Sensorvorrichtung zum Ermitteln des Reifeninnendrucks bei einem Kraftfahrzeug
Die Erfindung betrifft eine Sensorvorrichtung zum Ermitteln des Reifeninnendrucks bei einem Kraftfahrzeug mittels eines Messfühlers in Form einer lichtleitenden Faser, wobei aus der Veränderung der Lichtwelle auf den gesuchten Parameter geschlossen wird.
Aus der DE 39 37 966 C2 sind derartige Sensorvorrichtungen bereits bekannt, bei denen wenigstens ein Sensor die auftretenden örtlichen Verformungen erfasst. Im Bereich des Laufstreifens des Reifens sind Sensoren angebracht. Diese Anordnung bedient sich einer Funkübertragung der gemessenen Signale von einem im Fahrzeugrad angeordneten Sender zu einem Empfänger innerhalb des Fahrzeugaufbaus. Die Ermittlung der Werte geschieht z.B. mittels Dehnungsmessstreifen, die in den Reifen einvulkanisiert sind. Hierdurch sollen sowohl der Reifendruck als auch am Reifen wirksame Längs- und Querkräfte ermittelt werden. Die Einbringung der Messfühler in den Reifen bereitet allerdings erhebliche Probleme bei der Reifenherstellung.
Um den Problemen der vorgenannten Sensorvorrichtung zu begegnen, bedient sich eine in der DE 102 08 998 AI offenbarte Fahrzeugreifensensorvorrichtung eines Messfühlers zur Ermitt-
lung der verschiedensten Parameter eines Reifens. Dieser Messfühler hat die Form einer lichtleitenden Faser, durch welche eine Lichtwelle durch den Reifenumfang geführt wird. Die jeweiligen Veränderungen der Reflektions- und Transmissionseigenschaften der Lichtwelle lassen Schlüsse auf den/die gesuchten Reifenparameter zu. Die Verwendung derartiger lichtleitender Messfühler hat einen außerordentlich geringen Aufwand bei der Reifenherstellung zur Folge. Die vorbekannte Vorrichtung bedient sich vorzugsweise des infraroten Lichts aus dem verfügbaren Spektralbereich, was eine schädigende Beeinflussung des Reifenwerkstoffs deutlich mindert. Die Nutzung einer solchen Sensorvorrichtung ist verhältnismäßig vielseitig.
Gleichwohl geht das Bestreben dahin, weitere Anwendungsmöglichkeiten vorteilhaft zu gestalten. Hierbei kommt insbesondere dem Problem der Ermittlung des Reifeninnendruckes besondere Aufmerksamkeit zu.
Zur Messung des Reifeninnendruckes kommen heute vielfach spezielle Kontrollsysteme zur Anwendung, welche in der Praxis einen erheblichen technischen Aufwand und beachtliche Kosten verursachen .
Es sind verschiedene Kontrollsysteme zur Überwachung des Reifeninnendruckes bekannt, z. B. solche, die in der Felge angebracht sind und den Reifendruck unmittelbar messen, aber auch andere, die über eine ABS-Sensorik eine Veränderung des Ab- rollumfangs des Reifens detektieren und dadurch Schlüsse auf einen Druckverlust zulassen.
Aufgabe der Erfindung ist es daher, eine Sensorvorrichtung zum Ermitteln eines Reifeninnendruckes bei einem Kraftfahrzeug nach der eingangs näher definierten Art zu schaffen, mit
welcher Sensorvorrichtung der Innendruck eines Reifens auf eine technisch möglichst einfache Art und Weise sowie kostengünstig bestimmbar ist.
Die Erfindung macht sich das Prinzip der Ermittlung eines Reifeninnendruckes anhand einer Reifendeformation zunutze. Wird zur Messung eine vorbekannte Fasersensorik als Messfühler eingesetzt,, kann diese unmittelbar zur Überwachung des Reifeninnendruckes herangezogen werden, ohne dass zusätzliche spezielle Sensoren benötigt werden.
Erfindungsgemäß ist bei einer Sensorvorrichtung der eingangs bezeichneten Art die Anordnung so getroffen, dass der Messfühler die Form und/oder Größe des Reifenlatsches als Indikator für den Innendruck ermittelt. Die Form und Größe der ReifenaufStandsfläche auf der Fahrbahn ist von der Radlast abhängig, die während der Fahrt permanent schwankt. Allerdings ändert sich ihr: Mittelwert nicht.
Der Einfluss der Radlast auf den Reifeninnendruck kann jedoch in einer vorteilhaften Ausführung der Erfindung durch eine entsprechend parametrierte Tiefpassfilterung eliminiert werden .
Es können gegebenenfalls weitere Daten zur Berücksichtigung der Radlastverlagerung herangezogen werden, wie z. B. die Fahrzeuglängsbeschleunigung, Fahrzeugquerbeschleunigung, Geschwindigkeit und Tankvolumen. Diese tragen wesentlich zu einer Berücksichtigung der Radlastverlagerung bei. Durch eine Tiefpass-gefilterte Auswertung ist selbst ein schleichender Luftverlust detektierbar .
Luftdruck und Radlast bestimmen gleichermaßen die Größe und Form des Latsches. Ein besonders hoher Luftdruck kann z. B.
zu einer eher runden Latschform führen. Diese entspricht einem erhöhten Traganteil des Laufbandes in der Reifenmitte.
Auch die Reifenwölbung quer zur Fahrtrichtung in- und außerhalb des Latsches kann zur Ermittlung des Reifeninnendrucks herangezogen werden.
Die Bestimmung des Reifeninnendruckes über die Reifendeformation als Indikator hat, vor allem bei Verwendung von vorhandener faseroptischer Sensorik den Vorteil, dass spezielle Reifendruckkontrollsysteme damit entbehrlich werden.
Die Erfindung lässt durch die Verwendung lichtleitender Fasern eine einfache Signalübertragung zu einer im Fahrzeugaufbau vorgesehenen Auswerte- und Rechnereinheit zu.
Grundsätzlich eignet sich ein im Rad axial zentrierter optischer Koppler zur Übertragung des von dem Messfühler ausgelösten Lichtsignals auf die Auswerte- und Rechnereinheit im Fahrzeugaufbau .
Da ein Herausführen der Faser aus dem Reifen in Kombination mit einer optischen Übertragung von der drehenden Faser auf eine nicht drehende Faser in der Radnarbe in der Praxis aufwändig sein kann, ist es vorteilhaft, eine optoelektronische Auswerteeinheit mit in den Laufstreifen des Reifens einzuvul- kanisieren .
Eine solche einvulkanisierte Einheit erfüllt die Anforderungen hinsichtlich Kompaktheit, Gewicht und mechanischer Belastbarkeit, wenn sie z. B. höchstens einen Durchmesser von annähernd 30 mm, eine Dicke von ca. 2 mm und ein Gewicht von ca. 10 g aufweist.
In einer vorteilhaften Ausführung der Erfindung kann eine Auswerteeinheit für faseroptische Bragg-Gitter-Systeme Anwendung finden, bei der die Wellenlängenbestimmung mit passiven Kantenfiltern auf drei unabhängigen Kanälen erfolgt. Als Lichtquelle kann eine Superlumineszenzdiode (SLD) eingesetzt werden. Die Auswerteeinheit kann aus Standardkomponenten aufgebaut sein, die auf einer Platine verlötet werden. Durch eine Integration der verschiedenen Bauelemente direkt in den Siliziumwerkstoff kann der benötigte Bauraum noch deutlich gesenkt werden und gleichzeitig die mechanische Belastbarkeit gesteigert werden.
Die erfindungsgemäße Sensorvorrichtung kann auch mittels der so genannten ASOC (Active Silicon Integrated Optical Circu- its) -Technologie realisiert werden, wobei optische Leiterbahnen direkt im Silizium erzeugt und Lichtquellen und Photodetektoren aufgebracht werden. Die Auswerteeinheit besteht hier vorzugsweise aus einer Superlumineszenzdiode (SLD)- Lichtquelle und einer Photodiode mit einem Mach-Zehnder In- terferometer zur Wellenlängenbestimmung. Das Interferometer arbeitet hier ohne bewegliche Teile. Der Unterschied in der optischen Weglänge wird durch Aufteilung des eintreffenden Lichts auf zwei optische Leiterbahnen erzeugt, deren Brechungsindex durch elektrische Beaufschlagung mit Ladungsträgern verändert werden kann. Da alle benötigten Teile in einem Chip integrierbar sind, ist die mechanische Belastbarkeit eines solchen Systems sehr hoch.
Ein elektrischer Leistungsbedarf der Auswerteeinheit von z. B. bis zu 1 W im Reifen kann mit bekannten Systemen gedeckt werden, wobei ein Messzyklus in diesem Leistungsbereich einige Nanosekunden benötigt .
Die Tatsache, dass bei einem abnehmenden Reifendruck die vom Reifenmaterial zu leistende Walkarbeit vor allem im Bereich des Latsches zunimmt, wirkt sich auf den Kraftstoffverbrauch ebenso aus, wie auf die Gefahr eines zukünftigen Reifenschadens. Zur Vorbeugung gegen diese Erscheinungen und gegebenenfalls als alternative oder zusätzliche Möglichkeit der Bestimmung des Reifeninnendruckes kann die Erfassung der Walkarbeit dienen. Die Walkarbeit kann dabei auf einfache Art und Weise über die Messung der Reifentemperatur z. B. mittels Fa- ser-Bragg-Gitter (FBGs) erfasst werden.
Demgemäß sieht die Erfindung vor, dass mittels eines Temperatursensors die Reifentemperatur kontinuierlich gemessen, eine Reifenerwärmung erfasst und eine Walkarbeit abgeschätzt wird, um eine Differenz zwischen einem Solldruck und einem Istdruck zu ermitteln und einen Reifenschaden aufgrund Überhitzung zu vermeiden .
Weitere Merkmale, Einzelheiten und Vorteile der Erfindung ergeben sich aus der Beschreibung, den Patentansprüchen und der Zeichnung.
Ein Ausführungsbeispiel einer erfindungsgemäßen Sensorvorrichtung zum Ermitteln eines Reifeninnendruckes bei einem Kraftfahrzeug ist in der Zeichnung gezeigt und wird nachfolgend näher beschrieben.
Dabei zeigen:
Fig. 1 einen schematisierten, ausschnittsweisen Querschnitt durch einen Reifen eines Kraftfahrzeugs mit einer erfindungsgemäßen Sensorvorrichtung;
Fig. 2 eine schematische Draufsicht auf einen Laufstreifen des Reifens;
Fig. 3 ein Blockschaltbild der Sensorvorrichtung;
Fig. 4a bis 4c jeweils ein Diagramm mit einer Latschfläche des Reifens und einer Längsschlupfwegverteilung in drei verschiedenen Zustandsbereichen; und
Fig. 5 eine Bestimmung einer Oberflächendehnung aus gemes¬ senen Längsschlupfwegen gemäß den Fig. 4a bis 4c im Latsch eines Reifens.
Die Fig. 1 zeigt einen auf eine Felge 1 aufgezogenen Reifen 2. Dieser weist eine Lauffläche 3 auf, deren Profilierung in Fig. 2 näher schematisiert dargestellt ist. Der Reifen 2 ist in herkömmlicher Weise mit einem Gürtel, einer Bandage und weiteren Gewebe- und Verstärkungslagen 4 ausgebildet. In dem Reifen ist im Bereich der Lauffläche 3 eine Mehrzahl von lichtleitenden Fasern 6 eingebettet, die um den Reifenumfang verlaufen und Teil einer Sensorvorrichtung 5 zur Ermittlung des Reifeninnendruckes sind.
In Fig. 2 sind lediglich zwei derartige Fasern 6 beispielhaft an der Lauffläche 3 angedeutet. Der Brechungsindex der lichtleitenden Fasern verändert sich an einem Sensorelement mit einer entsprechenden Gitterkonstante, d. h. er variiert an dem Sensorelement in einem periodischen Abstand zwischen zwei Brechungsindexwerten . Die lichtleitenden Fasern 6 sind spannungsfrei verlegt, d. h. weder gedehnt noch gestreckt.
Abweichend von der gezeigten Ausführung können die lichtleitenden Fasern 6 selbstverständlich auch alternativ oder zu-
sätzlich zu der Anordnung an der Lauffläche 3 an einer Schul¬ ter oder einer Seitenwandung 7 des Reifens 2 angebracht sein.
In der Fig. 3 ist stark abstrahiert und blockschaltbildartig gezeigt, dass ein Signalgeber 9 an einem Fahrzeugaufbau 8 vorgesehen ist, welcher beispielsweise aus einer infrarotes Licht aussendenden Leuchtdiode oder einem Infrarotlaser bestehen kann. Über einen im Rad oder unmittelbar am Reifen angeordneten Koppler 10 wird das eingehende Lichtsignal in die an dem Reifen 2 angeordneten lichtleitenden Fasern 6 eingespeist. Das aufgrund der Reifende formation an dem Sensorelementen veränderte, ausgehende Lichtsignal wird über den Koppler 10 einer Auswerte- und Rechnereinheit 11 zugeführt.
Durch die Anordnung von mehreren lichtleitenden Fasern 6 oder mehreren Abschnitten einer Faser nebeneinander, gegebenenfalls auch in mehreren Ebenen, lassen sich zahlreiche einzelne Sensorelemente in dem Reifen anbringen, mittels denen neben einer Latschfläche auch noch weitere Parameter ermittelt werden können. Allerdings kann eine solche Mehrzahl von Sensorelementen auch zur Ermittlung nur der Form und/oder Größe des Reifenlatsches dienen.
Wie sich ein Latschbild, und somit die für die Bestimmung des Reifeninnendruckes gemäß der Erfindung maßgebende Form und/- oder Größe des Reifenlatsches unter verschiedenen Betriebszu- ständen ändert, ist qualitativ den in Fig. 4a bis Fig. 4c gezeigten Diagrammen zu entnehmen.
In Fig. 4a ist ein Latschbild des Reifens 2 anhand einer Längsschlupfwegverteilung bei einem gebremsten Zustand des Kraftfahrzeuges bei einer Geschwindigkeit von 60 km/h dargestellt, wobei ein Längsschlupfweg LS in Millimeter über einer
Länge L in Zentimeter und einer Reifenbreite B in Zentimeter gezeigt ist.
Entsprechend ist die Längsschlupfwegverteilung in Fig. 4b für einen frei rollenden Zustand des Fahrzeugs bei einer Fahrzeuggeschwindigkeit von 60 km/h und in Fig. 4c für einen angetriebenen Zustand des Fahrzeugs bei einer Geschwindigkeit von 60 km/h gezeigt.
Die räumliche Änderung des jeweiligen Längsschlupfwegs entspricht einer Oberflächendehnung und zugleich einer Dehnung der hiervon betroffenen lichtleitenden Fasern 6.
Durch Bildung des Differentialquotienten entlang einer jeweils in den Fig. 4a bis Fig. 4c gezeigten Bahn S eines Längsschlupfweges kann die an der Oberfläche des Laufstreifens auftretende Dehnung bestimmt werden.
Die Fig. 5 zeigt graphisch diese Differentiation zur Bestimmung der Oberflächendehnung aus gemessenen Längsschlupfwegen, wobei Sl den freirollenden Zustand, S2 den angetriebenen Zustand und S3 den gebremsten Zustand wiedergibt. Der gebremste Zustand gemäß Linie S3 ist dabei mit umgedrehten Vorzeichen dargestellt .
Beim frei rollenden Rad ist nur eine geringe Dehnung am Latscheinlauf zu erkennen. Beim angetriebenen Rad ist diese Dehnung deutlich größer. Zusätzlich tritt eine weitere Dehnung am Latschende auf. Beim abgebremsten Rad dagegen ist im hinteren Latschbereich eine Stauchung zu erkennen. Wie weitere Untersuchungen ergeben haben, gilt diese Aussage unabhängig von der Geschwindigkeit.
Im Umkehrschluss kann aus den gemessenen Dehnungen wiederum durch Integration auf die Profilauslenkunςj geschlossen werden und somit die Aufteilung der gesamten Latschfläche in Haft- und Gleitbereiche erfasst werden. Das Größenverhältnis dieser beiden Bereiche erlaubt dann den Rückschluss auf den aktuellen Ausnutzungsgrad des vorherrschenden Reibschlusspotentials der Latschfläche.
Neben der beschriebenen Ermittlung des Reifeninnendruckes mittels Messung der Latschgröße wird bei der gezeigten Ausführung mittels eines Temperatursensors 12 die Reifentemperatur kontinuierlich gemessen, so dass eine Reifenerwärmung erfasst wird und eine Walkarbeit abgeschätzt werden kann. Hierbei kann eine Differenz zwischen einem Solldruck und einem Istdruck ermittelt werden. Ein Reifenschaden aufgrund Überhitzung des Reifens kann dabei zusätzlich vermieden werden.