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Die Erfindung betrifft ein Verfahren
zur Erkennung einer bevorstehenden Grenzflächenhaftung während eines
Formgebungsprozesses zwischen einem zu formenden Glaskörper und
beidseitig daran anliegenden, elektrisch leitenden Werkzeugen mittels
Impedanzspektroskopie, bei der eine Wechselspannung an den Werkzeugen
angelegt wird und zwischen den beiden Grenzschichten des Glaskörpers und
den Werkzeugen die elektrischen Impedanzen und Phasenverschiebungen
bestimmt werden.
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Bei der industriellen Fertigung von
Glaskörpern
ist es schwierig, den Werkzeugzustand im laufenden Produktionsprozeß zu überwachen,
so daß häufig ein
rechtzeitiges Auswechseln der Werkzeuge versäumt wird. Hierdurch kommt es
zu einer hohen Ausschußrate
von fehlerhaften Glaskörpern,
da eine Qualitätskontrolle
in der Regel erst zeitverzögert
am Ende des Kühlbandes
durchgeführt
und defekte Glaskörper
ausgesondert werden. In der Zwischenzeit werden jedoch eine Vielzahl
weiterer defekter Glaskörper
mit dem auszuwechselnden Werkzeug produziert. Eine häufige Ursache
für die
Produktion fehlerhafter Glaskörper
stellt die Grenzflächenhaftung
zwischen dem Werkzeug und dem zu formenden Glaskörper dar. Dabei wird unter
dem Begriff "Grenzflächenhaftung" auch das Kleben
angesprochen. Eine weitere Schwierigkeit besteht bei der großtechnischen
Serienfertigung von Glaskörpern mit
mehreren parallel oder seriell arbeitenden Werkzeugen darin, den
am Glaskörper
festgestellten Fehler dem entsprechenden Werkzeug zuzuordnen.
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Aus der
GB 2234970 A ist ein Messverfahren bekannt,
wobei in den zu formenden Glaskörper
ein leitfähiger
Presskolben eingedrückt
wird, während der
Glaskörper
mit seiner Außenumfangsfläche gleichzeitig
von einer ebenfalls leitfähigen
Pressform gehalten ist, so daß während eines
Pressvorganges beispielsweise ein elektrischer Stromfluss von der Pressform
durch das Glas zu dem Presskolben möglich ist. Im normalen Produktionsbetrieb,
also ohne anhaften des Glaskörpers
an dem Presskolben, kommt es unmittelbar mit der Trennung des Presskolbens
von dem Glaskörper
zu einem abrupten Signalabfall. Bei Vorliegen eines Verklebens dagegen fließt zum Beispiel
noch ein Strom durch die zwischenzeitlich ausgebildete Glasspitze
und es kommt nach Abriss der Glasspitze von dem Kolben zu abruptem
Signalabfall, das heißt
der Signalabfall findet zu einem deutlich späteren Zeitpunkt statt. Wesentlicher
Nachteil dieses bekannten Verfahrens ist, daß es zunächst zur Ausbildung einer Glasspitze
durch eine Grenzflächenhaftung
des Körpers
an den Werkzeugen kommen muss, bis eine Signaländerung erkennbar ist.
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Aus der Praktikumsanleitung „Impedanzspektroskopie", Institut für Physikalische
Chemie Münster
vom 03. Mai 2000 sind die Grundlagen der Impedanzspektroskopie entsprechend
der im Oberbegriff des Patentanspruchs 1 aufgeführten Merkmale sowie ein Messaufbau
zur Versuchsdurchführung und
ein Aufbau eines Impedanzgerätes
beschrieben. Es wird betont, daß die
Impedanzspektroskopie eine der am häufigsten verwendeten Methoden
zur Untersuchung von Ionen-Transportvorgängen in
Festkörpern
ist. Moderne Impedanzanalysatoren bieten die Möglichkeit, die frequenzabhängige Leitfähigkeit
und die frequenzabhängige
Dielektrizitätsfunktion
einer Probe im Frequenzbereich von einigen mHz zu einigen MHz zu
bestimmen.
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Folglich ist es die Aufgabe der Erfindung,
ein Verfahren zu entwickeln, bei dem eine bevorstehende Grenzflächenhaftung
bereits vor Eintritt der ersten Grenzflächenhaftung unmittelbar an
dem betroffenen Werkzeug erkannt werden kann.
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Die Aufgabe wird mit einem Verfahren
gelöst, bei
dem die Frequenz der Wechselspannung variiert wird, bei dem die
Impedanzen und Phasenverschiebungen für unterschiedliche Frequenzen
bestimmt werden, und bei dem im Verlauf der Impedanzen und Phasenverschiebungen über der
Frequenz auf eine bevorstehende Grenzflächenhaftung geschlossen wird.
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Für
den Fall, daß der
Glaskörper
an den Werkzeugen zu kleben beginnt, laufen an der Werkzeugoberfläche und
dem Glaskörper
chemische Reaktionen ab, wobei sich die Impedanzen und die daraus
resultierende Phasenverschiebung auf charakteristische Art und Weise
verändern.
Ein wesentliches Kriterium ist hierbei, daß die Veränderungen bereits vor dem Erreichen
der Grenzflächenhaftung
einsetzen.
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Das neue Verfahren ermöglicht eine
kontinuierliche Überwachung
der am Formgebungsprozeß beteiligten
Werkzeuge im laufenden Betrieb und ermöglicht eine Erkennung des verschlissenen
Werkzeugs noch bevor schadhafte Glaskörper produziert werden. Ein
weiterer Vorteil besteht darin, daß bei Anwendung des Verfahrens
das betroffene Werkzeug selektiv erkannt wird und es daher nicht
mehr notwendig ist, präventiv
alle Werkzeuge parallel und seriell laufender Fertigungsstraßen zu erneuern.
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In einer bevorzugten Ausgestaltung
wird in Vorversuchen zunächst
eine Eichkurve aus Admittanzen σ in
Abhängigkeit
der Formgebungstemperatur erstellt und der Grenzwert beidseitig
der Eichkurve bestimmt, bei dem es nicht zu einer Grenzflächenhaftung
kommt, wobei die Admittanz σ bei
einer ersten Frequenz F1 und einer zweiten
Frequenz F2 bestimmt wird, und die erste Frequenz
F1 größer als
die zweite Frequenz F2 ist, gemäß der Gleichung σ = θ (F1)/(θ (F2) × Z
(F1)), wobei Z der Impedanzwert bei der
Frequenz F1 ist und θ die Phasenverschiebungen bei
F1 bzw. F2 sind.
Anschließend
wird kontinuierlich die Admittanz σ bestimmt, mit den Grenzwerten
der Eichkurve verglichen und bei außerhalb der Grenzwerte der
Eichkurve liegenden Admittanzen σ vor
einer bevorstehenden Grenzflächenhaftung
gewarnt.
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Der Vorteil der oben beschriebenen
Vorgehensweise liegt darin, daß die
Größe θ mit lediglich zwei
Frequenzen ermittelt wird und dadurch das Verfahren aufgrund des
vergleichsweise kurzen Zeitbedarfs im Laufe des Produktionsprozesses
eingesetzt werden kann.
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Vorteilhafterweise wird eine Wechselspannung
mit einer Amplitude von 1-1000
mV angelegt.
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In einer günstigen Ausführungsform
werden die Impedanzen mittels eines Potentiostats in Kombination
mit Frequenzganganalysatoren oder alternativ durch Meßbrücken bestimmt.
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In Durchführung des Verfahrens werden
die Frequenzen der Wechselspannung vorzugsweise zwischen 106 – 10–1 Hz
variiert.
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Die Erfindung wird beispielhaft anhand
der nachfolgenden drei Figuren näher
erläutert.
Dabei zeigt die
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1 Impedanzen
und Phasenverschiebungen einer nicht klebenden Glasprobe über der
Frequenz der angelegten Wechselspannung,
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2 Impedanzen
und Phasenverschiebungen einer klebenden Glasprobe über der
Frequenz der angelegten Wechselspannung, und
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3 die
Admittanz σ als
Funktion der Grenzflächentemperatur.
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Die 1 zeigt
in Diagrammform vor einer Grenzflächenhaftung die Impedanzen
und Phasenverschiebungen einer nicht klebenden Glasprobe über den
Frequenzen einer Wechselspannung zwischen 106 und
10–1 Hz.
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Der Kurvenverlauf der Impedanz ausgehend von
einer Frequenz von 10–1 Hz beginnt bei ca.
2400 Ω und
fällt zunächst steil
ab bis in den Bereich von ca. 1 Hz. Hier liegt die Impedanz bei
ca. 1700 Ω.
Anschließend
folgt ein Kurvenabschnitt, in dem die Impedanz bis zu einem Frequenzbereich
von 105 Hz nur geringfügig auf ca. 1400 Ω sinkt.
In dem Frequenzbereich > 105 Hz fällt
die Impedanzkurve erneut stark ab. Bei 106 Hz
beträgt
die Impedanz ca. 1000 Ω.
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Ebenfalls in dem Frequenzbereich
von 10–1 bis
106 Hz ist die Phasenverschiebung dargestellt.
Im Frequenzbereich von 10–1 bis 0,3 Hz verschiebt
sich die Phase von minus 8 Grad auf minus 11 Grad. Im weiteren Verlauf
nimmt die Kurve eine Parabelform ein, wobei der ansteigende Ast
der Parabel bei 106 Hz eine Verschiebung
der Phase auf minus 27° Grad erreicht.
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Die 2 stellt
den Zustand nach einer Grenzflächenhaftung
dar. Die Impedanzkurve liegt ausgehend von einer Frequenz von 10–1 Hz
bei ca. 600 Ω,
fällt bis
in den Bereich von 1 Hz steil ab auf ca. 350 Ω, um sich dann nahezu asymptotisch
der Abszisse anzunähern.
In einem Frequenzbereich > 102 Hz
bleiben die Impedanzen bei vorliegender Grenzflächenhaftung annähernd konstant.
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Der Verlauf der Phasenverschiebung
entspricht qualitativ bis zu einem Frequenzbereich von 104 Hz dem Kurvenverlauf der Impedanzen. Bei
höheren
Frequenzen nimmt die Phasenverschiebung jedoch von 0 auf minus 3
Grad zu.
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Darüber hinaus liegt in der 2 die Kurve der Phasenverschiebung
durchgehend über
der Impedanzkurve.
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Neben dem qualitativ veränderten
Kurvenverlauf durch das Einsetzen der Grenzflächenhaftung haben sich auch
die absoluten Werte der Impedanzkurve massiv geändert. Vor der Grenzflächenhaftung
verläuft
die Kurve in dem betrachteten Frequenzbereich von 10–1 bis
106 Hz zwischen ca. 2400 und ca. 1000 Ω, während nach
der Grenzflächenhaftung
die Werte der Impedanzen zwischen ca. 600 und ca. 270 Ω liegen.
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Aus diesen charakteristischen Änderungen ist
bereits das Bevorstehen einer Grenzflächenhaftung abzuleiten. Dieses
kann gemäß einer
bevorzugten Ausführungsform
durch Ermittlung von Admittanzen σ erfolgen.
Einen derartigen Verlauf, dargestellt über der Grenzflächentemperatur
des Glaskörpers, zeigt
die 3.
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Die Admittanzen σ steigen ausgehend von einer
Temperatur von ca. 597° C,
entsprechend einer Admittanz σ von
0,0002/Ω,
bis auf 660° C,
entsprechend einer Admittanz σ von
ca. 0,00105/Ω,
an. Bei höheren
Temperaturen sinken die Admittanzen σ wieder. In dem dargestellten
Beispiel ist es bei 670° C
zu einer Grenzflächenhaftung
zwischen den Werkzeugen und dem zu formenden Glaskörper gekommen.
Wie zu erkennen ist, wird bereits bei 660° C, also 10° C unterhalb der Temperatur
der Grenzflächenhaftung,
das Maximum der Admittanz σ erreicht. Legt
man den Wert auf 0,0008/Ω als
kritische Obergrenze fest, so kann mit dieser Methode frühzeitig, d.h.
ca. 30° C
unterhalb der Temperatur der Grenzflächenhaftung eine bevorstehende
Grenzflächenhaftung
erkannt werden.