Salze von Wirkstoffen mit polymeren Gegenionen
Beschreibung
Die vorliegende Erfindung betrifft feste Salze von kationischen Wirkstoffen mit polymeren anionischen Gegenionen. Zahlreiche Arzneistoffe weisen eine sehr niedrige Wasserlöslichkeit auf und können dadurch nicht aus dem Magen- und Darmtrakt resorbiert werden. Die Folge ist eine sehr niedrige Bioverfügbarkeit. Bei Arzneistoffen, die eine basische Gruppe besitzen lassen sich durch Umsetzung mit Säuren entsprechende Salze bilden, die z. T. bessere Löslichkeiten aufweisen. Hierzu werden in der Regel niedermolekulare Säuren oder Laugen verwendet. Die gebräuchlichsten Säu- ren sind: Salzsäure, Schwefelsäure, Essigsäure, Citronensäure, Weinsäure, Fumarsäure, Maleinsäure, Malonsäure, Bernsteinsäure, Phosphorsäure. Häufig besteht kaum ein Unterschied zwischen der Löslichkeit der Arzneistoffsäure oder -base und der eines Salzes mit den genannten Verbindungen. Die Ursache dieser schlechten Löslichkeit liegt in der Regel darin, dass das Salz ein sehr stabiles Kristallgitter ausbildet, das sich energetisch in einem günstigen Zustand befindet, wodurch die Tendenz in Lösung zu gehen niedrig ist. Falls zusätzlich der Energiegewinn durch die Hydratation niedrig ist, wird die Löslichkeit weiter herabgesetzt.
Salze von Arzneistoffen mit polymeren Säuren oder Basen wurden bisher im Prinzip schon hergestellt, jedoch wurden häufig Polymere eingesetzt, die nicht über einen großen pH-Bereich löslich waren - insbesondere nicht im physiologisch bedeutsamen Bereich von pH 1 -8 - oder die in Lösung als Säure, Base oder Salz eine hohe Viskosität aufweisen.
Weisen die Polymere eine hohe Viskosität in wässriger Lösung auf, wird die Wirkstofffreisetzung aus einer festen Darreichungsform wie z.B. einer Tablette ebenfalls verzögert. Bei der Auflösung des Salzes entsteht an der Oberfläche der Tablette und in den Hohlräumen ein Gel bzw. eine hochviskose Lösung, die das weitere Vordringen des Wassers in den Tablettenkern behindert und den Zerfall verlangsamt. Durch diesen Effekt wie auch durch den verringerten Diffusionskoeffizienten der Arzneistoffmoleküle durch Areale mit hoher Viskosität wird die Freisetzung des Arzneistoffes verzögert. Insofern sind gelbildende Polymere zur Herstellung von schnellfreisetzenden Formen ungeeignet, bei denen ein schwerlöslicher Arzneistoff schnell aufgelöst werden soll und der gesamten Magen- und Dünndarmoberfläche zur Resorption darge- boten werden soll.
In EP 021 1268 werden Minoxidilsalze mit polymeren Polyanionen beschrieben, die eine Freisetzungsverzögerung aufweisen und zur dermalen Applikation verwendet werden. Minoxidil ist ein Arzneistoff der 4 zur Salzbildung befähigte Gruppen enthält und die entsprechenden polymeren Salze waren schlechter löslich als das Hydrochlorid. Durch die zahlreichen zur Salzbildung be- fähigten Gruppen ist die Dissoziation des Salzes stark vermindert und die Löslichkeit gegenüber dem Hydrochlorid nicht verbessert. Orale Applikationen sind nicht beschrieben.
In US 4997643 wird ein biokompatibles, filmbildendes Delivery System für die topische Applikation beschrieben, das ein polymeres Salz mit einer carboxylgruppentragenden Komponente beinhaltet. Als Arzneistoff wird ebenfalls Minoxidil eingesetzt, der die o.g. Besonderheiten aufweist. Orale Anwendungen sind nicht beschrieben. In US 4248855 werden flüssige Zubereitungen beansprucht, die Salze aus basischen Arzneistoffen und wasserunlöslichen Polymeren enthalten, und die einen Retardeffekt besitzen. Durch die Verwendung von wasserunlöslichen Polymeren zeigen die Zubereitungen keine schnelle Freisetzung und keine hohe Löslichkeit über einen großen pH-Bereich.
Aus der US 5736127 ist bekannt, dass aus basischen Arzneistoffen und Polymeren, die durch partielle Hydrolyse von gelbildendenden Polyacrylnitrilen erhalten werden, Salze gebildet werden können. Aufgrund der hohen Molekulargewichte sind die Polymeren gelbildend, wodurch die Freisetzung der Wirkstoffe verzögert wird. Eine Eignung für schnell freisetzende Tabletten ist nicht gegeben.
In der US 4205060 werden Mikrokapseln mit verzögerter Freisetzung beschrieben, die im Kern ein Salz eines basischen Arzneistoffes mit einem carboxylgruppenhaltigen Polymer enthalten und der mit einem wasserunlöslichen Polymer umhüllt ist. Durch das carboxylgruppenhaltige Polymer wird die Freisetzung der verwendeten löslichen Arzneistoffe vermindert.
Salze des Ranitidins mit Polycarbonsäuren sind in EP 0721785 beschrieben. Die Polycarbon- säuren binden das Ranitidin und sollen dessen Bitterkeit herabsetzen. Allerdings sind nieder- molekulare Salze des Ranitidin gut löslich, so dass die Polycarbonsäuren lediglich die Beweglichkeit und Diffusion des Ranitidins einschränken, so dass es nicht so schnell an die Bitterrezeptoren gelangt.
In der WO 2007/141 182 ist die Verwendung von Copolymeren des Vinylacetats mit Sulfonat- gruppen enthaltenden sauren Monomeren zur Solubilisierung schwerlöslicher Wirkstoffe be- schrieben. Diese Copolymere weisen jedoch aufgrund des sehr sauren Charakters der Sul- fonatgruppe erhebliche Nachteile in der Anwendung auf, da sie schnell zu einer Korrosion aller metallischen Werkstoffe, mit denen sie in Kontakt kommen, aufweisen.
In der US 4,853,439 werden wasserlösliche Komplexe von Homo- oder Copolymeren des N- Vinylpyrrolidons mit wasserunlöslichen Wirkstoffen beschrieben. Unter den Copolymeren sind ganz allgemein solche beschrieben, die säuregruppenhaltige Monomere wie Acrylsäure enthalten können. Konkret beschrieben ist jedoch nur ein Copolymer mit Maleinsäureanhydrid, dass aufgrund physikalischer Eigenschaften wie Farbe, Reinheit und Viskosität für den pharmazeutischen Anwender nicht akzeptabel ist.
H. Uelzmann, Journal of Polymer Science, Vol. XXXIII, S. 377-379 (1958) beschreibt ohne An- gaben zu einer möglichen Verwendung relativ höhermolekulare Copolymere aus Acrylsäure und N-Vinylpyrrolidon mit unterscheidlichen molaren Anteilen, wobei solche Copolymere mit molaren Verhältnissen von 1 :1 oder 1 :2 AA:VP zwar in konzentrierter Form (50 gew.-%ig) in
Wasser löslich sind. Bei Verdünnung mit Wasser auf beispielsweise 5 gew.-%ige Mischungen, fällt das Copolymer jedoch aus. Die Copolymere sind auch in verdünnter Salzsäure nicht löslich. Ein solches Löslichkeitsverhalten ist für die Anwendung zur Löslichkeitsverbesserung von pharmazeutischen Wirkstoffen nicht akzeptabel. Das Homopolymer des N-Vinylpyrrolidons ist zwar als Matrixpolymer für feste Lösungen von schwerlöslichen Wirkstoffen zur Verbesserung der Löslichkeit und Bioverfügbarkeit seit langem bekannt, jedoch weisen feste Lösungen Nachteile bei der Langzeitstabilität auf. Feste Lösungen sind thermodynamisch häufig nicht ausreichend stabil gegen eine Rekristallisation des Wirkstoffs. Da eine Rekristallisation des Wirkstoffs aber große Auswirkungen auf das Freisetzungs- profil und die Bioverfügbarkeit haben kann, sind aus Sicht der Arzneimittelsicherheit nicht ausreichend thermodynamisch stabile Systeme nachteilig.
Aus der WO 2009/074609 sind polymere Wirkstoffsalze bekannt, die einen hohen Anteil an säu- regruppenhaltigen Monomeren aufweisen. Konkret beschrieben sind polymere Gegenionen, die mindestens 80 Gew.-% an carboxylgruppenhaltigen Monomeren wie der Acrylsäure enthalten. Es hat sich jedoch gezeigt, dass diese hochcarboxylgruppenhaltigen Polymere trotz ihrer guten Löslichkeit in der Anwendung Nachteile aufweisen. So neigen sie bei Temperaturbelastung zur Decarboxylierung. Auch sonst weisen sie hinsichtlich der Lagerstabilität Nachteile auf. Durch den hohen Carboxylgruppengehalt besteht ein größeres Risiko der Wechselwirkung der überschüssigen sauren Gruppen und damit der Schädigung der Wirkstoffe an sensiblen Bindungs- stellen. Hinzu kommt, dass je nach Struktur des Polymers, insbesondere aber bei den reinen Polyacrylsäuren, auch die Viskosität einer wässrigen Lösung bei der Herstellung der Salze durch Sprühverfahren von Nachteil sein kann, weil entweder nur sehr verdünnte Lösungen eingesetzt werden können oder vor dem Sprühvorgang ein Erhitzen notwendig ist, um eine klare Sprühlösung zu erhalten. Mangelnde Stabilität des Wirkstoffs oder des Wirkstoffsalzes gegen Zersetzung oder Verfärbung der Formulierungen sind aus Sicht eines pharmazeutischen Unternehmers nicht akzeptabel, ebenso wenig wie im Nahrungsergänzungsmittel- oder Tierfutterbereich oder bei Kosmetika.
Aufgabe der vorliegenden Erfindung war es, Wirkstoffsalze zu finden, die die Nachteile des Standes der Technik zu vermeiden helfen und bei guter Stabilität eine im Vergleich zum entsprechenden Hydrochloridsalz schnellere Freisetzung des Wirkstoffs ermöglichen. Weiterhin sollten die gesuchten Wirkstoffsalze auch pH-unabhängig und konzentrationsunabhängig löslich sein.
Demgemäß wurden polymere Salze von in Wasser schwerlöslichen Wirkstoffen, bestehend aus einem kationogenen Wirkstoff, welcher in nicht geladener Form oder als Hydrochlorid eine Löslichkeit von kleiner 0.1 % (m/m) in Wasser, künstlichem Darmsaft oder Magensaft aufweist, und
einem anionogenen wasserlöslichen Polymer, welches im pH-Bereich von 3 bis 1 1 eine Wasserlöslichkeit größer von 10 % (m/m) aufweist und durch radikalisch initiierte Polymerisation einer Monomerenmischung aus i) 70 bis 90 Gew.-% N-Vinypyrrolidon und ii) 10 bis 30 Gew.-% Acrylsäure, wobei die Summe von i) und ii) 100 Gew.-% entspricht, erhalten wird. Die polymeren Salze sind wasserlöslich, was bedeutet, dass sie in Wasser bei Standardbedingungen eine Löslichkeit aufweisen, die größer ist als die der entsprechenden Hydrochloride. Insbesondere ist die Wasserlöslichkeit, bezogen auf die Wasserlöslichkeit des Hydrochlorids, mehr als 50 % höher.
Weiterhin wurden Verfahren zur Herstellung der polymeren Salze sowie deren Verwendung ge- funden.
Geeignete Wirkstoffe im Sinne der Erfindung sind kationogene, in Wasser schwerlösliche Wirkstoffe.
„Kationogen" bedeutet, dass der Wirkstoff in der Lage ist Kationen zu bilden und„ in Wasser schwerlöslich" bedeutet, dass die Wirkstoffe im Sinne der Erfindung solche sind, die in nicht ge- ladener Form oder als Hydrochlorid Löslichkeiten von kleiner 0,1 % (m/m) in Wasser, künstlichem Darmsaft oder Magensaft aufweisen (bei 20 +/- 5 °C und Standardluftdruck von 1013,25 hPa) .
Prinzipiell sind alle in Wasser schwerlöslichen pharmazeutischen Wirkstoffe, Nutraceuticals, Lebensmittel- oder Futtermittelzusatzstoffe geeignet, die eine für eine Salzbildung ausreichende Basizität aufweisen.
Bevorzugte kationogene Wirkstoffe weisen mindestens eine und höchstens zwei zur Salzbildung befähigten Gruppen auf.
Insbesondere handelt es sich bei den kationogenen Wirkstoffen um pharmazeutische Wirkstoffe.
Durch die beschriebene Salzbildung lassen sich auch Arzneistoffe in Lösung bringen, bei denen weder die neutrale Form noch die entsprechenden niedermolekularen Salze wasserlöslich sind. Bei diesen Arzneistoffen ist dann die Auflösung im Magen- und Darmtrakt sehr langsam und somit limitierend für die Resorption, wodurch häufig eine niedrige Bioverfügbarkeit resultiert (ge- mäß dem Biopharmaceutical Classification System: Wirkstoffe der Klasse II (Amidon et al., Pharm. Res. 12, 413-420)).
Die pharmazeutischen Wirkstoffe können dabei aus jedem Indikationsbereich kommen.
Als Beispiele seien hier Antihypertensiva, Vitamine, Cytostatika - insbesondere Taxol, Anästhe- tika, Neuroleptika, Antidepressiva, Antibiotika, Antimykotika, Fungizide, Chemotherapeutika,
Urologika, Thrombozytenaggregationshemmer, Sulfonamide, Spasmolytika, Hormone, Immunglobuline, Sera, Schilddrüsentherapeutika, Psychopharmaka, Parkinsonmittel und andere Anti- hyperkinetika, Ophthalmika, Neuropathiepräparate, Calciumstoffwechselregulatoren, Muskelre- laxantia, Narkosemittel, Lipidsenker, Lebertherapeutika, Koronarmittel, Kardiaka, Immunthera- peutika, regulatorische Peptide und ihre Hemmstoffe, Hypnotika, Sedativa, Gynäkologika, Gichtmittel, Fibrinolytika, Enzympräparate und Transportproteine, Enzyminhibitoren, Emetika, Abmagerungsmittel durchblutungsfördernde Mittel, Diuretika, Diagnostika, Corticoide, Choliner- gika, Gallenwegstherapeutika, Antiasthmatika, Broncholytika, Betarezeptorenblocker, Calciumantagonisten, ACE-Hemmer, Arteriosklerosemittel, Antiphlogistika, Antikoagulantia, Antihy- potonika, Antihypoglykämika, Antihypertonika, Antifibrinolytika, Antiepileptika, Antiemetika, Antidote, Antidiabetika, Antiarrhythmika, Antianämika, Antiallergika, Anthelmintika, Analgetika, Anal- eptika, Aldosteronantagonisten oder antivirale Wirkstoffe oder Wirkstoffe zur Behandlung von HIV-Infektionen und des AI D-Syndroms genannt. Als anionogene Polymere werden erfindungsgemäß solche Polymere bezeichnet, die in der Lage sind Anionen zu bilden. Erfindungsgemäß beruht diese Eigenschaft auf der Gegenwart von Carboxylgruppen.
Die erfindungsgemäßen anionogenen Polymere sind alle pH-unabhängig im gesamten pH-Bereich von pH 1 bis pH 13 wasserlöslich. Wasserlöslich bedeutet, dass mindestens 5 % (m/m) Polymer in Wasser klar löslich sind. In den klaren Lösungen ist optisch ist keine Trübung zu erkennen.
Insbesondere weisen die anionogenen Polymere im pH-Bereich von 3 bis 1 1 eine Wasserlöslichkeit größer 10 % (m/m) auf.
Alle Angaben zur Wasserlöslichkeit beziehen sich bei allen erfindungsgemäß verwendeten an- ionogenen Polymeren auf Standardbedingungen von 20 +/- 5 °C und Standardluftdruck von 1013,25 hPa.
Die Angabe (m/m) bedeutet Massenanteile.
Die erfindungsgemäßen anionogenen Polymere weisen in Wasser und in 0.08 m Salzsäure als Lösemittel im Konzentrationsbereich von 5 Gew.-% bis 50 Gew.-%, bezogen auf Polymer in Lösemittel, keine Mischungslücke auf.„Keine Mischungslücke" bedeutet, dass die Polymere im Lösemittel klar löslich sind, dass also optisch keine Trübung zu erkennen ist.
Die erfindungsgemäß verwendeten anionogenen Polymere bilden in Wasser optisch klare Lösungen aus, die auch lagerstabil sind.„Lagerstabil" bedeutet, dass die wässrigen Polymerlösun- gen in dem oben erwähnten Konzentrationsbereich bei Lagerung bei 40 °C und Standarddruck nach sechs Monaten keinen Bodensatz aufweisen.„Kein Bodensatz" bedeutet, dass weniger
als 1 Gew.-% des bei der Herstellung der Lösung eingesetzten Polymers aus der Lösung ausfallen. Bevorzugt sind anionogene Polymere, die bei Lagerung unter den genannten Bedingungen in einem wässrigen Lösungsmedium zu weniger als 0.1 Gew.- %, bezogen auf die Menge des eingesetzten anionogenen Polymers, ausfallen. Alle genannten anionogenen Polymere sind in Lösungsmitteln, insbesondere in Wasser, nicht gelbildend. Nicht gelbildend bedeutet, dass sie keine dreidimensionalen Netzwerke ausbilden und daher keine Poren enthalten, in denen sich Lösungsmittelmoleküle einlagern könnten.
Die anionogenen Polymere weisen K-Werte nach Fikentscher, gemessen in einer 5 gew-%igen wässrigen Lösung von kleiner 30, besonders bevorzugt kleiner 20 auf. Dieser K-Wert ist eine Kennzahl für die Viskosität der Lösung, die wiederum bei diesen Polymeren ein Maß für das Molekulargewicht darstellt. Die Glasübergangstemperaturen berechnet nach der FOX-Glei- chung liegen im Bereich von 140 bis 160 °C:
Xj = Massenanteil des Comonomers im Polymer TG i= Glasübergangstemperatur des Homopolymers des entsprechenden Comonomers TG= Glasübergangstemperatur des Copolymers
Die Glasübergangstemperaturen können auch mittels Differential Scanning Calorimetrie bei einer Heizrate von 20 K/min gemessen werden und liegen im Bereich von 130 bis 170 °C.
Wie bereits erwähnt kommen als anionogene wasserlösliche Polymere für die wasserlöslichen polymere Salze von in Wasser schwerlöslichen Wirkstoffen, bestehend aus einem kationoge- nen Wirkstoff, welcher in nicht geladener Form oder als Hydrochlorid eine Löslichkeit von kleiner 0.1 % (m/m) in Wasser, künstlichem Darmsaft oder Magensaft aufweist, solche Polymere in Betracht, welche im gesamten pH-Bereich von 3 bis 1 1 eine Wasserlöslichkeit größer von 10 % (m/m) aufweisen und durch radikalisch initiierte Polymerisation einer Monomerenmischung aus i) 70 bis 90 Gew.-% N-Vinypyrrolidon und ii) 10 bis 30 Gew.-% Acrylsäure, wobei die Summe von i) und ii) 100 Gew.-% entspricht, erhalten werden.
Bevorzugt werden anionogene Polymere, welche im gesamten pH-Bereich von 3 bis 1 1 eine Wasserlöslichkeit größer von 10 % (m/m) aufweisen und durch radikalisch initiierte Polymerisation einer Monomerenmischung aus i) 75 bis 85 Gew.-% N-Vinypyrrolidon und ii) 15 bis 25 Gew.-% Acrylsäure, wobei die Summe von i) und ii) 100 Gew.-% entspricht, erhalten werden.
Besonders bevorzugt wird ein anionogenes Polymer verwendet, welche im gesamten pH-Bereich von 3 bis 1 1 eine Wasserlöslichkeit größer von 10 % (m/m) aufweist und durch radikalisch
initiierte Polymerisation einer Monomerenmischung aus i) 80 Gew.-% N-Vinypyrrolidon und ii) 20Gew.-% Acrylsäure, wobei die Summe von i) und ii) 100 Gew.-% entspricht erhalten wird.
Die Herstellung der erfindungsgemäßen Polymere kann auf an sich übliche Weise durch radika- lische Polymerisation erfolgen. Vorzugsweise erfolgt die Polymerisation als Lösungspolymerisation in organischen Lösungsmitteln, vorzugsweise in Alkoholen, insbesondere in Isoproanol. Solche Verfahren sind dem Fachmann an sich bekannt. Geeignete Initiatoren sind beispielsweise organische Peroxide wie tertiär-Butylperpivalat oder alkohollösliche Azostarter.
Die Polymerisation kann bei Temperaturen von 50 bis 130 °C und Drücken von 0,1 bis 1 ,5 MPa erfolgen.
Es kann sich auch empfehlen, die Polymerisation in Gegenwart von Reglern, beispielsweise von Natriumhypophosphit, durchzuführen.
Die Polymerisation kann kontinuierlich oder als Batch-Verfahren erfolgen, bevorzugt werden die Polymere über Zulaufverfahren erhalten. Gemäß einer Ausführungsform der Erfindung wird zunächst das Natriumsalz des Copolymers durch radikalische Copolymerisation von N-Vinypyrrolidon und Natriumacrylat hergestellt, welches dann durch lonenaustausch in das freie saure Copolymer überführt werden kann.
Die Überführung der Polymerlösungen in die feste Form kann ebenfalls nach üblichen Verfahren durch Sprühtrocknung, Gefriertrocknung oder Walzentrocknung erfolgen. Gemäß einer besonders bevorzugten Ausführungsform weisen die Polymere K-Werte im Bereich von größer 10 und kleiner 20 auf.
Bei der Herstellung der erfindungsgemäßen Polymeren ist vorzugsweise darauf zu achten, dass diese keine niedermolekulare Anionen wie z. B. Chlorid, Sulfat, etc. aufweisen, die zu Schwerlöslichen Salzen mit Wirkstoffen führen können.
Gemäß einer Ausführungsform der Erfindung werden die wasserlöslichen Salze von Wirkstoffen erhalten, indem ein bei pH-Werten 1-13 wasserlösliches anionogenes Polymer und ein Wasser schwerlöslicher kationogener Wirkstoff , welcher in nicht geladener Form oder als Hydrochlorid eine Löslichkeit von kleiner 0.1 % (m/m) in Wasser, künstlichem Darmsaft oder Magensaft auf- weist, in einem wässrigen Lösungsmedium aufgelöst werden und das polymere Wirkstoffsalz aus der Lösung isoliert wird. Das Lösungsmedium kann auch ein Lösungsmittelgemisch sein. Wässriges Lösungsmedium bedeutet, dass das Lösungsmedium nur aus Wasser als Lösungsmittel besteht oder ein Gemisch von Wasser und organischem Lösungsmittel darstellt. Als organische Lösungsmittel(gemische) im wässrigen Lösungsmedium eignen sich solche organsi- chen Lösungsmittel, die mit Wasser unbegrenzt mischbar sind ohne zwei getrennte Phasen zu
bilden. Insbesondere eignen sich Methanol, Ethanol, Ethanol-Isopropanol im Verhältnis 9:1 , isopropanol, Tetrahydrofuran, Aceton, Acetonitril oder Dimethylformamidoder Gemische davon.
Gemäß einer Ausführungsform der Erfindung werden der kationogene Wirkstoff und das anionogenen Polymer gemeinsam nur in Wasser in Abwesenheit eines organischen Lösungsmit- tels aufgelöst. Die Schwerlöslichkeit des Wirkstoffs steht dieser Vorgehensweise nicht entgegen, da die Anwesenheit des anionogenen Polymers solubilisierend auf den Wirkstoff wirkt. Das Lösen kann auch bei erhöhten Temperaturen (30 - 200°C) und unter Druck erfolgen.
Die Feststoffgehalte der Lösungen werden so gewählt, dass sie im Bereich von 5 bis 60 Gew.- % vorzugsweise 5 bis 40 Gew.-%, Feststoffgehalt liegen. Selbstverständlich können die in wässriger Lösung vorliegenden polymeren Wirkstoff salze ohne Trocknung zu flüssigen pharmazeutischen Darreichungsformen wie z.B. Tropfen, Sirupe, Säfte verarbeitet werden. Hierbei erfolgt die Zugabe der weiteren Arzneimittelhilfsstoffe in der Regel direkt in die wässrige Lösung.
Gemäß einer Ausführungsform der Erfindung wird das polymere Wirkstoffsalz durch Trocknung einer oben beschriebenen Lösung isoliert. Prinzipiell sind alle Trocknungsarten möglich, wie z.B. Sprühtrocknung, Wirbelschichttrocknung, Schaufeltrocknung, Gefriertrocknung, Vakuumtrocknung, Bandtrocknung, Walzentrocknung, Schleppgastrocknung oder Eindampfen.
Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung erfolgt die Herstellung der festen Wirkstoffsalze durch Sprühtrocknung. Die Lösung wird dabei auf an sich bekannte Weise mit üblichen Sprühvorrichtungen wie Ein-oder Zweistoffdüsen oder über Scheiben zerstäubt und mit Hilfe eines Trocknungsgases, welches im Gleichstrom oder im Gegenstrom geführt werden kann, sprühgetrocknet. Als Trocknungsgase kommen Gase wie Luft oder bevorzugt Stickstoff in Betracht. Die Turmeingangstemperatur des Trocknungsgases kann im Bereich von 120 bis 200 °C liegen, bevorzugt 150 bis 170 °C. Die Ausgangstemperatur des Trocknungsgases ist abhängig von der Konzentration der Sprühlösung, der Turmgeometrie und der Art des eingesetzten Wirkstoffs.
Prinzipiell können die Umsetzungen zur Salzbildung auch in einem Mischer durch Befeuchtung mit Wasser oder einem wässrigen Lösungsmittelmedium als Feuchtgranulation durchgeführt werden. Granulate im weiteren Sinn sind auch mittels der Feuchtextrusion mit anschließender Sphäronisation herstellbar. Die resultierenden Pellets lassen sich dann als Multiple Dosage Form in Hartkapseln abfüllen.
Gemäß einer weiteren Ausführungsform der Erfindung wird das polymere Arzneistoffsalz aus der Lösung durch Präzipitation infolge einer Abkühlung oder einer Zugabe eines Nichtlösungs- mittels gewonnen. Der Wirkstoff und das Polymer werden in Wasser oder einem organischen Lösungsmittel gelöst und anschließend wird schnell die Temperatur abgesenkt oder ein mit Wasser oder dem organischen Lösungsmittel mischbares Nichtlösungsmittel hinzugegeben. Dabei kommt es zur Ausfällung des polymeren Salzes, das dann abfiltriert oder abzentrifugiert
wird und getrocknet wird. Geeignete Nichtlosungsmittel sind beispielsweise Aceton, Isopropanol oder n-Butanol.
Gemäß einer weiteren Ausführungsform der Erfindung erfolgt die Herstellung des polymeren Salzes über eine feste Lösung, die durch Schmelzprozesse erhalten werden kann. Diese Aus- führungsform empfiehlt sich, wenn die Löslichkeit des kationogenen Wirkstoffs in wässrig-orga- nischen Lösungsmedien, die für die industrielle Anwendung geeignet sind, zu gering ist. Gemäß dieser Ausführungsform können anionogenes Polymer und kationogener Wirkstoff zunächst miteinander aufgeschmolzen werden. Das Aufschmelzen erfolgt vorzugsweise in einem Extruder wie einem Doppelschneckenextruder. Durch den gleichzeitigen Eintrag von Temperatur und Scherkräften können die Komponenten in der Schmelze gelöst werden und nach Abkühlen eine amorphe feste Lösung erhalten werden, in der der Wirkstoff molekulardispers in der Polymermatrix eingebettet vorliegt. Welche Temperatur für ein solches Aufschmelzen gewählt wird, hängt unter anderem vom Schmelzpunkt des Wirkstoffs und dem daraus resultierenden
Schmelzpunkt der Mischung ab. Die so erhaltene feste Lösung wird in einem nachgeschalteten Schritt kontrolliert mit Wasser in Kontakt gebracht, um die Salzbildung zu erzielen. Dies kann durch Befeuchten in der Wirbelschicht, im Eintopf-Prozessor (kann Mischen, Granulieren und Trocknen), im Mischer-Granulator, zum Beispiel in einem Diosna-Mischer, oder im Extruder erfolgen.
Vorzugweise erfolgt eine solche kontrollierte Befeuchtung in einer Wirbelschicht. Hierzu eignet sich jede übliche Wirbelschichtvorrichtung. Die feste Lösung wird dabei in der Wirbelschicht vorgelegt und durch Besprühen mit Wasser in die Salzform umgewandelt.
Das Wasser wird nach dem Befeuchten wieder abgetrocknet, so dass das feste trockene poly- mere Salz entsteht, ggf. kann auch auf definierte Restfeuchten eingestellt werden. Der Sprühlösung können weitere Hilfsstoffe zugesetzt sein, wenn zum Beispiel neben dem Befeuchten auch eine Granulation der polymeren Salzpartikel erfolgen soll. Auch können Hilfsstoffe verwendet werden, die eine Modifikation der Freisetzung aus der späteren Darreichungsform, in der Regel eine Tablette oder Kapsel, ermöglichen.
Je nach Trocknungsprozess fallen die festen polymeren Wirkstoffsalze als feinteilige Pulver o- der als Granulate an. Üblicherweise liegen die mittleren Teilchengrößen im Bereich von 5 bis 500 μηη als mittlerer Volumendurchmesser Die erfindungsgemäßen polymeren Wirkstoffsalze sind immer amorph, sodass Probleme wie bei niedermolekularen Salzen, dass der amorphe Zustand durch äußere Einflüsse oder im Laufe der Lagerung in einen thermodynamisch stabilen kristallinen Zustand übergehen kann, vermieden werden. Der amorphe Zustand der erfindungsgemäßen Salze ist somit ein thermodynamisch stabiler Zustand, weil es für solche Stoffe keinen energieärmeren gibt. Somit unterscheiden sich die polymeren Salze prinzipiell von den niedermolekularen Salzen.
Der amorphe Zustand der polymeren Wirkstoffsalze kann durch Pulverröntgendiffraktion festgestellt werden. Der sogenannte„röntgenamorphe" Zustand der polymeren Wirkstoffsalze bedeutet, dass der kristalline Anteil des polymeren Wirkstoffsalzes weniger als 5 Gew.-% beträgt.
Auch mit Hilfe eines DSC Thermogramms (Differential Scanning Calorimetry) kann der amor- phe Zustand der polymeren Salze untersucht werden. Die erfindungsgemäßen polymeren Salze weisen keine Schmelzpeaks auf, sondern lediglich eine Glasübergangstemperatur. Üblicherweise werden die Glasübergangstemperaturen bei einer Heizrate von 20 K/min gemessen. Welche Glasübergangstemperaturen vorliegen, hängt wesentlich vom kationogenen Wirkstoff ab. Die Überprüfung der Salzbildung kann mit Hilfe der Mikrokalorimetrie erfolgen. In der einschlägigen Fachliteratur wird als typische Energie für lon-lon-Wechselwirkungen ein Bereich von 100 bis 500 kJ/mol angegeben, während Wasserstoffbrückenbindungen typische Bindungsenergien im Bereich von 20 bis 50 kJ/mol, aufweisen, lon-Dipol-Wechselwirkungen im Bereich von 15 kJ/mol und Dipol-dipol- oder Van-der-Waals-Wechselwirkungen im Bereich von 2 kJ/mol liegen. Mittels der Lösungskalorimetrie kann die Lösungsenthalpie der Wirkstoff- Polymer Verbindung ermittelt werden. Bei der Lösungskalorimetrie werden die verschieden präparierten Formulierungen in einem Lösungsmittel gelöst, um dabei die Lösungsenthalpie zu bestimmen. Je nach Lösungsenthalpie kann die Art der Bindung bestimmt werden. Eine Substanz mit lonenbindung muss eine andere Lösungsenthalpie haben als ein Produkt mit einer anderen Bindungsart, Wasserstoff brücken, van der Waals-Wechselwirkungen.
Die Bindungsenergie kann auch als sogenannte Isotherme Titrationskalorimetrie(ITC) oder Re- aktionskalorimetrie bestimmt werden. Dabei wird ein Reaktionspartner vorgelegt und ein zweiter Reaktionspartner sukzessive zugegeben. Nach jedem Zugabeschritt wird die resultierende Temperaturveränderung registriert und ausgeglichen. Die ermittelten Bindungsenthalpien liegen im Bereich der lon-lon-Wechselwirkungen. Die polymeren Wirkstoffsalze sind also echte Salze.
Das bei niedermolekularen Salzen häufig auftretende Problem, dass die Salze schlecht kristallisieren bzw. mit niedrigen Schmelzpunkten anfallen, was die Handhabung erschwert, wird bei den beschriebenen polymeren Salzen vermieden. Bei der Herstellung der erfindungsgemäßen festen Dosierungsformen können gegebenenfalls übliche pharmazeutische Hilfsstoffe mitverarbeitet werden. Dabei handelt es sich um Stoffe aus der Klasse der Füllstoffe, Weichmacher, Löslichkeitsvermittler, Bindemittel, Silikate sowie Spreng- und Adsorptionsmittel, Schmiermittel, Fließmittel, Farbstoffe, Stabilisatoren wie Antioxidantien, Netzmittel, Konservierungsmittel, Formentrennmittel, Aromen oder Süßstoffe, bevor- zugt um Füllstoffe, Weichmacher und Löslichkeitsvermittler.
Als Füllstoffe können z.B. anorganische Füllstoffe wie Oxide von Magnesium, Aluminium, Sil i— cium, Titan- oder Calciumcarbonat, Calcium- oder Magnesiumphosphate oder organische Füllstoffe wie Lactose, Saccharose, Sorbit, Mannit zugesetzt werden. Als Weichmacher eignen sich beispielsweise Triacetin, Triethylcitrat, Glycerolmonostearat, niedermolekulare Polyethylenglykole oder Poloxamere.
Als zusätzliche Löslichkeitvermittler eignen sich grenzflächenaktive Substanzen mit einem HLB- Wert (Hydrophilic-Lipophilic-Balance) größer 1 1 , beispielsweise mit 40 Ethylenoxid-Einheitten ethoxiliertes hydriertes Ricinusöl (Cremophor® RH 40), mit 35 Ethylenoxid-Einheiten ethoxilier- tes Ricinusöl (Cremophor EL), Polysorbat 80, Poloxamere oder Natriumlaurylsulfat.
Als Schmiermittel können Stearate von Aluminium, Calcium, Magnesium und Zinn, sowie Magnesiumsilikat, Silikone und ähnliche verwendet werden. Als Fließmittel können beispielsweise Talk oder kolloidales Siliciumdioxid eingesetzt werden.
Als Bindemittel eignet sich zum Beispiel mikrokristalline Cellulose.
Als Sprengmittel können quervernetztes Polyvinylpyrrolidon oder quervernetzte Natriumcar- boxymethylstärke sein. Stabilisatoren können sein Ascorbinsäure oder Tocopherol.
Farbstoffe sind z.B. Eisenoxide, Titandioxid, Tnphenylmethanfarbstoffe, Azofarbstoffe, Chinolin- farbstoffe, Indigotinfarbstoffe, Carotinoide, um die Darreichungsformen einzufärben, Opakisie- rungsmittel wie Titandiodid oder Talkum, um die Lichtdurchlässigkeit zu erhöhen und um Farb- Stoffe einzusparen.
Die erfindungsgemäßen Salze lassen sich zu vielen verschiedenen Darreichungsformen formulieren, wie z. B. Tabletten, Kapseln, Granulate, Pulver, Drug Delivery Systeme, Lösungen, Sup- positorien, transdermale Systeme, Cremes, Gele, Lotionen, Injektionslösungen, Tropfen, Säfte, Sirupe. Durch den Zusatz von thermoplastischen Retardierungsmitteln wie Polyvinylacetat-Homopoly- meren oder Formulierungen solcher Polyvinylacetat-Homopolymeren, weiterhin als Retardpolymeren auf Acrylatbasis bekannten Eudragit®-Typen RS, RL oder NE oder NM, lässt sich die Freisetzung verlangsamen. Auf diese Weise können verlässlich freisetzende Retardformen schwerlöslicher Arzneistoffe hergestellt werden.
Die erfindungsgemäßen polymeren Salze aus einer polymeren Anion-Komponente und einem kationischen Wirkstoff, besitzen eine ausgezeichnete Verarbeitbarkeit zu Darreichungsformen, insbesondere hinsichtlich der Tablettierbarkeit. Daher lassen sich Tabletten mit einem Durchmesser von 10mm und 300 mg Gewicht herstellen, die eine Bruchfestigkeit von über 200 N be- sitzen. Das polymere Anion wirkt daher gleichzeitig als Bindemittel und verleiht der Tablettenrezeptur eine enorme Plastizität. Hingegen sind niedermolekulare Salze häufig sehr spröde und schlecht tablettierbar.
Die erfindungsgemäßen polymeren Salze von Wirkstoffen lassen sich ausgezeichnet granulieren und zu Tabletten verpressen, die aufgrund der hohen Löslichkeit in wässrigen Medien eine äußerst schnelle Wirkstofffreisetzung zeigen wird. Durch die verbesserte Löslichkeit wird eine erheblich verbesserte Bioverfügbarkeit erzielt. Die Löslichkeit beträgt üblicherweise 0.05 bis 5 % (Gew.-Teile Arzneistoff/ Gew.-Teile Wasser). Zudem ist die Bioverfügbarkeit viel reproduzierbarer, d.h. es gibt geringere interindividuelle Schwankungen.
Beispiele
Abkürzungen/Methoden VE-Wasser: vollentsalztes Wasser
Prozentangaben beziehen sich, sofern nicht anders angegeben, auf Gewichtsprozente.
Pulver-Röntgendiffraktometrie Messgerät: Advance D8 Serie 2 mit Mehrfachprobenwechsler Primärseitig: Cu-Anode, Divergenzblende V20 Detektor: V20 mit Sol-X Detektor
Die Trübungsmessung erfolgte gemäß ISO 7027 durch Verhältnismessung von Streulicht und Transmission.
Die Glasübergangstemperaturen wurden mittels DSC bei einer Heizrate von 20 K min bestimmt.
Beispiel 1
Copolymer aus 80 Gew.-% N-Vinylpyrrolidon (VP) und 20 Gew.-% Acrylsäure (AS) Apparatur:
2 I - Reaktor mit Ankerrührer, Rückflußkühler, Stickstoffeinleitung (über Flüssigkeits-spiegel) und temperierbarem Ölbad. 2 Zulaufgefäße je 1000 ml. Temperaturmessung im Polymerisationsgefäß und im Ölbad jeweils via Pt100 Fühler.
Zuläufe Menge Einsatzstoff
Vorlage 210,0 g iso-Propanol
30,0 g N-Vinylpyrrolidon
10,6 g Teilmenge von Zulauf 2
Zulauf 1 399,0 g iso-Propanol
210,0 g N-Vinylpyrrolidon
60,0 g Acrylsäure
Zulauf 2 100,0 g iso-Propanol
6,0 g tert.-Butylperpivalat, 75%ig
Die Vorlage wurde unter leichtem Stickstoffstrom auf 75°C Innentemperatur aufgeheizt. Bei Erreichen einer Innentemperatur von 75°C wurde die Teilmenge des Zulaufes 2 zugegeben. Da- nach wurden der Zulauf 1 und die Restmenge des Zulaufs 2 gestartet. Der Zulauf 1 wurde in 6 Stunden und die Restmenge des Zulaufs 2 in 9 Stunden zudosiert.
Anschliessend wurde das Reaktionsgemisch noch einer Wasserdampfdestilliation unterzogen, um das Lösungsmittel Isopropanol zu verdrängen.
Feststoffgehalt FG (Gew.%) 30,5 K-Wert (5 %ig in Wasser) 16,5
FNU-Wert (5 %ig in Wasser) 0,7
Tg (°C) 165 (gemessen mittels DSC; berechnet 150 °C, s.o.)
Isopropanol (ppm) 2800 Aussehen: Wasserklare niedrigviskose wässrige Lösung.
Beispiel 2
Es wurde wie in Beispiel 1 gearbeitet, allerdings wurde der Zulauf 1 in 4 Stunden und die Restmenge des Zulaufs 2 in 6 Stunden zudosiert.
Nach dem Ende des Zulaufes 2 wurde noch 1 Stunde bei einer Innentemperatur von 75°C nachpolymerisiert.
FG (Gew.%) 30,8
K-Wert (5 %ig in Wasser) 17,8
FNU-Wert (5 %ig in Wasser) 0,6
Tg (°C) 164 (DSC, 20 K/min) Isopropanol (ppm) 2600
Aussehen: Wasserklare niedrigviskose wässrige Lösung.
Beispiel 3
Copolymer aus 70 Gew.-% VP und 30 Gew.% AS Die Herstellung erfolgte analog Beispiel 1 , wobei der Zulauf 1 180 g Vinylpyrrolidon und 90 g
Acrylsäure enthielt. FG (Gew.%) 30,4
K-Wert (5 %ig in Wasser) 15,8
FNU-Wert (5 %ig in Wasser) 1 ,5
Tg (°C) 144 (berechnet)
Isopropanol (ppm) 2200
Aussehen: Wasserklare niedrigviskose wässrige Lösung.
Beispiel 4 Copolymer aus 90 Gew.-% VP und 10 Gew.% AS
Die Herstellung erfolgte analog Beispiel 1 , wobei der Zulauf 1 240 g Vinylpyrrolidon und 30 g Acrylsäure enthielt.
FG (Gew.%) 30,3
K-Wert (5 %ig in Wasser) 16,7
FNU-Wert (5 %ig in Wasser) 0,6
Tg (°C) 156 (berechnet)
Isopropanol (ppm) 2500
Aussehen: Wasserklare niedrigviskose wässrige Lösung.
Beispiel 5
Copolymer aus 85 Gew.-% VP und 15 Gew.% AS
Die Herstellung erfolgte analog Beispiel 1 , wobei der Zulauf 1 225 g Vinylpyrrolidon und 45 g
Acrylsäure enthielt. FG (Gew.%) 30,5
K-Wert (5 %ig in Wasser) 16,4
FNU-Wert (5 %ig in Wasser) 0,7
Tg (°C) 153 (berechnet)
Isopropanol (ppm) 2100
Aussehen: Wasserklare niedrigviskose wässrige Lösung. Vergleichsbespiel A
Copolymer aus 50 Gew.-% VP und 50 Gew.% AS
Die Herstellung erfolgte analog Beispiel 1 , wobei der Zulauf 1 120 g N-Vinylpyrrolidon und 150 g Acrylsäure enthielt. FG (Gew.%) 31 ,5
K-Wert (5 %ig in Wasser) 12,8 FNU-Wert (5 %ig in Wasser) 3,1 Tg (°C) 132 (berechnet)
Das so erhaltene Polymer mit einem FNU-Wert von 3,1 war bei visueller Begutachtung nicht mehr„wasserklar" sondern leicht trübe.
Beispiel 6
Herstellung von Wirkstoffsalzen durch Sprühtrocknung
750 g des Copolymers VP/AS (80/20) gemäß Beispiel 1 wurden zusammen mit 83,3 g Haloperidol (Base) in 6524,7 g Wasser eingewogen und unter Rühren bei Raumtemperatur gelöst. Die Lösung hatte einen Gesamtfeststoffgehalt von 1 1 ,3 Gew.-%. Die Lösung wurde anschließend in einem Laborsprühturm unter den folgenden Bedingungen sprühgetrocknet:
• Trocknungsgas: Stickstoff; 30 Nm3/h
• Einlasstemperatur (inlet temperature): 155°C
• Auslasstemperatur (outlet temperature): 75°C
• Zerstäubungsdüse: 1 ,4 mm Zweistoffdüse
• Zerstäubungsgas / Zerstäubungsdruck: Stickstoff / 0.2 MPa abs.
• Fördergeschwindigkeit (liquid flow rate): 452,2 g/h
• Produktabscheidung: Zyklon
Eigenschaften des sprühgetrockneten Polymeren Salzes Haloperidol-VP/AS nach der
Sprühtrocknung aus wässriger Lösung:
Restfeuchte (gemessen bei 105°C) 3,38 Gew.-%
Arzneistoffgehalt (gemessen, UV/VIS bei 248 nm) 1 1 ,1 Gew.-%
Zustand Arzneistoff (XRD): röntgenamorph
Glasübergangstemperatur 151 °C (kein Schmelzpunkt) gemessen bei einer Heizrate von 20K/min
Weder im DSC Thermogramm noch in der Röntgendiffraktometrie waren kristalline Wirkstoffanteile zu erkennen.
Die Bestimmung der Freisetzung des Wirkstoffes aus dem sprühgetrockneten polymeren Salz wurde in VE-Wasser durchgeführt. Die Einwaage wurde auf 100 mg Haloperidol pro 250 ml Freisetzungsmedium berechnet. Das entsprechend abgewogene polymere Salz bzw. die abgewogene kristalline Reinsubstanz wurden in Hartgelatinekaspeln abgefüllt. Die folgende Tabelle sowie die graphische Darstellung zeigen die Ergebnisse der Freisetzung von Haloperidol aus dem Polymeren Salz im Vergleich zum kristallinen Arzneistoff.
Freisetzung Polymeres Salz Haloperidol- 0 min 0 % VP/AS (hergestellt aus wässriger Lösung) in 2 min 0,5 %
VE-Wasser 4 min 10,0 %
6 min 40,5 %
8 min 77,2 %
10 min 92,8 %
30 min 96,3 %
60 min 95,8 %
120 min 95,8 %
Kristallines Haloperidol in VE-Wasser 0 min 0,0 %
2 min 0,1 %
4 min 0,2 %
6 min 0,3 %
8 min 0,4 %
10 min 0,6 %
30 min 1 ,5 %
60 min 1 ,8 %
120 min 2,3 %
Bestimmung der Sättigungslöslichkeiten Zur Bestimmung der Verbesserung der Sättigungslöslichkeit von Arzneistoffbasen durch die synthetisierten VP/AS Copolymere, wurde von jedem Copolymer 150 ml einer 15% (m/m) Lösung in VE-Wasser hergestellt. Von jeder der hergestellten Lösungen wurden 7 Penicillingläser mit einem Nennvolumen von 50 ml mit jeweils 20 g der Lösung der Copolymers befüllt. Die verbleibende restliche Polymerlösung wurde verworfen.
Zur Bestimmung der Sättigungslöslichkeit wurde die Bodensatzmethode verwendet. Zu 20 g der Polymerlösung wurde ein Überschuss an Arzneistoff hinzugegen und anschließend für 72 Stunden bei Raumtemperatur auf einem Magnetrührer gerührt. Am Ende der Rührzeit wurde der nicht gelöste Arzneistoff mittels Membranfiltration (Porengröße 0,45 μηη) abge- trennt und das klare Filtrat mittels UV Spektrophotometrie auf die Menge an gelöstem Arzneistoff analysiert.
Die Bestimmung der Konzentration des in Lösung gegangenen Arzneistoffs erfolgte UV Spektrophotometrie bei den folgenden aufgeführten Wellenlängen.
• Cinnarizin, Amax = 254 nm
• Famotidin, Amax = 288 nm
• Loperamid, λ max = 262 nm
• Haloperidol, λ max = 248 nm
Das klare Filtrat musste bei zu starker Absorption vor der Messung mit einem geeigneten Lösemittel (Mischung aus Phosphatpuffer pH 7,0 und Methanol im Verhältnis 1 :1 ) verdünnt werden. Als Leervergleichsprobe diente eine 15% (m/m) Lösung des entsprechend verwendeten Copolymers im gleichen Lösemittel ohne Arzneistoff. Unter Verwendung einer spezifischen Kalibriergerade, die zuvor für jeden Arzneistoff gesondert, erstellt wurde, wurde die Sättigungslöslichkeit in g Arzneistoff pro 100 ml Lösung bestimmt.
Ergebnisse für die Untersuchung der Sättigungslöslichkeit von Arzneistoffen in Wasser, 0,1 M HCl und in einer 15% (m/m) Lösung des Copolymers aus VP und AS mit unterschiedlichem Massenverhältnis. Das Copolymer wurde als direkte Säureform in Isopropanol synthetisiert mit anschließendem Austausch des Lösemittels zu Wasser.
Zur besseren Unterscheidung der Copolymere wurde eine mittlere Performance im Vergleich zu 0,1 M HCl mittels der folgenden Formel berechnet und in der folgenden Tabelle aufgelistet:
cs Sättig u ngslösl ich keit des Arzneistoffs in der 15% (m/m) Polymerlösung CS API-HCI) Sättigungslöslichkeit des Arzneistoffs in einer 0,1 M HCl
Substanz Sättigungslöslichkeit in g/100 ml von Perfor¬
Cinnarizin Famotidin Loperamid Haloperidol mance im
Vergleich zu 0,1 M
HCl
Wasser 0,09*10-3 0,10 7,23*10-3 0,26*10-3 -
0,1 M HCl 0,21 3,21 0,02 0,06 1 ,0
VP/AS (90/10) 0,27 5,00 1 ,77 2,88 34,8
VP/AS (85/15) 0,36 6,92 2,31 3,48 44,3
VP/AS (80/20) 0,53 6,98 2,75 3,57 50,4
VP/AS (70/30) 0,51 5,59 1 ,61 1 ,57 36,9
Zum Vergleich
Bestimmung der Bindungsart in einem polymeren Loperamid-Salz Hierbei wurde ein erfindungsgemäßes Salz aus Loperamid und dem Copolymer gemäß Beispiel 1 , hergestellt wie in Beispiel 6 beschrieben, mit einer festen Lösung aus Loperamid und dem gleichen Copolymer sowie mit einer festen Lösung aus Loperamid und PVP K17 verglichen. Die feste Lösung aus Loperamid und Copolymer wurde durch Eindampfen einer Lösung der Substanzen in THF/Methanol erhalten. Die feste Lösung von Loperamid und PVP ebenfalls durch Eindampfen einer Lösung der Substanzen in THF/Methanol erhalten. Zur Herstellung der organischen Lösungen wurden 900mg Polymer mit 100mg Wirkstoff in 4,5g THF und 4,5g Methanol aufgelöst, so dass die Feststoffkonzentration der Lösung 10 Gew.% betrug und die Wirkstoffbeladung der entstehenden festen Lösung 10 Gew.% war. Die Werte wurden so gewählt, dass eine Vergleichbarkeit mit dem sprühgetrockneten polymeren Salz mit Loperamid möglich war.
Die Lösung wurde im Vakuumtrockenschrank (Heraeus Typ VT 5042 EK) für 72 Stunden bei einer Temperatur von 50°C einem Druck von 10 mbar getrocknet. Die entstandene wurden anschließend in einer Labormühle (Tube mill control, Firma IKA) in eine Pulver vermählen. Die festen Lösungen waren röntgenamorph. Reaktionskalorimetrie
Für die Untersuchungen wurde ein Nano ITC (Isothermal Titration Calorimeter) der Firma TA Instruments verwendet. In der Messzelle wurde das jeweilige Polymer vorgelegt. Dazu wurde Loperamid sukzessive zugegeben. Sobald eine Reaktion stattfindet, verändert sich die Temperatur der Probe.
Dieser Temperaturunterschied wurde registriert und über ein Peltierelement ausgeglichen. Die zum Ausgleich benötigte elektrische Energie wurde erfasst. Diese Energiemenge ist vom Betrag identisch mit der entstandenen oder verbrauchten Wärmemenge der Reaktion.
Die Messzelle und die Referenzzelle waren in ein hochstabiles Temperierbad (+-0,0002 K bei 25°C) eingebettet. Während des Versuchs wurde gerührt.
In Folge der geringen Wärmemengen, die hier gemessen werden, ist es notwendig Referenzmessungen durchzuführen. In diesen Falle die Verdünnungsreaktion der Polymere. Die bei der Verdünnungsreaktion gemessene Wärmemenge wurde von der Originalmessung subtrahiert. Der erhaltende Wert ist die Reaktionsenthalpie der Reaktion Wirkstoff- Polymer. Zur Bestimmung der Reaktionsenthalpie wurden die Polymere jeweils in einer Konzentration von 3g/L angesetzt und jeweils 1 ml vorgelegt. Die Loperamid-Base wurde in einer Konzentration von 25mg/l angesetzt und in 5μΙ Schritten zugegeben. Nach jeder Zugabe wurde 600s gewartet bis die Reaktion beendet war. Gemessen wurde bei 25°C. Als Lösungsmittel diente eine Wasser/Ethanol - Mischung (9:1 ). Die Polymere wurden in großem Überschuss vorgelegt, sodass sichergestellt war, dass jedes zugegebene Molekül einen entsprechenden Reaktionspartnerfinden konnte.
Lösungskalorimetrie
Durchgeführt wurde diese Untersuchung mit einem TAM III mit SolCal-Einsatz der Fa. TA-Instruments. Dazu wurde das Lösungsmittel vorgelegt. Die zu lösende Probe wurde in einer Glasampulle hermetisch eingeschlossen. Die Ampulle wurde in das Lösungsmittel eingebracht und Temperaturgleichheit hergestellt. Die Lösungskalorimetrie wurde bei 25°C (Nenntemperatur) durchgeführt.
In einem nächsten Schritt wurde die Arbeitstemperatur auf eine Temperatur im Bereich von 0,3 K unter die Nenntemperatur gebracht. Anschließend wurde das Angleichen der Arbeitstempera- tur an die Nenntemperatur gemessen der Kurvenverlauf bestimmt und durch gezielte Energiezufuhr (elektrische Energie = thermische Energie) kalibriert. Die Formulierungen wurden in eine Bruchampulle eingewogen (20-140mg) und in 100 ml eines Gemischs aus Wasser/ Ethanol im Volumenverhältnis 9:1 eingebracht.
Dann wurde die Ampulle auf einem Dorn in der Messzelle gebrochen. Die zu messende Sub- stanz wurde dadurch im Lösungsmittel freigesetzt. Nach Abzug der Basislinie des Temperaturverlaufes und der Umrechnung der Temperatur in die entsprechende Wärmemenge erhielt man eine Heat- Flow- Kurve, Wärmemenge vs. Zeit. Nach Integration der Kurve und Bezugnahme auf die Molekulargewichte, wurde die Lösungsenthalpie der zu untersuchenden Substanz erhalten.
Die Lösungswärme aller Proben wurde doppelbestimmt. Von der Lösungswärme der Formulierung wurde anteilig die Enthalpie des Polymers, die in einer separaten Messung bestimmt wurde, subtrahiert.
Die nachstehende Tabelle zeigt die Ergebnisse der Messungen zur Lösungsenthalpie der ein- zelnen Loperamid- Polymer- Formulierungen. Spalte A zeigt ist die Gesamtwärmemenge QGes für die jeweilige Formulierung. Spalte B weist die anteilige Wärmemenge des Polymeren Qp0iy aus. Die Differenz ergibt die Wärmemenge Qwirkstoff des Wirkstoffes auf die Gesamteinwaage bezogen (Spalte C) bzw. auf den Wirkstoffanteil bezogen (Spalte D). Der Wert in der Spalte E beziffert die Lösungsenthalpie bzw. Bindungsenthalpie (Delta H) des Loperamids.
* Auf Gesamteinwaage bezogen
**Auf Wirkstoffanteil bezogen