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Beschauflung für axial durchströmte Überdruckturbinen
Turbinenschaufeln, deren Winkel namentlich auf der Dampf- oder Gasaustrittsseite längs der
Schaufel sich ändern, nennt man verdrillte"
Schaufeln. Man pflegt lange Schaufeln, z. B. solche, die mehr als den zehnten Teil des mittleren
Beschauflungsdurchmessers lang sind, zu ver- drillen, in der Absicht, die Schaufelwinkel den
Strömungsrichtungen, die sich bei den verschie- denen Umfangsgeschwindigkeiten längs der Schau- fel einstellen, anzupassen und damit gute Wir- kungsgrade zu erreichen.
Die bekannten Grundsätze, nach denen man die
Schaufeln einer Turbinenstufe verdrillt, sind folgende : Je grösser die Entfernung von der
Läuferachse ist, in welcher die Strömung be- trachtet wird, umso kleiner ist ihre tangentiale
Ablenkung, denn das Produkt dieser tangentialen
Ablenkung mit dem Radius ist längs der Schau- fel konstant. Man muss also die Schaufeln für diese veränderliche tangentiale Ablenkung bauen.
Auch wenn man dies beachtet, verbleibt eine gewisse Freiheit. Das Gesetz über die tangentiale Ablenkung gibt zwar Auskunft über die Differenz zwischen tangentialer Komponente vor und nach der Laufreihe, nicht aber über die Geschwindigkeiten selber. Man ist daher frei, eine der beiden, beispielsweise die Geschwindigkeit des Dampfes am Austritt aus der Leitreihe und ihren Verlauf längs der Schaufel zu wählen. Auch die axiale Komponente und ihren Verlauf längs der Schaufel können wir innerhalb gewisser Grenzen frei wählen. Es besteht in der Regel kein Grund, von einer konstanten Axialgeschwindigkeit längs der Schaufel wesentlich abzuweichen, doch ist dies keine Bedingung.
In der heutigen Praxis wird meistens eine der beiden folgenden Methoden bevorzugt :
1. Die Austrittswinkel der Leit- und Laufschaufeln werden konstant gehalten. Die Eintrittswinkel werden entweder der Zuströmrichtung angepasst, oder es wird die Schaufel gar nicht verdrillt, sondern die Vorderkante abgerundet, so dass sie sich den verschiedenen Zuströmrichtungen anpasst.
2. Die Schaufeln werden so verdrillt, dass nach der Leitreihe das Produkt der Tangentialgeschwindigkeit der Strömung mit dem Radius längs der Schaufel gleich bleibt. Das hat zur Folge, dass auch nach der Laufreihe das Produkt der absoluten Tangentialgeschwindigkeit mit den
Radien konstant ist. Eine solche Strömung nennt man wirbelfrei. Sie hat den Vorteil, dass sie sich besonders leicht rechnen lässt und dass bei ihr gewisse sekundäre Strömungen aus- bleiben.
Während im ersten Fall die Schaufelaustritts- winkel längs den Schaufeln gleich bleiben, nimmt im zweiten der Austrittswinkel der Leitschaufeln von innen nach aussen zu, der Winkel der Lauf- schaufeln dagegen ab.
Die Erfindung besteht aus einer Beschauf- lung für axial durchströmte Turbinen, bei welcher der Austrittswinkel der Leitschaufeln von innen nach aussen abnimmt und der Austritts- winkel der Laufschaufeln von innen nach aussen zunimmt.
Diese Verdrillung, welche der üblichen ent- gegengesetzt ist, erscheint auf den ersten Blick widernatürlich und bedarf daher der Begründung.
Das Wärmegefälle oder Enthalpiegefälle einer
Stufe verteilt sich gleichmässig oder ungleichmässig auf Leit- und Laufreihe. Das Verhältnis der beiden Anteile wird im wesentlichen durch das Verhältnis der Durchströmquerschnitte der Leitund Laufreihe bedingt, die ihrerseits wieder von dem Schaufelaustrittswinkel abhängen. Sind beispielsweise die beiden Durchströmquerschnitte gleich, so verteilt sich das Gefälle halb und halb auf die beiden Schaufelreihen. Man nennt das Verhältnis des Gefälles in der Laufreihe zum Stufengefälle den Reaktionsgrad. Der Reaktionsgrad liegt meistens zwischen 0 und l und beträgt im obigen Falle 0, 5.
Es wurde gefunden, dass der Reaktionsgrad von wesentlicher Bedeutung für gewisse Energieverluste ist, die an den Schaufelenden entstehen.
Am äusseren Umfang muss zwischen den Laufschaufeln oder zwischen dem Band, das die Laufschaufeln umgibt und dem Leitschaufelträger ein Laufspiel bestehen. Durch diesen Spalt strömt Dampf oder Gas ohne Arbeit zu leisten, u. zw. umso mehr, je grösser das Gefälle in der Laufreihe ist. Die Leitschaufeln haben am Aussendurchmesser kein Spiel, somit keinen solchen Verlust. Daraus folgt, dass es vorteilhaft ist, am Aussendurchmesser möglichst viel Gefälle auf die Leitschaufeln, möglichst wenig auf die Laufschaufeln zu geben, den Reaktion-
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grad also klein-im Grenzfall null-zu machen.
Am Innenumfang sind die Verhältnisse um- gekehrt. Zwischen Leitschaufel und Läufer ist ein Laufspiel nötig, nicht aber bei den Lauf- schaufeln. Somit ist hier ein möglichst kleines
Gefälle auf dem Leitapparat vorteilhaft, d. h. ein möglichst grosser Reaktionsgrad, im Grenz- fall 1.
Bei unverdrillten Schaufeln bleibt der Reak- tionsgrad längs der Schaufel ungefähr konstant.
Bei der in üblicher Weise verdrillten Beschaufe- lung, nämlich von innen nach aussen zunehmendem
Leitschaufelwinkel und abnehmendem Laufschau- felwinkel, nimmt der Reaktionsgrad von innen nach aussen zu, also gerade das Umgekehrte dessen, was für die Spaltverluste günstig wäre.
Verdrillt man aber die Schaufeln in der be- schriebenen Weise gerade umgekehrt wie üblich, so nimmt der Reaktionsgrad von innen nach aussen ab, ändert also in dem für die Verminderung der Spaltverluste günstigen Sinne.
Der Anlass zur Verdrillung der Schaufel ist jetzt nicht mehr der Unterschied in der Umfangsgeschwindigkeit auf verschiedenen Durchmessern, spndern die Verminderung der Undichtheitsverluste an den Schaufelenden. Es ist daher von Interesse, die Schaufeln nicht nur dann, wenn sie im Verhältnis zum Durchmesser lang sind, zu verdrillen, sondern auch wenn sie kurz, z. B. kürzer als ein Zehntel des Durchmessers sind.
Das Interesse ist sogar bei kurzen Schaufeln besonders gross, denn die Undichtheitsverluste, die es zu bekämpfen gilt, machen sich bei ihnen stärker bemerkbar als bei langen Schaufeln.
Immerhin dürfen die Schaufeln nicht allzu kurz sein, sonst entstehen radiale Verlagerungen der Strömung, welche die erstrebten Reaktionsgradänderungen zunichte machen. Das Verhältnis der Schaufellänge zur Schaufelbreite sollte daher mindestens 1, 5 betragen.
Die Zeichnung zeigt schematisch die Schaufeln einer Stufe, also einer Leit- und einer Lauf- reihe der beschriebenen Beschauflung wobei
Fig. l einen Längsschnitt in einer Achsebene durch diese Schaufelreihen darstellt, während
Fig. 2 einen Querschnitt durch einige Schaufeln beider Reihen an der Stelle 11-11 der Fig. l und Fig. 3 einen Querschnitt durch die gleichen
Schaufeln an der Stelle III-III der Fig. 1 zeigt.
In Fig. 1 ist 1 ein Stück eines Schnittes durch den Leitschaufelträger, 2 ein Stück eines Schnittes durch den Läufer der Turbine, 3 ist eine Leit- schaufel, die durch den Fuss 4 im Leitschaufel- träger 1 gehalten ist. 5 ist eine Laufschaufel, die durch den Fuss 6 im Läufer 2 gehalten ist.
7 ist ein Deckband der Leitschaufel, das bei 8 gegenüber dem Läufer ein Laufspiel aufweist.
9 ist ein Deckband der Laufschaufel, welches bei 10 gegenüber dem Leitschaufelträger ein
Laufspiel aufweist. Die Schaufeln brauchen nicht unbedingt mit Deckbändern versehen zu sein. Ihre Enden, bisweilen zugeschärft, können auch einfach gegenüber der Gegenwand ein
Laufspiel aufweisen.
In Fig. 2 und Fig. 3 sind mit 3 wieder die
Leitschaufeln, mit 5 die Laufschaufeln bezeichnet. 11, 12, 13 und 14 sind die Austrittswinkel der Schaufeln an den betreffenden Stellen. Gemäss der vorstehenden Beschreibung ist der Winkel 11 kleiner als der Winkel 12, der Winkel 13 dagegen grösser als der Winkel 14. Dadurch wird eine Senkung der vor den Laufspielen 8 und 10 herrschenden Drücke und eine Verminderung der bei diesen entstehenden Spaltverluste erreicht.