Die Erfindung betrifft eine elektrische Vorrichtung für medizinische Zwecke zur Bestimmung mindestens einer Ableitung einer Funktion einer Variabeln nach dieser Variabeln.
Sie kann überall dort zur Anwendung kommen, wo eine gegebene Folge von Funktionswerten in einen zeitabhängigen Strom- oder Spannungsverlauf umgewandelt werden kann und wo die charakteristischen Merkmale dieses Verlaufs, wie z. B. Minimalwerte, Maximalwerte, Steilheiten und Krümmungsmasse, oder der Eintritt bestimmter Funktionswerte auf möglichst geeignete Weise bestimmt werden sollen. Im folgenden soll die Erfindung an einem Beispiel näher erläutert werden:
In der Medizin werden routinemässig zu Zwecken der
Diagnose oder Überwachung der Patienten verschiedene biomedizinische Parameter kontinuierlich oder in bestimmter Zeitfolge gemessen.
Bei dem gegenwärtigen Stand der Tech nik werden die Messresultate an Hand von Tabellenwerten oder graphischen Registrierungen auf ihre charakteristischen Merkmale hin untersucht, wobei meist mit Hilfe graphischer Verfahren Maxima, Minima, Anstiegs- oder Abfallsteilheiten usw. bestimmt werden. Diese allgemein übliche Methodik ist in ihrer Genauigkeit begrenzt und benötigt geweils geraume Zeit. Der Umstand, dass es notwendig ist, die zu untersuchenden zeitlichen Abläufe vorerst festzuhalten, bedingt aufwendige und voluminöse Anzeigevorrichtungen (Schreiber, Speicheroszillographen, numerische Speicher). Bei vielen Messungen entstehen Schwierigkeiten dadurch, dass kleine Änderungen eines grossen Signals registriert werden müssen.
Da das grosse Grundsignal in der Regel nicht absolut gleichbleibend ist, verschiebt sich das interessierende Signal an der Anzeigevorrichtung. So liefert z. B. bei fotoelektrischer Registrierung der Änderungen der Lichtdurchlässigkeit des Körpergewebes, die durch eine vom Pulsdruck herrührende periodische Dehnung der Blutgefässe entstehen, der Abnehmer einen grossen Strom, welcher der totalen Durchlässigkeit des durchleuchteten Gewebes entspricht. Diesem Strom ist ein sehr geringer, durch eine pulsierende Füllung der arteriellen Gefässe mit Blut verursachter Strom überlagert. Da die totale Durchlässigkeit des Gewebes nicht gleichbleibend ist, verschiebt sich die Lage der Kurve am Registrierstreifen, die den Verlauf der Dehnung abbildet. Dieser Effekt wird als Verschiebung der Nullinie bezeichnet.
Ein weiterer Nachteil der für medizinische Zwecke üblichen Methoden der Auswertung festgehaltener Messwerte besteht darin, dass eine direkte Anzeige der interessierenden charakteristischen Merkmale in Echtzeit nicht möglich ist.
Der Erfindung liegen die folgenden Aufgaben zugrunde: a) die graphische oder rechnerische Ermittlung der charakteristischen Merkmale der zu untersuchenden Abläufe zu erleichtern und zu präzisieren, b) die elektronische Erfassung der erwähnten Merkmale ohne graphische Zwischendarstellungen zu vereinfachen, c) den Eintritt charakteristischer Merkmale mit erhöhter Genauigkeit zu erfassen und zur Auslösung weiterer erwünschter Vorgänge zu benutzen, d) Momentanwertschwankungen des vorgegebenen Ablaufs nicht proportional zu ihren Grössen, sondern proportional zur Steilheit ihrer Änderung darzustellen, wodurch kleine, steile, im ursprünglichen Vorgang wegen ihrer geringen Grösse nur undeutlich erkennbare Schwankungen hervorgehoben werden, e) Aufgrund der Tatsache,
dass die erste Ableitung die Geschwindigkeit der Änderung und die zweite die Beschleuni- gung der Änderung einer Zeitfunktion darstellt, eine verbesserte physikalische Analyse des untersuchten Ablaufs zu ermöglichen.
f) Im Falle kontinuierlicher visueller Registrierung der interessierenden Zeitfunktion, parallel zu der Grundkurve auch den zeitlichen Verlauf ihrer Steilheit und den zeitlichen Verlauf ihres Krümmungsmasses in Echtzeit darzustellen.
g) Den Einfluss der Schwankungen der Nullinie weitgehend auszuschalten.
Hier wird dies dadurch erreicht, dass von den die zu untersuchende Funktion darstellenden zeitabhängigen Strom- bzw.
Spannungsverläufen oder numerischen Folgen elektronisch oder mit Hilfe eines on-line-Rechners die erste und zweite, und nach Bedarf noch höhere Ableitungen nach der Zeit gebildet werden. Diese werden dann elektronisch abgetastet bzw. zur Darstellung gebracht, um daraus spezifisch interessierende Merkmale in einfacher Weise und mit erhöhter Genauigkeit zu gewinnen bzw. um bei Eintritt dieser Merkmale weitere Vorgänge auslösen zu können. Die Darstellung der Ableitungen ermöglicht dabei in vielen Fällen eine physikalische Einsicht in die Vorgänge, die der untersuchten Funktion zugrunde liegen.
Die Erfindung wird im folgenden anhand der Zeichnungen beispielsweise erläutert. Mit Hilfe eines Schreibers wurde die pulssynchrone Dehnung der arteriellen Blutgefässe in der Fingerspitze bzw. die durch den sogenannten Achilles Sehnen-Reflex ausgelöste Bewegung der Fusssohle gemessen.
Aus den graphisch registrierten Bewegungsabläufen (Abb. la, b oben) werden charakteristische Zeitwerte ermittelt, deren Verhältnis Q in Abb. la, Intervalle CT, TRT in Abb. lb) geschieht mittels einer Anzahl von geometrischen Konstruktionen, die zeitraubend und wenig genau sind. Elektronisch sind diese Konstruktionen nur schwierig und mit erheblichem apparativem Aufwand durchführbar. Von den untersuchten Abläufen werden elektronisch oder mit Hilfe eines Rechners die erste und zweite Ableitung gebildet (vgl.
Abb. 2a, b). Aus der Kurve der ersten Ableitung des Volumenpulses (in Abb. la, unten) kann der interessierende Parameter P sehr einfach als der Zeitintervall von der R-Zacke des EKG zum Schnittpunkt 1 der 1. Ableitung mit der Nullinie des Schreibers identifiziert werden. Ähnlich können auch die übrigen Parameter G und b ermittelt werden, wobei die sogenannte Inklinationszeit I proportional zu der Amplitude Al ist.
Ähnlich kann die erste Ableitung zur Bestimmung der interessierenden Zeiten CT und TRT des Achillessehnen-Re flexes verwendet werden (Abb. lb unten). Der Umstand, dass aus der ersten Ableitung eindeutig der Zeitpunkt des Ruhezustandes der Fusssohle bestimmt werden kann, ist hier besonders vorteilhaft. Bei der bisher üblichen Auswertung nach dem jetzigen Stand der Technik ist dies nicht der Fall, da der Fuss nach dem Reflex nicht unbedingt in die Ausgangslage zurückkehrt, so dass es bisher notwendig war, TRT als diejenige Zeit zu definieren, bei der die Amplitude auf den halben Wert abgesunken ist.
Da das Verhältnis CT/TRT, das indirekt die Anstiegs- und Abfallsteilheit der gemessenen Kurve beschreibt, ähnlich aussagekräftig ist wie die Messung von TRT, bietet sich zusätzlich die Möglichkeit, anstelle von TRT das Verhältnis der Amplituden ACT/ATRT zu messen.
Im übrigen entfällt bei dieser Methode die Notwendigkeit einer genauen Kenntnis der Vorschubgeschwindigkeit des Schreibers, die ansonsten für die Messung des Absolutwertes von TRT notwendig ist. Der Umstand, dass die Koordinate der maximalen oder minimalen Amplitude eines Ablaufs direkt aus dem Schnittpunkt der ersten Ableitung mit der Nullinie hervorgeht (die auch bei langsamem Drift der Nullinie des ursprünglichen Ablaufs unverschoben bleibt und identisch mit der Nullinie der Anzeigevorrichtung ohne Abnehmer ist), ist von bedeutendem Vorteil, da die elektronische Erfassung des Nulldurchgangs (bei konstanter Nullinie) bedeutend einfacher ist als die Bestimmung des maximalen oder minimalen Amplitudenwertes (bei event. unstabiler Nullinie).
Sollten die Absolutwerte der Maxima bzw. Minima der ursprünglichen Messkurven interessieren, so können die Nulldurchgänge der gleichzeitig gebildeten ersten Ableitung zur elektronischen Auslösung einer Amplitudenmessung verwendet werden.
Die Bildung der ersten bzw. der zweiten Ableitung bietet weiterhin die Möglichkeit, die relativen Steilheiten bzw. die relativen Krümmungen der ursprünglichen Messkurve zu erfassen und als Zeitfunktionen darzustellen. Falls der Grundablauf mit einer physikalischen Grösse in Verbindung gebracht werden kann (z. B. Bewegung), so beschreiben die erste und zweite Ableitung anschaulich Eigenschaften, die physikalisch von Interesse sind (z. B. Geschwindigkeit und Beschleunigung). Dieser Umstand erhöht die Aussagekraft der registrierten Grundabläufe und ermöglicht die Gewinnung von Informationen, die dem Grundablauf nicht unbedingt direkt zu entnehmen sind.
Die on-line-Computerverarbeitung erfolgt prinzipiell auf dieselbe Weise wie bei der Analogverarbeitung. Die Ableitungen werden mit Hilfe bekannter Methoden gebildet. Der durch dieses Verfahren verursachte Rauschbeitrag kann sehr klein gehalten werden, was ein besonderer Vorteil dieser Methode ist.
Ein Ausführungsbeispiel einer Vorrichtung zur analogen Bildung der ersten und zweiten Ableitung einer photoelektrisch abgenommenen Volumenpulskurve ist in Abb. 3 dargestellt (Blockschema). Das Signal des photoelektrischen Abnehmers wird über einen Verstärker auf den Ausgang y (t) geführt. Mit Hilfe eines Abschwächers und einer Nullinieneinstellung lässt sich dabei Amplitude und Lage der aufgenommenen Volumenpulskurve auf der Aufzeichnungsvorrichtung kontrollieren.
Hinter dem Abschwächer ist ein Differentiator (bezeichnet als d/dt in Abb. 3) geschaltet, dessen Ausgang y (t) die zweite Spur der Aufzeichnungsvorrichtung steuert. Ein in Serie zum y(t)-Kanal geschalteter zweiter Differentiator liefert die (t)- Kurve. An den Ausgängen y, y, sind also die Zeitfunktionen des ursprünglichen Ablaufs sowie seiner ersten und zweiten Ableitung gleichzeitig verfügbar und können zur Steuerung eines dreispurigen Schreibers benutzt werden. Ausserdem ist noch ein umschaltbarer Ausgang vorgesehen, der entweder die simultane Überwachung einzelner Ausgänge, z. B. mit einem Katodenstrahl-Speicheroszillographen, oder aufeinanderfolgende Aufzeichnungen der drei Zeitfunktionen mit einer einspurigen Anzeigevorrichtung ermöglicht.
Der Eingang der in Abb. 3 gezeigten Einrichtung lässt sich noch derart umschalten, dass auch andere extern zugeführte Spannungs- oder Stromverläufe auf die oben beschriebene Weise verarbeitet werden können. Ähnlich wie bei dem y(t)-Ausgang sind auch in den Ausgängen y (t) und y (t) Möglichkeiten für die Amplituden- und Nullinienregelung vorgesehen.