergebnis der Nachweisreaktion
erhaltenen Produktes.
Bevorzugte
Ausführungsformen
des erfindungsgemäßen Testverfahrens
ergeben sich aus den Unteransprüchen
40 bis 48.
Der
von uns entwickelte Assay verbindet die Vorteile von Zellkultur-Modellen
mit der endogenen Komplexität
von Gewebekulturen, die als System kommunizierender Zellen die Biologie
im geschädigten
Organ wesentlich besser wiederspiegeln. Darüber hinaus kann dieses ex vivo-Modellsystem
auf eine automatisierte Plattform für organotypische Kulturen (z.
B. Telomics RoboticTM) übertragen werden. Dadurch wird
eine deutliche Erhöhung
des Durchsatz von Testsubstanzen möglich, ohne die Komplexität des Modellsystem
bzw. seine Vorhersagequalität
einzuschränken.
Ein automatisiertes, systematisches Screening von anti-inflammatorischen
Substanzen wird dadurch erstmals möglich.
Der
Begriff „Säuger", wie er in der vorliegenden
Beschreibung und in den Patentansprüchen verwendet wird, bezeichnet
beliebige Säuger
bzw. Säugetiere,
wie beispielsweise Meerschweinchen, Mäuse, Ratten, Hunde, Katzen
oder Affen und bezeichnet in bevorzugten Ausführungsformen Mäuse, Ratten oder
Menschen und besonders bevorzugt Menschen. Zellen vom Menschen sind deswegen
besonders bevorzugt, weil sie für
die denkbaren Verwendungen, wie sie nachfolgend im einzelnen beschrieben
werden, die für
das vitale Gewebemodell besten Ergebnisse liefern.
Die
Säugerzellen
sind organotypische Kulturen, die funktionalen Geweben oder Organen
eines Säugers
entnommen wurden und über
mehrere Tage hinweg unter Beibehaltung ihrer Funktionalität ex vivo
gehalten werden können.
Unter „funktionalen Geweben" wird im Rahmen der
vorliegenden Beschreibung und in den Patentansprüchen verstanden, daß die komplexen
Beziehungen der Zellen untereinander in der organotypischen Gewebekultur beibehalten
werden, was sonst nur im Tiermodell realisiert werden kann. Solche
Zellen können
beliebige Zellen von Geweben oder Organen eines Säugers sein.
Erfindungsgemäß bevorzugt
sind jedoch aus dem Nervensystem eines Säugers entnommene Zellen und
noch mehr bevorzugt Zellen gewählt
aus der Gruppe bestehend aus Zellen des zentralen Nervensystems
(ZNS), Zellen aus dem Rückenmark,
Zellen vom Hippocampus und Zellen vom zerebralen Cortex. Besonders
bevorzugt sind Zellen vom Hippocampus und Zellen vom zerebralen
Cortex aufgrund ihrer guten Eignung für die erfindungsgemäßen Zwecke.
Derartige Zellen sind gut zugänglich
und können auf
an sich bekanntem Weg gewonnen werden. Dies kann beispielsweise,
ohne die Erfindung hierauf zu beschränken, geschehen durch Anfertigen
von Gewebeschnitten auf herkömmlichen
Geräten,
beispielsweise dem Mcllwain Tissue Chopper. Dabei erhält man Gewebeschnitte
einer für
die Kultivierung geeigneten Dicke, beispielsweise einer Dicke von
1 bis 1000 μm,
vorzugsweise einer Dicke von 10 bis 800 μm, weiter bevorzugt einer Dicke
von 100 bis 600 μm,
beispielsweise einer Dicke von 350 bis 450 μm, mit Vorteil einer Dicke von
400 μm.
Die
erhaltenen Gewebeschnitte werden ex vivo gehalten, worunter in der
Beschreibung und in den Patentansprüchen verstanden wird, daß die Gewebeschnitte
losgelöst
vom lebenden Organismus gehalten werden, ohne daß die Zellen an Vitalität und Funktionalität einbüßen.
Bei
den lebenden Zellen sind die zellulären Nachbarschaftsbeziehungen
und die Signaltransduktion zwischen den Zellen beibehalten, die
bevorzugterweise durch neurophysiologische Übertragung von Nervenzell-Impulsen
gekennzeichnet ist.
Erfindungsgemäß werden
die lebenden Säugerzellen
auf porösen
Membranen mit einer Porengröße von ≥ 0,02 μm gehalten.
Derartige poröse Membranen
sind als solche dem Fachmann für
die hier angesprochenen Zwecke bekannt und auch kommerziell erhältlich.
In bevorzugten Ausführungsformen
der Erfindung sind derartige Membranen durchlässig für ein übliches, auch für das erfindungsgemäß verwendete,
Kulturmedium und darüber
hinaus weiter bevorzugt auch für
Gase, wie beispielsweise für
ein im Rahmen der Kultivierung von Zellen verwendetes Kulturgas.
Noch
weiter bevorzugt sind Membranen, die auch für Stoffe, selbst oligomere
oder polymere Stoffe, durchlässig
sind, die im Kulturmedium Verwendung finden. Es entspricht beispielsweise
einer bevorzugten Ausführungsform
der Erfindung, daß die für die Kultivierung
der ex vivo gehaltenen Säugerzellen
verwendeten Membranen zusätzlich
auch durchlässig
sind für
mindestens einen pro-inflammatorischen Botenstoff und/oder mindestens
ein Inflammogen, wie er/es/sie erfindungsgemäß Verwendung findet/finden.
Mit Membranen, die für
eine oder mehrere der genannten Substanzen durchlässig sind,
lassen sich besonders gute Kultur- und Test-Erfolge und auch hohe
Durchsätze
in den erfindungsgemäßen Verfahren
erzielen.
In
besonders bevorzugten Ausführungsformen
der Erfindung haben die verwendeten Membranen eine Porengröße im Bereich
von 0,02 bis 10 μm, noch
weiter bevorzugt eine Porengröße im Bereich von
0,1 bis 1 μm
und am meisten bevorzugt eine Porengröße im Bereich von 0,2 bis 0,6 μm, beispielsweise
eine Porengröße von 0,2
oder 0,4 μm.
Erfindungsgemäß werden
die ex vivo gehaltenen Säugerzellen
in Kultur in einem geeigneten Kulturmedium gehalten. Der Begriff „in Kultur", wie er in der vorliegenden
Beschreibung und in den Patentansprüchen verwendet wird, bedeutet
in diesem Zusammenhang, dass die Zellen nicht im lebenden Organismus
gehalten werden, sondern im wesentlichen vollständig (soweit nicht von anderen,
gegebenenfalls gleichartigen Zellen umgeben) von einem künstlichen,
im Wesentlichen flüssigen,
gegebenenfalls jedoch auch feste, gelöste und/oder gasförmige (auch gasförmig gelöste) Komponenten
enthaltenden Medium umgeben sind, das ihnen für bestimmte Funktionen notwendige
oder günstige
Komponenten kontinuierlich zuführen
kann, insbesondere Nährstoffe, Spurenelemente,
Vitamine, den pH-Wert einstellende Stoffe, Puffer, bestimmte Zellfunktionen
unterstützende,
auslösende
oder modulierende Stoffe, Antibiotika, und andere Substanzen. Es
können
ohne Beschränkung
dem Fachmann auf diesem technischen Gebiet bekannte Kulturmedien
verwendet werden. Es kommen beispielsweise Kulturmedien infrage,
die gewählt
sind aus Dulbecco's
Modified Eagle's
Medium (DMEM), F12, Neurobasal Medium, MEM, PRMI (RPMI) 1640, usw..
Besonders bevorzugt, da zum Kultivieren der erfindungsgemäßen Zellen,
Halten der erfindungsgemäßen Zellen,
Testen der erfindungsgemäßen Zellen
oder Anwenden der erfindungsgemäßen Zellen
gut bzw. sehr gut geeignet, ist als Kulturmedium DMEM/F12 (volumenbezogene
1 : 1 – Mischung
von DMEM und F12). Es kann ein Kulturmedium allein verwendet werden,
oder es können auch
mehrere Kulturmedien verwendet werden. Dies bezieht sich sowohl
auf einen speziellen Schritt des Kultivierens, Haltens, Testens
und/oder Anwendens der Zellen als auch auf eine Abfolge mehrerer,
parallel oder hintereinander durchgeführter Verfahrensschritte, der/die
in einem Kulturmedium oder mehreren Kulturmedien angewendet werden
können.
Das Kulturmedium kann/die Kulturmedien können an sich bekannte Zusätze enthalten,
die einschließen,
nicht jedoch beschränkt
sind auf Seren (z. B. fetales Rinderserum, Rinderserum, Pferdeserum,
B27, N2), Antioxidantien wie Ascorbinsäure, Vitamin E usw..
Erfindungsgemäß werden
die ex vivo gehaltenen Säugerzellen
in dem Kulturmedium bei einem physiologisch annehmbaren pH-Wert
gehalten. Unter dem Begriff „physiologisch
annehmbarer pH-Wert" wird
in der vorliegenden Beschreibung und in den Patentansprüchen ein
pH-Wert verstanden, der unter physiologischen Gesichtspunkten für die Zellen
erträglich,
wenn nicht sogar zuträglich
oder förderlich
ist, um die Ziele der Erfindung zu erreichen. Insbesondere ist in
bevorzugten Ausführungsformen der
Erfindung der pH-Wert ein pH-Wert,
der demjenigen der zellulären
Umgebung entspricht, in der sich die Zellen natürlicherweise aufhalten bzw.
in der sie mit Vorteil gehalten werden können. Besonders bevorzugt liegt
erfindungsgemäß der physiologisch
annehmbare pH-Wert
im Bereich von 6,5 bis 8, noch mehr vorzugsweise im Bereich von
6,9 bis 7,6, weiter bevorzugt im Bereich von 7,3 bis 7,5, beispielsweise bei
7,4.
Erfindungsgemäß werden
die Säugerzellen in
Gegenwart eines Kulturgases in dem Kulturmedium gehalten. Als Kulturgas
kommt jedes Gas infrage, das der Fachmann zum Begasen von ex vivo
gehaltenen Säugerzellen
in Kulturmedien kennt. Beispiele für Gase, in deren Gegenwart
Säugerzellen
in Kulturmedien gehalten werden können, sind gewählt aus der
Gruppe Luft (wobei unter Luft nicht nur die Luft der Umgebung in
ihrer natürlichen
Zusammensetzung [im wesentlichen 78,1 Vol.-% Stickstoff, 21,0 Vol.-%
Sauerstoff, 0,9 Vol.-% Argon und Mindermengen Kohlendioxid], sondern
auch andere, ähnlich
zusammengesetzte Gasmischungen, gegebenenfalls auch gereinigte [„Reinluft"] und von unerwünschten Komponenten
befreite Luft verstanden wird), Sauerstoff, Stickstoff, Kohlendioxid,
an Sauerstoff, Stickstoff oder Kohlendioxid angereicherte Luft usw..
Erfindungsgemäß bevorzugt
ist das Kulturgas Reinluft, vorzugsweise Reinluft mit einem erhöhten Gehalt
an CO2, weiter bevorzugt Reinluft mit einem
Gehalt an CO2 im Bereich von 1 bis 5 Vol.-%,
noch weiter bevorzugt Reinluft mit einem Gehalt an CO2 im
Bereich von 2 bis 3,5 Vol.-%. Zellen, die in Gegenwart der vorstehend
bevorzugt genannten Kulturgase gehalten werden, zeichnen sich erfindungsgemäß durch
besondere Vitalität
aus und sind damit ausgezeichnete ex vivo haltbare Modellsysteme
zum Testen vor Wirkstoffen in pharmazeutischen Zubereitungen auf
ihre neuroprotektive und entzündungsmodulatorische
Wirkung.
Erfindungsgemäß sind die
lebenden, ex vivo gehaltenen Säugerzellen
solche Zellen, die über
einen transienten Zeitraum mindestens einer Substanz ausgesetzt
wurden, die gewählt
ist aus der Gruppe pro-inflammatorische Botenstoffe und Inflammogene.
Unter pro-inflammatori-schen Botenstoffen werden in der vorliegenden
Beschreibung und in den Patentansprüchen Stoffe verstanden, die
bei Entzündungsreaktionen
in unterschiedlichen Geweben zum Zweck der Zell-Kommunikation sekretiert
werden. Pro-inflammatorische Botenstoffe sind als solche dem Fachmann
des vorliegenden Gebiets in großer Zahl
bekannt und können
erfindungsgemäß ohne Beschränkung verwendet
werden. Der Begriff „Inflammogene" ist im Gegensatz
dazu in der vorliegenden Beschreibung und in den Patentansprüchen so definiert,
dass er Substanzen umfasst, die – wie z. B. Endotoxine – Pathogen-assoziierte
Muster enthalten, die vom Muster-Erkennungs-Rezeptoren auf den Zellen
des Immunsystems erkannt werden und dadurch eine unverzügliche Antwort
auslösen,
beispielsweise gegen eingedrungene Mikroorganismen. Inflammogene
sind als solche dem Fachmann des vorliegenden Gebiets ebenfalls
in großer
Zahl bekannt und können
erfindungsgemäß ohne Beschränkung verwendet
werden. Ein oder mehrere pro-inflammatorische(r) Botenstoff(e) bzw.
ein oder mehrere Inflammogen(e) können jeweils allein oder in Gruppen
bzw. als mehrere von ihnen verwendet werden, ohne dass dies erfindungsgemäß Beschränkungen
unterliegt.
In
bevorzugten Ausführungsformen
der Erfindung wurden die lebenden, in Kultur ex vivo gehaltenen
Säugerzellen über einen
transienten Zeitraum genau einer Substanz ausgesetzt, die gewählt ist
aus der Gruppe pro-inflammatorische Botenstoffe und Inflammogene.
Dabei entspricht es noch weiter bevorzugten Ausführungsformen der Erfindung,
wenn der/die pro-inflammatorische(n) Boten stoff(e) gewählt ist/sind
aus der Gruppe pro-inflammatorische Proteine und Peptide, vorzugsweise
aus der Gruppe der Cytokine, weiter bevorzugt aus der Gruppe CSF-Proteine
und Interferone, noch mehr bevorzugt aus der Gruppe GM-CSF, G-CSF
und M-CSF und IFNγ,
und/oder wenn das/die Inflammogen(e) gewählt ist/sind aus der Gruppe
der Endotoxine, weiter bevorzugt aus der Gruppe der Lipopolysaccharide
(LPS), noch weiter bevorzugt aus der Gruppe der bakteriellen Lipopolysaccharide.
Weitere beispielhafte, zur Gruppe der Endotoxine gehörende Inflammogene sind
Peptidoglykane, Lipoteichonsäuren,
Mannose-reiche Glykane, Flagellin, Pillin, nicht-methylierte Cytosin-Guanin-Dinucleotide, bakterielle
DNS, N-Formylmethionin, doppelstängige
RNS, Lipoteichinsäure/Glycolipide/Zymosan
aus Hefezellen, Phosphorylcholine und andere Lipide aus bakteriellen
Membranen.
Der
Begriff „transienter
Zeitraum", wie er
in der vorliegenden Beschreibung und in den Patentansprüchen verwendet
wird, soll bedeuten, dass die Zellen dem/den genannten Stoff(en)
nicht auf Dauer, sondern nur vorübergehend
ausgesetzt wurden. Der Fachmann kann im Einzelfall die Dauer des
Kontakts der Zellen mit dem/den genannten Stoff(en) aufgrund einzelner
orientierender Versuche ermitteln oder kennt aufgrund seiner Erfahrung
die Zeiten, die einem solchen Kontakt zugrundegelegt werden sollten. Der
transiente Zeitraum kann in dem Fall, in dem mehrere Stoffe nebeneinander
oder nacheinander verwendet werden, für die mehreren Substanzen gleich
sein oder kann sich für
mehrere Substanzen unterscheiden. Der Zeitraum kann sich auch nach
Art der Säugerzelle
(z. B. Mausezelle oder humane Zelle) oder nach dem Typ der Zelle
(z. B. Zelle des ZNS, Zelle des cerebralen Cortex) unterscheiden.
Erfindungsgemäß ist es
besonders bevorzugt, dass die Dauer des transienten Zeitraums bei
dem mindestens einen pro-inflammatorischen Botenstoff im Bereich
von 10 min bis 7 d liegt, vorzugsweise im Bereich von 15 min bis
4d, weiter bevorzugt im Bereich von 30 min bis 2d, und/oder daß die Dauer
des transienten Zeitraums bei dem mindestens einen Inflammogen im
Bereich von 1d bis 14d liegt, vorzugsweise im Bereich von 1d bis
4d, weiter bevorzugt im Bereich von 2d bis 3d.
Die
wie vorstehend beschrieben in Kultur gehaltenen lebenden Säugerzellen
gemäß der Erfindung
lassen sich in bevorzugten Ausführungsformen für beliebige
medizinische Zwecke verwenden. Diese sind nicht beschränkt und
werden vom Fachmann anhand seines Fachwissens und der speziellen
Eignung der Zellen gewählt.
Mit besonderem Vorteil eignen sich die lebenden, in Kultur gehaltenen
Säugerzellen
entsprechend der obigen detaillierten Beschreibung zur ex vivo-Untersuchung
entzündlicher Prozesse,
insbesondere zum Testen pharmazeutischer Zubereitungen, weiter bevorzugt
zum Testen pharmazeutischer Zubereitungen auf eine neuroprotektive
und entzündungsmodulatorische
Wirkung.
Weiter
betrifft die Erfindung ein Verfahren zur Induktion inflammatorischer
Prozesse an ex vivo gehaltenen lebenden Säugerzellen. Dieses Verfahren umfaßt die Schritte,
daß man
- – Gewebeschnitte
auf an sich bekanntem Weg von funktionalem Säuger-Gewebe gewinnt;
- – die
so erhaltenen Gewebeschnitte ex vivo auf porösen Membranen mit einer Porengröße ≥ 0,02 μm bei einem
physiologisch annehmbaren pH-Wert in Gegenwart eines Kulturgases
in Kultur in einem geeigneten Kulturmedium in der Weise hält, daß die Nachbarschaftsbeziehungen
und die Signaltransduktion zwischen den Zellen beibehalten werden;
und
- – die
Zellen der Wirkung mindestens eines pro-inflammatorischen Botenstoffs über einen
transienten Zeitraum aussetzt.
Die
Erfindung betrifft auch ein Verfahren zur Induktion inflammatorischer
Prozesse an ex vivo gehaltenen lebenden Säugerzellen. Dieses Verfahren umfaßt die Schritte,
daß man
- – Gewebeschnitte
auf an sich bekanntem Weg von funktionalem Säuger-Gewebe gewinnt;
- – die
so erhaltenen Gewebeschnitte ex vivo auf porösen Membranen mit einer Porengröße ≥ 0,02 μm bei einem
physiologisch annehmbaren pH-Wert in Gegenwart eines Kulturgases
in Kultur in einem geeigneten Kulturmedium in der Weise hält, daß die Nachbarschaftsbeziehungen
und die Signaltransduktion zwischen den Zellen beibehalten werden;
und
- – die
Zellen der Wirkung mindestens eines Inflammogens über einen
transienten Zeitraum aussetzt.
Ein
oder mehrere pro-inflammatorische(r) Botenstoff(e) bzw. ein oder
mehrere Inflammogen(e) können
jeweils allein oder in Gruppen bzw. als mehrere von ihnen in den
beiden vorgenannten Verfahren verwendet werden, ohne dass dies erfindungsgemäß Beschränkungen
unterliegt.
In
bevorzugten Ausführungsformen
der Erfindung wurden die lebenden, in Kultur ex vivo gehaltenen
Säugerzellen über einen
transienten Zeitraum genau einer Substanz ausgesetzt, die gewählt ist
aus der Gruppe pro-inflammatorische Botenstoffe und Inflammogene.
Dabei entspricht es noch weiter bevorzugten Ausführungsformen der Erfindung,
wenn in dem einen der vorgenannten Verfahren der/die pro-inflammatorische(n)
Botenstoff(e) gewählt ist/sind
aus der Gruppe pro-inflammatorische Proteine und Peptide, vorzugsweise
aus der Gruppe der Cytokine, weiter bevorzugt aus der Gruppe CSF-Proteine
und Interferone, noch mehr bevorzugt aus der Gruppe GM-CSF, G-CSF
und M-CSF und IFNγ.
In dem anderen der vorgenannten Verfahren ist es besonders bevorzugt,
wenn das/die Inflammogen(e) gewählt
ist/sind aus der Gruppe der Endotoxine, weiter bevorzugt aus der
Gruppe der Lipopolysaccharide (LPS), noch weiter bevorzugt aus der
Gruppe der bakteriellen Lipopolysaccharide. Weitere beispielhafte,
zur Gruppe der Endotoxine gehörende
Inflammogene sind Peptidoglykane, Lipoteichonsäuren, Mannose-reiche Glykane,
Flagellin, Pillin, nicht-methylierte Cytosin-Guanin-Dinucleotide,
bakterielle DNS, N-Formylmethionin,
doppelstängige
RNS, Lipoteichinsäure/Glycolipide/Zymosan
aus Hefezellen, Phosphorylcholine und andere Lipide aus bakteriellen
Membranen.
Der
Fachmann kann in den vorgenannten Verfahren die Dauer des transienten
Kontakts der Zellen mit dem/den genannten Stoff(en) aufgrund einzelner
orientierender Versuche ermitteln oder kennt aufgrund seiner Erfahrung
die Zeiten, die einem solchen Kontakt zugrundegelegt werden sollten. Der
transiente Zeitraum kann in dem Fall, in dem mehrere Stoffe nebeneinander
oder nacheinander verwendet werden, für die mehreren Substanzen gleich
sein oder kann sich für
mehrere Substanzen unterscheiden. Der Zeitraum kann sich auch nach
Art der Säugerzelle
(z. B. Mausezelle oder humane Zelle) oder nach dem Typ der Zelle
(z. B. Zelle des ZNS, Zelle des cerebralen Cortex) unterscheiden.
Erfindungsgemäß ist es
besonders bevorzugt, dass in den vorgenannten Verfahren die Dauer
des transienten Zeitraums bei dem mindestens einen proinflammatorischen
Botenstoff im Bereich von 10 min bis 7d liegt, vorzugsweise im Bereich
von 15 min bis 4d, weiter bevorzugt im Bereich von 30 min bis 2d.
Im Falle der transienten Einwirkung mindestens eines Inflammogens
liegt die Dauer des transienten Zeitraums im Bereich von 1d bis
14d liegt, vorzugsweise im Bereich von 1d bis 4d, weiter bevorzugt
im Bereich von 2d bis 3d.
In
allen Verfahren gemäß der vorliegenden Erfindung,
die die Induktion inflammatorischer Prozesse an den erfindungsgemäßen lebenden,
ex vivo gehaltenen Säugerzellen
betreffen, werden poröse Membranen
mit einer Porengröße ≥ 0,02 μm verwendet.
In bevorzugten Ausführungsformen
der Erfindung sind derartige Membranen durchlässig für ein übliches, auch für das erfindungsgemäß verwendete, Kulturmedium
und darüber
hinaus weiter bevorzugt auch für
Gase, wie beispielsweise für
ein im Rahmen der Kultivierung von Zellen verwendetes Kulturgas.
Noch
weiter bevorzugt sind erfindungsgemäß Membranen, die auch für Stoffe,
selbst oligomere oder polymere Stoffe, durchlässig sind, die im Kulturmedium
Verwendung finden. Es entspricht beispielsweise bevorzugten Ausführungsformen
der erfindungsgemäßen Verfahren,
daß die
für die
Kultivierung der ex vivo gehaltenen Säugerzellen verwendeten Membranen
zusätzlich
auch durchlässig
sind für mindestens
einen pro-inflammatorischen Botenstoff und/oder mindestens ein Inflammogen,
wie er/es/sie erfindungsgemäß Verwendung
findet/finden. Mit Membranen, die für eine oder mehrere der genannten
Substan zen durchlässig
sind, lassen sich besonders gute Kultur- und Test-Erfolge und auch
hohe Durchsätze
in den erfindungsgemäßen Verfahren
erzielen.
In
besonders bevorzugten Ausführungsformen
der Erfindung haben die verwendeten Membranen eine Porengröße im Bereich
von 0,02 bis 10 μm, noch
weiter bevorzugt eine Porengröße im Bereich von
0,1 bis 1 μm
und am meisten bevorzugt eine Porengröße im Bereich von 0,2 bis 0,6 μm, beispielsweise
eine Porengröße von 0,2
oder 0,4 μm.
In
den oben genannten erfindungsgemäßen Verfahren
werden die lebenden, ex vivo gehaltenen Säugerzellen in Kultur in einem
geeigneten Kulturmedium gehalten. In dem Kulturmedium sind die lebend
ex vivo gehaltenen Säugerzellen
im wesentlichen vollständig
(soweit nicht von anderen, gegebenenfalls gleichartigen Zellen umgeben)
von einem künstlichen,
im Wesentlichen flüssigen,
gegebenenfalls jedoch auch feste, gelöste und/oder gasförmige (auch
gasförmig
gelöste)
Komponenten enthaltenden Medium umgeben, das ihnen für bestimmte Funktionen
notwendige oder günstige
Komponenten kontinuierlich zuführen
kann, insbesondere Nährstoffe,
Spurenelemente, Vitamine, den pH-Wert
einstellende Stoffe, Puffer, bestimmte Zellfunktionen unterstützende,
auslösende
oder modulierende Stoffe, Antibiotika, und andere Substanzen. Es
können
ohne Beschränkung
dem Fachmann auf diesem technischen Gebiet bekannte Kulturmedien
verwendet werden. Es kommen beispielsweise Kulturmedien infrage,
die gewählt
sind aus Dulbecco's
Modified Eagle's Medium
(DMEM), F12, Neurobasal Medium, MEM, PRMI (RPMI) 1640 usw.. Besonders
bevorzugt, da zum Kultivieren der erfindungsgemäßen Zellen, Halten der erfindungsgemäßen Zellen,
Testen der erfindungsgemäßen Zellen
oder Anwenden der erfindungsgemäßen Zellen
gut bzw. sehr gut geeignet, sind als Kulturmedium DMEM/F12 (Mischung
im Volumenverhältnis
1 : 1). Es kann ein Kulturmedium allein verwendet werden, oder es
können
auch mehrere Kulturmedien verwendet werden. Dies bezieht sich sowohl
auf einen speziellen Schritt des Kultivierens, Haltens, Testens
und/oder Anwendens der Zellen als auch auf eine Abfolge mehrerer,
parallel oder hintereinander durchgeführter Verfahrensschritte, der/die in
einem Kulturmedium oder mehreren Kulturmedien angewendet werden
können.
Das Kulturmedium kann/die Kulturmedien können an sich bekannte Zusätze enthalten,
die einschließen,
nicht jedoch beschränkt
sind auf Seren (z. B. fetales Rinderserum, Rinderserum, Pferdeserum,
B27, N2), Antioxidantien wie Ascorbinsäure, Vitamin E usw..
In
den oben genannten erfindungsgemäßen Verfahren
werden die ex vivo gehaltenen Säugerzellen
in dem Kulturmedium bei einem physiologisch annehmbaren pH-Wert
gehalten, also bei einem pH-Wert, der unter physiologischen Gesichtspunkten für die Zellen
erträglich,
wenn nicht sogar zuträglich oder
förderlich
ist, um die Ziele der Erfindung zu erreichen. Insbesondere ist in
bevorzugten Ausführungsformen
der Erfindung der pH-Wert ein pH-Wert, der demjenigen der zellulären Umgebung
entspricht, in der sich die Zellen natürlicherweise aufhalten bzw. in
der sie mit Vorteil gehalten werden können. Besonders bevorzugt liegt
erfindungsgemäß der physiologisch
annehmbare pH-Wert im Bereich von 6,5 bis 8, noch mehr vorzugsweise
im Bereich von 6,9 bis 7,6, weiter bevorzugt im Bereich von 7,3
bis 7,5, beispielsweise bei 7,4.
Erfindungsgemäß werden
die Säugerzellen in
Gegenwart eines Kulturgases in dem Kulturmedium gehalten. Als Kulturgas
kommt jedes Gas infrage, das der Fachmann zum Begasen von ex vivo
gehaltenen Säugerzellen
in Kulturmedien und/oder die erfindungsgemäßen Verfahrensweisen des Haltens, Kultivierens
und Induzierens inflammatorischer Prozesse kennt. Beispiele für Gase,
in deren Gegenwart Säugerzellen
in Kulturmedien gehalten oder kultiviert werden können und/oder
in deren Gegenwart inflammatorische Prozesse initiiert werden können, sind
gewählt
aus der Gruppe Luft (wobei unter Luft nicht nur die Luft der Umgebung
in ihrer natürlichen Zusammensetzung
[im wesentlichen 78,1 Vol.-% Stickstoff, 21,0 Vol.-% Sauerstoff,
0,9 Vol.-% Argon und Mindermengen Kohlendioxid], sondern auch andere, ähnlich zusammengesetzte
Gasmischungen, gegebenenfalls auch gereinigte [„Reinluft"] und von unerwünschten Komponenten befreite
Luft verstanden wird), Sauerstoff, Stickstoff, Kohlendioxid, an Sauerstoff,
Stickstoff oder Kohlendioxid angereicherte Luft usw.. Erfindungsgemäß bevorzugt
ist das Kulturgas Reinluft, vorzugsweise Reinluft mit einem erhöhten Gehalt
an CO2, weiter bevorzugt Reinluft mit einem
Gehalt an CO2 im Bereich von 1 bis 5 Vol.-%, noch
weiter bevorzugt Reinluft mit einem Gehalt an CO2 im
Bereich von 2 bis 3,5 Vol.-%. Zellen, die in Gegenwart der vorstehend
bevorzugt genannten Kulturgase gehalten werden, zeichnen sich erfindungsgemäß durch
besondere Vitalität
aus und sind damit ausgezeichnete ex vivo haltbare Modellsysteme
zum Testen vor Wirkstoffen in pharmazeutischen Zubereitungen auf
ihre neuroprotektive und entzündungsmodulatorische
Wirkung.
Die
vorgenannten erfindungsgemäßen Verfahren
lassen sich an beliebigen, aus Geweben oder Organen eines Säugers, vorzugsweise
aus Geweben oder Organen aus dem Nervensystem eines Säugers, gewonnenen,
ex vivo auf porösen
Membranen gehaltenen lebenden Zellen durchführen. Beispiele für solche
Zellen sind Zellen beliebiger Säuger bzw.
Säugetiere,
wie beispielsweise Zellen von Meerschweinchen, Mäuse, Ratten, Hunde, Katzen oder
Affen und in bevorzugten Ausführungsformen Zellen
von Mäusen,
Ratten oder Menschen und besonders bevorzugt Zellen von Menschen.
Zellen vom Menschen sind deswegen besonders bevorzugt, weil sie
für die
denkbaren Verwendungen, wie sie nachfolgend im einzelnen beschrieben
werden, die für
das vitale Gewebemodell besten Ergebnisse liefern.
In
den genannten erfindungsgemäßen Verfahren
können
die verwendeten Säugerzellen
beliebige Zellen von Geweben oder Organen eines Säugers sein.
Erfindungsgemäß bevorzugt
sind jedoch die verwendeten Zellen aus dem Nervensystem eines Säugers entnommene
Zellen und sind noch mehr bevorzugt gewählt aus der Gruppe bestehend aus
Zellen des zentralen Nervensystems (ZNS), Zellen aus dem Rückenmark,
Zellen vom Hippocampus und Zellen vom zerebralen Cortex. Besonders
bevorzugt sind Zellen vom Hippocampus und Zellen vom zerebralen
Cortex aufgrund ihrer guten Eignung für die erfindungsgemäßen Zwecke.
Derartige Zellen sind auf den oben beschriebenen Wegen gut zugänglich.
Die in den erfindungsgemäßen Verfahren verwendeten
Zellen sind bei ihrer Gewinnung Verbünde von Zellen in Form von
Gewebeschnitten einer für
die Kultivierung geeigneten Dicke, beispielsweise einer Dicke von
1 bis 1000 μm,
vorzugsweise einer Dicke von 10 bis 800 μm, weiter bevorzugt einer Dicke
von 100 bis 600 μm,
beispielsweise einer Dicke von 350 bis 450 μm, mit Vorteil einer Dicke von
400 μm.
In
den erfindungsgemäßen Verfahren
zur Induktion inflammatorischer Prozesse wird in besonders bevorzugten
Ausführungsformen
als Inflammogen mindestens ein (vorzugsweise baktrielles) Lipopolysaccharid
(LPS) in Kombination mit einem oder mehreren pro-inflammatorischen
Protein(en) und/oder Peptid(en) verwendet. In diesen verfahrensgemäß verwendeten
Kombinationen ist/sind das/die Protein(e) und/oder das/die Peptid(e)
weiter bevorzugt gewählt
aus der Gruppe der Cytokine, noch weiter bevorzugt aus der Gruppe
CSF-Proteine und Interferone, noch mehr bevorzugt aus der Gruppe
GM-CSF, G-CSF und M-CSF und IFNγ.
In
weiteren bevorzugten Ausführungsformen werden
zur Induktion inflammatorischer Prozesse Zellen, Zell-Lysate oder
Partikel von Zellen aller Art, speziell Zellen des Immunsystems
(z. B. T-Lymphocyten) oder auch Bakterien/Pilze, als Lieferanten pro-inflammatorischer
Zytokine in Kombination mit einem Lipopolysaccharid (LPS) oder einem
anderen Endotoxin verwendet.
Ergebnis
des Einwirkens eines oder mehrerer Stoffe aus der Gruppe Inflammogene
und pro-inflammatorische Botenstoffe auf die erfindungsgemäßen lebenden,
ex vivo gehaltenen Säugerzellen
aus Geweben oder Organen eines Säugers,
insbesondere des Säuger-Nervensystems,
ist die Manifestation entzündlicher
Prozesse, die durch eine maximale Aktivierung der Mikroglia zu Phagocyten
gekennzeichnet ist. Für
Testzwecke ist angestrebt und damit für den Modellcharakter besonders
bevorzugt die Manifestation entzündlicher
Prozesse, die degenerative Folgeprozesse bedingen, da die Wirksamkeit
neuer Substanzen im Rahmen solcher degenerativer Folgeprozesse inflammatorischer
Geschehnisse in solchen Zellen als Modell getestet werden soll.
Im
Rahmen der erfindungsgemäßen Verfahren
zur Induktion inflammatorischer Prozesse ist es ebenfalls eine bevorzugte
Verfahrensvariante, die erfindungsgemäßen lebenden, ex vivo gehaltenen Säugerzellen
zusammen mit Zellen und/oder Gewebestücken anderen Ursprungs zu kultivieren,
besonders bevorzugt gleichzeitig zusammen zu kultivieren. Die Art
und der Typ von Zellen und/oder Gewebestücken anderen Ursprungs, die
für solche
bevorzugten Verfahren geeignet sind, sind erfindungsgemäß nicht beschränkt und
können
vom Fachmann anhand seines Fachwissens im Rahmen der Ziele der vorliegenden
Erfindung ausgewählt
werden. Besonders bevorzugt sind die Zellen und/oder Gewebestücke anderen
Ursprungs Säugerzellen
und/oder Säuger-Gewebestücke anderer
Säuger
als der oben genannten Säuger,
vorzugsweise Humanzellen und/oder Humangewebe-Stücke.
Die
erfindungsgemäßen lebenden,
ex vivo gehaltenen und aus Geweben und/oder Organen von Säugern, insbesondere
von Geweben und/oder Organen des Nervensystems eines Säugers, gewonnenen
Säugerzellen
können
für beliebige,
dem Fachmann aufgrund seines Fachwissens denkbare Zwecke verwendet
werden. Besonders bevorzugt haben sich im Rahmen der Erfindung medizinische
Zwecke als Anwendungsbereich für
die Zellen bewährt. Selbst
der medizinische Anwendungsbereich ist – für den Fachmann erkennbar – immer
noch weit gesteckt und kann den Bereich medizinischer Tests genauso
umfassen wie den Bereich der Prävention und/oder
Therapie von Erkrankungen am Menschen und am Tier.
In
einer weiteren besonders bevorzugten Ausführungsform werden die erfindungsgemäßen lebenden,
ex vivo gehaltenen und aus Geweben und/oder Organen eines Säugers, insbesondere
aus Geweben und/oder Organen des Nervensystems von Säugern, gewonnenen
Säugerzellen
zu ex vivo-Untersuchungen
entzündlicher
Prozesse, insbesondere zum Testen pharmazeutischer Zubereitungen,
weiter bevorzugt zum Testen pharmazeutischer Zubereitungen auf eine
neuroprotektive und entzündungsmodulatorische
Wirkung, verwendet. Die Zellen sind in diesem Rahmen ein den oben
aufgezeigten Erfordernissen optimal entsprechendes Modellsystem
und erlauben bei höherem
Durchsatz an Testsubstanzen eine ähnlich gute Vorhersagbarkeit über die
Wirkung der Substanzen wie die sehr viel zeit- und kostenaufwendigeren
Ganztiermodelle.
In
weiteren, erfindungsgemäß bevorzugten Ausführungsformen
lassen sich die erfindungsgemäßen lebenden,
ex vivo gehaltenen und aus Geweben und/oder Organen eines Säugers, insbesondere
aus Geweben und/oder Organen des Nervensystems von Säugern gewonnenen
Säugerzellen
mit exzellenten Voraussage-Ergebnissen in Modell-Untersuchungen
chemischer, biologischer und/oder physikalischer Einflüsse auf
physiologische oder pathophysiologische Prozesse verwenden. Erfindungsgemäß besonders
bevorzugte Anwendungsbereiche in diesem Rahmen sind die folgenden:
- – Verwendung
in Modell-Untersuchungen chemischer, biologischer und/oder physikalischer
Einflüsse
auf physiologische oder pathophysiologische Prozesse in Säuger-Gewebe,
vorzugsweise im Zentralen Nervensystem (ZNS);
- – Verwendung
zur Target-Identifizierung und Target-Validierung, zur Identifizierung
und Validierung von diagnostischen Markern und zur Entwicklung diagnostischer
Werkzeuge zur Früherkennung
bzw. Akutdiagnose von neurodegenerativen Erkrankungen;
- – Verwendung
zur Aufklärung
von physiologischen, vorzugsweise pathophysiologischen Wirkungsmechanismen
bei neurodegenerativen Erkrankungen, besonders bevorzugt bei inflammatorischen
Erkrankungen, bei Morbus Alzheimer, bei Morbus Parkinson, bei Multipler
Sklerose, bei ALS, bei Morbus Hunntigton und bei Wucherungen im
ZNS, die mit entzündlichen
Prozessen einhergehen;
- – Verwendung
zum Wirkstoff-Screening, zur Wirkstoff-Identifizierung und zur Validierung
einschließlich
der Verwendung als Toxizitätsassay;
- – Verwendung
zur Entwicklung von präventiv
oder therapeutisch wirksamer Substanzen, bevorzugt von Arzneimitteln
und ganz besonders bevorzugt zur Entwicklung von Arzneimitteln zur
Behandlung von entzündlichen
Prozessen im allgemeinen und von Erkrankungen des Nervensystems.
Als
besonders vorteilhaft – und
damit erfindungsgemäß auch ganz
besonders bevorzugt – hat es
sich herausgestellt, dass die vorgenannten Verwendungsgebiete ausnahmslos
den Einsatz der aus Geweben oder Organen eines Säugers, insbesondere aus Geweben
oder Organen des Nervensystems eines Säugers gewonnenen, ex vivo in
Kultur gehaltenen Säugerzellen
gemäß der obigen
detaillierten Beschreibung beim Arbeiten mit automatisierten Geräten erlauben.
Somit wird in überraschend
einfacher und effektiver Weise ein höherer Durchsatz an Testsubstanzen
bei einer ähnlich
guten Vorhersagbarkeit über
die Wirkung der Substanzen möglich
wie bei den sehr viel zeit- und kostenaufwendigeren Ganztiermodellen.
Automatische Geräte,
die in den oben im einzelnen genannten Anwendungsgebieten verwendet
werden, sind dem Fachmann als solche bekannt; sie schließen insbesondere
die automatisierte Platform zur Kultivierung organotypischer Kulturen mit
der Bezeichnung „Telomics
RoboticTM" ein.
Die
Erfindung schließt
in einer besonderen, da mit unerwarteten Vorteilen gegenüber dem
Stand der Technik verbundenen Ausführungsform ein Verfahren zum
Testen der antiinflammatorischen Wirksamkeit einer chemischen Substanz
ein, das die folgenden Schritte umfasst:
- – Gewinnen
von Gewebeschnitten von funktionalem Säuger-Gewebe, insbesondere vom
Säuger-Gehirn;
- – Kultivieren
der erhaltenen Gewebeschnitte ex vivo auf porösen Membranen mit einer Porengröße ≥ 0,02 μm bei einem
physiologisch annehmbaren pH-Wert
in Gegenwart eines Kulturgases in Kultur in einem geeigneten Kulturmedium
in der Weise, daß die
Nachbarschaftsbeziehungen und die Signaltransduktion zwischen den
Zellen beibehalten werden, unter Erhalt einer lebende Säugerzellen
umfassenden Gewebekultur;
- – Applikation
mindestens eines pro-inflammatorischen Botenstoffs auf die Gewebekultur;
- – Applikation
mindestens einer auf ihre antiinflammatorische Wirksamkeit zu testenden
chemischen Substanz auf die Gewebekultur;
- – Applikation
mindestens eines Reagenz zum Nachweis einer antiinflammatorischen
Wirksamkeit auf die Gewebekultur unter Erzielen einer quantifizierbaren
Nachweisreaktion; und
- – Quantifizieren
der Nachweisreaktion anhand des als Ergebnis der Nachweisreaktion
erhaltenen Produktes.
Die
in diesem Verfahren durchzuführenden Verfahrensschritte
stimmen zum Teil mit den oben bereits im Detail beschriebenen Verfahren überein, nämlich mit
den obigen Verfahren zum Induzieren eines inflammatorischen Prozesses
an den erfindungsgemäßen, ex
vivo in Kultur gehaltenen lebenden Säugerzellen. Daher kann zur
Beschreibung dieser Verfahrensschritte und ihrer bevorzugten Ausführungsformen
(bevorzugte Durchlässigkeit
und Porengröße der für die Kultur
verwendeten Membranen, physiologisch annehmbarer pH-Wert des Kulturmediums
und dessen bevorzugte Ausführungsformen, präsentes Kulturgas
und dessen bevorzugte Ausführungsformen,
bevorzugte Säugerzellen,
bevorzugte Herkunft der Zellen aus Geweben oder Organen des Nervensystems
und deren bevorzugte Ausführungsformen)
auf die obige Beschreibung und deren bevorzugte Ausführungsformen
Bezug genommen werden.
In
weiteren bevorzugten Ausführungsformen des
erfindungsgemäßen Testverfahrens
ist/sind der/die pro-inflammatorische(n) Botenstoff(e) gewählt aus
der Gruppe pro-inflammatorische Proteine und Peptide, vorzugsweise
aus der Gruppe der Cytokine, weiter bevorzugt aus der Gruppe CSF-Proteine und
Interferone, noch mehr bevorzugt aus der Gruppe GM-CSF, G-CSF und
M-CSF und IFNγ.
Erfindungsgemäß weiter
bevorzugt ist eine Ausführungsform
des genannten Testverfahrens, in der man den mindestens einen pro-inflammatorischen
Botenstoff für
einen transienten Zeitraum auf die Gewebekultur einwirken läßt, vorzugsweise
worin die Dauer des transienten Zeitraums bei dem mindestens einen pro-inflammatorischen
Botenstoff im Bereich von 10 min bis 7d liegt, weiter bevorzugt
im Bereich von 15 min bis 4d, noch mehr bevorzugt im Bereich von
30 min bis 2d.
Gemäß einer
weiteren, ebenfalls bevorzugten und entweder zeitlich getrennt von
dem obigen Einwirkenlassen des pro-inflammatorischen Botenstoffs
oder gemeinsam mit diesem verwirklichten Ausführungsform des Testverfahrens
geht man so vor, dass man gleichzeitig mit oder zeitlich getrennt von
einer Applikation mindestens eines pro-inflammatorischen Botenstoffs
auf die Gewebekultur mindestens ein Inflammogen auf die Gewebekultur
aufbringt, vorzugsweise worin man nach einer Applikation mindestens
eines proinflammatorischen Botenstoffs auf die Gewebekultur mindestens
ein Inflammogen auf die Gewebekultur aufbringt. Dabei ist es weiter
bevorzugt, dass das/die Inflammogen(e) gewählt ist/sind aus der Gruppe
der Endotoxine, noch mehr bevorzugt aus der Gruppe der Lipopolysaccharide
(LPS). Noch weiter bevorzugt wird mindestens ein Inflammogen, vorteilhafterweise
mindestens ein Lipo polysaccharid, noch weiter bevorzugt mindestens
ein bakterielles Lipopolysaccharid, auf die Gewebekultur aufgebracht.
Mit besonderem Vorteil lässt man
das wenigstens eine Inflammogen über
einen transienten Zeitraum auf die Gewebekultur einwirken. Vorzugsweise
liegt die Dauer des transienten Zeitraums bei dem mindestens einen
Inflammogen im Bereich von 1d bis 14d, weiter bevorzugt im Bereich
von 1d bis 4d, noch mehr bevorzugt im Bereich von 2d bis 3d.
Es
entspricht einer erfindungsgemäß erfolgreichen
und daher bevorzugten Ausführungsform
der Erfindung, wenn in dem Verfahren zum Testen der antiinflammatorischen
Wirksamkeit einer chemischen Substanz als Inflammogen ein (vorzugsweise bakterielles)
Lipopolysaccharid (LPS) in Kombination mit einem oder mehreren pro-inflammatorischen
Protein(en) und/oder Peptid(en) verwendet wird.
Es
entspricht einer weiteren, aufgrund der sich hieraus ergebenden
Möglichkeiten
besonders bevorzugten Ausführungsform
des erfindungsgemäßen Testverfahrens,
dass man als das mindestens eine Reagenz zum Nachweis einer antiinflammatorischen
Wirksamkeit auf die Gewebekultur ein physikalische Meßmethoden
zulassendes Reagenz aufbringt, vorzugsweise ein optische Nachweismethoden
zulassendes Reagenz, weiter bevorzugt ein einer optischen Meßmethode
zugängliches
Farbreagenz, noch mehr bevorzugt ein einer Fluoreszenz-Messung zugängliches
Farbreagenz. Dies ermöglicht
einen schnellen und zuverlässigen
quantitativen Nachweis der antiinflammatorischen Wirksamkeit, der
zudem den weiteren Vorteil aufweist, dass er einer automatisierten
Messung zugänglich
ist. Dies erlaubt es in überraschender,
vorteilhafter Weise, das Testverfahren mit Vorteil auf automatisierten
Laboranlagen anzuwenden. So wird bei höherem Durchsatz an Testsubstanzen
eine ähnlich
gute Vorhersagbarkeit über
die Wirkung der Substanzen erlaubt wie bei den sehr viel zeit- und kostenaufwendigeren Ganztiermodellen.
Dadurch wird das erfin dungsgemäße Testverfahren
auch für
Screening-Verfahren einer großen
Zahl vermutet wirksamer Substanzen zugänglich.
Die
Erfindung wird nachfolgend an einem beispielhaften, die Erfindung
nicht beschränkenden Verfahrensablauf
erläutert,
aus dem der Fachmann insbesondere die Vorteile der bevorzugten Ausführungsformen
der Erfindung beispielhaft erkennen kann.
Bei
organotypischen Kulturen handelt es sich um ca. 400 μM dicke Schnitte,
die aus lebendem Säuger-Gewebe,
z. B. Gewebe des Hippocampus als Teil des Cortex, angefertigt und
auf porösen
Membranen kultiviert werden. Die Massenkultivierung und hervorragende
Zugänglichkeit
garantieren einen guten Durchsatz von Testsubstanzen.
Gleichzeitig
bleiben die Nachbarschaftsbeziehungen und die Signaltransduktion
zwischen den verschiedenen Zelltypen des Gehirns auch im Gewebeschnitt
erhalten, was durch funktionale Analysen gezeigt werden kann. Es
kann also davon ausgegangen werden, dass die Kommunikation der Zellen
untereinander in organotypischen Kulturen die Verhältnisse
im lebenden Organismus wiederspiegelt oder diese zumindest sehr
gut rekapituliert. Dadurch ergibt sich eine exzellente Übertragbarkeit
der an diesen Kulturen gewonnen Ergebnisse auf Tiermodelle. Somit
ist zu erwarten, das es eine gute Übereinstimmung von wirksamen,
neuroprotektiven Substanzen im organotypischen Gewebekulturmodell
und im Tiermodell gibt, was durch Validierung von bekannten Entzündungshemmern
in unserem Assay bestätigt
werden konnte (s. Beispiele und 2).
Es
ist bereits darauf hingewiesen worden, dass die Mikroglia eine zentrale
Rolle bei entzündlichen
Prozessen im Gehirn unter physiologischen sowie pathophysiologischen
Bedingungen spielt. Nach der Präparation
der Gehirngewebeschnitte wird die endogene, d.h. im Gewebe residierende
Mikroglia aktiviert.
Nach
einer Phase (ca. 5 bis 6 Tage) der Ausheilung und der Abflachung
des Gewebes, die auch mit einer Beseitigung der verletzten Neurone
einhergeht, kehren die Mikrogliazellen wieder in ihren Ruhezustand
zurück,
der durch eine verästelte
Morphologie gekennzeichnet ist (Czapiga M, Colton CA (1999): Function
of microglia in organotypic slice cultures. J. Neurosci. Res. 56:644-651; eigene Beobachtungen).
Diese sog. ruhende Mikroglia ist charakteristisch für den Normalzustand
eines gesunden, adulten Gehirngewebes. Durch die Zugabe von beispielsweise
bakteriellem LPS kommt es nun zu einer (teilweisen) Aktivierung
der Mikroglia, die jedoch nicht zu einer Degeneration von Neuronen
führt.
Dabei
scheint besonders die Expression von MHC-(major histocampatibility
complex-) Proteinen mit der Aktivierung der Mikroglia zu einem phagozytotischen,
runden Phänotyp,
der mit Läsionen
im geschädigten
Gehirn kolokalisiert, zu korrelieren. Neonatale Mikroglia reagiert
in derselben Art und Weise auf die pro-inflammatorischen Cytokine
GM-CSF und M-CSF, d.h. durch Veränderung
ihrer Morphologie, ihres Phänotyps,
und werden darüber
hinaus zur Teilung angeregt. GM-CSF stimuliert dabei besonders die
Ausbildung eines runden, migratorischen Phänotyps, der darüber hinaus
auf die Präsentation
von Antigenen vorbereitet ist. Dies kann durch die Expression des „Major
Histocampatibility Complex-(MHC-)class II-Antigens" (auch als Ox-6 Marker bekannt)
nachgewiesen werden, die durch GM-CSF induziert wird (Schermer C,
Humpel C (2002): Granulocyte macrophage-colony stimulating factor (GM-CSF)
activates microglia in rat cortex organotypic brain slices. Neurosci.
Lett. 328:180-184; Re F, Belyanskaya SL, Riese RJ, Cipriani B, Fischer
FR, Granucci F, Ricciardi-Castagnoli
P, Brosnan C, Stern LJ, Strominger JL, Santambrogio L (2002): Granulocyte-macrophage
colony-stimulating factor induces an expression program in neonatal
microglia that primes them for antigen presentation. J. Immunol. 169:2264-2273.).
Interessanterweise konnte gezeigt werden, dass intakte Neurone die
Induzierbarkeit von MHC class II-Antigen auf den benachbarten Mikrogliazellen
unterdrücken
können
(Neumann H (2001): Control of glial im mune function by neurons.
Glia 36:191-199.). Möglicherweise
wird diese lokale Inhibition durch das Priming der Mikroglia mit
GM-CSF aufgehoben, so dass eine pathologische Aktivierung der Mikroglia
durch eine nachfolgende oder parallele Inkubation mit 200 μg/ml LPS
innerhalb von 48 h bewirkt werden kann (s. 1). Diese
Veränderung kann
mit dem Antikörper
Ox 6 detektiert werden (eigene Daten; nicht gezeigt). Auch Integrine
(durch Antikörper
Ox 42 detektiert) oder die induzierbare NO Syntase werden häufig als
Marker für
aktivierte Mikroglia verwendet, ihre Aussagekraft ist jedoch weniger
offensichtlich. Eine Expression dieser Marker, die eine Aktivierung
der Mikroglia anzeigen und mit der deutlichen Änderung der Morphologie einhergehen, tritt
bereits durch die Zugabe der proinflammatorischen Cytokine bzw.
des Inflammogens allein auf (z.B. Schermer C, Humpel C (2002): Granulocyte macrophage-colony
stimulating factor activates microglia in rat cortex organotypic
brain slices. Neurosci. Lett. 328:180-184; eigene Daten). Diese
Stufe der Mikroglia-Aktivierung führt jedoch nicht zu einer Schädigung von
Zellen bzw. zur Neurodegeneration, weshalb sie in unserem Assay
nicht als Ausleseparameter Verwendung findet und zur Testung von
potentiell neuroprotektiven Wirkstoffen ungeeignet ist.
Die
Aktivierung der Mikroglia zu einem phagozytotischen Phänotyp spiegelt
möglicherweise
sogar eine „therapeutische" Funktion der Mikroglia
wieder, die für
die Beseitigung von Pathogenen oder Zelltrümmern essentiell ist. Diese
Funktion der Mikroglia sollte daher möglichst beibehalten werden.
Eine Überaktivierung
der Mikroglia führt
jedoch anscheinend auch zur Degeneration des Gewebes und der Neurone,
also zu pathologischen Funktionen. Diese pathologischen Funktionen
der Mikroglia sollen möglichst
kontrolliert bzw. inhibiert werden, ohne die therapeutischen Funktionen
zu verlieren. Bislang kann die therapeutische von der pathologischen
Aktivierung der Mikroglia noch nicht durch eine Änderung des Markerprofils der
Mikroglia unterschieden werden, möglicherweise da diese Zustände bzw.
Funktionen überlappen
oder in pathologischen Situationen miteinander gekoppelt sind. Daher
werden potentielle Wirksubstanzen in einem Assay getestet, in dem die
Schädigung
bzw. die De generation des Gewebes selbst als Maß für die pathologischen Funktionen
der Mikroglia verwendet wird (s. 1 und 2).
Nur dadurch kann sichergestellt werden, dass wirksame Substanzen
tatsächlich
spezifisch die pathologischen Funktionen der Mikroglia beeinflussen
und dadurch einer Degeneration des Gewebes entgegenwirken. Darüber hinaus
besteht die Möglichkeit,
dass in diesem Screen gefundene Wirksubstanzen die pathologischen
von den therapeutischen Funktionen „entkoppeln", die Mikroglia-Aktivierung
also modulieren statt unspezifisch zu unterdrücken.
Wirksubstanzen,
die dieses Anforderungsprofil erfüllten, wären hochinteressante Wirkstoffkandidaten,
die spezifisch schädliche
Inflammationsreaktionen der Mikroglia im Verlauf von neurologischen Konditionen
wie Schlaganfall, Morbus Alzheimer u.v.a. unterdrücken könnten. Die
Suche nach solchen Wirkstoffen wird häufig in der Literatur als wünschenswert
beschrieben, jedoch war ein Modell zum systematischen Screening
von solchen Wirkstoffen bislang nicht vorhanden.
Die
Erfindung wird durch die nachfolgenden Beispiele näher erläutert. Die
Beispiele betreffen bevorzugte Ausführungsformen der Erfindung,
einschließlich
der derzeit bekannten besten Ausführungsform der Erfindung, jedoch
ist die Erfindung nicht auf die in den Beispielen angegebenen Ausführungsformen
beschränkt.