Beschreibung
Hochgefülltes Gießharzsystem
Die Erfindung betrifft Gießharzsysteme, bei denen gegenüber herkömmlichen Gießharzsystemen der Füllstoffanteil erhöht ist, ohne dass eine Viskositatssteigerung die Verarbeitbarkeit des Gießharzes einschränkt.
Gießharze sind füllstoffhaltige Mischungen aus Harz und Härter, die flüssig und so niederviskos sind, dass sie ohne Anwendung von Druck fließen und in der Lage sind, auch dünne Spalte im Bereich der Füllstoff-Partikelgröße zu füllen. Sie sind zu jedem Zeitpunkt der Herstellung und Verarbeitung fließfähig.
Unter Gießharz ist eine niederviskose Reaktionsharzmischung zu verstehen, die bei Verarbeitungstemperatur eine Viskosität ω 20.000 mPas bei geringer Scherrate hat.
Füllstoffhaltige Gießharzsysteme, insbesondere Duroplast- Gießharzsysteme, werden seit Jahren für die Herstellung hochwertiger Verbundwerkstoffe eingesetzt.
Gießharze werden durch einfaches Vergießen unter Normaldruck verarbeitet. Legt man besonderen Wert auf porenfreie Formstoffe, werden sie im Vakuumgießverfahren oder in der automatischen Druckgeliertechnik verarbeitet. Zur Anpassung und Optimierung ihrer Verarbeitungseigenschaften sowie ihrer mecha- nischen, elektrischen und thermischen Eigenschaften werden ihnen Füllstoffe zugemischt. Dadurch kann insbesondere die bei der Härtung freiwerdende Wärme reduziert und die Wärmeleitfähigkeit (in W/mK) , der lineare Wärmeausdehnungskoeffizient, die Risszähigkeit und der E-Modul der nach der Härtung erhaltenen Formstoffe angepasst und optimiert werden.
Durch die Zugabe von Füllstoffen kann insbesondere auch die Wirtschaftlichkeit der erhaltenen Formstoffe erhöht werden, da Füllstoffe in den meisten Fällen wesentlich kostengünstiger verfügbar sind als Reaktionsharze.
Mit zunehmendem Füllstoffgehalt wird jedoch auch die Viskosität der bei Verarbeitungstemperatur flüssigen Gießharzmischung erhöht. Damit wird die Erhöhung des Füllgrades durch den Anstieg der Viskosität beschränkt.
Um bei der Applikation von Gießharzen kleinste Zwischenräume zu füllen, ist es notwendig, dass solche Gießharzsysteme keine Thixotropieeffekte (starker Anstieg der Viskosität bei geringer Scherung) zeigen. Darüber hinaus muss die Anfangsvis- kosität möglichst niedrig sein. Herkömmliche Gießharze werden beispielsweise mit 50 bis 66 Gew.-% (dies entspricht ca. 30 bis 46 Volumen-%) eines kommerziell erhältlichen Quarzmehltyps gefüllt.
Es ist bekannt, dass bei kommerziell verfügbaren Gießharzen die Viskosität exponentiell mit dem Füllstoffgehalt ansteigt. Zum Beispiel wird mit der Harzmischung Rütapox VE 4518 der Bakelite AG bei einem Füllstoffgehalt von 66 Gew.-% Quarzmehl eine bereits sehr hohe Viskosität von ca. 13.000 Pas gemes- sen. Um den Einfluss noch höherer Füllstoffanteile abschätzen zu können, hat Bakelite eine technische Information verfasst, aus der die Mischviskosität des gefüllten Harzes bei 60 °C als Funktion des Füllstoffanteils hervorgeht (siehe Figur 1) . Aus dieser Darstellung wird deutlich, dass eine Viskosität von 20.000 mPas bereits mit einem Füllstoffgehalt von
67-68 Gew.-% Quarzmehl erreicht wird. Füllstoffanteile über 70 Gew.-% Quarzmehl bewirken Viskositäten von über 40.000 mPas. Diese sind nicht mehr drucklos fließfähig und als Gießharze verarbeitbar.
Hochgefüllte Gießharze sind aus der Literatur bekannt.
In der Patentschrift WO 00/55254 AI werden Gießharze mit Co-
re/Shell-Partikeln beschrieben, die eine Viskosität von ca. 20.000 mPas aufweisen. Dazu werden Beispiele mit Füllgraden von 58 bis 68 Gew.-% Quarzmehl angeführt. Die in dieser Druckschrift beanspruchten Füllstoffkonzentrationen bis 73 Gew.-% Quarzmehl werden durch Beispiele nicht belegt. Angaben über tatsächlich gemessene Viskositäten fehlen. Üblicherweise steigt die Viskosität bei Gießharzsystemen durch Zusatz von Core/Shell-Partikeln bereits stark an. Zum Beispiel wird dabei auch ohne Füllstoffzugäbe (Core/Shell- Partikel sind organische Partikel und fallen typischerweise nicht unter den Oberbegriff Füllstoffe) ein Anstieg der Viskosität durch die Core/Shell-Partikel von 700-1000 mPas auf 3500-5000 mPas, das heißt auf das Fünffache, erreicht. Bei füllstoffhaltigen Systemen verstärkt sich dieser Effekt noch. Aus diesen Gründen erscheint das dort beschriebene Erreichen von Füllstoff onzentrationen ≥ 70 Gew.-% Quarzmehl in einem als Gießharz verarbeitbaren System als nicht glaubwürdig.
In der Patentschrift DE 42 16 680 AI werden hoch gefüllte E- poxidharzmassen beschrieben. Diese müssen wegen ihrer Verarbeitungseigenschaften allerdings als Pressmassen bezeichnet werden. Pressmassen sind hochgefüllte Reaktionsharz- Mischungen, die bei Raumtemperatur fest sind, bei Temperaturen über 100 °C aufschmelzen und wegen ihres hohen Anteils an Füllstoffen nur unter Anwendung erheblicher Drücke fließen. Zum Beispiel wird in der Patentschrift beschrieben, dass zur Bestimmung der Fliessfähigkeit über den Spiralfluss bei 180°C ein enormer Druck von 6,9 MPa (dies entspricht 70 kg/cm) benötigt wird. Pressmassen können nicht als Gießharze bezeich- net werden.
Übliche Maßnahmen, mit denen der Füllgrad in Gießharzrezepturen unter Beibehaltung der Viskosität angehoben werden kann, stellen die Erhöhung der Verarbeitungstemperatur (Gieß- und/oder Formtemperatur) und der Einsatz von Fließhilfen dar. Limitierend erweist sich bei der Erhöhung der Verarbeitungstemperatur die Tatsache, dass die Topfzeit bzw. Gebrauchsdau-
er der Gießharzsysteme verringert wird und damit auf ein für eine gesicherte Verarbeitung abgestimmtes Maß beschränkt bleiben uss. Die als Fließhilfen eingesetzten Additive wirken selbst in geringen Mengen stark viskositätssenkend. Die Sedimentation wird durch diese Zusätze stark begünstigt und in der Regel führt dies zu inhomogenen Epoxidharzformstoffen. In der Praxis hat sich jedoch beim Einsatz konventionell verfügbarer Füllstofftypen (meist eine monomodale Korngrößenverteilung) gezeigt, dass die Anhebung des Füllgrades nur um we- nige Gew.-% möglich ist.
Mit einer Anhebung des Füllstoffgehaltes um wenige Gew.-% können die gewünschten Eigenschaften nicht entscheidend verbessert werden. Um zum Beispiel Risszähigkeit und Wärmeleit- fähigkeit spürbar zu erhöhen bzw. den linearen Wärmeausdehnungskoeffizienten signifikant zu senken, muss der Füllstoffanteil um wesentlich mehr als 10 Gew-% angehoben werden.
Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es, den Füllstoffan- teil in einem Gießharzsystem unter Beibehaltung der Verarbeitbarkeit des Systems zu erhöhen. Eine weitere Aufgabe besteht darin, die Viskosität des Gießharzsystems bei gleichbleibendem Füllgrad zu reduzieren und damit dessen Verarbeitungsverhalten zu verbessern.
Gegenstand der Erfindung ist ein Gießharzsystem, das bei Verarbeitungstemperatur eine Viskosität von ω 20.000 mPas und einen Füllstoffanteil von mindestens 50 Vol.-% bei einer Scherrate von 0,1 bis 1 s"1 hat, wobei der Füllstoff als Kom- bination zumindest zweier Füllstofffraktionen mit unterschiedlicher Partikelgrößenverteilung vorliegt.
Bei Quarzmehl entspricht dies einem Füllstoffanteil von mindestens 70 Gew.-%. Dabei liegt der Füllstoff als Kombination zumindest zweier Füllstofffraktionen vor. Die Füllstofffraktionen unterscheiden sich in der Partikelgrößenverteilung und gegebenenfalls auch in der Partikelform. Dabei können alle
Kombinationen an Partikelformen eingesetzt werden, doch gibt es bevorzugte Kombinationen von Partikelformen, wie z.B. die Kombination von sphärischen und splittrigen Partikelformen.
Der Füllstoffanteil im Gießharz ist der Füllgrad.
Die Verarbeitungstemperatur richtet sich nach dem Gießharzsystem und der Verwendung dem Einsatzgebiet. Sie kann beispielsweise zwischen dem Gefrierpunkt und 100°C liegen. Zum Beispiel werden die Gießharze auch im Freien verarbeitet und die Verarbeitungstemperatur richtet sich dann nach der Umgebungstemperatur .
Der Einsatz von Füllstoffkombinationen aus mindestens 2 Füll- Stoffen ist in der Literatur mehrfach beschrieben. Allerdings werden dadurch keine erhöhten Füllgrade von ≥ 50 Vol.-% erreicht. So werden in der Druckschrift JP11092622 gefüllte Spritzgusssysteme mit Füllstoffgemischen aus mindestens 2 Arten von Füllstoffpartikeln beschrieben. Der Füllstoffanteil liegt allerdings nur bei maximal 35 Gew.-%. In der Druckschrift 59100128 A wird durch eine Mischung von zwei Füllstoffen, bestehend aus Kaliumtitanat-Wiskern und Kaliumtita- natpulver eine ax. Füllstoffkonzentration von 62,5 Gew.-% realisiert. Dies entspricht einem Volumenfüllgrad von < 30% In der Druckschrift JP63288977 werden Formmassen beschrieben, die eine Mischung aus mehreren Füllstoffen enthalten. Jedoch werden dadurch ebenfalls keine höheren Füllgrade erreicht.
Der Vorteil unserer Erfindung liegt in der Erreichung von sehr hohen Füllgraden bei gleichzeitig niedriger Viskosität und ausgezeichnetem Fliessverhalten der Gießharze durch Verwendung von Füllstoffgemischen unterschiedlicher Partikelgrößen. Derartige Ergebnisse sind völlig unerwartet und weder aus der von Bakelite dargestellten Gesetzmäßigkeit noch aus den zitierten Patentschriften ableitbar.
Nach einer vorteilhaften Ausführungsform ist das Gießharzsystem niederviskos, wobei der Füllstoffanteil im Bereich von 50 bis 80 Vol.-%, bevorzugt zwischen 53 und 75 Vol-%, insbesondere zwischen 55 und 65 Vol-% liegt. Das Gießharzsystem umfasst eine Kombination zumindest zweier Füllstofffraktionen, die sich hinsichtlich ihrer Partikelgröße unterscheiden. Bevorzugt beträgt die Ds0-Partikelgröße der kleineren (feinkörnigeren oder feinteilig) Partikelfraktion 1 bis 10 μm und die der größeren (gröberen, grobteiligeren) Partikelfraktion 10 bis lOOμm.
Nach einer vorteilhaften Ausführungsform umfasst das Gießharzsystem eine Kombination dreier Füllstofffraktionen, die sich hinsichtlich ihrer Partikelgröße unterscheiden. Bevor- zugt beträgt die D50-Partikelgröße der kleinsten Partikelfraktion 1 bis 10 μm, die der mittleren Partikelfraktion 10 bis lOOμm und die der größten Partikelfraktion 100 bis 1000 μm.
Die Füllstoffeinzelfraktionen können eine beliebige Verteilung des Dgo/Dio-Verhältnisses haben. Bevorzugt haben sie jedoch eine enge Verteilung, insbesondere bevorzugt haben sie eine enge Verteilung mit einem D90/Dιo-Verhältnis von 2 bis 50, bevorzugt von 3 bis 30.
Als Füllstoffe kommen im wesentlichen fein- bis grobkörnige, sphärische, splittrige, plättchenförmige oder 'kurzfaserige anorganische Füllstoffe wie z.B. Quarzmehl, Quarzgut, Aluminiumoxid, Aluminiumoxidhydrat, Aluminiumnitrid, Bornitrid, Siliziumcarbid, Glaspulver, Metallpulver, Glasfasern, Wol- lastonit, Glimmer, Dolomit, Schiefermehl und/oder andere Metalloxide sowie Kohlefasern oder Nanotubes beziehungsweise beliebige Mischungen dieser Komponenten zur Anwendung.
Nach einer vorteilhaften Ausführungsform umfasst das Gießharzsystem eine Füllstofffraktion, die zumindest zum Teil Partikel umfasst, deren Oberfläche beschichtet sind. Die
Oberfläche der Füllstoffpartikel kann mit organischen oder anorganischen Schichten gecoated sein.
Nach einer vorteilhaften Ausführungsform umfasst das Gieß- harzsystem ein bimodales Füllstoffgemisch, bei dem der Volumenanteil der feinteiligeren Partikelfraktion zwischen 5 und 50 Vol.-%, bevorzugt zwischen 10 und 25 Vol.-%, bezogen auf den gesamten Füllstoff, beträgt.
Nach einer besonders vorteilhaften Ausführungsform umfasst das Gießharzsystem ein trimodales Füllstoffgemisch, bei dem der Volumenanteil der grobteiligen Partikelfraktion zwischen 40 bis 60 Vol.-%, der der mittleren Partikelfraktion zwischen 20 bis 30 und der der feinteiligen Fraktion ebenfalls zwi- sehen 20 bis 30 Vol.-%, bezogen auf den gesamten Füllstoff, beträgt.
Der Füllstoffanteil im Gießharzsystem beträgt mindestens 50 Vol.-%. Der Füllstoff hat eine nach rheologischen Eigen- Schäften und Formstoffeigenschaften optimierte multimodale
Partikelgrößenverteilung für hochgefüllte Gießharzmischungen. Die Gießharze zeigen trotz der hohen Füllgrade gute rheologi- sche Eigenschaften bei vergleichbarem beziehungsweise verbessertem Sedimentationsverhalten und nach Härtung gute Form- Stoffeigenschaften.
Der Flüssiganteil der erfindungsgemäßen füllstoffhaltigen Gießharzsysteme besteht aus handelsüblichen bei Raumtemperatur flüssigen Epoxidharzen, ungesättigten Polyester-Harzen (UP-Harze) , Polyurethan-Harzen (PU-Harze) , Acrylharzen und Siliconharzen.
Nach einer vorteilhaften Ausführungsform ist das Gießharzsystem ein Duroplast-Gießharz, insbesondere eines auf Basis von Polyepoxiden.
Nach einer besonders vorteilhaften Ausführungsform basiert das Gießharzsystem auf bei Raumtemperatur flüssigen Epoxidharzen. Dabei können sowohl anionisch wie aminisch, anhydridisch, phenolisch und über Isocyanate härtbare als auch kati- onisch, z.B. über Thiolanium- oder Sulfonium-Verbindungen härtbare Epoxidharzsysteme zum Einsatz kommen. Die Epoxidharzsysteme enthalten dann neben den Epoxidkomponenten Härterkomponenten auf Amin-, Säureanhydrid-, Phenol- oder Isocy- anatbasis, eine Beschleunigerkomponente für eine anionische oder kationische Reaktionsinitiierung und ggf. gängige Additive (z.B. Entschäumer, Benetzungshilfen etc.) nach handelsüblichen Rezepturen (bzw. Masseverhältnissen) .
Besonders vorteilhaft ist dabei der Einsatz flüssiger Kompo- nenten und Zusatzsto fe, die bei Raumtemperatur eine Viskosität von unter 1000 mPas aufweisen. Als Epoxidverbindungen eignen sich aromatische, aliphatische und cycloaliphatische Di- oder Polyglycidylether . Als aromatische Di- oder Polygly- cidylether kommen zum Beispiel Bisphenol-F-diglycidylether und Bisphenol-A-diglycidylether zum Einsatz. Als aliphatische Di- oder Polyglycidylether finden cycloaliphatische Glycidyl- verbindungen und ß-Methylglycidylverbindungen Verwendung. Dies sind Glycidylester und ß-Methylglycidylester von cycloa- liphatischen Polycarbonsäuren wie Tetrahydrophthalsäure, 4- Methyl-tetrahydrophthalsäure, Hexahydrophthalsäure, 3-Methyl- hexahydrophthalsäure und 4-Methylhexahydrophthalsäure. Weitere geeignete cycloaliphatische Epoxidharze sind die Diglyci- dylether und ß-Methylglycidylether von cycloaliphatischen Alkoholen, wie 1, 2-Diglycidylether von 1, 3-Dihydroxycyclohexan und 1, 4-Dihydroxycyclohexan, 1, 4-Cyclohexandimethanol, 1,1- Bis (hydroxy-methyl) cyclohex-3-en, Bis (4-hydroxycyclohexyl) - ethan, 2, 2-Bis (4-hydroxycyclohexyl) ropan und Bis (4-hydroxy- cyclohexyl) sulfon.
Beispiele für Epoxidharze mit Cycloalkylenoxid-Strukturen sind Bis (2, 3-epoxycyclopentyl) ether, 2, 3-Epoxycyclopentyl- glycidyl-ether, 1, 2-Bis (2, 3-epoxycyclopentyl) ethan, Vinylcyc-
lohexendioxid, 3, 4-Epoxycyclohexylmethyl-3 x , 4 -epoxycyclo- hexan-carboxylat, 3, 4-Epoxy-6-methylcyclohexylmethyl-3 λ, 4 λ- epoxy-6 -methyl-cyclohexancarboxylat, Bis (3, 4-epoxycyclo- hexylmethyl) adipat und Bis (3, 4-epoxy-6-methylcyclohexyl- ethy1) adipat .
Bevorzugte cycloaliphatische Epoxidharze sind Bis (4-hydroxy- cyclohexyl)methandiglycidylether, 2,2-Bis (4-hydroxycyclo- hexyl)propandiglycidylether, Tetrahydrophthalsäurediglycidyl- ester, 4-Methyltetrahydrophthalsäurediglycidylester,
4-Methyl-hexahydrophthalsäurediglycidylester, 3, 4-Epoxy- cyclohexylmethyl-3 v4 -epoxycyclohexancarboxylat und insbesondere Hexahydrophthalsäurediglycidylester .
Die cycloaliphatischen Epoxidharze können auch in Kombination mit aliphatischen Epoxidharzen verwendet werden. Als „aliphatische Epoxidharze* lassen sich Epoxidierungsprodukte von ungesättigten Fettsäureestern einsetzen. Vorzugsweise werden epoxidhaltige Verbindungen eingesetzt, die sich von Mono- und Polyfettsäuren mit 12 bis 22 C-Atomen und einer Iodzahl zwischen 30 und 400 ableiten, wie zum Beispiel Ölsäure, Gado- leinsäure, Erukasäure, Ricinolsäure, Linolsäure, Linolensäu- re, Elaidinsäure, Likansäure, Arachidonsäure und Clupanodon- säure. Geeignet sind beispielsweise die Epoxidierungsprodukte von Sojaöl, Leinöl, Mohnöl, Hanföl, Baumwollsamenöl, Sonnenblumenöl, Rapsöl, mehrfach ungesättigte Triglyceride, Trigly- ceride aus Euphorbia-Gewächsen, Erdnussöl, Olivenöl, Oliven- kernöl, Mandelöl, Kapoköl, Haselnussöl, Aprikosenöl, Buch- eckernöl, Lupinenöl, Maisöl, Sesamöl, Traubenkernöl, Ricinu- söl, Heringöl, Sardinenöl, Menhadenöl, Walöl, Tallöl und davon abgeleitete Derivate.
Weiterhin sind auch höher ungesättigte Derivate geeignet, die durch nachträgliche Dehydrierungsreaktionen dieser Öle erhal- ten werden.
Die erfindungsgemäßen Gießharzsysteme können für die Herstellung hochwertiger Verbundwerkstoffe und/oder Materialverbunde eingesetzt werden, zum Beispiel als Isolier- und Konstruktionswerkstoffe in der Elektrotechnik, als Fußbodenbeschichtun- gen, Kunststoffputze, Fugenfüllmaterialien und Fassadenverkleidungen in der Bauindustrie sowie für dekorative Anwendungen in der Raumausstattung und im Sanitärbereich.
Als Verbundwerkstoff wird beispielsweise ein gefülltes Epoxid- harz bezeichnet.
Als „Materialverbund* wird bezeichnet, wenn ein oder mehrere Materialien funktionell durch ein (gehärtetes) Gießharz miteinander „verbunden* sind.
Beispiele
Im folgenden wird die Erfindung noch anhand von Beispielen näher erläutert: Bei den Beispielen handelt es sich um füll- stoffhaltige Gießharzsysteme. Zur Herstellung von Gießharzen auf Epoxid- und/oder Polyurethanbasis werden die Füllstoffe in die Harzkomponente und die Härterkomponente getrennt eingemischt. Dies geschieht bei Raumtemperatur oder bei Temperaturen zwischen 60 und 80 °C. Durch Messung der Viskosität der füllstoffhaltigen Harzkomponente kann man bereits den visko- sitätserhöhenden Einfluss der Füllstoffe und Füllstoffgemische studieren. Zur Beurteilung des Füllstoffeinflusses auf die Viskosität der Gießharzes werden gefüllte Harzkomponente und gefüllte Härterkomponente zusammengemischt, im Vakuum entgast und sofort vermessen.
Bei UP-Harzen können die Füllstoff-Gemische direkt in die fertige Harzmischung eingemischt werden.
In Tabelle 1 werden die in den Beispielen 1 bis 25 verwendeten Füllstoffe vorgestellt. Dazu werden Dichte, Partikelgrö-
ßenverteilung und Breite der Partikelgrößenverteilung angegeben.
Tabelle 1: Eigenschaften der in den Beispielen eingesetzten Füllstoffe:
In Tabelle 2 sind in den Beispielen 1 bis 6 die Viskositäten einer Epoxidharzkomponente, umfassend 100 Teile Bisphenol-A diglycidylether CY 228 der Fa. Vantico, 4 Teile Poly- propylenglycol DY 049 der Fa. Vantico und 0,3 Teile einer Fließhilfe der Fa. Byk (Dichte der Mischung 1,15 g/cm3) mit verschiedenen Füllstoffen und Füllstoffgemischen zusammenge-
stellt, die bei einem Füllgrad von 44,2 Vol.-%, entsprechend 64 Gew.-% Quarzmehl bei 60 °C in Abhängigkeit von der Scherrate erhalten werden. Dabei ist ersichtlich, dass die Gemische der einzelnen Füllstoffe in einer bimodalen Verteilung bei gleichem Füllgrad eine deutlich geringere Viskosität aufweisen als die einzelnen Füllstoffe in monomodaler Verteilung.
Tabelle 2: Scherratenabhängige Viskositätswerte:
In Tabelle 3 sind in den Beispielen 7 bis 10 die Viskositäten einer Epoxidharzkomponente, umfassend 100 Teile Bisphenol-A- diglycidylether CY 228 der Fa. Vantico, 4 Teile Polypropy- lenglycol DY 049 der Fa. Vantico und 0,3 Teile einer Fließhilfe der Fa. Byk (Dichte der Mischung 1,15 g/cm3) mit verschiedenen Füllstoffen und Füllstoffgemischen zusammengestellt, die bei unterschiedlichen Füllgraden bei 70 °C in Ab- hängigkeit der Scherrate erhalten werden. Aus den Ergebnissen geht hervor, dass trotz der vergleichsweise hohen Viskosität der Epoxidharzkomponente von ca. 1000 mPas bei 70 °C Volumen-
füllgrade bis zu 59 % erhalten werden. Diese entsprechen Füllgraden von bis zu 77 Gew.-%. Quarzmehl.
Tabelle 3: Viskositätswerte von mit Quarzmehl gefülltem Epoxidharz in Abhängigkeit der Partikelgrößenverteilung und des Füllstoffanteils
In den Beispielen 11 bis 13 ist der Einfluss der Füllstoffzusammensetzung auf die Viskosität der gefüllten Gießharzmischung sowie auf die mechanischen und thermischen Eigenschaften des aus dem Gießharz hergestellten Formstoffes dargestellt. Aus den Ergebnissen geht hervor, dass der Füllstoff- gehalt von 45 Vol.-% (Beispiel 11, monomodale Mischung) auf
56 Vol.-% (Beispiel 12 bimodale Mischung) und 58 Vol.-% (Beispiel 13, bimodale Mischung) erhöht werden kann, ohne dass sich die Viskosität erhöht und das Verarbeitungsverhalten verschlechtert. Dies entspricht einer Erhöhung des Füllstoff- gehalts um fast 30 Vol.-% bezogen auf den Füllgrad der Epoxidharz-Mischung. Hier kann man von einer deutlichen Erhöhung des Füllgrades bei gleichbleibend guten Verarbeitungseigenschaften sprechen.
Tabelle : Formstoffeigenschaften von säureanhydridgehärteten Epoxidsystemen, umfassend 100 Teile eines modifizierten Bisphenol-A-diglycidylether Araldit CY 228 der Fa. Vantico, 82 Teile Tetrahydrophthalsäureanhydrid (HY 918) der Fa. Vantico als Härter, 4 Teile Polypropylenglycol (DY 040 Fa. Vantico) und 1,5 Teile Dimethylbenzylamin (DY 062 Fa. Vantico) als Beschleuniger (Dichte der flüssigen Mischung: 1,17 g/cm3) in Abhängigkeit der Füllstoffanteils an Quarzmehl unterschiedli- cher Partikel rößenverteilung
Die für den Härtungsvorgang wichtige Reaktionsenthalpie sinkt von 85 (Beispiel 11, monomodale Mischung) auf 65 J/g (Beispiele 12 und 13, bimodale Mischungen) . Ebenso sinkt der Reaktionsschwund sowie der lineare Ausdehnungskoeffizient, was den Stress im Verbund mit anorganischen Einlagerungskomponen- ten reduziert und damit die Verbundeigenschaften deutlich verbessert. Des weiteren wird die Wärmeleitfähigkeit erhöht, wodurch die Härtungstemperatur erniedrigt und die Zykluszeit bei der Formstoffherstellung reduziert werden kann. Durch diese Maßnahme werden die mechanischen Eigenschaften der Verbundwerkstoffe, wie E-Modul, Biegefestigkeit und Risszähigkeit, deutlich verbessert.
Im Beispiel 14 (Tabelle 5) ist gezeigt, dass bei entsprechender Füllstoffwahl und Abstimmung mit der Harzmischung Füllgrade von 64 Vol.-% möglich sind.
Tabelle 5: Viskositätswerte von mit Quarzmehl-gefülltem Epo- xid-Anhydrid-System
Harzmatrix: Bisphenol-A-Diglycidylether (Araldit CY 228), Anhydrid-Härter HY 918, Flexibilisator (DY040) , tert. Amin- Beschleuniger (DY 062) Vantico, Fließhilfe; Dichte der Harzmatrix 1,18 g/cm3.
Die Beispiele 15 (Tabelle 6) und 16 (Tabelle 7) beschreiben Epoxidharz-Mischungen mit Aluminiumoxid sowie mit Mischungen aus Aluminiumnitrid und Quarzgutmehl. Dabei werden Volumenfüllgrade von 75 und 57 % erhalten. Diese Volumenfüllgrade entsprechen Massefüllgraden von 91 und 78 Gew.-%.
Tabelle 6 : Viskositätswerte von AL203-gefülltem Epoxid- Anhydrid-System;
Harzmatrix : Bisphenol-F-Diglycidylether, Methylhexahydro- phthalsäure-anhydrid: DMBA ( 100 : 90 : 0 , 3 ) , Dichte l , 18g/cm3
Tabelle 7: Viskositätswerte von mit einem Gemisch aus Aluminiumnitrid und Quarzgutmehl-gefülltem Epoxid-Anhydrid-System Harzmatrix: Bisphenol-A/F-Diglycidylether (Rütapox VE 4518KA) , 0 Mod.Anhydrid (VE4518KB) :Mod. tert. Amin-Beschleuniger (VE 4518KC) Bakelite, Fließhilfe, Dichte 1,18 g/cm3.
Die Beispiele 17 (Tabelle 8) und 18 (Tabelle 9) zeigen, dass 5 mit der gleichen FüllstoffZusammensetzung wie in Beispiel 16 auch mit UP-Harzen (Beispiel 17) und PU-Harzen (Beispiel 18) ähnliche Viskositätswerte erhalten werden wie mit Epoxidharzen.
0 Tabelle 8: Viskositätswerte von mit Aluminiumoxid gefülltem ungesättigtem Polyesterharz
Harzmatrix: ungesättigter Polyester Altana (UP 3400] Fließ- hilfe, Dichte 1,18 g/cm3
Tabelle 9: Viskositätswerte von mit AL2O3 gefülltem Polyurethan-Harz
Harzmatrix: PU-Vergussmasse 4204:4900 (2:1) Altana, Fließhilfe, Dichte 1,07 g/cm3
Aus allen Beispielen geht hervor, dass mit den erfindungsgemäßen Zusammensetzungen ausreichend fließfähige Gießharzmischungen mit sehr hohen Füllstoffgehalten angefertigt werden können, die vorher noch als nicht verarbeitbar galten. Man erreicht damit die Füllgrade, mit denen spürbare Eigeschafts- verbesserungen realisiert werden können, wie z.B. für die Schwerbrennbarkeit, den linearen Wärmeausdehnungskoeffizient, die Wärmeleitfähigkeit, die Risszähigkeit, die spezifische Bruchenergie, den E-Modul, den Reaktionsschwund und die Reaktionsenthalpie .
Aus den genannten Eigenschaftsverbesserungen lassen sich dann weitere technologische Vorteile für die aus den hochgefüllten Epoxidharzformstoffe hergestellten Produkte ableiten. Durch eine bessere Abführung der bei der Vernetzungsreaktion auf-
tretenden Reaktionsentalpie werden lokale Temperaturspitzen vermieden und in Verbindung mit dem niedrigeren thermischen Ausdehnungskoeffizienten und dem reduzierten Reaktionsschwund entsteht ein geringerer Abkühlstress und eine verbesserte Temperaturwechselbeständigkeit. Es können die Härtungs- bzw. Formtemperaturen gesenkt oder unter Beibehaltung der Temperaturen die Härtungs- bzw. Zykluszeiten verkürzt werden, ohne dabei eine schlechtere Entformungssteifigkeit in Kauf nehmen zu müssen. Zusammen mit den niedrigeren Materialkosten für hochgefüllte Gießharzsysteme führt dies zu einer höheren
Wirtschaftlichkeit bei den aus diesen Materialien hergestellten Produkten.
Anhang
Stand der Technik
Bild 1: Viskosität von füllstoffhaltigen Epoxidharzmischungen als Funktion des Füllstoffanteils am Beispiel der Harzmischung Rütapox VE 4518 der Bakelite AG
Misch Viskosität bei 60°C als Funktion des Füllstoffanteils
60 62 64 66 68 70 72 74 76 78 80
Massenanteil Quarzmehl W 12 [%]