Verfahren zur indirekten Reifendrucküberwachung
Die Erfindung betrifft ein Verfahren gemäß Oberbegriff von Anspruch 1 und ein Computerprogrammprodukt gemäß Anspruch 17.
In modernen Kraftfahrzeugen finden vermehrt Systeme Anwendung, welche zu einem aktiven oder passiven Schutz der Insassen beitragen. Systeme zur Reifendrucküberwachung schützen die Fahrzeuginsassen vor Fahrzeugschäden, welche beispielsweise auf einen abnormalen Reifenluftdruck zurückzuführen sind. Durch einen abnormalen Reifenluftdruck kann sich beispielsweise der Reifenverschleiß und der Kraftstoffverbrauch erhöhen oder es kann zu einem Reifendefekt („Reifenplatzer") kommen. Es sind bereits verschiedene Reifendrucküberwachungssysteme bekannt, welche entweder auf Basis direkt messender Sensoren arbeiten oder durch Auswertung von Drehzahloder Schwingungseigenschaften der Fahrzeugräder einen abnormalen Reifendruck erkennen.
Aus der DE 100 58 140 AI ist ein sogenanntes indirekt messendes ReifendrucküberwachungsSystem (DDS) bekannt, welches durch Auswertung der Raddrehbewegung einen Reifendruckverlust detektiert.
Aus der EP 0 578 826 Bl ist ein Reifendruckmesser bekannt, welcher auf Basis von Reifenschwingungen einen Druckverlust in einem Reifen ermittelt.
In der WO 01/87647 AI ist ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Reifendrucküberwachung beschrieben, welche/s ein auf der Erfassung von Radradien basierendes Reifendrucküberwachungssystem und ein auf der Auswertung von Schwingungseigenschaften basierendes Reifendrucküberwachungssystem kombiniert .
Ziel der Erfindung ist es, ein Verfahren zur Reifendrucküberwachung bereitzustellen, welches ein bekanntes indirekt messendes Reifendrucküberwachungssystem durch Berücksichtigung der Torsionseigenfrequenzen dahingehend verbessert, dass die sichere Erkennung eines abnormalen Reifenluftdrucks erhöht wird.
Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß durch das Verfahren nach Anspruch 1 gelöst.
Vorzugsweise werden die Prüfgrößen (DIAG, SIDE, AXLE) gleichzeitig bestimmt/ eingelernt. Um Rechenleistung des verwendeten Prozessors/ Mikrocomputers zu sparen werden in einer weiteren bevorzugten Ausführung die Prüfgrößen (DIAG, SIDE, AXLE) nacheinander bestimmt/ eingelernt.
Die Bestimmung der Abrollumfangsdifferenzen (ΔDIAG, ΔSIDE, ΔAXLE) aus den aktuell ermittelten und den gelernten Prüfgrößen (DIAG, SIDE, AXLE) erfolgt vorzugsweise in identischen Geschwindigkeits-, und/oder Radmomenten-, und/oder Querbeschleunigungsintervallen.
Es ist weiterhin bevorzugt, dass das Einlernen bei dem vorgeschriebenen Reifensolldruck erfolgt.
Weitere bevorzugte Ausgestaltungen des erfindungsgemäßen Verfahrens gehen aus den Unteransprüchen hervor. Die Erfindung wird im folgenden anhand mehrerer Ausführungsformen beschrieben.
Ausgehend von einem bekannten indirekt messenden Reifendrucküberwachungssystem (DDS) , welches beispielsweise in der DE 100 58 140 AI beschrieben ist, werden zusätzlich die Schwingungseigenschaften des Reifens betrachtet. Die Erfindung nutzt den Effekt aus, dass sich die Schwingungseigenschaften des Reifens (z. B. die Torsionseigenfrequenz) hauptsächlich aufgrund einer Veränderung des Reifenluftdrucks ändern.
Die Torsionseigenfrequenz fp des Reifens wird z. B. mit Hilfe einer Frequenzanalyse (z. B. Fourier-Transformation) der Raddrehzahlsignale und anschließender Bestimmung der Frequenz, für die z. B. ein Amplitudenmaximum im Frequenzspektrum vorliegt, ermittelt. Das erfindungsgemäße Verfahren wird wie das indirekt messende Reifendrucküberwachungssystem (DDS) gestartet, d. h. der Fahrer muss das System z. B. per Taster zurücksetzen (Reset) , wenn die Reifendrücke angepasst wurden bzw. Reifen oder Räder gewechselt worden sind. Nach dem Reset erfolgt eine Lernphase, wobei es sich zur Steigerung der Genauigkeit empfiehlt, exakt denselben Zeitraum für das Lernen vorzusehen wie bereits bei dem bekannten indirekten ReifendrucküberwachungsSystem (DDS) .
In einer ersten bevorzugten Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens zur indirekten Reifendrucküberwachung werden die druckbedingten Änderungen des Abrollumfangs des indirekt messenden Reifendrucküberwachungssystems (DDS) bestimmt, wobei eine Warnung hinsichtlich eines Reifendruckverlusts ausgegeben wird, wenn festgelegte (Warn-) Schwellen überschritten werden. Diese Schwellen werden abhängig von den druckbedingten Änderungen der Schwingungseigenschaften festgelegt.
Das indirekt messende ReifendrucküberwachungsSystem (DDS) ist hierbei so ausgelegt, dass es einen Reifendruckverlust an bis zu drei Radpositionen (Rad vorne links, Rad vorne rechts, Rad hinten links, Rad hinten rechts) erkennen kann. Hierzu werden drei Prüfgrößen (DIAG, SIDE, AXLE) gleichzeitig oder nacheinander bestimmt, wobei in jede Prüfgröße (DIAG, SIDE, AXLE) Größen eingehen, welche die Raddrehbewegungen der Räder beschreiben, wie beispielsweise die UmdrehungsZeiten einer Radumdrehung, der Abrollumfang, etc.. Die Prüfgrößen bestehen im wesentlichen aus einem Quotienten in dessen Zähler und Nenner jeweils die Summe zweier die Raddrehbewegungen beschreibender Größen stehen. In dem Zähler der Prüfgroße DIAG steht beispielsweise die Summe der Größen der Raddrehbewegung der zwei sich diagonal gegenüberliegenden Räder (z. B. Rad vorne
links und Rad hinten rechts) , wohingegen im Nenner die Summe der übrigen Größen der Raddrehbewegungen steht (z. B. Rad vorne rechts und Rad hinten links) . Bei der Prüfgroße SIDE stehen im Zähler beispielsweise die Größen der Raddrehbewegungen einer Fahrzeugseite (z. B. Rad vorne rechts und Rad hinten rechts), wohingegen bei der Prüfgröße AXLE im Zähler die Größen der Raddrehbewegungen der Räder einer Achse (z. B. Rad vorne rechts und Rad vorne links) stehen. Die Nenner werden jeweils aus den übrigen Größen der Raddrehbewegungen gebildet. Diese Prüfgroßen werden in verschiedenen Geschwindigkeits-, Radmomenten- und Querbeschleunigungs- oder Gierratenintervallen ermittelt. Weiterhin werden Abrollumfangsdif- ferenzen zur Druckverlustbewarnung (ΔDIAG, ΔSIDE, ΔAXLE) zwischen aktuellen und gelernten Werten bestimmt. Diese Abrollumfangsdifferenzen werden folglich auch in den Intervallen aus einem aktueller Wert und dem zum aktuellen Intervall gehörigen Lernwert bestimmt.
Verallgemeinert erfolgt die Bestimmung von Druckverlusten an einem oder mehreren Reifen mittels des indirekt messenden Reifendrucküberwachungssystems (DDS) unter Auswertung der Abrollumfangsdiffe- renzen ΔDIAG, ΔSIDE und ΔAXLE. In einer besonders einfachen Ausgestaltung wird hierbei folgende Bedingung ausgewertet:
Maxl{ | ΔDIAGI , |ΔSIDE|, |ΔAXLE|} + (1)
Max2 { | ΔDIAG | , |ΔSIDE|, | ΔAXLE | } > 2*Seff
wobei Maxi den größten Wert und Max2 den zweitgrößten Wert aus der Menge der Beträge der Differenzen der drei berücksichtigten Abrollumfangsdifferenzen { | ΔDIAGI , | ΔSIDE| , | ΔAXLE | } darstellt. Seff bezeichnet hierbei die Schwelle für die Druckverlustwarnung. Diese Schwelle Seff wurde bisher bei dem indirekt messenden Reifendrucksystem (DDS) nur fahrzeugspezifisch bzw. reifenspezifisch vorgegeben. Diese Schwelle Seff wird, wie weiter unten beschrieben, durch die druckbedingten Änderungen der Schwingungseigenschaften festgelegt. Ist Bedingung (1) erfüllt, so wird eine Druckverlustwarnung
ausgegeben, wobei die Druckverlustwarnung aufgrund der nicht idealen Bedingungen (Rauschen bzw. allgemeine Störungen) im Fahrzeug erst ausgegeben wird, wenn eine statistische Absicherung, z. B. signifikante Überschreitung der Schwelle, Beobachtung über einen längeren Zeitraum oder andere, bekannte statistische Bewertungen, vorliegt.
Zur Berechnung der (Warn-) Schwelle Seff werden die Abrollumfangsdifferenzen (ΔDIAG, ΔSIDE, ΔAXLE) so interpretiert, dass sich für die verschiedenen Reifen des Fahrzeugs die einzelnen Anteile an den Abrollumfangsänderungen ΔUi bestimmen lassen. Die Werte ΔUi beschreiben dabei, wie groß die einzelnen Abrollumfangsabweichun- gen an einem von drei Rädern i bezogen auf das vierte Rad j sind. Da das indirekt messende Reifendrucküberwachungssystem (DDS) Abweichungen der Räder untereinander bewertet, ist dieser Bezug auf ein viertes Rad erforderlich. Für das vierte Rad j gilt folglich ΔU-, = 0. Der Zusammenhang lautet also:
{ΔUX, i=l,2,3} = f( ΔDIAG, ΔSIDE, ΔAXLE)
Welches Rad j≠i die geringste Veränderung erfahren hat und damit zur Bezugsgröße wird, ist ebenfalls Ergebnis dieser Betrachtung, die unten näher erläutert wird. Die Werte ΔUX können einerseits direkt zur Druckverlustwarnung herangezogen werden, wofür gilt dass ΔUi die Warnschwelle für eine Abrollumfangsänderung Su überschreiten muss und wobei dem Fahrer sogar die betroffene Position angezeigt werden kann. Andererseits können diese radspezifischen Abrollumfangsänderungen ΔUX in der Warnstrategie verwendet werden, um zusammen mit den per Frequenzanalyse beobachteten Veränderungen die Schwelle Seff für eine Druckverlustwarnung anzupassen. Grundidee ist dabei, dass bei Vorliegen einer guten Korrelation zwischen beiden Verfahren (DDS und Frequenzanalyse) , die Schwelle Seff entsprechend den Ergebnissen der Frequenzanalyse verändern, insbesondere absenken, zu können. Liegt dagegen eine schlechte
Korrelation, also ein Widerspruch vor, darf die Schwelle nicht verändert, insbesondere reduziert, werden.
Zunächst wird die genaue Vorgehensweise zur Bestimmung der ΔUi- Werte näher erläutert. Dabei wird zuerst eine Hilfsgröße U± eingeführt, welche die Abrollumfangsveränderung an einer Position i bezogen auf den gelernten Zustand beschreibt. Die gesuchte Größe ΔUi bezeichnet dagegen die Abrollumfangsveränderung Ui an der Position i bezogen auf die Abrollumfangsveränderung Uj an der Position mit der kleinsten Abrollumfangsveränderung j , es gilt also ΔUX = Ux-Uj . Zur Berechnung der Anteile der Abrollumfangsver- änderungen Ux, die auf die einzelne Radposition entfallen, wird folgende Linearkombination betrachtet:
(ΔDIAG, ΔSIDE, ΔAXLE)T= (U± * Ri) mit i = 0...3 (2) (wobei i = 0 ...3 Rad vorne links, Rad vorne rechts, Rad hinten rechts, Rad hinten links bedeutet)
und den Druckverlustvektoren Ri nach folgender Definition: RO = {-1,-1, -1}T RI = {1,1, -1}T R2 = {-1,1, 1}T R3 = {1,-1, 1}T
In dieser Definition ist durch die gewählten Vorzeichen der Vektoren berücksichtigt, dass nur Druckverluste und damit Abrollum- fangsverringerungen im Betrieb zu erwarten sind und diese Abroll- umfangsverringerungen als positive Ui definiert sind.
Das Gleichungssystem (2) umfasst drei Gleichungen mit den vier Unbekannten U und ist damit ohne zusätzliche Bedingung nicht lösbar. Setzt man zunächst voraus, dass die Radposition j mit dem niedrigsten Druckverlust bekannt ist, kann folgende Substitution erfolgen:
Ui = Ui - U mit U = Min ( { U± } )
(ΔDIAG, ΔSIDE, ΔAXLE)T = (ΔU, * Ri) mit i = 0...3, i ≠ j (3)
Da die Position j unbekannt ist, rauss dass Gleichungssystem viermal unter Variation von j mit j = 0...3 gelöst werden. Aus der Menge der vier möglichen Lösungen Lj
Lj = {ΔUi, i = 0...3, i ≠ j}j j = 0...3
ist nur die Lösung Lj korrekt, für die alle ΔUi positive Werte annehmen (wie per Definition festgelegt) , d. h.
Lj = Lj_Lösung: ΔUi ≥ 0 für i = 0...3, i≠j
Die korrekte Lösung Lj enthält also die einzelnen Anteile der
Abrollumfangsänderungen, die in die Warnstrategie einfließen.
Das indirekt messende Reifendrucküberwachungssystem (DDS) erkennt einen Reifendruckverlust daran, dass eine Grundwarnschwelle S überschritten wird. Diese Grundwarnschwelle S wird dem indirekt messenden Reifendrucküberwachungssystem (DDS) beispielsweise in Abhängigkeit von fahrzeug- und/oder reifenspezifischen Gegebenheiten vorgegeben. Bei dem erfindungsgemäßen Verfahren wird demgegenüber eine angepasste Schwelle Sef (siehe Gleichung (1) ) verwendet, bei deren Überschreitung eine Druckverlustwarnung ausgegeben wird. Die angepasste Schwelle Seff wird hierbei aus der Grundwarnschwelle S und einer Schwellenabsenkung ΔS bestimmt, wobei die Schwellenabsenkung ΔS von der Verschiebung der Torsionseigenfrequenz Δfp und einem Korrelationswert K beeinflusst wird.
Seff= S * (1 - ΔS(Δfp,K)) (4)
Die angepasste Schwelle Seff hängt also einerseits von der Güte der Korrelation zwischen den Ergebnissen für die Abrollumfangsänderungen und den Ergebnissen für die Frequenzanalyse ab. Andererseits legt die Höhe des durch die Frequenzanalyse bewerteten Druckver- lusts die Schwellenanpassung fest. Durch die Berücksichtigung der Verschiebung der Torsionseigenfrequenz Δfp wird sichergestellt, dass die Anpassung, insbesondere die Absenkung, der Schwelle Sβff proportional zu dem ermittelten Druckverlust der Frequenzanalyse erfolgt, größere Verschiebung der Torsionseigenfrequenz Δfp führen also zu einer größeren Absenkung der angepassten Schwelle Seff.
Der Korrelationswert K beschreibt dabei die Korrelation zwischen den Ergebnissen für die Verschiebung der Torsionseigenfrequenz Δfp und den Ergebnissen für die Abrollumfangsänderung ΔUi wie oben beschrieben. Diese Korrelation wird bevorzugt über alle Räder bestimmt, sie kann aber auch radindividuell bestimmt werden. Bei dem indirekt messenden Reifendrucküberwachungssystem (DDS) werden, wie beschrieben, die Abweichungen von drei Rädern i im Verhältnis zum vierten Rad j berechnet. Zur Korrelation müssen folglich auch Unterschiede der Verschiebung der Torsionseigenfrequenz Δfp eines jeden der drei Räder i bezogen auf dieses vierte Rad j betrachtet werden, d. h. ΔfP/i-Δfp,j. Dieser Korrelationswert K dient zur Bewertung, ob beide Verfahren (DDS und Frequenzanalyse) dieselben Positionen für die Druckverluste und auch für die Höhe der Druckverluste gefunden haben. Bei guter Übereinstimmung wird dieser Korrelationswert K groß und bei Widersprüchen wird er klein bzw. zu Null, so dass dann keine Schwellenabsenkung vorgenommen wird. Wird das System so ausgelegt, dass eine gegenseitige Plausibilisierung von DDS und Frequenzanalyse erfolgt, so wird bei unzureichender Korrelation auch eine Druckverlustwarnung vollständig verhindert.
Die Schwellenabsenkung ΔS wird wie folgt berechnet: ΔS(Δfp,K) = K*maxl({ΔfP/1}) (5)
mit i = Rad vorne links, Rad vorne rechts, Rad hinten links, Rad hinten rechts
wobei maxi ( { ΔfPi} ) den größten über die Frequenzanalyse festgestellten Druckverlust bezeichnet. Zur Berechnung von K werden ΔUi und ( Δfp,i-Δfp,j) so auf eine individuelle Schwelle normiert, dass ein Wert von 100 % einer Warnschwelle für eine Druckverlustwarnung durch das Einzelsystem entspricht. Für die normierten Werte ΔUn gilt also
ΔUn,i = ΔUi/So und Δfp,n,ι = ( ΔfP/i-Δfp,j) /Sf
wobei Su die individuelle Schwelle für eine Bewarnung von Abrollum- fangsveränderungen und Sf die individuelle Schwelle für eine Bewarnung von Frequenzveränderungen bezeichnet.
Mit den normierten Werten ΔUn und Δfp,n wird nun der Korrelationswert nach
berechnet, wobei i drei der vier möglichen Werte aus der Menge { Rad vorne links, Rad vorne rechts, Rad hinten links, Rad hinten rechts } annimmt, so dass für den vierten Wert j gilt ΔUn,ι = 0. Für den Fall, dass K negativ wird, wird der Wert auf Null begrenzt, so dass es nicht zu einer Schwellenerweiterung kommt.
In der weiter unten stehenden Tabelle wird die Bedeutung der angegebenen Gleichungen anhand von Zahlenbeispielen veranschaulicht.
Die Raddrehbewegung, welche bei dem bekannten Reifendrucküberwachungssystem ausgewertet wird, und die Schwingungseigenschaft des
Reifens hängen weitgehend von den Reifendimensionen (Reifenbreite, Reifenhöhe, Reifendurchmesser) und den Materialeigenschaften (Radial- oder Diagonalreifen, Gummimischung des Reifens etc.) des Reifens ab. Da ein Fahrzeug zumeist mit einer Vielzahl von unterschiedlichen Reifengrößen und Reifentypen ausgestattet werden kann, ist es sinnvoll, dies bei dem erfindungsgemäßen Verfahren zu berücksichtigen. Diese Berücksichtigung erfolgt in einem ersten Schritt des erfindungsgemäßen Verfahrens durch eine Lernphase, in welcher die Reifeneigenschaften, insbesondere die Druckempfindlichkeit (dfp/dp) , der verwendeten Reifen eingelernt wird. Das Lernen der individuellen Druckempfindlichkeit (dfp/dp) eines jeden Reifens am Fahrzeug erfolgt durch die Ausnutzung der Druckveränderungen während des Aufwärmens oder Abkühlens der Reifen im Betrieb. Sind die Reifeneigenschaften eingelernt, so werden die Raddrehbewegungen, beispielsweise die Veränderungen der Abrollum- fänge der Räder, und die Schwingungseigenschaften der Reifen in einer gemeinsamen Warnstrategie wie oben beschrieben miteinander verknüpft. Die Kriterien (DIAG, SIDE, AXLE, ΔfP) für die Raddrehbewegungen und die Schwingungseigenschaften werden in Geschwindig- keits- und Radmomentenbereichen eingelernt. Die Geschwindigkeitsund Radmomentenbereiche für die Raddrehbewegungen und die Schwingungseigenschaften müssen hierbei nicht gleich sein. Die Auswertung der Kriterien (DIAG, SIDE, AXLE, ΔfP) erfolgt ebenfalls geschwindigkeits- und radmomentenabhängig.
Alle bekannten Systeme zur Reifendrucküberwachung per Frequenzanalyse basieren auf dem physikalischen Nutzeffekt einer druckbedingten Verschiebung einer charakteristischen Torsionseigenfrequenz. Die genaue Lage der Torsionseigenfrequenz fp ist ebenso wie die Druckempfindlichkeit dfP/dp eine Reifeneigenschaft, somit nehmen beide Größen für verschiedene Reifentypen unterschiedliche Werte an. Typischerweise kann die Torsionseigenfrequenz fp für verschiedene Reifen beim selben Druck im Bereich von etwa 33 bis etwa 48 Hz schwanken. Die Werte der Druckempfindlichkeit dfP/dp schwanken
für dieselben Reifen im Bereich von etwa 4 bis etwa 8 Hz je 1 bar Reifenluftdruck.
Da der Reifentyp in der Regel nicht bekannt ist und für normale Fahrzeuge in der Regel eine Vielzahl von Reifendimensionen und -typen eingesetzt werden dürfen, muss ein herkömmliches System dies tolerieren. Dies führt einerseits dazu, dass die Frequenzanalyse in einem breiten Frequenzbereich, nämlich in diesem Fall z. B. etwa 20 bis etwa 60 Hz mit hoher Auflösung, z. B. 0,5 Hz (entspricht 81 Frequenzen) betrieben werden muss. Die Anzahl der zu berücksichtigenden Frequenzen legt dabei direkt die Anforderungen an den Rechner fest, auf dem der Algorithmus ausgeführt wird. Hier sind vor allem der Arbeitsspeicher (RAM) und die Laufzeit betroffen.
Wird, wie es in einer zweiten bevorzugten Ausführungsform vorgesehen ist, in einer vorgeschalteten Lernphase zuerst nur die ungefähre Frequenzlage der Torsionseigenfrequenz fp bestimmt, so ist das erfindungsgemäße Verfahren besonders ressourcenschonend. Hierbei wird in einer zeitlich kurzen, ersten Lernphase zunächst die grobe Lage der Torsionseigenfrequenz fp in einem weiten Frequenzbereich (z. B. 20 bis 60 Hz) mit einer groben Frequenzauflösung, z. B. 1 Hz (entspricht 41 Frequenzschritte) bestimmt. Anschließend wird nun der relevante Frequenzbereich für die eigentliche Lernphase festgelegt, z. B. zu fP -15 Hz < f < fP + 5 Hz, wobei hier nun eine Frequenzauflösung von 0,5 Hz möglich ist, um dieselbe Anzahl Frequenzschritte (41) auszunutzen. Die erforderlichen Ressourcen können mit diesem Verfahren somit halbiert werden, wobei allein der Nachteil einer insgesamt etwas längeren Lernphase in Kauf genommen werden muss.
Die Abhängigkeit der Druckempfindlichkeit dfP/dp vom Reifen führt in heutigen Systemen, welche eine Druckwarnung direkt auf Basis der Ergebnisse der Frequenzanalyse auslösen, dazu, dass die Einhaltung fester Minderdruck-Warnschwellen nicht erreicht werden
kann. In der Applikation des Algorithmus kann nur eine feste Warnschwelle hinsichtlich der Frequenzverschiebung, z. B. Δfwarn = 3 Hz, verwendet werden, die als Kompromiss über die möglichen Reifen für das betrachtete Fahrzeug gewählt wird. Diese Warnschwelle führt nun abhängig vom Reifen zu verschiedenen Warnminderdrücken, nämlich beispielsweise -0,75 bar für den unempfindlichen Reifen mit einer Druckempfindlichkeit von dfP/dp = 4 Hz/bar und beispielsweise -0,375 bar für empfindliche Reifen mit der doppelten Druckempfindlichkeit von dfP/dp = 8 Hz/bar.
Durch eine dritte bevorzugte Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens wird eine Minderdruckwarnung bei gleichen Drücken für alle Reifen erreicht. In dieser Ausführung wird die Frequenzanalyse nicht nur zum Anpassen der Warnschwellen des DDS herangezogen, sondern direkt zur Druckbewarnung eingesetzt. Charakteristisch ist, dass für die zu bewarnende Frequenzverschiebung Δfwarn im Algorithmus nur ein Startwert, z. B. 3 Hz, hinterlegt wird. Die wirklich verwendete Warnschwelle Sf wird dann in einem zusätzlich ablaufenden Lernalgorithmus reifenabhängig adaptiert. Hierbei wird der Effekt ausgenutzt, dass sich Reifen im Betrieb so stark aufgrund der Walkarbeit erwärmen können, dass sich eine Druckerhöhung von bis zu 0,3 bar einstellt. Wird z. B. zunächst ein Reifen weitgehend kalt bei einer Fahrzeuggeschwindigkeit von 40 km/h eingelernt und dann im Anschluss an eine längere Autobahnfahrt warm wieder bei 40 km/h betrieben, so ist eine Erhöhung der Torsionseigenfrequenz aufgrund des höheren Luftdrucks zu erkennen. Der oben im Beispiel genannte empfindliche Reifen zeigt dann eine Verschiebung der Torsionseigenfrequenz um etwa 2,4 Hz, der unempfindliche nur um etwa 1,2 Hz. Erfolgt nun z. B. aufgrund einsetzenden Regens eine erneute Abkühlung der Reifen, so wirkt sich dies in genau umgekehrter Weise aus.
Eine entscheidende Voraussetzung für die Ausnutzung dieses Effekts ist somit, genau detektieren zu können, wann aufgewärmte Reifen vorliegen bzw. wann die Reifen kalt sind. In dem erfindungsgemäßen
Verfahren wird hierbei der Effekt ausgenutzt, das Aufwärm- und Abkühlvorgänge immer alle vier Reifen am Fahrzeug betreffen, d. h. stellt man eine einheitliche Erhöhung der Torsionseigenfrequenz fp an allen vier Rädern fest, so ist davon auszugehen, dass die Reifen warm sind. Verringert sich die Torsionseigenfrequenz fp dagegen an allen vier Rädern gleichzeitig und verharrt dann auf einem Wert, so ist von kalten Reifen z. B. aufgrund von Regen oder allgemeiner Abkühlung auszugehen. Wenn sich demgegenüber die Torsionseigenfrequenz fp an allen vier Rädern gleichzeitig verringert und nicht auf einem Wert verharrt, so ist von einem gleichzeitigen Druckverlust an allen vier Rädern auszugehen. Veränderungen, die nur einzelne Reifen betreffen werden nicht ausgenutzt. Hierbei wird also nicht nur der Absolutwert der Torsionseigenfrequenzen herangezogen, sondern insbesondere das Verhalten der Torsionseigenfrequenzen über der Zeit bewertet.
In einer ersten einfachen Ausgestaltung der dritten Ausführungsform können damit allein Maximal- und Minimalwerte der Torsionseigenfrequenz fP zur Entscheidung über die Empfindlichkeit herangezogen werden. Hierbei geht man davon aus, dass sich im normalen Fahrbetrieb ein jeder Zustand (warm und kalt) einmal einstellen wird.
In einer zweiten genaueren Ausgestaltung der dritten Ausführungs- form wird darüber hinaus die Außentemperatur verwendet, um das aktuelle Temperaturniveau gegenüber dem Temperaturniveau zum Zeitpunkt des Resets, sowie das Aufwärmpotential abhängig vom Zustand der Umgebung bewerten zu können. Sofern der Algorithmus in einem Bremsensteuergerät ausgeführt wird, kann für die Außentemperatur die im Steuergerät per bereits vorhandenem Sensor gemessene Temperatur verwendet werden. Andernfalls kann auch die Außentemperatur vom Fahrzeugbus, z. B. CAN, benutzt werden. Außerdem wird innerhalb eines jeden Zündungslaufs eine Bewertung der Walkenergie der Reifen vorgenommen, die im wesentlichen vom Geschwindigkeitsprofil
abhängt (z. B. aufintegrieren der Rotationsenergien). Hierüber kann die erwartete Druckerhöhung abgeschätzt werden.
In einer dritten Ausgestaltungsform der dritten Ausführungsform wird darüber hinaus die Fahrzeugstandzeit vor dem aktuellen Zündungslauf mit herangezogen, um sicherer bewerten zu können, ob mit warmen oder kalten Reifen gestartet wurde. Diese Standzeit kann z. B. durch einen Nachlauf des Rechners über das „Zündung aus" Signal hinaus ermittelt werden. In der Praxis wird aus Gründen der Schonung der Fahrzeugbatterie vermutlich ein Nachlauf von maximal 30 min ausreichen. Oder die Uhrzeit wird - sofern verfügbar - direkt vom Fahrzeugbus, z. B. CAN, eingelesen. Zur Stützung der Annahme einer regenbedingten Abkühlung der Reifen können darüber hinaus Signale eines Regensensors vom Fahrzeugbus eingelesen werden.
Durch die Kombination des indirekt messenden Reifendrucküberwachungssystems (DDS) mit der Frequenzanalyse (FA) kann sowohl eine verbesserte Genauigkeit zur Erkennung von Druckverlusten erreicht werden, als auch die Robustheit des Gesamtsystems gegen Fehlwarnungen erhöht werden. Dies wird dadurch erreicht, dass die Informationen der einzelnen Systeme DDS und FA jeweils zur gegenseitigen Absicherung einer von einem Einzelsystem ausgesprochenen Druckwarnung herangezogen werden. Dies kann zum Beispiel durch Verwendung des oben beschriebenen Korrelationswertes K geschehen. Die gegenseitige Absicherung findet ihre Anwendung allerdings nur für kleinere Druckverluste, die im Rahmen feiner Warnschwellen für beide Systeme (DDS und FA) liegen. Um große Druckverluste in jedem Fall sicher bewarnen zu können, wird für beide Systeme (DDS und FA) eine grobe Warnschwelle verwendet, nach deren Überschreiten eine Absicherung durch das andere System nicht mehr erforderlich ist, sondern immer eine Warnung ausgegeben wird.
Die Strategie, nach der in dieser Ausführungsform eine Warnung an den Fahrer in Abhängigkeit von den Systemzuständen von FA und DDS ausgegeben wird, ist in den folgenden Tabellen zusammengefasst.
Während die erste Tabelle die grobe Logik erläutert, sind in der zweiten Tabelle Zahlenbeispiele genannt. Die angegebenen Prozentzahlen zeigen dabei an, wie nah das jeweilige Kriterium von DDS (DIAG, SIDE, AXLE) und FA (ΔfP) sich der Warnschwelle genähert hat. In diesem Beispiel ist 100 % die feine Schwelle, 150 % der feinen Schwelle entspricht der groben Schwelle. Ausnutzung von 50 % der feinen Schwelle ist ausreichend als Bestätigung.
Für viele Fahrzeuge treten unterschiedliche Empfindlichkeiten gegenüber einem Druckverlust für die angetriebene Achse und die freirollende Achse auf. Wie oben beschrieben betrifft dies für die Frequenzanalyse und für DDS in der Regel unterschiedliche Positionen, d. h. für die Frequenzanalyse kann die angetriebene Achse empfindlicher sein, für DDS dagegen unempfindlicher. In diesem Fall kann das System so ausgelegt werden, dass die verwendeten Schwellwerte für die Druckwarnung Su und S
f achsspezifisch verwendet werden.