Verfahren zur Herstellung wasserexpandierbarer Styrolpolymerisate
Beschreibung
Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung wasserexpandierbarer Styrolpolymerisate (WEPS) durch Polymerisation von Styrol in wässriger Suspension, wobei die suspendierten Styrol- tröpfchen Wasser in feiner Verteilung emulgiert enthalten.
Teilchenförmige expandierbare Styrolpolymerisate (EPS) werden normalerweise hergestellt durch Polymerisation von Styrol in wässriger Suspension in Gegenwart eines flüchtigen organischen Treibmittels. Übliche Treibmittel sind Kohlenwasserstoffe, ins- besondere Pentan. Aus Umweltschutzgründen muß bei der Herstellung und Verarbeitung von EPS emittierte Pentan wieder aufgefangen werden. Dies ist aufwendig und kostenintensiv. Es ist daher sinnvoll, diese organischen Substanzen längerfristig durch unbedenklichere Treibmittel zu ersetzen, beispielsweise durch Wasser.
In einer Dissertation der Universität Eindhoven "Water Expandable Polystyrene" von J.J. Crevecoeur aus dem Jahr 1997 ist ein Verfahren zur Herstellung von WEPS beschrieben, bei dem zunächst Wasser in feiner Verteilung in Styrol mit Hilfe von oberflächen- aktiven Substanzen emulgiert, das Styrol bis zu einem Umsatz von 50 % poly erisiert, die Mischung unter Phasenumkehr in Wasser suspendiert und das Styrol schließlich mit Hilfe von Peroxid-Initiatoren auspolymerisiert wird. Als oberflächenaktive Substanzen werden amphiphile Emulgatoren eingesetzt, z.B. Natrium- Bis- (2 -ethylhexyl) -sulfosuccinat oder Natrium-Styrolsulfonat oder Blockcopolymere aus Polystyrol-Blöcken und Polystyrolsulfonat- Blöcken. Alle diese Substanzen weisen sowohl einen hydrophilen als auch einen hydrophoben Rest auf und sind daher in der Lage, Wasser in Styrol zu emulgieren.
Dieses Verfahren hat den Nachteil, daß es in zwei Stufen durchgeführt wird: Erst wird Wasser in der Styrol/Polystyrol-Mischung emulgiert, dann wird unter Phasenumkehr die organische Phase in Wasser suspendiert.
Aufgabe der Erfindung war es daher, ein einfacheres, einstufiges Verfahren zur Herstellung von WEPS zu entwickeln.
Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß dadurch gelöst, daß zu Beginn oder im Verlauf der Suspensionspolymerisation 0,1 bis 5 Gew.-%, bezogen auf die Monomeren, einer thermolabilen organischen Verbindung zugesetzt werden, die bei erhöhter Temperatur in
2 amphiphile und/oder hydrophile Verbindungen zerfällt bzw. hydrolysiert wird, und daß die maximale Polymerisationstemperatur über der Temperatur liegt, bei der gerade der Zerfall der thermolabilen Verbindung einsetzt (Zerfallstemperatur) .
Thermolabile Verbindungen im Sinne der vorliegenden Erfindung sind organische Verbindungen, die bei erhöhten Temperaturen, vorzugsweise oberhalb von 60°C, und insbesondere oberhalb von 80°C in amphiphile und/oder hydrophile Verbindungen zerfallen, welche als Emulgierhilfsmittel wirken können. Geeignet sind Halogenverbindungen, wie Hexabromcyclododecan mit einer Zerfallstemperatur von 125°C (im Polymerisationsmedium) ferner 1 ,1,2,2 -Te- trabromethan mit einer Zerfallstemperatur von 128°C oder Chlorparaffine mit einer Zerfallstemperatur von etwa 130°C.
Beim Zerfall bzw. bei der Hydrolyse dieser Halogenverbindungen bilden sich amphiphile KolenwasserstoffVerbindungen, die eine hydrophile Hydroxylgruppe tragen, und daneben hydrophile Halogenwasserstoffe.
Geeignet sind auch Peroxide, wie z.B. Dibenzoylperoxid mit einer Zerfallstemperatur von 80°C, tert. -Butylperoxy-2-ethylhexanoat mit einer Zerfallstemperatur von 80°C, sowie Dicumylperoxid mit einer Zerfallstemperatur von 110°C.
Beim Zerfall dieser Peroxide bilden sich wieder amphiphile Kohlenwasserstoffverbindungen, die Carboxylgruppen oder Hydroxylgruppen tragen.
Ferner sind geeignet organische Phosphorverbindungen, wie z.B. Arylphosphate und deren Derivate.
Die thermolabilen Verbindungen werden bevorzugt gleich zu Beginn der Suspensionspolymerisation der Styrol-Phase zugesetzt, man kann sie aber auch im Verlauf der Polymerisation bis zu einem Umsatz von 90 % zudosieren. Die zudosierten Mengen sollten so hoch sein, daß sich in ausreichendem Maße die wirksamen amphiphilen Verbindungen bilden, d.h., in der Regel also höher als die üblicherweise zugesetzten Mengen an Peroxid-Initiatoren. Bevorzugt sind daher Mengen von 0,2 bis 8, insbesondere 0,8 bis 4 Gew.-%.
Bei der erfindungsgemäßen Suspensionspolymerisation wird als Monomer bevorzugt Styrol allein eingesetzt. Es kann jedoch zu bis zu 20 % seines Gewichts durch andere ethylenisch ungesättigte
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Monomere, wie Alkylstyrole, Divinylbenzol, Acrylnitril, 1,1-Di- phenylethen oder α-Methylstyrol ersetzt sein.
Bei der Suspensionspolymerisation können die üblichen Hilfs- mittel, wie z.B. Suspensionsstabilisatoren, Flammschutzmittel, Kettenüberträger, Expandierhilfsmittel, Keimbildner und Weichmacher zugesetzt werden. Es ist vorteilhaft, als Suspensionsstabilisatoren anorganische Pickering-Dispergatoren, z.B. Magnesium- pyrophosphat oder Tricalciumphosphat, in Kombination mit geringen Mengen Alkylsulfonaten einzusetzen. Bevorzugte Flammschutzmittel sind organische Bromverbindungen, die in Mengen von 0,1 bis 2 Gew. -% zugesetzt werden.
Die Suspensionspolymerisation wird zweckmäßigerweise in zwei Temperaturstufen durchgeführt, wobei zwei bei unterschiedlichen Temperaturen zerfallende Peroxid-Initiatoren in Mengen von 0,01 bis 0,1 Gew.-% eingesetzt werden. Zunächst wird die Suspension auf 80° bis 90°C, wobei das erste Peroxid, z.B. Dibenzoylperoxid, zerfällt und die Polymerisation einleitet. Dann läßt man die Temperatur langsam auf 100 bis 150°C ansteigen. Dabei zerfällt dann das zweite Peroxid, z.B. Dicumylperoxid oder Di-tert . -butyl- perbenzoat. Wenn man die Peroxide in größeren Mengen einsetzt, wirken ihre amphiphilen Zerfallsprodukte zusätzlich als Emulgier- hilfsmittel im Sinne der vorliegenden Erfindung. Die maximale Po- lymerisationstemperatur sollte mindestens 2°C, vorzugsweise mindestens 5°C und insbesondere mehr als 8°C höher sein als die Zerfallstemperatur der thermolabilen Verbindung. Bei dieser Temperatur wird das System so lange gehalten bis eine wirksame Menge der thermolabilen Verbindung zerfallen ist, d.h. im allge- meinen mehr als 60 min. In der Regel muß bei höheren Polymerisationstemperaturen als allgemein üblich gearbeitet werden, um den Zerfall der thermolabilen Verbindung zu beschleunigen. Soll eine Bromverbindung außerdem später als Flammschutzmittel wirken, dann werden etwas größere Mengen eingesetzt, z.B. 0,5 bis 8 Gew.-%. Der Zerfall ist im allgemeinen nicht vollständig, so daß immer noch ausreichende Mengen Flammschutzmittel im Polymerisat verbleiben.
Die bei der Suspensionspolymerisation entstandenen WEPS-Partikel enthalten je nach der eingesetzten EPS-Recyclatmenge und deren Gehalt an Beschichtungsmittel 2 bis 20, insbesondere 5 bis 15 Gew. -% Wasser. Ihre Partikelgröße beträgt 0,2 bis 5, vorzugsweise 0,5 bis 2 mm. Sie können mit 110 bis 140°C heißer Luft oder überhitzten Wasserdampf zu Schaumstoffpartikeln geschäumt werden. Ein besonders elegantes Schäumverfahren, welches zu Schaum-
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Partikeln mit sehr niedriger Schüttdichte führt, ist in der Deutschen Patentanmeldung P 198 12 854.1 beschrieben.
Die WEPS-Schaumpartikel können wie herkömmliche EPS-Schaumparti- kel zu Schaumstoff-Platten, -Blöcken oder -Formteilen verschweißt werden, die als Isolier- oder Verpackungsmaterialien verwendet werden können .
Beispiel
In 17,03 kg Styrol werden 170 g Hexabromcyclododecan (Zersetzungstemperatur 125°C) unter Beimischung von 59,6 g Dicumylperoxid und 20,4 g Dibenzoylperoxid gegeben. Die organische Phase wird in 19,5 1 vollentsalztes Wasser in einem 50 1 Rührkessel einge- bracht. Die wassrige Phase enthält 69,8 g Natriumpyrophosphat und 129,5 g Magnesiumsulfat. Man erhitzt die Suspension unter Rühren auf 80°C und setzt dann 3,51 g sec. -Natrium-Cis-Alkylsulfonat zu, wobei sich das Suspensionsstabilisatorsystem bildet. Schließlich wird bei 138°C auspolymerisiert . Nach dem Abtrennen der wäßrigen Phase erhält man ein perlförmiges Granulat, welches 11 % Wasser enthält.
Das Produkt konnte mittels auf über 100°C erhitzter Luft expandiert werden. Dabei expandierte das Produkt auf das 10-fache sei- nes ursprünglichen Schüttgewichtes von ca. 600 g/1. Das vorgeschäumte Produkt wurde anschließend getrocknet und in einem zweiten und dritten Expansionsschritt mit Wasserdampf auf eine Schüttdichte von 10 g/1 geschäumt.