"Verfahren zum Nachweis von Erkrankungen, die auf Defekten des Proteins cvstic fibrosis transmembrane conductance reαulator (CFTR) beruhen"
Die Erfindung betrifft nicht-genetische Nachweisverfahren und -mittel für Erkrankungen, die auf Defekte des CFTR beruhen, insbesondere für die Erkrankung der Mukoviszidose resp. zystischen Fibröse (engl.: cystic fibrosis oder CF) und nimmt die Priorität der deutschen Patentanmeldungen 102 08 293.6 und 102 16 160.7 in Anspruch, auf die inhaltlich Bezug genommen wird.
Verschiedene auf Defekte des CFTR basierende Krankheiten, wie beispielsweise die zystische Fibröse, das kongenitale Fehlen des Vas Deferenz und einige Formen der Pankreatitis sind bekannt. Die zystische Fibröse - auch Mukoviszidose genannt - stellt eine der am häufigsten vorkommenden genetisch-bedingten Erkrankungen dar. Die Krankheit tritt in regional unterschiedlicher Häufigkeit bei ca. 1 : 2500 der Neugeborenen auf.
Mukoviszidose wird autosomal rezessiv vererbt und geht auf einen Defekt am langen Arm des Chromosoms 7 zurück. Betroffen ist das Gen, das für das Protein CFTR (cystic fibrosis transmembrane conductance regulator), ein Membrantransportprotein kodiert. Das Hauptmerkmal dieser schwerwiegenden Erkrankung ist eine allgemeine Fehlfunktion von Epithelien, aller exokrinen Drüsen, der Lunge und des Verdauungstraktes. Die Krankheit äußert sich durch eine erhöhte Viskosität des Sekrets der mukösen Drüsen in der Lunge und in der Bauchspeicheldrüse. Im fortschreitenden Krankheitsverlauf kommt es zu erheblichen anatomischen Veränderungen, die schwere Komplikationen im Bereich der Atemwege, wie zum Beispiel chroni- sehe Infektionen mit Emphysem der Lunge und schwerwiegende Störungen der Verdauung (Malabsorption) mit Flüssigkeits- und Elektrolytverlusten zur Folge haben. Die Behandlung der zystischen Fibröse erfolgt durch Enzymsubstitution, gezielte Antibiotikagaben und physiotherapeutische Behandlung
(Klopfmassage). Die Krankheit ist nicht heilbar. Mukoviszidose-Kranke leiden unter einer erheblichen Einschränkung ihrer Lebensqualität und erreichen trotz der heute guten medizinischen Betreuung in der Regel nur ein Lebensalter von ca. 40 Jahren.
Die Krankheitsentstehung ist noch nicht eindeutig geklärt. Das betroffene Gen kodiert für einen in der Membran vorwiegend epithelialer Zellen lokalisierten Chlorid-Kanal. Eine Vielzahl unterschiedlicher Mutationen, die zu erhöhter Schleimviskosität und einer veränderten Zusammensetzung der Se- krete führen, ist beschrieben (Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 258. Auflage). Die häufigste Mutation ist die Deletion von Phenylalanin an Position 508 (ΔF508). Neben der homozygoten Form der Mukoviszidose kann sich die Krankheit auch bei heterozygoten Genträgern mit unterschiedlichem Schweregrad und auch noch im fortgeschrittenen Lebensalter entwickeln. Etwa 4 % der weißen Bevölkerung Europas und der USA tragen eine he- terozygote CFTR-Mutation.
Aus der Literatur ist bekannt, daß bei CF-Patienten mit der homozygoten Mutation ΔF508 das CFTR-Protein die Plasmamembran der Zellen entweder nicht erreicht oder nur in unzureichendem Maße in der Membran verankert wird. Ein solches CFTR-Protein ist dann funktionsunfähig.
Aus der Literatur ist weiterhin bekannt, daß der CFTR einen erheblichen Einfluß auf die Regulation des Zellvolumens hat. In Zellen, in denen die CFTR- Funktion nicht gestört ist, greift dieser in einen autokrinen Mechanismus ein, der durch die Freisetzung von und die Signalübertragung durch ATP (Adenosintriphosphat) über einen separaten lonenkanal gesteuert wird. Ein hypotones Medium bewirkt einen zelleinwärts gerichteten Wassereinstrom. Die daraus resultierende Zellschwellung aktiviert den CFTR, der wiederum einen ATP-Transport aus der Zelle heraus auslöst. Das extrazelluläre ATP aktiviert purinerge Rezeptoren, die in der Zelle die Phospolipase C (PLC) zur Bildung von Inositoltriphosphat (IP3) anregen. Das Inositoltriphosphat erhöht
die intrazelluläre Konzentration an Kalziumionen (Ca2+). Eine erhöhte intrazelluläre Kalziumionenkonzentration aktiviert die kalziumabhängigen Kalium- und Chlorid-Kanäle sowie Kanäle für Osmolyte, wie beispielsweise Taurin. Daraufhin verlassen Kalium- und Chloridionen die Zelle. Durch diesen Netto- salzverlust strömt Wasser osmotisch hinterher. In der Folge schrumpft die Zelle (Braunstein, G. B. et al., The Journal of Biological Chemistry, Vol. 276, No. 9, Issue of March 2, pp. 6621-6630, 2001 ). Dieser Vorgang wird als regulierte Volumenverminderung, engl.: regulatory volume decrease (RVD) bezeichnet. Es wurde gezeigt, dass humane rote Blutzellen nach mechani- scher Deformation CFTR-abh. ATP freisetzen (Sprague RS, Ellsworth ML, Stephenson AH, Kleinhenz ME, Lonigro AJ, Deformation-induced ATP re- lease from red blood cell requires cystic fibrosis transmembrane conductance regulator activity. American Journal of Physiology, 275:H1726-H1732, 1998). Es wurde gezeigt, dass in hypotonen Medien die roten Blutzellen ei- niger Spezies ihr Volumen ATP abhängig regulieren, humane rote Blutzellen jedoch nicht. (Light DB, Capes TL, Gronau RT, Adler MR. Extracellular ATP stimulates volume decrease in Necturus red blood cell. American Journal of Physiology, Sep;277(3 Pt 1 ):C480-91 , 1999).
Methoden der CF-Diagnostik:
1 ) Bislang erfolgt die Diagnose der zystischen Fibröse unter Anderem aufgrund einer Schweißuntersuchung, bei der die CFTR-abhängige Chlorid-Resorption der Epithelzellen des Schweißganges durch Bestim- mung der Chlorid-Konzentration im Schweiß ermittelt wird (Patent-Nr.:
WO00/13713 Titel: Macroscopic sweat test for cystic fibrosis). Bei CF- Patienten wird eine erhöhte Chlorid-Konzentration gefunden. Der Schweißtest liefert häufig unklare Ergebnisse. Er ist zudem sehr zeit- und personalaufwendig und somit teuer.
2) Weitere Methoden sind die Messung des durch die Pankreasinsuffi- zienz bei CF-Patienten in das Blut gelangten immunreaktiven Trypsins
(Patent-Nr.: AU 6445186, Titel: Detection of immunreactive trypsin and cystic fibrosis using monoclonal antibody) und
3) der Nachweis einer Erhöhung des Albumingehaltes im Mekonium (Kindspech) von Säuglingen (Patent-Nr.: US 3,902,847, Titel: Diagno- stic device and method for the diagnosis of mucoviscidosis (cystic fibrosis)).
4) Darüber hinaus kann die CF-Diagnose über die Untersuchung des Speicheldrüsensekrets und durch
5) die zwar genaue, aber aufwendige und damit bisher wenig angewandte transepitheliale Potentialmessung an der Nasenschleimhaut vorgenommen werden.
6) Eine weitere Möglichkeit der Diagnose der zystischen Fibröse besteht in der Erkennung der Mutation über die direkte Genanalyse (Patent-Nr.: W094/15218, Titel: Detection of cystic fibrosis or a gene mutation). Die genetische Untersuchung läßt allerdings nur sehr begrenzt auf funktio- nelle Störungen rückschließen. Es sind bisher viele hundert verschiedene CFTR-Mutationen bekannt, die zu mehr oder minder ausgebildeten klinischen Bildern führen. In den genetischen Analysen wird jedoch nur auf ca. 15 verschiedene Mutationen untersucht, die nur etwa 80 % aller CF-Erkrankungen hervorrufen.
7) Es wurde ein CF-Test angeregt, bei dem durch mechanische Deformation von Erythrozyten freigesetztes ATP mit dem Luziferin-Luziferase- Assay gemessen werden soll. Dieses basiert auf der Beobachtung einer Beziehung zwischen CFTR und ATP-Sekretion. (Verloo, P. et al., Pediatric Pulmonology, Suppl. 20:72 (2000)).
8) Weitere Methoden basieren auf Unterschiede zwischen CF und nicht- CF in der Kinetik einiger Enzyme, wie z.B. der NADH-Dehydrogenase der Mitochondrien (Patent-Nr.: PCT/US80/00370, Titel: Cystic fibrosis detection method), die z.B. im Lymphozytenhomogenisat gemessen werden kann.
9) Das Enzym Hydrolase von CF-Patienten zeigt unter bestimmten Testbedingungen eine schnellere Inaktivierungskinetik als die Hydrolase von gesunden Probanden (Patent-Nr.: US 4,469,788, Titel: In vitro dia- gnosis of cycstic fibrosis).
Die bekannten Nachweisverfahren sind z.T. teuer und zeigen den Nachteil, daß sie wenig zuverlässig und somit kein zuverlässiges Neugeborenen- Screening auf Mukoviszidose erlauben. Die genetische Untersuchung ist bei Neugeborenen möglich, erlaubt aber bei heterozygoter Mutation keine Aussage über das funktionelle Ausmaß des CFTR-Defektes. Der Schweißtest ist mit erheblichen Schwankungen verbunden. Die Messung des immunreaktiven Trypsins und die Messung des Albumins im Mekonium sind wenig verläßlich.
Durch eine möglichst frühzeitige - am effektivsten beim Neugeborenen - durchgeführte verläßliche Diagnose der zystischen Fibröse könnte eine zielgerichtete Behandlung ab dem ersten Lebenstag die gesundheitliche Situation der Patienten verbessern und damit die Lebenserwartung deutlich erhö- hen, da sich in diesem Fall die schwerwiegenden, krankheitsbedingten anatomischen Veränderungen weniger stark ausprägen würden.
Da die Standardverfahren keine sichere frühzeitige Diagnose der zystischen Fibröse erlauben, können CF-Erkrankungen aber erst zu einem späten Zeitpunkt sicher erkannt werden. In der klinischen Praxis werden Säuglinge in begründeten Verdachtsfällen insbesondere mit Antibiotika behandelt, was Kosten verursacht und zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen kann.
Bei den heterozygoten CF-Mutationen kann sich das Krankheitsbild in den verschiedenen Schweregraden erst in der Jugend oder noch später im Erwachsenenalter manifestieren und ist somit einer erfolgreichen Frühbehandlung nicht zugänglich. Des weiteren existieren Krankheitsbilder, wie zum Beispiel bestimmte Pankreas-Erkrankungen, die mit Mutationen des CFTR- Gens in Zusammenhang gebracht werden.
Der Erfindung liegt nun die Aufgabe zugrunde, eine geeignete Methode zur Verfügung zu stellen, die Erkrankungen, die auf Defekte des CFTR beruhen, insbesondere die zystische Fibröse, zu einem möglichst frühen Zeitpunkt zuverlässig nachzuweisen.
Die Aufgabe wird gelöst durch Nachweisverfahren gemäß Anspruch 1 bis 3, die geeignet sind, auf einen Defekt des CFTR beruhende Krankheiten durch Zelllyse nicht defekter Zellen zu bestimmen. Die Bestimmung erfolgt nach Anspruch 2 durch Verhinderung der CFTR-abh. Volumenregulation durch z.B. Blockade der ATP-Freisetzung und nach Anspruch 3 durch Aktivierung (Öffnung) von CFTR-abh. lonenkanälen der nicht defekten Zellen.
Beispiel für ein Nachweisverfahren gemäß Anspruch 2 für Blutzellen:
Eine nicht defekte Zelle ist in der Lage, unter physiologischen Bedingungen ihr Zellvolumen durch ineinandergreifende Mechanismen über den Einstrom und den Ausstrom von Ionen und Wasser zu kontrollieren und zu steuern. In nicht defekten Blutzellen strömt Chlorid nach Einbringen in ein 155 mM Kaliumchlorid-Medium unter anderem über den funktionsfähigen CFTR in die Zelle. Der Erfindung gemäß Anspruch 2 liegt nun der Gedanke zugrunde, durch die Beeinflussung, z. B. Blockade, in der Zellmembran exprimierter, CFTR-abhängiger ATP-transportierender Kanäle die regulierte Volumenver- minderung (RVD) zu verhindern. Einströmende Kalium- und Chloπdionen akkumulieren in der funktionsfähigen nicht defekten Zelle, was durch den damit einhergehenden Wassereinstrom zur Lyse der Blutzellen führt, wäh-
rend die Lyse bei defekten Blutzellen, denen es bereits an dem Einwärtstransport der Ionen fehlt, ausbleibt. Dies ist insbesondere für CF-Blut- zellen der Fall, bei denen durch den CFTR-Defekt keine Chlorid-Ionen über den CFTR in die Blutzellen einströmen und deren RVD CFTR-unabhängig ist. Infolgedessen kann sich in der Zelle auch kein Überdruck aufbauen; die Blutzellen mit defekten lonenkanälen, insbesondere die Blutzellen von CF- Patienten unterliegen keiner Lyse.
Bei den Mukoviszidose-Kranken mit einer homozygoten ΔF508 Mutation be- findet sich das CFTR nicht in der Zellmembran. Bei heterozygoten Mutationen und anderen Mutationen als ΔF508 können sich kleine Mengen funktionsfähigen CFTR in der Membran befinden, die Chlorid transportieren und an der Volumenregulation beteiligt sind. Dabei ist die Menge der in der Zellmembran vorhandenen funktionsfähigen CFTR-Moleküle umgekehrt propor- tional zum Schweregrad der Erkrankung. Durch die Blockade der CFTR-abhängigen ATP-transportierenden Kanäle wird die CFTR-abhängige RVD verhindert. Der Beitrag der CFTR-abhängigen RVD zur gesamten RVD ist proportional zur Menge der in der Membran vorhandenen funktionsfähigen CFTR-Moleküle. Je mehr funktionsfähiger CFTR in der Membran ist, desto größer ist der Beitrag der CFTR-abhängigen RVD zur gesamten RVD und desto größer ist die Hämolyse nach Blockade der CFTR-abhängigen RVD. Daher ist das Maß der Hämolyse nach Blockade der CFTR-abhängigen RVD ein Maß für die in der Zellmembran vorhandenen funktionsfähigen CFTR- Moleküle. Da bei den Mukoviszidose-Kranken die Menge der in der Zell- membran vorhandenen funktionsfähigen CFTR-Moleküle umgekehrt proportional zum Schweregrad der Erkrankung ist, ist das Maß der Hämolyse nach Blockade der CFTR-abhängigen RVD ein Maß für den Schweregrad der Erkrankung. Dementsprechend erlaubt die Messung der Hämolyse nach Blockade der CFTR-abhängigen RVD eine Bestimmung des Schweregrades der Mukoviszidose.
Untersuchungen des Blutes von gesunden Personen, Mukoviszidose-Pati- enten und postnatal aus der Nabelschnur entnommenen Blutproben von Neugeborenen (Nabelschnur-Blut) bestätigen die einfache Durchführbarkeit und die gute Aussagekraft des erfindungsgemäßen Testverfahrens, bei dem Gd3+ zur Blockade der Volumenregulation eingesetzt wird. Die statistische Auswertung der bisherigen Untersuchungsergebnisse mit 22 CF-Patienten und 87 gesunden Probanden sowie 59 Neugeborenen (Nabelschnur-Blut) zeigt eine eindeutige Zunahme des Hämolysegrades nach Zugabe von Gd3+ bei den gesunden Probanden und beim Nabelschnur-Blut. Bei den CF-Pati- enten wird eine nur geringfügige Zunahme des Hämolysegrades nach Gd3+- Applikation verzeichnet. Von den 87 gesunden Probanden wurden 75 als nicht-CF erkannt, d.h. richtig negativ (86%), und 12 wurden als CF erkannt, d.h. falsch positiv (14%). Von den 22 CF-Patienten wurden 18 als CF erkannt, d.h. richtig positiv (82%), und 4 wurden als nicht-CF erkannt, d.h. falsch negativ (18%). Von den 59 Neugeborenen wurden 57 als nicht-CF erkannt, d.h. richtig negativ (97%), und 2 wurden als CF erkannt, d.h. falsch positiv (3%) (Fig. 1 ).
Beispiel für ein Nachweisverfahren gemäß Anspruch 3 für Blutzellen:
Die Aufgabe wird gelöst durch ein Nachweisverfahren gemäß Anspruch 3, das insbesondere geeignet ist, auf einen Defekt des CFTR beruhende Krankheiten durch eine auf einer Zelllyse nicht defekter Blutzellen basierende Ermittlung von defekten Blutzellen durch Aktivierung (Öffnung) von bestimmten lonenkanälen der nicht defekten Blutzellen zu diagnostizieren.
Der Erfindung gemäß Anspruch 3 liegt nun der Gedanke zugrunde, insbesondere durch Aktivierung von bestimmten CFTR-abhängigen lonenkanälen in nicht defekten Blutzellen, durch die Anionen wie z. B.: lodid (I ), Bromid (Br"), Chlorid (Cf), Fluorid (F"), Gluconat (Gluconsäure-Anion), Rhodanid (SCN") und Taurin in die nicht defekten Blutzellen einströmen, eine Lyse der nicht defekten Blutzellen hervorzurufen. In defekten Blutzellen sind diese
CFTR-abhängigen lonenkanäle nicht vorhanden oder nicht aktivierbar. Deshalb kommt es nicht zum Einstrom von Anionen wie z. B.: lodid, Bromid, Chlorid, Fluorid, Gluconat, Rhodanid und Taurin in die defekte Zelle. Infolgedessen kann sich in der Zelle auch kein Überdruck aufbauen; die Blutzellen mit defekten CFTR, insbesondere die Blutzellen von CF-Patienten unterliegen keiner Lyse.
Da dieser CFTR-abhängige lonenkanal in nicht defekten Blutzellen Anionen wie z. B.: lodid, Bromid, Chlorid, Fluorid, Gluconat und Rhodanid sowie Tau- rin durchläßt, kann die Unterscheidung zwischen defekten und nicht defekten Blutzellen auch in 155 mM Lösungen erfolgen, die als Anion lodid, Bromid, Fluorid, Gluconat, Rhodanid oder Taurin enthalten.
Die Blutzellen mit defekten lonenkanälen, insbesondere die Blutzellen von CF-Patienten unterliegen keiner Lyse.
Die statistische Auswertung der Untersuchungsergebnisse mit 48 CF-Patienten und 148 gesunden Probanden sowie 82 Neugeborenen (Nabelschnur- Blut), zeigt eine eindeutige Zunahme des Hämolysegrades nach Zugabe von sDIDS (4-Amino-4'-lsothiocyanato-Stilben-2,2,-Disulfonsäure wird im folgenden sDIDS genannt) bei den gesunden Probanden und beim Nabelschnur- Blut. Bei den CF-Patienten kann eine nur geringfügige Zunahme des Hämolysegrades nach sDIDS-Applikation verzeichnet werden. Von den 148 gesunden Probanden wurden 119 als nicht-CF erkannt, d.h. richtig negativ (80,4%), und 29 wurden als CF erkannt, d.h. falsch positiv (19,6%). Von den 48 CF-Patienten wurden alle 48 als CF erkannt, d.h. richtig positiv (100%). Von den 82 Neugeborenen wurden 80 als nicht-CF erkannt, d.h. richtig negativ (97,5%), und 2 wurden als CF erkannt, d.h. falsch positiv (2,5%) (Fig. 2).
Die Aktivierung eines bestimmten CFTR-abhängigen lonenkanals, der Anionen wie z. B.: lodid, Bromid, Chlorid, Fluorid, Gluconat, Rhodanid und Taurin
durchläßt, gelingt mit einer Substanz, die durch besondere Behandlung von DIDS (4,4'-Diisothiocyanato-Stilben-2,2,-Disulfonsäure, Natriumsalz) entsteht. DIDS wird in DMSO gelöst (0,1 M) und für 4 Wochen bei 4°C im Kühlschrank gelagert. Durch diese Lagerung von DIDS entsteht ein Hydrolyseprodukt von DIDS durch in DMSO enthaltenem Restwasser. Untersuchungen dieser Lösung mit massenspektrometrischen Methoden zeigen, dass neben DIDS auch 4,4 -Diamino-Stilben-2,2'-Disulfonsäure (DADS) und 4- Amino^-Isothiocyanato-Stilben^^-Disulfonsäure in der Lösung vorhanden sind (Fig. 3).
Durch partielle Hydrolyse von DIDS entsteht die 4-Amino-4'-lsothiocyanato- Stilben-2,2'-Disulfonsäure, H2S und C02 (Fig. 4):
4,4*-Diisothiocyanato-Stilben-2,2,-Disulfonsäure, Na+-Salz (DIDS) + 2H20 =>
4-Amino-4'-lsothiocyanato-Stilben-2,2'-Disulfonsäure, Na+-Salz + H2S + C02.
Ebenso führt eine Lagerung von 4-Acetamido-4'-lsothiocyanato-Stilben-2,2'- Disulfonsäure (SITS) in wasserhaltigem DMSO bei 4°C über Wochen zu Hy- drolyseprodukten, so dass in einer solchen Lösung neben SITS auch DADS und 4-Amino-4'-lsothiocyanato-Stilben-2,2'-Disulfonsäure zu finden sind. Durch partielle Hydrolyse von SITS entsteht die 4-Amino-4'-lsothiocyanato- Stilben-2,2'-Disulfonsäure und Essigsäure (Fig. 5):
4-Acetamido-4'-lsothiocyanato-Stilben-2,2,-Disulfonsäure, (SITS) +H20 =>
4-Amino-4'-lsothiocyanato-Stilben-2,2,-Disulfonsäure + Essigsäure
4-Amino-4'-lsothiocyanato-Stilben-2,2,-Disulfonsäure wird für die vorlie- gende Erfindung als sDIDS bezeichnet.
Auch das Produkt der partiellen Hydrolyse von 4,4'-Diisothiocyanato-Dihy- drostilben-2,2'-disulfonsäure, Natriumsalz (H2DIDS) wirkt wie sDIDS. Es unterscheidet sich von sDIDS nur durch eine Einfachbindung der Kohlenstoffatome zwischen den Phenylringen im Gegensatz zu einer Doppelbin- düng bei sDIDS.
4,4,-Diisothiocyanato-Dihydrostilben-2,2'-disulfonsäure, Na+-Salz (H2DIDS) + 2H20 =>
4-Amino-4'-lsothiocyanato-Dihydrostilben-2,2"-disulfonsäure, Na+-Salz + H2S + C02
Die Strukturformel ist in Fig. 7 gezeigt.
Bereits 1987 wurde von Horobin, Payne und Jakobsen (Horobin RW, Payne JN, Jakobsen P, Histochemical implications of the biological properties of SITS and some related compounds. Journal of Microscopy, 1987 Apr; 146(1 ):87-96) beschrieben, dass sich SITS und DIDS in wässriger Lösung durch Hydrolyse der Acetamido-Gruppe bzw. einer Isothiocyanat-Gruppe zu 4-Amino-4'-lsothiocyanato-Stilben-2,2"-Disulfonsäure umsetzen. Dieses geschieht bei Raumtemperatur in einer Woche. Nach drei Wochen hat sich durch Hydrolyse der verbleibenden Isothiocyanat-Gruppe das DADS gebildet. Bei Lagerung von DIDS oder SITS in DMSO über mehrere Tage bei Raumtemperatur bilden sich durch Reaktion der Isothiocyanat-Gruppen mit Amino-Gruppen Polymere (Fig. 6). In der Literatur wird die Polymerbildung vom DIDS bereits beschrieben (Schultz BD, Singh AK, Devor DC, Bridges RJ. Pharmacology of CFTR Chloride Channel activity. Physiol Rev. 1999 Jan;79(1 Suppl):S109-44. Review).
Bei den Experimenten zur Entwicklung des Test zeigte sich, dass die beobachtete Reaktion der roten Blutzellen sich nicht mit literaturbekannten Mechanismen erklären läßt. Die Blutzellreaktionen sind nur durch die Existenz
eines bislang nicht literaturbekannten Kanalproteins erklärbar. Mittels patch- clamp Technik konnte an einer humanen Atemwegsepithelzelllinie (Calu-3) in der whole-cell-Konfiguration die reversible Aktivierbarkeit einer Leitfähigkeit (Kanalprotein) durch sDIDS beobachtet werden (Fig. 8).
Mit der whole-cell-Konfiguration der patch-clamp Technik wird der trans- membranäre Strom einer Zelle bei vorgegebener Spannung gemessen. Die intrazelluläre Spannung wurde für jeweils 0,5 s auf Werte zwischen von -90 bis +10 mV gehalten und in 10 mV Schritten erhöht (8.d). Die bei diesem Spannungsverlauf auftretenden Strömen einer Zelle sind in 8a - 8c dargestellt. In 8a ist der Grundstrom einer unbehandelten Zelle gezeigt (Kontrolle). Durch Behandlung mit sDIDS steigt die Leitfähigkeit der Zellmembran dieser Zelle und damit der Strom (8b). Nachdem sDIDS aus dem Experiment entfernt wurde (Nachkontrolle), sinkt die Leitfähigkeit der Zellmembran dieser Zelle und damit der Strom (8c). In 8e ist der Strom in Abhängigkeit von der angelegten Spannung aufgetragen, wobei die Steigung der Kurve ein Maß für die Leitfähigkeit ist.
Das neue Kanalprotein lässt Ionen wie z. B.: lodid, Bromid, Chlorid, Fluorid, Gluconat, Rhodanid und Taurin passieren. Zudem ist dieses Kanalprotein vom CFTR abhängig, da in Blutzellen von CF-Patienten mit sDIDS keine Leitfähigkeit von Ionen wie z. B.: lodid, Bromid, Chlorid, Fluorid, Gluconat, Rhodanid und Taurin aktivierbar ist.
Diese Leitfähigkeit wird hier als "sDIDS activatable anion Channel", kurz SDAC, bezeichnet und im folgenden SDAC genannt.
Die bisherigen Untersuchungen des Blutes von gesunden Personen, Muko- viszidose-Patienten und postnatal aus der Nabelschnur entnommenen Blut- proben von Neugeborenen (Nabelschnur-Blut) bestätigen die einfache Durchführbarkeit und die gute Aussagekraft des erfindungsgemäßen Testverfahrens.
Das erfindungsgemäße Nachweisverfahren ist vorzugsweise mit Blutzellen einsetzbar. Besonders vorteilhaft zeigt sich der Einsatz von Retikulozyten und jungen Erythrozyten.
Retikulozyten sind die Vorläuferzellen der roten Blutkörperchen, der Erythrozyten. Sie werden im Knochenmark gebildet und ab dem Moment, in dem sie in den Blutkreislauf übertreten, Retikulozyten genannt. Sie verfügen über Zellorganellen und membranäre Transportsysteme. Nach ca. drei Tagen sind die Retikulozyten unter Verlust ihrer Zellorganellen und eines Teils ihrer membranären Transportsysteme zu jungen Erythrozyten gereift. Erythrozyten verweilen ca. 100 Tage im Blutkreislauf und verlieren im Laufe dieser Zeit immer mehr ihrer membranständigen Proteine. Da die Erythrozyten keinen Zellkern haben, ist die Neusynthese von Proteinen nicht möglich. Der Anteil der Retikulozyten im Vollblut beträgt 0,4 bis 2 % der Blutzellen beim Erwachsenen und bis zu 10 % beim Neugeborenen.
Das erfindungsgemäße Verfahren, die Volumenregulation von Blutzellen durch die Blockade transmembranärer Proteine zu beeinflussen oder durch Aktivierung CFTR-abhängiger lonenkanäle eine starke Volumenaufnahme und Lyse nicht defekter Blutzellen zu verursachen, läßt sich für eine Vielzahl weiterer Untersuchungsmethoden zum Auffinden anderer Kanaldefekte, wie z.B. das Bartter-Syndrom, einsetzen. Beim Bartter-Syndrom handelt es sich um eine erbliche, nierenschädigende Erkrankung, die zu Lähmungen, Über- Wässerung und allgemeiner Schwächung des Körpers führen kann.
Das erfindungsgemäße Nachweisverfahren hat gegenüber den bislang eingesetzten Standardmethoden den Vorteil, dass es schnell, einfach, mit großem Probendurchsatz und somit kostengünstig einsetzbar ist. Das Untersu- chungsmaterial, in Form von geringen Mengen Patientenblut, ist leicht verfügbar und mit den üblichen Einrichtungen und Gerätschaften eines Krankenhauslabors problemlos zu beschaffen und zu bearbeiten. Mit postnatal
entnommenem Nabelblut kann ein Neugeborenen-Screening ohne invasiven Eingriff erfolgen.
Bevorzugtes Ausführungsbeispiel gemäß Verfahren 2:
Erfindungsgemäß werden zunächst Blutzellen aus Vollblut durch Zentrifuga- tion gewonnen. Die Blutzellen werden einmalig mit isotoner Kochsalz-Lösung gewaschen und anschließend in einer Lösung, bestehend aus 155 mM KCI, 10 mM HEPES-Puffer (4-(2-Hydroxyethyl)piperazine-1-ethanesulfonic acid) (pH 7,4) und 100 mM GdCI3, resuspendiert. Diese Lösung wird für 60 min unter Schütteln bei 37°C inkubiert und das freigesetzte Hämoglobin anschließend in der Lösung bestimmt. Die Retikulozyten und die jungen Erythrozyten aus dem Blut gesunder Probanden platzen und setzen ihr Hämoglobin frei; sie hämolysieren unter den gewählten Bedingungen. Die Hä- molyse wird durch Sichtprüfung bestimmt und durch Absorptionsmessung bei einer Wellenlänge von 546 nm quantifiziert. Darüber hinaus kann auch eine Retikulozytenzählung im Ausstrich erfolgen. Dadurch wird der Test auch von jedem niedergelassenen Arzt durchführbar, der möglicherweise nicht über die Geräteausstattung eines Krankenhauslabors verfügt.
Durch den beschriebenen Einsatz des Gd3+ als Hemmstoff der ATP-Freisetzung steht eine preiswerte und einfach zu handhabende Chemikalie zur Verfügung. Der Test kann innerhalb einer Stunde ein zuverlässiges Ergebnis liefern. Der Arbeitszeit- und Materialaufwand ist in diesem Fall besonders gering.
Durch die in dem bevorzugten Ausführungsbeispiel des erfindungsgemäßen Verfahrens gewählten Testbedingungen strömen Chlorid-Ionen in die Blutzelle ein. Gesunde Blutzellen reagieren darauf mit einer autokrinen Signal- kaskade, die durch CFTR-abhängige ATP-Freisetzung gestartet wird und zur Abgabe von Osmolyten führt. Influx und Efflux stehen im Gleichgewicht. Diese CFTR-abhängige ATP-Freisetzung ist durch die Zugabe der Chemika-
lie Gadoliniumchlorid (GdCI3) hemmbar, was eine Akkumulation von Chlorid- Ionen in der Zelle zur Folge hat. Alternativ lassen sich auch andere Hemmstoffe dieser ATP-Freisetzung, z.B. Lanthan-Ionen (La3+) in Form von Lanthanchlorid (LaCI3) und andere Hemmstoffe von deformations-aktivierba- ren Kationenkanälen (stretch activatable cation Channel, SAC) einsetzen. Der mit dem loneneinstrom verbundene Wassereinstrom führt zum Platzen der gesunden Blutzellen. Die Hämolyse kann photometrisch detektiert werden.
Bevorzugtes Ausführungsbeispiel gemäß Verfahren 3:
Das Verfahren gemäß Verfahren 2 wird analog zum Ausführungsbeispiel gemäß Verfahren 1 durchgeführt, nur werden die Blutzellen in einer Lösung, bestehend aus 155 mM KCI, 10 mM HEPES-Puffer (pH 7,4) und 100 μM sDIDS resuspendiert. Diese Lösung wird für 60 min unter Schütteln bei 37°C inkubiert und das freigesetzte Hämoglobin anschließend in der Lösung bestimmt.
Durch die in dem bevorzugten Ausführungsbeispiel des erfindungsgemäßen Verfahrens gewählten Testbedingungen strömen Chlorid-Ionen in nicht-defekten Blutzellen durch den durch sDIDS aktivierten Anionenkanal in die Blutzelle ein. Das führt zur Akkumulation von Chlorid-Ionen in der Blutzelle und der mit dem loneneinstrom verbundene Wassereinstrom führt zum Platzen der gesunden Blutzellen. Die Hämolyse kann photometrisch detektiert werden. Dieses Verfahren lässt sich auch mit 10 mM HEPES-gepufferter Lösung (pH 7,4) durchführen, die 155 mM lodid, Bromid, Fluorid, Gluconat oder Rhodanid als Anion enthalten.
Die Anwendung des CF-Tests ist auch im Vollblut möglich. Dadurch gewinnt das Testverfahren weitere Einsatzmöglichkeiten, da es noch einfacher und schneller in der Durchführung wird.
Ein besonderer Vorteil des beschriebenen Tests besteht in der erstmalig gegebenen Möglichkeit, ein gesundes CFTR-Protein von einem mutierten kranken CFTR-Protein funktionell unterscheidbar zu machen und so auch heterozygote CFTR-Mutationen, die zu physiologischen Veränderungen füh- ren, zuverlässig nachzuweisen. Im Vergleich zur genetischen Analyse ist das erfindungsgemäße Verfahren ein funktioneller Test, preiswerter und erlaubt aufgrund seiner schnellen Durchführbarkeit einen hohen Probendurchsatz, der besonders beim Screening von großer Bedeutung ist.
Durch das erfindungsgemäße Verfahren im Rahmen eines Neugeborenen- Screenings lassen sich beispielsweise die Folgeschäden und dadurch bedingt die Folgekosten der zystischen Fibröse einschränken und sinnvolle Risikoabschätzungen für die betroffenen Patienten vornehmen. Durch die frühestmögliche Diagnose können krankhafte Veränderungen der Lunge und des Verdauungstraktes vermieden oder zumindest in ihrer Ausprägung positiv beeinflußt werden, da gerade im ersten Lebensjahr schwere Komplikationen infolge intestinaler Störungen mit letalem Ausgang häufig zu verzeichnen sind. Im fortgeschrittenen Alter tritt der Tod vermehrt als Folge des Lungenbefalls, einschließlich Herzversagens, durch die Überlastung des Lun- genkreislaufes ein. Darüber hinaus erlaubt eine rechtzeitig eingeleitete sinnvolle Therapie und die Vermeidung der Verabreichung ungeeigneter Antibiotika eine deutliche Verbesserung der Lebensqualität und in der Folge eine Erhöhung der Lebenserwartung der CF-Patienten.
In den Zeichungen zeigen:
Fig. 1 : Statistische Auswertung der Experimente gemäß Anspruch 2.
Fig. 2: Statistische Auswertung der Experimente gemäß Anspruch 3.
Fig. 3: Massenspektrum der unsachgemäß gelagerten Lösung von DIDS in DMSO (0,1 M).
Fig. 4: partielle Hydrolyse von DIDS
Fig. 5: partielle Hydrolyse von SITS
Fig. 6: Polymerisierung von DIDS und 4-Amino-4'-lsothiocyanato-Stilben- 2,2'-Disulfonsäure
Fig. 7: 4-Amino-4 -lsothiocyanato-Dihydrostilben-2,2"-disulfonsäure, Dinatriumsalz
Fig. 8: Strom-Spannungs-Beziehung von Calu-3 Zellen, gemessen mit der patch-clamp-Technik in der whole-cell-Konfiguration.