Kombinierte Fahrzeugbremsanlage mit hydraulisch und elekt- romechanisch betätigbaren Radbremsen
Die Erfindung betrifft eine kombinierte hydraulische und elektromechanische Fahrzeugbremsanlage gemäß Oberbegriff von Anspruch 1. Die Fahrzeugbremsanlage ist zur Verwendung in Kraftfahrzeugen, insbesondere in Kraftwagen, vorgesehen.
Es sind elektromechanische Bremsen bekannt, bei denen die Radbremsen direkt auf elektromechanischem Wege, beispielsweise mittels eines Elektromotors, betätigbar sind. So ist in der DE 196 15 186 Cl ein Bremssystem beschrieben, bei dem jeder Radbremse ein Elektromotor mit einem Läufer zugeordnet ist. Bei einer Ansteuerung des Elektromotors wird die Rotationsbewegung des Läufers mit Hilfe einer Spindel in eine Translationsbewegung umgewandelt. Durch eine mechanische Übersetzung in Gestalt eines Hebelmechanismus wird die Axialkraft vervielfacht und auf einen Kolben übertragen, der einen Bremsbelag an eine Bremsscheibe andrückt und ein Bremsmoment erzeugt. Es ist vorgesehen, alle (vier) Räder eines Fahrzeugs mit einer derartigen elektromechani- schen Radbremse auszustatten. Nachteilig bei derartigen voll elektromechanischen Bremssystemen ist es, dass für eine Sicherstellung der notwendigen Redundanz, insbesondere der Notfallenergieversorgung, das übliche Fahrzeugbordnetz nicht ausreicht und zwei zusätzliche, nur für das Bremssystem vorgesehene Zusatzakkumulatoren notwendig sind. Darüber hinaus ist für eine sichere Energieversorgung auch eine Erhöhung der Spannung dieser Akkumulatoren (gegenüber der üblichen Bordnetzspannung von 12 V) auf Spannungen von bei-
spielsweise 36 V oder 42 V, erforderlich. Nur so kann eine ausreichende Energiemenge für die Elektromotoren rasch und sicher bereitgestellt werden.
Weiterhin sind elektrohydraulische Bremssysteme bekannt, bei welchen die Radbremse mit dem hydraulischen Druck aus einer fremdbetätigbaren Druckquelle beaufschlagt wird. Derartige Bremssysteme benötigen in der Regel aufwändige hydraulische Komponenten, z.B. einen Hochdruckspeicher, und umfassen für zusätzliche Bremskomponenten für den Fall eines Ausfalls der elektrohydraulischen Bremse (Rückfallebene) . So ist z.B. aus der DE 100 10 735 Al ein Bremssystem mit einer elektrohydraulischen Bremse an der Vorderachse und einer elektromechanischen Bremse an der Hinterachse bekannt. Im Normalbetrieb wird die elektrohydraulische Bremse mit dem hydraulischen Druck aus einer fremdbetätigbarer Druckquelle beaufschlagt. Als fremdbetätigbare Druckquelle wird ein Motor-Pumpen-Aggregat mit einem Hochdruckspeicher eingesetzt. Für den Notfall-Betrieb umfasst das Bremssystem zusätzlich eine weitere, fahrerbetätigbare Druckquelle. Aufgrund der aufwändigen hydraulischen Komponenten sowie der zusätzlichen Komponenten für den Notfall-Betrieb sind elektrohydraulische Bremssysteme recht kostenintensiv.
Weiterhin sind hydraulische Bremssysteme sowie kombinierte Bremssysteme mit einem elektromechanischen Bremssystem für die Hinterachse und einem hydraulischen Bremssystem für die Vorderachse bekannt. So ist z.B. aus der DE 103 19 194 B3 ein Bremssystem bekannt, bei dem an der Vorderachse ein hydraulisches Betriebsbremssystem und an der Hinterachse ein elektromechanisches Betriebsbremssystem eingesetzt wird, wobei bei dem hydraulischen Bremssystem der Vorderachse der Bremsdruck durch einen fahrerbetätigbaren Haupt-
bremszylinder und einen Unterdruck-Bremskraftverstärker erzeugt wird. Nachteilig bei den oben genannten Bremssystemen ist es, dass die hydraulische Bremse an den Vorderrädern üblicherweise Vakuum-unterstützt ausgeführt sein muss, um einen ausreichenden hydraulischen Bremsdruck zu erreichen. Entsprechend ist bei diesen Systemen zusätzlich ein Vakuumverstärker notwendig, welcher mittels Vakuum von einem Verbrennungsmotor oder einer Vakuumpumpe den hydraulisch vorgegebenen Bremswunsch des Fahrers verstärkt.
Der vorliegenden Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, eine alternative Fahrzeugbremsanlage bereitzustellen, welche kostengünstig ist und keinen Bremskraftverstärker und/oder keine Vakuumunterstützung benötigt.
Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß durch eine Fahrzeugbremsanlage gemäß Anspruch 1 gelöst.
Der Erfindung liegt der Gedanke zugrunde, die Betriebsbremsanlage für die Vorderachse des Fahrzeugs als elektro- mechanische Betriebsbremsanlage und die Betriebsbremsanlage für die Hinterachse des Fahrzeugs als eine hydraulische Betriebsbremsanlage auszuführen.
Die Erfindung bietet zum einen den Vorteil, dass die hydraulische Betriebsbremsanlage ohne eine Vakuum- Unterstützung ausgeführt sein kann, da die Bremskraftanforderung an der Hinterachse im Allgemeinen geringer ist als an der Vorderachse. Zum anderen stellt die Bremsanlage mit elektromechanischen Bremsen lediglich an der Vorderachse des Fahrzeugs Anforderung an die Energieversorgung, welche durch ein übliches Fahrzeugbordnetz erbracht werden können. Somit können bei der erfindungsgemäßen Bremsanlage Kosten
durch zusätzliche Akkumulatoren vermieden werden. Ein weiterer Vorteil ist es, dass die Bremsanlage auch bei einem Ausfall des Bordnetzes eine ausreichende Bremsleistung über die Hinterachse erbringen kann.
Bevorzugt handelt es sich bei den elektromechanisch betätigbaren Radbremsen an der Vorderachse um Scheibenbremsen. Elektromechanisch betätigbare Scheibenbremsen sind an sich aus dem Stand der Technik bekannt. Bis auf eventuelle, geringfügige Änderungen stehen entsprechende elektromechanisch betätigbare Scheibenbremsen also bereits zur Verfügung und können daher kostengünstig in einer erfindungsgemäßen Bremsanlage eingesetzt werden. Die mit elektromechanisch betätigbaren Radbremsen an der Vorderachse aufbringbaren Bremskräfte sind insbesondere für nicht zu schwere Fahrzeuge, wie z.B. Elektro-Fahrzeuge, Klein- und Mittel- klasse-Pkw, ausreichend.
Es ist auch bevorzugt, die Bremswirkung an der Vorderachse durch die Bremswirkung eines elektrischen Antriebsmotors des Fahrzeugs, welcher im Generatorbetrieb betrieben wird (Rekuperation) , zu unterstützen. Dies hat zur Folge, dass die elektromechanisch betätigbaren Scheibenbremsen nicht so groß/stark ausgelegt werden müssen.
Bevorzugt handelt es sich bei den hydraulisch betätigbaren Radbremsen an der Hinterachse um selbstverstärkende Bremsen, z.B. Keilbremsen oder Trommelbremsen, oder überdimensionierte Scheibenbremsen, d.h. Scheibenbremsen mit großem Wirkradius. So wird eine ausreichende Bremswirkung auch ohne Bremskraftverstärkung erzielt. Besonders bevorzugt handelt es sich bei den hydraulisch betätigbaren Radbremsen an der Hinterachse um Trommelbremsen, da Trommelbremsen an
sich bereits vielfach eingesetzt werden und folglich technisch ausgereift sind, und bei gleicher Zuspannkraft höhere Bremskräfte erzeugen können als z.B. Scheibenbremsen. Somit ist keine Bremskraftverstärkung, insbesondere kein Vakuum- Bremskaftverstärker, notwendig.
In einer besonders vorteilhaften Weiterbildung des Erfindungsgegenstandes ist es vorgesehen, dass die Fahrzeugbremsanlage eine von einem Fahrzeugführer betätigbare Bremsbetätigungseinrichtung aufweist, welche dem Hauptbremszylinder der hydraulischen Betriebsbremsanlage direkt, ohne einen zwischengeschalteten Bremskraftverstärker, vorgeschaltet ist. Während ungeregelter Bremsungen werden die hydraulisch betätigbaren Radbremsen mit dem hydraulischen Druck beaufschlagt, der vom Fahrer über die Bremsbetätigungseinrichtung und einen ohne zwischengeschalteten Bremskraftverstärker nachgeschalteten Hauptbremszylinder eingebracht wird. Der Verzicht auf einen Bremskraftverstärker führt zu einer Reduzierung der Kosten für die Bremsanlage.
Die Fahrzeugbremsanlage umfasst vorteilhafterweise eine der Hinterachse zugeordnete elektrohydraulische Steuer- und Regeleinheit, welche eine Steuerung der Bremskraft der hydraulisch betätigbaren Radbremsen mittels einer Radbrems- druckregelventilanordnung durchführen kann. Bevorzugt erstellt die elektrohydraulische Steuer- und Regeleinheit zusätzlich Vorgaben zur Steuerung der Bremskraft der elektro- mechanisch betätigbaren Radbremsen und leitet diese an die elektromechanisch betätigbaren Radbremsen weiter. So kann durch die elektrohydraulische Steuer- und Regeleinheit eine koordinierte Steuerung aller Radbremsen des Fahrzeugs durchgeführt werden. Dies ist besonders vorteilhaft im FaI-
Ie Schlupf- und/oder Fahrdynamikregelung oder auch bei Ausfall einer oder mehrerer Radbremsen.
Die elektrohydraulische Steuer- und Regeleinheit ist bevorzugt derart ausgeführt, dass sie ohne eine Betätigung der Bremsbetätigungseinrichtung durch den Fahrzeugführer die hydraulisch betätigbaren Radbremsen mit einem hydraulischen Druck beaufschlagen kann oder dass sie einen vom Fahrzeugführer eingesteuerten hydraulischen Druck erhöhen kann. Hierfür umfasst die elektrohydraulische Steuer- und Regeleinheit besonders bevorzugt ein Motor-Pumpen-Aggregat und mindestens ein Ventil zum Druckaufbau in einer der hydraulisch betätigbaren Radbremsen.
Um die Länge der verwendeten Bremsleitungen gering zu halten und damit die Herstellungskosten zu verringern, ist die elektrohydraulische Steuer- und Regeleinheit bevorzugt im hinteren Teil des Fahrzeugs angeordnet. Ebenso ist der Bremsflüssigkeitsbehälter für die elektrohydraulische Steuer- und Regeleinheit vorteilhafterweise bevorzugt im hinteren Teil des Fahrzeugs angeordnet, um so Bauraum im vorderen Bereich des Fahrzeugs einzusparen.
Gemäß einer Weiterbildung der Erfindung weist die hydraulische Betriebsbremsanlage zwei hydraulisch betätigbare Radbremsen auf und ist als eine Einkreis-Bremsanlage mit einem Einkreis-Hauptbremszylinder ausgeführt. Die elektrohydraulische Steuer- und Regeleinheit ist bevorzugt über eine einzige hydraulische Bremsleitung mit dem Einkreis- Hauptbremszylinder verbunden und von der elektrohydrauli- schen Steuer- und Regeleinheit führt jeweils eine einzige hydraulische Bremsleitung zu jeder der beiden Radbremsen.
So können Kosten und Bauraum für Bremsleitungen eingespart werden .
Gemäß einer Weiterbildung der Erfindung weist die hydraulische Betriebsbremsanlage zwei hydraulisch betätigbare Radbremsen auf und ist als eine Zweikreis-Bremsanlage mit einem Tandemhauptbremszylinder ausgeführt. Die elektrohydrau- lische Steuer- und Regeleinheit ist dabei bevorzugt über zwei hydraulische Bremsleitungen mit den beiden Anschlüssen des Tandemhauptbremszylinders verbunden. Von der elektro- hydraulische Steuer- und Regeleinheit führt dann jeweils eine einzige hydraulische Bremsleitung zu jeder der beiden Radbremsen .
Bevorzugt umfasst die elektrohydraulische Steuer- und Regeleinheit mindestens eine Sensorik zur Erfassung einer Gierrate und/oder einer Querbeschleunigung und/oder einer Längsbeschleunigung oder ist mit einer solchen Sensorik verbunden, um eine Schlupf- und/oder Fahrdynamikregelung durchführen zu können. Zusätzlich oder alternativ umfasst die elektrohydraulische Steuer- und Regeleinheit eine Sensorik zur Erfassung eines Feststellbremswunsches oder ist mit einer solchen Sensorik verbunden.
Bevorzugt sind die elektromechanisch betätigbaren Radbremsen nach Maßgabe der an den Radbremsen eingesteuerten Bremsanforderung bzw. daraus abgeleiteter Daten über einen Fahrzeugbus (z.B. CAN) und/oder nach Maßgabe von Ausgangssignalen eines Pedalwegsensors, der den Betätigungsweg eines Bremspedals ermittelt, betätigbar.
Bevorzugt ist jeder der elektromechanisch betätigbaren Radbremsen der Vorderachse jeweils eine elektronische Steuer-
und Regeleinheit zugeordnet. Diese ist besonders bevorzugt in die zugehörige Radbremse integriert. Dies stellt eine kompakte Bauweise der elektromechanisch betätigbaren Radbremse sicher.
Jede der elektronischen Steuer- und Regeleinheiten ist bevorzugt über mehr als einen Kommunikationsbus mittelbar o- der unmittelbar mit der der Hinterachse zugeordneten elekt- rohydraulischen Steuer- und Regeleinheit verbunden. Hierdurch kann jede Steuer- und Regeleinheit einer elektromechanisch betätigbaren Radbremse Bremskraftvorgaben von der elektrohydraulischen Steuer- und Regeleinheit erhalten, welche z.B. die Koordination aller Radbremsen durchführt.
Ebenso ist es bevorzugt, dass ein Datenbus zur Kommunikation zwischen den Steuer- und Regeleinheiten der elektromechanisch betätigbaren Radbremsen vorgesehen ist.
Die elektromechanisch betätigbare (n) Radbremse (n) der Vorderachse umfasst/umfassen bevorzugt jeweils eine Feststellbremsvorrichtung, welche mittels eines Parkbrems- Bedienelementes durch den Fahrzeugführer ansteuerbar ist. Zur Kostenersparnis umfasst/umfassen die hydraulisch betätigbare (n) Radbremse (n) der Hinterachse bevorzugt keine Feststellbremsvorrichtung oder Feststellbremsfunktion.
Das Parkbrems-Bedienelement ist vorteilhafterweise unmittelbar an eine elektronische Steuer- und Regeleinheit angeschlossen. Diese leitet den Feststellbremswunsch an alle elektromechanisch betätigbaren Radbremsen mit Feststellbremsvorrichtung weiter. Das Parkbrems-Bedienelement ist z.B. unmittelbar an die elektronische Steuer- und Regeleinheit einer elektromechanisch betätigbaren Radbremse ange-
schlössen. So kann im Falle eines Ausfalls des Kommunikationsbusses zumindest an dieser elektromechanisch betätigbaren Radbremse eine Feststellbremsung durchgeführt werden.
Gemäß einer Weiterbildung der Erfindung weist die Bremsanlage zumindest an den Vorderrädern jeweils einen Raddrehzahlsensor auf. Die elektronische Steuer- und Regeleinheit jeder elektromechanisch betätigbaren Radbremse ist mit zumindest einem dieser Raddrehzahlsensor unmittelbar verbunden, besonders bevorzugt ist die Steuer- und Regeleinheit mit dem Raddrehzahlsensor des ihr zugeordneten Vorderrads unmittelbar verbunden.
Damit die elektronische Steuer- und Regeleinheit einer e- lektromechanisch betätigbaren Radbremse auch bei einem Kommunikationsverlust mit der elektrohydraulischen Steuer- und Regeleinheit eigenständig Bremsungen an der elektromechanisch betätigbaren Radbremse durchführen kann, wird der e- lektronischen Steuer- und Regeleinheit jeder elektromechanisch betätigbaren Radbremse bevorzugt über einen weiteren Weg als der unmittelbaren Kommunikationsbus-Verbindung mit der elektrohydraulischen Steuer- und Regeleinheit mindestens eine Information eines Sensors, welche einen Fahrerbremswunsch wiedergibt, zugeführt. Bei diesem Sensor handelt es sich besonders bevorzugt um einen Weg- oder Winkelsensor zur Erfassung der Betätigung der Bremsbetätigungs- einrichtung. Alternativ oder zusätzlich handelt es sich um einen Wegsensor zur Bestimmung eines Kolbenweges in dem Hauptbremszylinder oder um einen Drucksensor zur Bestimmung eines hydraulischen Druckes in dem Hauptzylinder oder in der elektrohydraulischen Steuer- und Regeleinheit.
Bevorzugt ist das Bussystem als Ringleitung ausgeführt,
welche die elektronischen Steuer- und Regeleinheiten der elektromechanischen Bremsen und die elektrohydraulische Steuer- und Regeleinheit verbindet.
Die erfindungsgemäße Bremsanlage kommt ohne einen Bremskraftverstärker und/oder ohne eine Vakuumunterstützung aus. Daher wird die Bremsanlage bevorzugt in Elektro- oder Hyb- rid-Fahrzeugen eingesetzt, in welchen prinzipiell kein Vakuum von einem Verbrennungsmotor vorhanden ist oder ein Vakuum von einem Verbrennungsmotor nur zeitweise zur Verfügung steht.
Die Erfindung betrifft auch Fahrzeuge mit Elektro-Antrieb oder Hybrid-Fahrzeug mit einem kombinierten Antrieb mittels eines Verbrennungsmotors und/oder eines Elektro-Antriebs, welche eine erfindungsgemäße Fahrzeugbremsanlage umfassen.
Weitere bevorzugte Ausführungsformen der Erfindung ergeben sich aus den Unteransprüchen und der nachfolgenden Beschreibung anhand von Figuren.
Es zeigen schematisch:
Fig. 1 ein Schaltbild eines ersten Ausführungsbeispiels einer erfindungsgemäßen Fahrzeugbremsanlage mit hydraulisch und elektromechanisch betätigbaren Radbremsen,
Fig. 2 ein Schaltbild eines zweiten Ausführungsbeispiels einer erfindungsgemäßen Fahrzeugbremsanlage mit hydraulisch und elektromechanisch betätigbaren Radbremsen und
Fig. 3 ein Schaltbild eines dritten Ausführungsbeispiels einer erfindungsgemäßen Fahrzeugbremsanlage mit hydraulisch und elektromechanisch betätigbaren Radbremsen .
Fig. 1 zeigt schematisch ein Schaltbild eines ersten Ausführungsbeispiels einer erfindungsgemäßen Fahrzeugbremsanlage. Die beispielsgemäße Bremsanlage umfasst zwei elektro- mechanische Bremsaktuatoren 2 auf der Vorderachse VA (VR: vorne rechts, VL: vorne links), welche z.B. jeweils auf eine Scheibenbremse wirken, sowie jeweils eine hydraulische Radbremse 1 an jedem der Räder der Hinterachse HA (HR: hinten rechts, HL: hinten links) . Die Hinterradbremsen 1 sind derart ausgelegt, dass Normalbremsungen durch die reguläre, über das Bremspedal 3 eingebrachte Fahrerfußkraft ohne zusätzliche „hydraulische" Verstärkung erfolgen können.
Die hydraulischen Radbremsen 1 sind beispielsgemäß als Trommelbremsen ausgeführt, welche über einen Single- Hauptbremszylinder 4 ohne jegliche Vakuumunterstützung mit Hydraulikdruck beaufschlagt werden.
Der hydraulische Bremsdruck für die hydraulisch betätigbaren Radbremsen 1 wird durch einen pedalbetätigten Single- Hauptbremszylinder 4 einkreisig für beide Hinterradbremsen 1 bereitgestellt. Beispielsgemäß führt nur eine hydraulische Bremsleitung 6 von dem Hauptbremszylinder 4 zu einem elektrohydraulischen Bremsensteuergerät 9, von welchem jeweils nur eine Bremsleitung 6 zu jeder der beiden Hinterradbremsen 1 führt.
Die elektromechanisch betätigbare Radbremsen 2 sind z.B. nach Maßgabe des in den hydraulisch betätigbaren Radbremsen
1 eingesteuerten hydraulischen Drucks betätigbar oder nach Maßgabe des vom Fahrer eingesteuerten hydraulischen Drucks (z.B. mit einem Vordrucksensor oder mit einem Kolbenwegsensor im Hauptzylinder 4 bestimmt) betätigbar. Auf Grundlage dieses Wertes werden die elektromechanisch betätigbaren Radbremsen 2 an der Vorderachse angesteuert, d.h. z.B. unter Berücksichtigung einer Bremskraftverteilungsfunktion zwischen Vorder- und Hinterachse wird eine Zuspannkraft der elektromechanisch betätigbaren Radbremsen 2 eingestellt. Außerdem können die elektromechanisch betätigbaren Radbremsen 2 nach Maßgabe des Betätigungsweges des Bremspedals 3, das bedeutet gemäß dem Wunsch des Fahrzeugführers, angesteuert werden. Dazu wird beispielsgemäß der Betätigungsweg des Bremspedals 3 mit Hilfe eines Pedalwegsensors 8 ermittelt. Das Signal wird beispielsgemäß über Leitungen 7 an die elektromechanisch betätigbaren Radbremsen 2 geleitet.
Die Ansteuerung der elektromechanisch betätigbaren Radbremsen 2 wird beispielsgemäß dezentral durch zwei elektronische Steuer- und Regeleinheiten 10 vorgenommen, die je einer elektromechanisch betätigbaren Radbremse 2 zugeordnet sind. Die elektromechanischen Bremsensteuergeräte 10 sind z.B. jeweils in die Radbremse 2 integriert.
Bei der elektrohydraulischen Steuer- und Regeleinheit 9 handelt es sich beispielsgemäß um ein Steuergerät für eine Fahrdynamikregelung (ESC-Steuergerät für zwei Radbremsen) . Zur Ermittlung des eingesteuerten hydraulischen Drucks und zur Durchführung von Regelvorgängen ist beispielsgemäß mindestens ein Drucksensor vorgesehen. Das elektrohydraulische Bremsensteuergerät 9 kann selbsttätig (ohne Fahrervordruck) Hydraulikdruck an einer Radbremse 1 aufbauen und somit die Hinterräder HR, HL im Bedarfsfall abbremsen und/oder einen
vorhandenen Fahrervordruck erhöhen, z.B. entsprechend einem bekannten ESC-Steuergerät für die Fahrdynamikregelung bei vier hydraulisch betätigbaren Radbremsen.
Ein sogenanntes Sensorcluster SC mit zumindest Gierraten- sensorik (Erfassung von Drehungen um die Hochachse des Fahrzeugs) und Querbeschleunigungssensorik, und ggf. Längs- beschleunigungssensorik, kann als separates Modul 12 (wie in Fig. 1 dargestellt) oder in der elektrohydraulischen Steuer- und Regeleinheit 9 (nicht dargestellt) untergebracht sein. Anhand der Sensorsignale des Sensorclusters SC kann eine Fahrdynamikregelung durchgeführt werden. Bei einer Normalbremsfunktion (ohne Schlupf- oder/und Fahrdynamikregelung) wird der vom Fahrerbremsfuß über das Bremspedal 3 generierte hydraulische Druck auf die beiden Hinterradbremsen 1 geführt.
Beispielsgemäß ist das elektrohydraulische Bremsensteuergerät 9 über einen Datenbus „sensor-CAN" an ein separates Sensorcluster-Modul 12 mit Gierraten- und Beschleunigungs- sensorik angeschlossen. Des Weiteren ist die elektrohydraulische Steuer- und Regeleinheit 9 über einen Datenbus „ve- hicle-CAN" mit anderen Fahrzeugsteuergeräten verbunden.
Gemäß dem ersten Ausführungsbeispiel verbinden jeweils ein serieller Datenbus 11 zur Kommunikation die beiden Steuer- und Regeleinheiten 10 untereinander (CAN B) sowie jede der elektronischen Steuer- und Regeleinheiten 10 mit der elektrohydraulischen Steuer- und Regeleinheit 9 (CAN A, CAN C) . Es handelt sich um eine unmittelbar angeschlossene Ring- Busleitung. Somit ist das elektrohydraulische Bremsensteuergerät 9 über mehr als einen Kommunikationspfad mit jeder der elektromechanisch betätigbaren Radbremsen 2 verbunden.
Z.B. ist das Bremsensteuergerät 9 über CAN A direkt und ü- ber CAN C, CAN B mittelbar mit der elektronischen Steuer- und Regeleinheiten 10 des linke Vorderrades VL verbunden. Dies sichert die redundante Datenübertragung.
Beispielsgemäß wird eine Parkbremsfunktionalität (Feststellbremsfunktion) durch die Vorderradbremsen 2 dargestellt. Hierzu weisen die elektromechanischen betätigbaren Radbremsen 2 eine Feststellbremsvorrichtung auf (nicht dargestellt) , mit welcher die Radbremsen zur Durchführung einer Feststellbremsung im zugespannten Zustand verriegelbar sind. Die elektromechanischen Vorderradaktuatoren 2 dienen als Parkbremse, d.h. die Vorderradaktuatoren 2 können die Parkbremskraft stromlos einsperren.
Die hydraulischen Hinterradbremsen 1 weisen beispielsgemäß keine Parkbrems-/Feststellbremsfunktionalität auf.
Die Feststellbremsfunktion ist mit Hilfe eines Bedienelementes 5 ansteuerbar. Das Bedienelement 5 kann z.B. als Taster ausgebildet sein und weist drei Schaltstellungen für die Befehle „Spannen", „Neutral" und „Lösen" auf, wobei lediglich die mittlere Neutralstellung eine stabile Schaltstellung darstellt.
Wie in Fig. 1 dargestellt, wird das Signal des Parkbremsschalters 5 beispielsgemäß der elektrohydraulischen Steuer- und Regeleinheit 9 über eine Signalleitung 7' zugeführt. Eine Weitergabe der Information an die elektromechanischen Bremsen 2, welche die Parkbrems-/ Feststellbremsfunktion durchführen, ist dann über das Bussystem 11 möglich.
Alternativ kann das Signal des Parkbremsschalters 5 einem
oder beiden elektromechanischen Bremsensteuergerät (en) 10 unmittelbar zugeführt werden (nicht dargestellt) . So ist eine Feststellbremsung auch bei Ausfall der elektrohydrau- lischen Steuer- und Regeleinheit 9 möglich.
Zur Bestimmung des Bremswunsches des Fahrzeugführers um- fasst die Bremsanlage gemäß dem oben beschriebenen ersten Ausführungsbeispiel einen Wegsensor 8 zur Bremspedalwegerfassung. Alternativ kann der Fahrerbremswunsch auch über einen Winkelsensor 8 zur Bremspedalwinkelerfassung bestimmt werden. Das Signal des Sensors 8 wird unmittelbar (z.B. ü- ber Signalleitungen direkt zu den elektromechanischen Radbremsen 2) oder mittelbar (z.B. über die elektrohydrauli- sche Steuer- und Regeleinheit 9 und das Bussystem 11) den elektromechanischen Radbremsen 2 zur Verfügung gestellt. Eine unmittelbare Signalübertragung an die elektromechanischen Radbremsen 2 bietet den Vorteil, dass auch bei Ausfall des elektrohydraulischen Bremsensteuergeräts 9 der Fahrerbremswunsch an den elektromechanischen Radbremsen 2 vorliegt und eine Bremsung eingesteuert werden kann.
Über den Datenbus 11 werden also z.B. Informationen über die Ausgangssignale des Sensors 8 zur Fahrerbremswunscherfassung und/oder des Feststell-Bedienelementes 5 ausgetauscht .
Die Bremsanlage umfasst beispielsgemäß Raddrehzahlsensoren 13 an allen Rädern VL, HL, VR, HR. Jede der Vorderradbremsen 2 bekommt zumindest das Raddrehzahlsignal eines Vorderrad-Drehzahlsensors 13 unmittelbar zugeleitet. So sind eigenständige Bremsregelungen durch die elektronische Steuer- und Regeleinheit 10 der elektromechanisch betätigbaren Radbremsen 2 auch bei Ausfall des elektrohydraulischen Steuer-
geräts 9 möglich.
Alternativ werden die Signale der Raddrehzahlsensoren 13 der elektrohydraulischen Steuer- und Regeleinheit 9 zugeführt, und dann den elektromechanischen Bremsen 2 über das Bussystem 11 zur Verfügung gestellt.
Fig. 2 zeigt schematisch ein zweites Ausführungsbeispiel einer erfindungsgemäßen Fahrzeugbremsanlage. Sich entsprechende Komponenten des ersten und zweiten Ausführungsbeispiels sind mit denselben Bezugszeichen bezeichnet. Im Unterschied zum ersten Ausführungsbeispiel umfasst die Fahrzeugbremsanlage gemäß zweitem Ausführungsbeispiel einen Tandem-Hauptbremszylinder 4 und zwei hydraulische Bremsleitungen 6 zur elektrohydraulischen Steuer- und Regeleinheit 9, die Anlage ist also zweikreisig ausgeführt. Wie im ersten Ausführungsbeispiel ist die elektrohydraulische Steuer- und Regeleinheit 9 als ein Steuergerät für die Fahrdynamikregelung (ESC-Steuergerät) ausgeführt, welches einen autonomen Druckaufbau an der Hinterachse HA durchführen kann, und über zwei Bremsleitungen 6 mit den Hinterradbremsen 1 verbunden .
Fig. 3 zeigt schematisch ein drittes Ausführungsbeispiel einer erfindungsgemäßen Fahrzeugbremsanlage. Sich entsprechende Komponenten des ersten und dritten Ausführungsbeispiels sind mit denselben Bezugszeichen bezeichnet. Es handelt sich um eine Bremsanlage mit einkreisigem hydraulischen Hinterachsbremssystem und elektromechanisch betätigbaren Radbremsen 2 an der Vorderachse. Die hydraulisch betätigbaren Hinterachs-Radbremsen 1 werden mit Hilfe des pedalbetätigten Hauptzylinders 4 mit hydraulischem Druckmittel beaufschlagt. Zu diesem Zweck sind die hydraulisch be-
tätigbaren Radbremsen 1 unter Zwischenschaltung von Einlassventilen (Teil der elektrohydraulischen Steuer- und Regeleinheit 9' ) über eine Hydraulikleitung 6 mit dem Hauptzylinder 4 verbunden. Bei einem Druckabbau wird das eingesteuerte Druckmittel über Auslassventile (ebenfalls Teile des elektrohydraulischen Steuer- und Regeleinheit 9' ) in einen drucklosen Druckmittelvorratsbehälter 14 abgelassen. Zur Ermittlung des eingesteuerten hydraulischen Drucks und zur Durchführung von Regelvorgängen, wie etwa Blockierschutzregelungen, ist beispielsgemäß mindestens ein Drucksensor vorgesehen.
In dieser kostengünstigen Variante ist die elektrohydrauli- sche Steuer- und Regeleinheit 9' als ein ABS-Steuergerät (ABS: Anti-Blockier-System) mit zwei hydraulischen Einlassventilen und zwei hydraulischen Auslassventilen für die Hinterräder HR, HL, jeweils ein Einlass-/ Auslassventil pro Rad, ausgeführt.
Das ABS-Steuergerät 9' kann im Zusammenspiel mit den elekt- romechanischen Vorderradbremsen 2 alle wesentlichen Bremsfunktionalitäten von heutigen High-End-Bremsensteuergeräten umsetzen. Nur ein autarker Druckaufbau an den Hinterrädern HR, HL ist hiermit nicht möglich, was jedoch in der Praxis eine eher geringe Rolle spielt.
In den oben beschriebenen Ausführungsbeispielen umfasst der Hauptbremszylinder 4 vorteilhafterweise mindestens einen Druck- oder Wegsensor, um einen Hydraulikdruck oder einen Weg eines Kolbens zu ermitteln. Diese Information wird unmittelbar (z.B. über eine Signalleitung direkt zur elektrohydraulischen Steuer- und Regeleinheit 9) oder mittelbar (z.B. über mindestens eine Signalleitung zu mindestens ei-
ner elektromechanischen Radbremse 2 und über das Bussystem 11 zur elektrohydraulischen Steuer- und Regeleinheit 9, 9') zumindest der elektrohydraulischen Steuer- und Regeleinheit 9, 9' zur Verfügung gestellt, um z.B. zur Schlupfregelung zur Verfügung zu stehen. Zusätzlich kann diese Information auch an mindestens eine, insbesondere alle, elektromechanischen Radbremsen 2 mittelbar oder unmittelbar weitergeleitet werden werden.
Gemäß eines weiteren Ausführungsbeispiels der Erfindung wird den elektromechanischen Vorderradbremsen 2 mindestens ein Signal, welches ein Maß für den in den hydraulisch betätigbaren Radbremsen 1 eingesteuerten hydraulischen Druck (z.B. mit einem Drucksensor in der elektrohydraulischen Steuer- und Regeleinheit 9, 9' bestimmt) oder ein Maß für den vom Fahrer eingesteuerten hydraulischen Druck (z.B. mit einem Vordrucksensor oder mit einem Kolbenwegsensor im Hauptzylinder 4 bestimmt) oder ein Maß für den Betätigungs- weg/-winkel des Bremspedals 3 darstellt, zugeleitet. Vorteilhafterweise wird dieses Signal den Vorderradbremsen 2 unmittelbar zugeleitet (z.B. über eine Signalleitung I)1 so dass die elektronischen Steuer- und Regeleinheiten 10 auch bei einem Kommunikationsverlust zur elektrohydraulischen Steuer- und Regeleinheit 9, 9' anhand der zur Verfügung gestellten Signale eigenständig Bremsungen ausführen können.
Bei einem Ausfall einer der elektromechanischen Vorderradbremsen 2 wirkt beispielsgemäß die zweite elektromechani- sche Vorderradbremse 2 noch beim Bremsprozess (Normalbremse und/oder Parkbremse) mit.
Beispielsgemäß ist die elektrohydraulische Regel- und Steuereinheit 9, 9' im hinteren Teil des Fahrzeugs montiert.
Hierdurch wird die Länge der hydraulischen Leitungen 6 reduziert .
Der Bremsflüssigkeitsvorratsbehälter 14 für das elektrohyd- raulische Steuer- und Regelgerät 9, 9' ist vorteilhafterweise ebenfalls im hinteren Teil des Fahrzeugs angebracht. So kann zusätzlich Bauraum im vorderen Teil des Fahrzeugs eingespart werden.
Die elektrohydraulische Steuer- und Regeleinheit 9 kann mittelbar oder unmittelbar mindestens eine Fahrzeugbremsleuchte ansteuern.
Eine erfindungsgemäße Bremsanlage wird z.B. in einem Elekt- rofahrzeug verwendet, da in diesem prinzipiell kein Vakuum für eine Bremskraftverstärkung von einem Verbrennungsmotor vorhanden ist.
Eine erfindungsgemäße Bremsanlage kann aber auch als Bremsanlage für ein Hybridfahrzeug (Elektro- und Verbrennungsmotor-Antrieb) eingesetzt werden, da in diesem ein Vakuum von einem Verbrennungsmotor nur zeitweise zur Verfügung steht, nämlich wenn der Verbrennungsmotor läuft.
Allerdings ist eine erfindungsgemäße Bremsanlage auch für Fahrzeuge mit mindestens einem Verbrennungsmotor für Antriebszwecke geeignet.