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Als Fehlerschutz gegen schädliche elektrische Schläge werden im allgemeinen zwei Massnahmen in elektrischen Verbraucheranlagen angewendet, und zwar die Nullung (in einem TNSystem nach IEC 60364) und die Schutzeinzelerdung (in einem TT-System nach IEC 60364).
Entsteht ein widerstandsloser Isolationsfehler in einer geschützten Verbraucheranlage zwischen den Aussenleitern und dem Schutzleiter, dann bedeutet dies bei der Nullung in jedem Fall einen Kurzschluss. Aber auch bei der Schutzeinzelerdung können die Fehlerströme infolge niederohmiger Erder (z. B. über metallene Rohrleitungen oder Konstruktionsteile von Gebäuden) oft im Kurzschlussbereich, d. h. bei Hunderten bis zu Tausenden Ampere, liegen.
Dass ein widerstandsloser Isolationsfehler bei der Nullung zwischen einem Aussenleiter und dem Schutzleiter (PE-Leiter) in jedem Fall zu einem Kurzschluss führt, liegt daran, dass der PE-Leiter mit dem PEN-Leiter galvanisch verbunden ist. Der Rückfluss des Fehlerstromes zum Transformator erfolgt daher grossteils über den PEN-Leiter, dessen Impedanz durch seine Erdungen zusammen mit den Erdungen der Verbraucheranlagen und/oder durch metallene Kabelmäntel oder Rohrsysteme weiter herabgesetzt wird.
Die Kurzschlussströme durchfliessen also Fehlerstrom-Schutzeinrichtungen (RCD) im eingeschalteten Zustand und - falls die Selektivitätsgrenzen überschritten werden - auch beim Ausschalten zusammen mit den ÜberstromSchutzeinrichtungen (OCD) und daher müssen an Fehlerstrom-Schutzeinrichtungen, die in genullten Anlagen installiert werden, ähnliche Anforderungen in bezug auf das Eigenschaltvermögen gestellt werden wie an Überstrom-Schutzeinrichtungen.
Um ein hohes Eigenschaltvermögen unter gleichzeitiger Sicherstellung einer möglichst hohen Verfügbarkeit der Stromversorgung zu ermöglichen, werden daher erfindungsgemäss in der Fehlerstrom-Schutzeinrichtung zusätzliche Schnellauslöser in den Aussenleitern vorgesehen, aber keine thermischen Auslöser für den Überlastschutz. Weiters werden die Schnellauslöser so eingestellt, dass ihre Ansprechgrenzen nicht niedriger liegen als 75% des Eigenschaltvermögens der Fehlerstrom-Schutzeinrichtung ohne Schnellauslöser. Dadurch wird erreicht, dass die Schnellauslöser nur ansprechen, wenn bei der Auslösung durch Fehlerströme etwaige Kurzschlussströme in einem oder mehreren Aussenleitern so hoch sind, dass ohne Schnellauslöser die Fehlerstrom-Schutzeinrichtung zerstört würde. Es kann z.
B. vorkommen, dass ein dreipoliger Kurzschluss der Aussenleiter gleichzeitig mit einem relativ niedrigen Fehlerstrom zur Erde die Fehlerstrom-Schutzeinrichtung beansprucht. Liegt der Kurzschlussstrom unter dem Wert, den der Kontaktapparat der Fehlerstrom-Schutzeinrichtung ohne Schnellauslöser beherrscht, z. B. 1. 000 A, dann wird die Fehlerstrom-Schutzeinrichtung einwandfrei ausschalten, ohne dass die Schnellauslöser ansprechen. Liegt er darüber, z. B. bei 2. 500 A, dann erfolgt die Ausschaltung über die elektromagnetischen Schnellauslöser. Fliesst kein Fehlerstrom zur Erde, dann wird unter der Ansprechgrenze der Schnellauslöser die Fehlerstrom-Schutzeinrichtung nicht ausschalten und die Ausschaltung kann selektiv über die Überstrom-Schutzeinrichtungen erfolgen und damit wird nur der fehlerhafte Stromkreis ausgeschaltet.
Auf diese Weise wird die Verfügbarkeit der Stromversorgung erhöht. Bei Leitungsschutzschaltern (LS-Schalter) sind ja die Schnellauslöser auf den 5-fachen Nennstrom (Kennlinie B) oder auf den zehnfachen Nennstrom (Kennlinie C) entsprechend IEC-Publ. 60898 eingestellt und werden daher in der Regel ansprechen, ohne dass die erfindungsgemässe Fehlerstrom-Schutzeinrichtung, die an zentraler Stelle in der Verteilung für den Zusatzschutz mehrerer Stromkreise eingebaut ist, ausschaltet und damit auch nicht fehlerbehaftete Stromkreise ausfallen.
Bei Fehlerstrom-Schutzeinrichtungen, von denen viele Millionen in Anlagen eingebaut werden, ist es wichtig, auch wirtschaftliche Gesichtspunkte zu beachten und nur Bauteile zu verwenden, die für die Funktionstüchtigkeit erforderlich sind. Bei der erfindungsgemässen FehlerstromSchutzeinrichtung stellt sich die Frage, ob im Neutralleiter, der ja zusammen mit den Aussenleitern durch den Summenstromwandler geführt werden muss, ein Unterbrecherkontakt erforderlich ist, wie er bei den herkömmlichen Fehlerstrom-Schutzeinrichtungen benutzt wird, oder ob er unterbrechungslos durch die Fehlerstrom-Schutzeinrichtung von der Eingangsklemme zur Ausgangsklemme geführt werden kann.
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Da in genullten Verbraucheranlagen der Neutralleiter mit dem PEN-Leiter galvanisch verbunden ist, wird er als zuverlässig geerdet im Sinne von IEC 60364 angesehen und braucht nicht geschaltet werden. Die unterbrechungslose Durchführung des Neutralleiters in der erfindungsgemässen Fehlerstrom-Schutzeinrichtung spart Kosten und vermeidet zusätzliche Störungen durch Kontaktunterbrechung beim Neutralleiter.
Es wird oft behauptet, dass das Schalten des Neutralleiters wegen des Schutzes gegen elektrisch gezündete Brände notwendig sei. Fehlerstrom-Schutzeinrichtungen können aber nur gegen Brände schützen, die durch Lichtbögen infolge von Kurzschlüssen mit Fehlerströmen zur Erde entstehen. Dagegen können sie nicht gegen Brände infolge mangelhafter oder nicht bestimmungsgemäss betriebener elektrischer Betriebsmittel oder bei zu hoher Erwärmung von Leitungen oder bei Lichtbögen ohne Fehlerströme zur Erde schützen. Lichtbögen gegen Erde können aber beim Neutralleiter wegen der geringen Neutralleiterspannungen gegen Erde nicht entstehen. Daraus folgt, dass ein Schalten des Neutralleiters in Fehlerstrom-Schutzeinrichtungen wegen des Schutzes gegen elektrisch gezündete Brände nicht erforderlich ist.
Zusammenfassend kann also festgestellt werden, dass ein Schalten des Neutralleiters von Fehlerstrom-Schutzeinrichtungen, die für den Schutz von genullten Verbraucheranlagen installiert werden, weder für den Schutz gegen elektrischen Schlag noch für den Brandschutz gefordert werden muss.
Die erfindungsgemässe Fehlerstrom-Schutzeinrichtung bringt daher einen wesentlichen Fortschritt gegenüber dem Stand der Technik, der in Kauf nimmt, dass FehlerstromSchutzeinrichtungen durch hohe Kurzschlussströme bei Isolationsfehlern gegen den PE-Leiter (bzw. Erde), wie sie leicht in den genullten Verbraucheranlagen entstehen können, zerstört werden. Eine andere Methode wäre es, den Kurzschlussstrom kurzzeitig zu begrenzen, wie es die Europäische Patentanmeldung EP 0 371 275 A2 vorschlägt. Dazu ist aber ein hoher technischer und damit finanzieller Aufwand für die elektronischen Kontrollschaltungen erforderlich, die eine Anwendung für Fehlerstrom-Schutzeinrichtungen verbietet. Dazu kommt noch das Problem der Lebensdauer für diese Schaltungen.
Die in der Folge beschriebene Figur 1 zeigt die Fehlerströme in einer genullten Verbraucheranlage, die Figur 2 die erfindungsgemässe Fehlerstrom-Schutzeinrichtung.
Figur 1 zeigt die Verteilung der Fehlerströme in einer genullten Verbraucheranlage, wenn ein Isolationsfehler zwischen einem Aussenleiter (L1) und dem PE-Leiter auftritt. Erdungsanlagen, die mit dem Neutralleiter verbunden sind und in Erde verlegte Kabel mit leitfähigen Mänteln (K) oder Rohrsysteme (R) verkleinern die Impedanz des PEN-Leiters. Anlagen der Informationstechnologie werden mit dem Hauptpotentialausgleich (PAS) verbunden und über die Verbindungsleitung (V) geerdet.
Figur 2 zeigt die erfindungsgemässe Fehlerstrom-Schutzeinrichtung (RCD) mit dem Gehäuse (1) in dem der Kontaktapparat (2), das Schaltschoss (3) mit dem zugehörigen Arbeitsstromauslöser (8), sowie die Strombahnen für die Aussenleiter L1, L2 und L3 und den Neutralleiter N (4) mit ihren Klemmen angeordnet sind. Der Neutralleiter (4) wird unterbrechungslos durch die Fehlerstrom-Schutzeinrichtung geführt, während die Aussenleiterstrombahnen durch den Kontaktapparat (2) geschaltet werden. In den Aussenleiterstrombahnen sind erfindungsgemäss auch die elektromagnetischen Schnellauslöser (9) angeordnet. Erfassung und Auswertung des Fehlerstromes erfolgt durch den Summenstromwandler (5), einen vorzugsweise netzspannungsunabhängigen elektronischen Schaltkreis und ein Wandlerrelais (7).
Das Wandlerrelais (7) kann vorzugsweise als elektronisches Relais (Thyristor) oder als elektromechanisches Relais ausgeführt sein. Überschreitet der Fehlerstrom einen vorgegebenen Wert, dann schliesst das Wandlerrelais (7) einen Stromkreis, wodurch der Arbeitstromauslöser (8) anspricht und das Schaltschloss (3) betätigt. Die strichlierten Verbindungsleitungen zum elektronischen Schaltkreis sind vorhanden, wenn dieser Schaltkreis netzspannungsabhängig ausgeführt ist. Ohne die
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Schnellauslöser (9) hat die Fehlerstrom-Schutzeinrichtung ein Eigenschaltvermögen, das durch den Kontaktapparat (2) und das Schaltschloss (3) mit dem Arbeitsstromauslöser (8) bestimmt wird. Durch die erfindungsgemässen Schnellauslöser (9) wird das Eigenschaltvermögen der Fehlerstrom-Schutzeinrichtung wesentlich erhöht.