Beschreibung
Verfahren zur Ermittlung eines Ansteuersignais für den Aktuator des Wastegates eines Abgasturboladers eines Kraftfahrzeugs
Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Ermittlung eines Ansteuersignais für den Aktuator des Wastegates eines Abgas- turboladers eines Kraftfahrzeugs.
In Verbrennungsmotoren mit Turboaufladung wird die Frischluft vor dem Einströmen in die Zylinder mit Hilfe eines Turboladers verdichtet, um eine größere Luftmasse in den Zylinder einbringen zu können als dies durch Ansaugen vom jeweiligen Umgebungsdruck her möglich ist. Der sich dabei einstellende Ladedruck p2, d.h. der Druck nach Turboladerverdichter, und der Luftmassenstrom durch den Turboladerverdichter werden durch die Kombination von
Turboladerdrehzahl und Turboladerleistung bestimmt. Die
Turboladerleistung bzw . Turbinenleistung Ptur ist bestimmt durch
mit m
tur = Turbinenmassenstrom, T
3 = Abgastemperatur vor der Turbine, P3 = Druck vor der Turbine, P4 = Druck nach der Turbine, c
p = spezifische Wärmekapazität des Abgases bei konstantem Druck und r\
tur = Turbinenwirkungsgrad.
Für Turbolader mit Wastegate wird die Turbinenleistung - und damit mittelbar der Ladedruck und die Motorleistung - dadurch gesteuert, dass der im jeweiligen Betriebspunkt des Verbren¬ nungsmotors auftretende Abgasmassenstrom aus den Zylindern meng durch eine bestimmte Öffnung des Wastegates, die durch die Wastegateposition swg bestimmt ist, aufgeteilt wird in einen Turbinenmassenstrom mtur , der bei den jeweils herrschenden Drücken und Temperaturen nach Gleichung (1) die geforderte Turbo-
laderleistung bewirkt, und einen Wastegatemassenstrom
an der Turbine vorbeigeleitet wird und keinen Beitrag
Turboladerleistung liefert: menf, = mtur + mwg . (2)
Die Figur 1 zeigt eine Funktionsskizze eines Wastegateaktuators, welche die für alle Wastegateturbolader unabhängig von der Ausführung des Wastegateaktuators gemeinsamen Komponenten enthält .
In der Figur 1 sind veranschaulicht:
eine Wastegatebohrung 2 im Turbinengehäuse 1, die auf ihrer rechten Seite durch einen Wastegateteller 3 verschlossen ist, der Druck p3 vor der Turbine,
der Druck p4 nach der Turbine,
der Abgasmassenstrom mwg durch das Wastegate,
die durch die Druckdifferenz am Wastegateteller auf den Wastegateteller wirkende Kraft F ,
- ein Wastegatehebel 4, der in einer Drehachse Z gelagert ist und einen wastegateseitigen Arm 4a der Länge und einen aktuatorseitigen Arm 4b der Länge lacr aufweist, und
eine Wastegateaktuatorstange 6 in einer Position sacr , auf die ein Aktuator 7 mit einer Aktuatorkraft Facr einwirkt.
Das Wastegate öffnende Kräfte und Momente werden als positiv definiert .
Die Wastegateposition wird über einen Hebelmechanismus von einem aktiv vom Motorsteuergerät angesteuerten Wastegateaktuator eingestellt. Dabei ist es üblich, eine aufgrund des Soll- Ladedrucks p
2 berechnete Vorsteuerung des Wastegateaktuators mit einer Ladedruckregelung zur Minimierung der Ladedruckregeldifferenz
zu kombinieren:
Uwg -
U wg,opl {P2,sp ) +
U wg,cll {P2,sp P l ) ' (^ ) mit u
wg = Wastegateansteuerung, u
t{p
2 ) = Wastegatevor- steuerung und
P
2)
= Signal am Ladedruckreglerausgang .
Für ein gutes Ansprechverhalten des Motors - d.h. eine schnelle und genaue Realisierung des geforderten Motormoments - ist eine gute Vorsteuerung des Wastegates wesentlich.
Bei Vernachlässigung der durch den pulsierenden Abgasmassenstrom angeregten Schwingungen ist die Wastegateposition swg genau dann konstant - d.h. das Wastegate befindet sich in einem stationären Zustand - wenn sich die Momente zu 0 summieren, die auf den um die Wastegateachse Z drehbar gelagerten Wastegatehebel ein¬ wirken, d.h.
Σ{Μζ) = Μρ+Μαε, = 0, (5) mit M = durch die Druckdifferenz am Wastegateteller bewirktes Moment und Macr = durch den Aktuator bewirktes Moment.
In Systemen mit Positionsmessung des Wastegateaktuators wird die Ansteuerung des Wastegates zur Einstellung dieses Momentengleichgewichts und damit des gewünschten Ladedrucks als zwei¬ stufige Regelung realisiert mit einem äußeren Regelkreis zum Einstellen des gewünschten
Ladedrucks mit Hilfe einer Vorgabe der Sollposition des
Wastegateaktuators s v —
acr ,sp acr ,opl 1 acr ,cll {Pi,v - Pi )> (6) mit sacr opXpi sp ) = Vorsteuerung der Wastegateposition und sacr ,cii{P2,sp ~ P i ) = Ladedruckreg1erausgang, und einem inneren Regelkreis zum Einstellen der dafür nötigen Soll-Wastegateposition
wg wg ,opl v acr ,sp } wg ,cü \ acr ,sp acr } 1 V 7 mit uwg = Wastegateansteuerung, w 0/,; (sa ) = Wastegatevor- Steuerung und Μ^(ί„ιΐρ-«„) = Signal am Lagereglerausgang.
In Systemen ohne Positionsmessung des Wastegateaktuators ist die Aktuatorposition nicht bekannt. Eine zweischleifige Lade¬ druckregelung nach Gleichung (6) und (7) ist nicht sinnvoll.
Die Figur 2 zeigt eine Funktionsskizze eines elektropneuma¬ tischen Wastegate-Aktuators mit a) den gemeinsamen Komponenten für alle Wastegateturbolader unabhängig von der Ausführung des Wastegateaktuators: einer Wastegatebohrung 2 im Turbinengehäuse 1, von rechts verschlossen durch den Wastegateteller 3; dem Druck p3 vor der Turbine; dem Druck p4 nach der Turbine; dem Abgasmassenstrom mwg durch das Wastegate; der durch die Druckdifferenz am Wastegateteller auf den
Wastegateteller wirkenden Kraft Fp; einem Wastegatehebel 4, der in der Drehachse Z gelagert ist und einen wastegateseitigen Arm 4a der Länge und einen
aktuatorseitigen Arm 4b der Länge lacr aufweist, sowie einer Wastegateaktuatorstange 6 in einer Position sacr , auf die ein Aktuator mit einer Aktuatorkraft Facr einwirkt. b) Des Weiteren sind in der Figur 2 die spezifischen Komponenten für einen unbestromt schließenden elektropneumatischen
Unterdruck-Wastegateaktuator als beispielhafte Ausführung Wastegateaktuators ohne Positionsmessung dargestellt: ein elektropneumatisches 3-Wege-Ventil 8, das je nach An- steuerung PWM_WG ( = uwg im Sinne von Gleichung (4)) einen
Aktuatordruck pacr zwischen Umgebungsdruck p0 und Unterdruck einstellt, eine pneumatische Druckdose 7 mit einer mit der Aktuatorstange 6 verbundenen Membran 7a der Wirkfläche Aacr ,
zwei durch die Membran 7a getrennten Kammern 7b und 7c, nämlich eine mit dem Umgebungsdruck p0 verbundene erste Aktuatorkammer
7b und eine von der Umgebung getrennte zweite Aktuatorkammer 7c mit dem Steuerdruck pacr, ier für einen Unterdruckaktuator mit
Pacr < Po i sowie einer Aktuatorfeder 7d mit einer Federkonstanten k.
Die Druckdifferenz an der Membran 7a resultiert in der auf die Aktuatorstange wirkende Steuerkraft
Fcü = Acr '{PO- Pacr ) ' (8)
Die Verformung der Feder um die Aktuatorposition s acr resultiert in der auf die Aktuatorstange wirkenden Federkraft Fspr— k■ sacr + Fspr^0 , (9) mit F 0 = Vorspannung der Feder bei sacr=0 .
In der in der Figur 2 gezeigten Konfiguration steigt mit steigender Aktuatorposition sacr der Betrag der das Wastegate schließenden Federkraft F . Die Federkonstante ist damit ne¬ gativ. Die Steuerkraft und die Federkraft summieren sich zur Aktuatorkraft F :
F acr =F ctl +F spr _
- cr
'
~ Pacr )
+ *
' S acr +
Andere Ausführungen des elektropneumatischen Wastegate- aktuators, beispielsweise mit einer Anordnung der Aktuatorfeder in der anderen Kammer oder einem anderen Schaltventil oder einer Beaufschlagung des Schaltventils mit anderen Drücken verändern nur den Betrag und eventuell das Vorzeichen der betrachteten Kräfte. Die physikalischen Abhängigkeiten sind dieselben wie im weiter ausgeführten Ausführungsbeispiel. Die Figur 3 zeigt eine Detailskizze des Wastegates. Aus der Figur
3 ist das Turbinengehäuse 1 mit der Wastegatebohrung 2 mit konstantem Durchmesser Dwg und konstanter Querschnittsfläche ersichtlich. Es gilt: 4=^-^.(11)
Rechts vom Turbinengehäuse 1 ist der um einen Weg swg vom Anschlag auf dem Turbinengehäuse entfernte Wastegateteller 3 gezeigt. Dabei ist vereinfachend angenommen, dass die Bewegung des Wastegatetellers geradlinig in Richtung der Achse der Wastegate¬ bohrung erfolgt. Es gilt: lwg
Swg ~ Sacr ' 1 * 02)
acr Zwischen dem Turbinengehäuse 1 und dem Wastegateteller 3 ist eine als Verlängerung der Wastegatebohrung gedachte zylinderman- telförmige Ringfläche
gezeigt, durch welche der Wastegatemassenstrom nach dem
Durchströmen der Wastegatebohrung abfließt.
Die Druckdifferenz am Wastegateteller bewirkt auf den
Wastegateteller eine Kraft F und auf den Wastegatehebel ein
Moment
Mp = Fp - lwg . (14)
Die Aktuatorkraft Facr als Summe von Steuerkraft Fctl und Federkraft F nach Gleichung (10) bewirkt auf den Wastegatehebel ein Moment p ./ =[p +p )./
acr acr \ cü spr / acr
A-acr ' (Ρθ ~ P acr ) ' ^ acr + ' S acr + ^sprfi
Durch Einsetzen der Gleichungen (14), (15) in (5) ergibt sich
Q = Fp - lWg + Aacr ■ (P0 ~ Pacr ) - hcr + (* " * acr + ^ spr fi 1 acr ■ ( 6)
Die Membranfläche Aacr , die Hebelarmlängen lacr ,l , die Federkonstante k und die Federvorspannung ^0 sind Systemkonstanten.
Der langsam veränderliche Umgebungsdruck ist im Motorsteuergerät bekannt. Die Gleichung (16) beschreibt damit einen stationären Gleichgewichtszustand zwischen der variablen Kraft Fp{p3, P4,sacr) am Wastegateteller, der Aktuatorposition sacr und dem durch die
Ansteuerung u
wg direkt beeinflussten Steuerdruck
In Systemen ohne Messung der Aktuatorposition kann damit die Aufgabe der Vorsteuerung des Wastegates zur Einstellung des gewünschten Ladedrucks wie folgt formuliert werden: Bei aktuell auftretenden Drücken p3 vor der Turbine und p4 nach der Turbine ist die Wastegateansteuerung uwg so zu wählen, dass der sich einstellende Steuerdruck pacrsp alle anderen auf den Wastegate- hebel wirkenden Momente genau in der zur Einstellung des gewünschten Ladedrucks nötigen Wastegateaktuator-Sollposition sacr,sp kompensiert. Es gilt:
Diese Gleichung (17) ist nicht direkt nach der Wastegate- bzw. Aktuator-Sollposition auflösbar. Jede Wastegatevorsteuerung ist eine Näherung der mit der Gleichung (17) beschriebenen Funktion, unabhängig davon, ob sie im Motorsteuergerät analytisch be- schrieben wird oder mit Kennfeldern über mehrere Eingangsgrößen angenähert wird.
Bisher wurde der Soll-Steuerdruck pacr als Wastegatevorsteuerung in einem Kennraum abgelegt, dessen wesentliche Eingänge die aus dem Soll-Ladedruck abgeleiteten Sollwerte für den Druck vor der Turbine und dem Massenstrom durch das Wastegate sind. Die für eine physikalische Beschreibung wichtigen Größen Aktuatorposition und Kraft am Wastegateteller wurden dabei nicht modelliert.
Ausgehend von diesem Stand der Technik besteht die Aufgabe der Erfindung darin, ein verbessertes Verfahren zur Ermittlung eines Ansteuersignais für den Aktuator des Wastegates eines Abgas¬ turboladers eines Kraftfahrzeugs anzugeben.
Diese Aufgabe wird durch ein Verfahren mit den im Anspruch 1 angegebenen Merkmalen gelöst. Vorteilhafte Weiterbildungen dieses Verfahrens sind in den abhängigen Ansprüchen angegeben. Bei der vorliegenden Erfindung wird ein Wastegatemodell verwendet, das in Abhängigkeit vom jeweils vorliegenden Anwen¬ dungsfall direkt oder invertiert als Algorithmus zur Ansteuerung des Turboladers genutzt wird, wie nachfolgend anhand der Figuren 4-11 näher erläutert wird.
Es zeigt:
Figur 4 eine schematische Darstellung eines Wastegates als Reihenschaltung zweier Drosselstellen,
Figur 5 eine Skizze des Verlaufs des Durchflusskoeffizienten in Abhängigkeit vom Druckverhältnis an einer Drosselstelle,
Figur 6 eine Skizze zur Veranschaulichung des Verlaufs des Durchflusskoeffizienten und zweier Ersatzfunktionen in Abhängigkeit vom Druckverhältnis an einer Drosselstelle, Figur 7 eine dreidimensionale Skizze des Verlaufs der Er¬ satzfunktion Φ(πκ, nB) ,
Figur 8 eine dreidimensionale Skizze des Verlaufs der Er¬ satzfunktion ψ(πκ, nB) ,
Figur 9 eine dreidimensionale Skizze zur Veranschaulichung einer grafischen Lösung einer Gleichung,
Figur 10 eine dreidimensionale Skizze zur Veranschaulichung des Verlaufs des globalen stationären Druckverhältnisses über die Ringfläche des Wastegates in Abhängigkeit vom Verhältnis des Druckes vor und nach der Turbine und einem
Wastegateflächenverhältnis und Figur 11 eine dreidimensionale Skizze zur Veranschaulichung des Verlaufs des Massenstromfaktors in Abhängigkeit vom
Wastegateflächenverhältnis und dem Verhältnis des Druckes vor und nach der Turbine. Als Wastegatemodell bzw. Vorwärtsmodell wird nachfolgend ein Modell bezeichnet, welches aus einer bekannten Position sacr des
Wastegateaktuators unter Verwendung der als bekannt vorausge¬ setzten Drücke und Temperaturen den Abgasmassenstrom mwg durch das Wastegate und die durch die Druckdifferenz am Wastegateteller auf den Wastegateteller wirkende Kraft F bestimmt.
Ausgangspunkt der Modellierung ist, das Wastegate als ein System zweier in Reihe geschalteter Drosselstellen zu beschreiben, durch die im stationären Zustand derselbe Abgasmassenstrom fließt. Dies ist in der Figur 4 veranschaulicht, welche eine schematische Darstellung des Wastegates als Reihenschaltung zweier Drosselstellen zeigt.
Die Figur 4 veranschaulicht eine konstante Bohrungsfläche AB und eine von der Aktuatorposition sacr abhängige Ringfläche AR des
Wastegates. Der für beide Drosselstellen gleiche Wastegate- massenstrom mwg durchströmt erst die Bohrungsfläche AB und dann die Ringfläche AR des Wastegates. Vor dem Wastegate herrschen ein Abgaskrümmerdruck p3 und eine Abgaskrümmertemperatur T3 . Nach dem Wastegate herrschen ein Abgasdruck p4 , welcher kleiner ist als p3 und eine Abgastemperatur T4 . Zwischen der Bohrungsfläche und der Ringfläche herrscht eine im Folgenden als interne Wastegatetemperatur Twg bezeichnete Temperatur. Da sich bei einer Drosselung die Temperatur des Gases nur sehr wenig verändert, wird im Folgenden angenommen, dass zwischen der Bohrungsfläche und der Ringfläche ebenfalls die Abgaskrümmertemperatur ^herrscht.
Der über das ganze Wastegate messbare Druckabfall von p
3 nach p
4 verteilt sich je nach Aktuatorposition auf die beiden Drosselstellen. Zwischen der Bohrungsfläche und der Ringfläche herrscht damit ein im Folgenden als interner Wastegatedruck p
wg bezeichneter Druck, für welchen folgende Beziehung gilt:
Vereinfachend wird angenommen, dass dieser interne Wastegate
¬ druck p
wg gleichmäßig auf die ganze, dem Turbinengehäuse zu
¬ gewandte Seite des Wastegatetellers 3 mit der Fläche A
B wirkt.
Außerdem wird vorausgesetzt, dass auf die gesamte andere Seite des Wastegatetellers 3 mit der Fläche A
B gleichmäßig der Druck p4 nach der Turbine wirkt . Die in der Figur 2 eingeführte, durch die Druckdifferenz am Wastegateteller auf den Wastegateteller wirkende Kraft F kann damit beschrieben werden als
(18)
Ein Gasmassenstrom m durch eine Drossel wird allgemein beschrieben mit der Drosselgleichung
mit T = Temperatur vor der Drosselstelle, ρ
τ Druck vor der
Drosselstelle, P own = Druck nach der Drosselstelle, κ =
Isentropenexponent, R = cp-cv= spezifische Gaskonstante, c = spezifische Wärmekapazität bei konstantem Druck und cv= spe¬ zifische Wärmekapazität bei konstantem Volumen des Gases.
Für das Druckverhältnis an der Drosselstelle gilt allgemein
Π = down (20)
up wobei Pdown der Druck nach der Drosselstelle und pup der Druck vor der Drosselstelle ist.
Des Weiteren gilt für den Durchflusskoeffizienten an der Drosselstelle die folgende Beziehung:
Angewandt auf die konstante Bohrungsfläche beschreibt die Drosselgleichung den Wastegatemassenstrom th als
wobei für das Verhältnis von Druck vor der Bohrungsfläche zu Druck nach der Bohrungsfläche die folgende Beziehung gilt:
Angewandt auf die wastegatepositionsabhängige Ringfläche be¬ schreibt die Drosselgleichung den Wastegatemassenstrom m als
2- K
m wg AR (Sacr ) ' ' wg ■Ψ(ΠΛ), (23)
(K - 1) - R - T3 mit TlR=—— < 1 =Verhältnis von Druck nach zu vor der Ringfläche
Die Gleichungen (22) und (23) beschreiben denselben Wastegatemassenstrom m , können also gleichgesetzt werden:
(24)
Nach einer beidseitigen Division durch die Wurzel folgt daraus die Beziehung zwischen Flächen und Drücken am Wastegate
Unter Verwendung der Gleichungen (11) (13) wird das Waste- gateflächenverhältnis definiert als
Durch Division durch A
A ■ p sowie durch Substitution nach Gleichung (22) und (26) folgt aus Gleichung (25) :
Die linke Seite der Gleichung ( (27) ) ist eine Funktion allein des Druckverhältnisses an der Bohrungsfläche Ilg.Es werden Er- satzfunktionen Χ(Π5) und φ(Π5) für diesen Term definiert:
Unter Verwendung der Ersatzfunktion Φ(Π
5) nimmt die Gleichung (27) folgende Form an:
Die linke Seite der Gleichung (29) ist eine Funktion allein des Druckverhältnisses an der Bohrungsfläche. Die rechte Seite der Gleichung (29) ist für eine bestimmte Aktuatorposition sacr, d. . für einen bestimmten Wert des Flächenverhältnisses QÄ{sact als
Parameter, eine Funktion allein des Druckverhältnisses an der
Ringfläche. Trotzdem kann man beide Seiten als Funktionen beider Druckverhältnisse darstellen, wobei jede der Funktionen jeweils über ein Druckverhältnis konstant ist.
Die Koordinaten [ΠΛ,Π5] der Schnittlinie der beiden in den Figuren 7 und 8 dargestellten Flächen sind für QÄ(sacr) = l die Lösungen der Gleichung (27) . Analog sind die Koordinaten [ΠΛ,Π5] der Schnittlinie der in der Figur 7 dargestellten φ(ΠΛ,Π5) -Fläche mit der um ein beliebiges Flächenverhältnis QÄ(sacr)> skalierten, in der Figur 8 dargestellten ψ(ΠΛ,Π5) -Fläche die Lösungen der Gleichung (27) für diesen beliebigen Flächenfaktor.
Damit beschreiben die so gefundenen, ausschließlich vom Flächenverhältnis QÄ(sacr) abhängigen Koordinaten [ΠΛ,Π5] der
Schnittlinie alle für diese gegebene Aktuatorposition sacr mög¬ lichen Kombinationen der Druckverhältnisse an Bohrungs- und Ringfläche des Wastegates.
Aus der Definition der Druckverhältnisse an Bohrungs- und Ringfläche nach Gleichung (22) und (23) folgt:
Damit ist für eine bestimmte stationäre Kombination der Drücke p3 vor der Turbine und p4 nach der Turbine das Verhältnis aller möglichen Kombinationen der Druckverhältnisse an Bohrungs- und Ringfläche des Wastegates konstant, d.h. alle möglichen Kom¬ binationen der Druckverhältnisse bilden eine durch den Koordinatenursprung gehende und in der Figur 9 gezeichnete Gerade g in der [ΠΛ,Π5]-Ebene, die gegen die ΠΛ -Achse um den Winkel a = arctan geneigt ist
Damit beschreiben die so gefundenen, ausschließlich vom
Druckverhältnis — abhängigen Koordinaten [ΠΛ,Π5] der Geraden
»,
alle für dieses gegebene Turbmendruckverhältnis möglichen
Kombinationen der Druckverhältnisse an Bohrungs- und Ringfläche des Wastegates. Der Druck nach dem Wastegate ist immer kleiner als der Druck vor dem Wastegate, d . h . p
3 > p
A . Daraus folgt
Die Figur 9 zeigt eine graphische Lösung der Gleichung (27) für ein Flächenverhältnis QÄ(sacr)< 1 , nämlich die Schnittlinie Sl der
linken Seite der Gleichung, die durch das Gebilde Kl (siehe auch Figur 8) veranschaulicht ist, und der rechten Seite der
Gleichung, die durch das Gebilde K2 (siehe auch Figur 7) veranschaulicht ist. Die Projektion der Schnittlinie Sl auf die [Πβ'Πβ] -Ebene, die durch die gestrichelte Linie S2 veranschaulicht ist, ist die Menge aller für dieses QA(sacr) möglichen
Kombinationen der Druckverhältnisse an Bohrungs- und Ringfläche .
Damit hat die Gerade immer genau einen Schnittpunkt 0= [ΠΛ,Π5] mit der Projektion der Schnittlinie auf die [ΠΛ,Π5] -Ebene, d.h. die Koordinaten des Schnittpunkts 0=[ΠΛ,Π5] sind die einzige Lösung des aus den Gleichungen (27) und (30) gebildeten Gleichungssystems
und der daraus durch Elimination von Tl
B entstehenden Gleichung mit Tl
R als einziger Variablen.
p
Diese Gleichung (33) ist so für beliebige Kombinationen—->lund
QA(sacr)>0 numerisch lösbar. Diese Lösung ist mit der getroffenen Vereinfachung der Modellierung des Wastegates als Reihen- Schaltung zweier Drosselstellen und der Vernachlässigung der Pulsation des Abgasmassenstroms global für alle Wastegateturbo- lader in allen stationären Betriebspunkten gültig.
Die so bestimmten stationären Druck rhältnisse über die Ringfläche des Wastegates werden als konstantes
Kennfeld im Motorsteuergerät abgelegt.
Die Figur 10 zeigt das globale stationäre Druckverhältnis über die Ringfläche des Wastegates
Zusammenfassend kann zur Laufzeit im Motorsteuergerät der Abgasmassenstrom durch das Wastegate rhwg berechnet werden aus konstantem Wastegatebohrungsdurchmesser ^wg , konstanten
Wastegatehebellängen lwg ,lacr , konstantem Isentropenexponent K. , konstanter spezifischer Gaskonstante R des Abgases, der aktu¬ ellen Position des Wastegateaktuators sacr , dem aktuellen Druck p3 vor der Turbine, dem aktuellen Druck p4 nach der Turbine und der aktuellen Temperatur T3 vor der Turbine.
Die Bohrungsfläche des Wastegates berechnet sich für alle Betriebspunkte konstant aus der Gleichung (11) =^ ·(34)
Aus der aktuellen Position des Wastegateaktuators sacr folgt nach Gleichung ( 12 ) und Gleichung (13) die aktuelle Ringfläche
/
= π - Dwg - swg = π - Dwg ~-*ec · (35)
acr
Aus Gleichung (26) folgt das Wastegate-Flächen erhältnis
Das stationäre Druckverhältnis über die Ringfläche des
Wastegates Tl
R wird aus dem gespeicherten Kennfeld ausgel
Der interne Wastegatedruck p ist laut Gleichung (23)
(38)
Π,
Die daraus resultierende Kraft auf den Wastegateteller beträgt laut Gleichung (18) Pwg - p ) . (39)
Der aktuelle Abgasmassenstrom ist laut Gleichung (23) final
Eine mögliche Anwendung des Wastegate-Vorwärtsmodells im Mo¬ torsteuergerät besteht bei Turboladern, die sowohl mit variabler Turbinengeometrie (VTG) als Hauptaktuator als auch mit einem Wastegate als Hilfsaktuator ausgerüstet sind. Bei VTG-Turbo- ladern ohne Wastegate wird der gesamte Abgasmassenstrom des Motors durch die Turbine geleitet. Damit ist der an der Turbine zur Verfügung stehende Abgasmassenstrom für die Berechnung der VTG-Ansteuerung bekannt. Bei VTG-Turboladern mit zusätzlichem Wastegate kann nach Gleichung (2) berechnet werden, welcher Teil des Abgasmassenstrom des Motors bei einer gewählten Aktuator- position sacr an der Turbine zur Verfügung steht: mtur = m - rii (sacr ) . (41)
Die weitere Berechnung der VTG-Ansteuerung kann dann identisch wie bei VTG-Turboladern ohne zusätzliches Wastegate erfolgen.
Als inverses Wastegatemodell (Rückwärtsmodell) wird im Folgenden ein Modell bezeichnet, das unter Verwendung der als bekannt vorausgesetzten Drücke und Temperaturen aus einem Soll-Abgasmassenstrom durch das Wastegate m die für dessen Umsetzung nötige Soll-Position des Wastegateaktuators sa und die
Soll-Kraft auf den Wastegateteller F sp bestimmt .
Bei typischen Wastegateturboladern ohne variable Turbinengeometrie wird nach der Gleichung (2) ausgehend vom aktuellen Abgasmassenstrom durch den Motor meng und dem aus dem Fahrerwunsch resultierenden Soll-Abgasmassenstrom durch die Turbine mtur sp ein Soll-Abgasmassenstrom durch das Wastegate m berechnet : m tur ,sp (42)
Die Drosselgleichung (23) für die Ringfläche gilt für Sollwerte analog :
Der Sollwert des internen Wastegatedrucks wird nach Gleichung (23), die Soll-Ringfläche nach Gleichung (26) ersetzt:
QÄ,Sp {Sacr,sp ) - ■ '4 ' , f η T ' Ψ(ΠΛ,ψ)- (44)
Umstellen ergibt
QÄ,SP {Sacr,sp ) ' ■ (45)
Die Gleichung (45) ist so zu verstehen, dass für einen geforderten Soll-Abgasmassenstrom durch das Wastegate m bei bekanntem Druck p4 nach der Turbine und bekannter Temperatur T3 vor der
Turbine eine diesen Massenstrom bewirkende Kombination von Wastegateflächenverhältnis QAsp[sacrsp) und Druckverhältnis an der
Ringfläche des Wastegates gefunden werden soll. Die in
Gleichung (45) definierte Größe wird als Soll-Massenstromfaktor W sSp„ bezeichnet.
Das stationäre Druckverhältnis über die Ringfläche des
Wastegates wird als Kennfeld über dem Turbinendruckverhältnis
—- und dem Wastegateflächenverhältnis QA abgelegt, siehe die
Gleichung (37) . Für jeden Punkt dieses Kennfelds kann nach den Gleichungen (45) und (21) der Massenstromfaktor als
berechnet und in einem gleich großen Kenn-
egt werden.
Auch dieser Massenstromfaktor ist wie das stationäre Druckverhältnis über die Ringfläche des Wastegates mit der getroffenen Vereinfachung global für alle Wastegateturbolader in allen stationären Betriebspunkten gültig.
Die Figur 11 veranschaulicht das Kennfeld des Massenstromfaktors
und im Motorsteuergerät abgelegt werden. Auch dieses
Soll-Flächenverhältnis-Kennfeld ist mit der getroffenen Ver
¬ einfachung global für alle Wastegateturbolader in allen stationären Betriebspunkten gültig. Aus diesem Kennfeld kann für das aktuelle Turbmendruckverhältnis —- für einen Sollwert des
Massenstromfaktors W„ das diesen realisierende Soll-Flächen- Verhältnis Q
A ausgelesen werden.
Aus der invertierten Gleichung (26) kann dann die Soll-Aktuator- position bestimmt werden: l
acr - D
wg
Sacr,sp = QÄ,SP ~~T~, ■ (47)
Durch Anwendung der Gleichungen (37) bis (39) auf das
Soll-Flächenverhältnis QA wird die diesem entsprechende
Soll-Kraft auf den Wastegateteller bestimmt .
Zusammenfassend können zur Laufzeit im Motorsteuergerät aus einem Soll-Abgasmassenstrom h durch das Wastegate die für dessen Umsetzung nötige Soll-Position sacr des Wastegate- aktuators und die Soll-Kraft F auf den Wastegateteller be- stimmt werden aus konstantem Wastegatebohrungsdurchmesser Dwg , konstanten Wastegatehebellängen lwg , lacr , konstantem Isentropen¬ exponenten K , konstanter spezifischer Gaskonstante R des Abgases, aktuellem Druck p3 vor der Turbine, aktuellem Druck p4 nach der Turbine und aktueller Temperatur T3 vor der Turbine.
Aus dem Wastegate-Soll-Abgasmassenstrom mwg sp wird der
Soll-Massenstromfaktor nach der Gleichung (45) bestimmt:
(48)
Nach der Gleichung (46) wird aus dem im Motorsteuersteuergerät abgelegten Soll-Wastegateflächenverhältnis-Kennfeld das
Soll-Wastegateflächenverhältnis ausgelesen :
Aus Gleichung (47) wird die finale Soll-Aktuatorposition s
t bestimmt
' lwg
Das Soll-Druckverhältnis über die Ringfläche des Wastegates YlR , wird nach Gleichung (37) aus dem gespeicherten Kennfeld ausgelesen :
Π R,sp Π R,stat \ (51 )
Der interne Soll-Wastegatedruck p sp und die daraus resultie¬ rende Soll-Kraft auf den Wastegateteller F sind laut Gleichung
(38) und (39)
Für Wastegateturbolader mit pneumatischem Wastegateaktuator ohne Messung der Aktuatorposition wird aus dieser Sollwert-Kombination sacrsp und F nach Gleichung (17) final der zur
Einstellung des gewünschten Ladedrucks nötige Soll-Aktuator- druck pacr und daraus die Wastegateansteuerung u berechnet :
J \Pacr,sp
Alternativ kann die Berechnungskette (48) bis (53) auch für die
Ansteuerung von Wastegateturboladern mit Messung der Wastegate- aktuatorposition genutzt werden. Dort kann eine bisher nur auf der Soll-Aktuatorposition sa basierende Wastegateaktuator-
Lageregelung durch Berücksichtigung der zusätzlichen Soll-Kraft auf den Wastegateteller F als bekannte Störgröße robuster gestaltet werden.
Durch das vorgeschlagene Verfahren wird nach alledem die Vorsteuerung von Wastegateturboladern verbessert. Verschiedene Betriebszustände können besser unterschieden werden als bei einer nicht physikalisch basierten Vorsteuerung. Damit kann die jeweils beste Ansteuerung berechnet werden, und es besteht weniger Bedarf nach einer Korrektur der Vorsteuerung durch einen Ladedruckregler. In Summe wird das Ansprechverhalten des Verbrennungsmotors verbessert.