Verfahren zur Betätigung eines Steer-by-Wire-Lenkantriebs
Stand der Technik
Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Betätigung eines "Steer-by-Wire" -Lenkantriebs mittels wenigstens zwei ansteuerbaren Stellmotoren und diesen nachgeschalteten Getrieben, durch welche ein mit den Rädern verbundenes Getriebeelement simultan antreibbar ist.
Bei Steer-by-Wire-Lenkantrieben ist aus Sicherheitsgründen entweder eine sogenannte mechanische Rückfall - ebene oder es sind redundante Stellmotoren erforderlich. Die mechanische Rückfallebene kann beispielsweise durch eine bei Ausfall der Stellmotoren direkte Kraftübertragung vom Lenkrad auf die zu lenkenden Räder erfolgen. Bei redundanten Stellmotoren kann ein Teil dieser Motoren die Aufgabe des anderen Teils in Notsituationen übernehmen. Ein Steer-by-Wire-Antrieb, welcher redundante Stellmotoren aufweist, geht beispielsweise aus der US 4 741 409, welche eine Einzelradsteuerung beschreibt, hervor .
Wie bei allen Lenkystemen ist auch bei derartigen Steer- by-Wire-Lenkantrieben ein eventuell auftretendes Lenkspiel problematisch.
Aufgabe der Erfindung ist es daher, ein gattungsgemäßes Verfahren zur Betätigung eines "Steer-by-Wire" -Lenkantriebs derart weiterzubilden, daß eventuell auftretendes Lenkspiel weitestgehend vermieden wird, wobei hierbei möglichst wenig störende Geräusche entstehen sollen.
Vorteile der Erfindung
Die Aufgabe wird bei einem Verfahren zur Betätigung eines Steer-by-Wire-Lenkantriebs der eingangs beschriebenen Art dadurch gelöst, daß die beiden Stellmotoren mit den diesen nachgeschalteten Getrieben derart unabhängig voneinander ansteuerbar sind, daß durch sie gleichzeitig gleichgerichtete oder entgegengesetzt gerichtete Antriebskräfte gleichen oder unterschiedlichen Betrags erzeugbar sind.
Durch die Möglichkeit, die beiden Stellmotoren unabhängig voneinander so anzusteuern, daß sie gleichzeitig gleichgerichtete oder insbesondere auch entgegengesetzt gerichtete Antriebskräfte gleichen oder unterschiedlichen Betrags erzeugen, wird auf besonders vorteilhafte Weise ermöglicht, daß zum einen das Spiel durch Erzeugung entgegengesetzt gerichteterAntriebskräfte kontinuierlich ausgeglichen wird. Zum anderen können auch hohe Lenkeinschlagkräfte durch gleichgerichtete Antriebskräfte, die insbesondere in Extremsituationen erforderlich sind, erzeugt werden.
Wenn eine gewöhnlich große Lenkkraft aufgebracht werden muß, werden die beiden Stellmotoren vorzugsweise so angesteuert, daß sie gleichgerichtete Kräfte bzw. Antriebsmomente erzeugen.
Um eine möglichst optimale Kompensation des Lenkspiels zu erzielen, ist vorteilhafterweise vorgesehen, daß die Motoren so angesteuert werden, daß im Normalbetriebs- zustand ein Lenkeinschlag in eine Richtung nur durch Betätigen eines Motors hervorgerufen wird, während simultan hierzu eine Betätigung des anderen Motors in die entgegengesetzte Richtung zur Erzeugung eines definierten Bremsmoments erfolgt. Auf diese Weise wird der gesamte Lenkantrieb gewissermaßen verspannt, wodurch ein Lenkspiel sehr wirkungsvoll verhindert wird.
Um das Bremsmoment oder der Bremskraft unterschiedlichen Lenkanforderungen anpassen zu können, die insbesondere durch unterschiedliche Fahr-, Straßenzustände u.dgl. hervorgerufen werden, ist vorteilhafterweise vorgesehen, daß die Größe des Bremsmoments oder der Bremskraft veränderbar ist .
Bei einer weiteren sehr vorteilhaften Ausführungsform ist vorgesehen, daß das Bremsmoment so eingestellt wird, daß sich über sämtliche Lenkwinkeleinschläge eine konstante Differenz der von den beiden Motoren erzeugten Antriebskräfte einstellt. Aufgrund dieser, eine Verspannungskraft darstellenden Differenz der Antriebskräfte wird eine kontinuierliche Verspannung des Lenkantriebs im Normal - betrieb ermöglicht.
Um diese Verspannung noch weiter zu verbessern und um insbesondere auch ein Spiel bei sehr schnellen Stell -
bewegungen zu verhindern, ist bei einer vorteilhaften Ausführungsform vorgesehen, daß den von den beiden Stellmotoren erzeugten Kräften jeweils mit entgegengesetzten Vorzeichen ein Kraftanteil überlagert wird, der der Differenzdrehzahl der beiden Stellmotoren proportional ist. Hierdurch werden insbesondere auch Differenzschwingungen der Motoren, die infolge von Elastizitäten von Bauteilen der Motoren sowie der Getriebe entstehen können, sehr wirkungsvoll gedämpft.
Rein prinzipiell können als Stellmotoren die unterschiedlichsten Motoren verwendet werden. So sind beispielsweise Hydromotoren denkbar. Vorteilhafterweise werden als Stellmotore Elektromotoren verwendet.
Zeichnung
Weitere Merkmale und Vorteile der Erfindung sind Gegenstand der nachfolgenden Beschreibung sowie der zeichnerischen Darstellung einiger Ausführungsbeispiele.
In der Zeichnung zeigen:
Fig. 1 schematisch einen Steer-by-Wire-Lenkantrieb, bei dem das erfindungsgemäße Verfahren zum Einsatz kommt;
Fig. 2 schematisch ein ein erstes Ausführungsbeispiel des erfindungsgemäßen Verfahrens erläuterndes Kräftediagramm;
Fig. 3 schematisch ein ein weiteres Ausführungsbei- spiel des erfindungsgemäßen Verfahrens erläuterndes Kräftediagramm und
Fig. 4 schematisch ein ein wiederum anderes Ausführungsbeispiel des erfindungsgemäßen Verfahrens erläuterndes Kräftediagramm.
Beschreibung der Ausführungsbeispiele
Ein schematisch in Fig. 1 dargestellter Steer-by-Wire- Lenkantrieb umfaßt zwei Stellmotoren Ml, M2 , beispielsweise Elektromotoren, denen jeweils ein Getriebe Gl , G2 nachgeschaltet ist, welche über Ritzel Rl, R2 simultan ein mit den Rädern RAl, RA2 verbundenes Getriebeelement in Form einer Lenkbewegungen an Rädern RAl, RA2 hervorrufenden Zahnstange Z antreiben. Die beiden Motoren Ml, M2 sind durch eine Steuerschaltung S ansteuerbar.
Verfahren zur Beseitigung von eventuell auftretendem Lenkspiel werden nachfolgend anhand der Fig. 2 bis 4 beschrieben.
In den Figuren 2 bis 4 sind die von den Stellmotoren Ml und M2 erzeugten Kräfte Fl, F2 jeweils über der Zahnstangenkraft FZ aufgetragen.
Wie aus Fig. 2 hervorgeht, wird, wenn die Zahnstangenkraft FZ positiv sein soll, der Stellmotor Ml so angesteuert, daß über das ihm nachgeschaltete Getriebe Gl und das von diesem betätigte Ritzel Rl auf die Zahnstange Z eine Zahnstangenkraft FZ erzeugt wird, die im wesentlichen proportional zur Antriebskraft Fl ist. Simultan hierzu wird der Stellmotor M2 so angesteuert, daß er über das ihm nachgeschaltete Getriebe G2 und das Ritzel R2 auf die Zahnstange eine konstante Bremskraft -FB erzeugt. Dabei ist zu beachten, daß der Motor Ml auf die Zahnstange Z eine Kraft in eine Richtung ausübt, beispiels-
weise in Fig. 1 nach links, wohingegen der Stellmotor M2 eine Kraft in die dazu entgegengesetzte Richtung, beispielsweise in Fig. 1 nach rechts erzeugt. Bei einem Lenkeinschlag nach links wird auf diese Weise durch den Stellmotor Ml über das Getriebe Gl und das Ritzel Rl auf die Zahnstange Z eine nach links gerichtete Antriebskraft Fl erzeugt, während gleichzeitig eine nach rechts gerichtete Bremskraft FB von dem Antriebsmotor M2 erzeugt wird. Umgekehrt wird bei einem Lenkeinschlag nach rechts von dem Antriebsmotor M2 und dem ihm nachgeschalteten Getriebe G2 sowie dem Ritzel R2 auf die Zahnstange Z eine Antriebskraft F2 nach rechts erzeugt, während gleichzeitig von dem Antriebsmotor Ml eine Bremskraft FB nach links erzeugt wird.
Hierdurch werden in dem Lenkantrieb definierte Ver- spannungskräfte erzeugt, nämlich bei einem Lenkeinschlag nach links eine nach rechts gerichtete Verspannungskraft und bei einem Lenkeinschlag nach rechts eine linksgerichtete Verspannungskraft . Aufgrund dieser Verspannungskrafte wird erreicht, daß die Zahnräder der Getriebe und die Ritzel Rl, R2 immer an denselben Zahnflanken der Zahnstange Z anliegen, wodurch Spiele keine Wirkung haben. Bei dem in Fig. 1 dargestellten Beispiel liegt das dem Stellmotor Ml nachgeschaltete Ritzel Rl immer an den linken, wohingegen das dem Stellmotor M2 nachgeschaltete Ritzel R2 immer an den rechten Zahnflanken der Zahnstange Z an.
Wenn beispielsweise eine Zahnstangenkraft in positive Richtung, um beispielsweise eine Lenkbewegung nach links zu bewerkstelligen, erforderlich ist, liefert der Stellmotor Ml und das ihm nachgeschaltete Getriebe Gl über das Ritzel Rl eine Motorkraft Fl = FZ + FB, wohinge-
gen M2 eine Kraft F2 = -FB liefert, wie es aus Fig. 2 hervorgeht. Es versteht sich, daß jeder Stellmotor Ml, M2 so große Kräfte erzeugen können muß, daß die maximale erforderliche Zahnstangenkraft FZmax erreichbar ist, d.h. es muß gelten: Fmax > FZmax + FB, wobei Fmax die Maximal - kraft eines Stellmotors Ml, M2 ist.
Wenn dann beispielsweise beim Lenken im Stand (bei schlechten Straßenverhältnissen) oder aufgrund anderer Umstände die einzelnen Stellmotoren Ml, M2 nicht genügend hohe Kräfte erzeugen können, um einen Lenkeinschlag zu bewerkstelligen, kann die Betätigung des Lenkantriebs auf die in Verbindung mit Fig. 3 nachfolgend erläuterte Weise erfolgen. Wie aus Fig. 3 hervorgeht, kann die Bremskraft FB verändert, im in Fig. 3 dargestellten Falle verringert, werden, wenn die Antriebskraft der antreibenden Stellmotoren Ml, M2 nicht ausreicht (Bereich I) . Ist überhaupt keine Bremskraft mehr vorhanden (Punkte II) , kann der im Normalbetriebszustand bremsende Stellmotor Ml oder M2 auch so angesteuert werden, daß er eine Antriebskraft in die gleiche Richtung erzeugt wie der jeweils im Normalbetriebszustand antreibende andere Motor. In diesem Falle wird jedoch ein eventuell vorhandenes Lenkspiel wirksam. Dieser Fall tritt nur in Ausnahmesituationen ein.
Bei einem wiederum anderen, im Zusammenhang mit Fig. 4 erläuterten Ausführungsbeispiel werden die beiden Motoren Ml, M2 so angesteuert, daß über sämtliche Lenkwinkeleinschlage eine konstante Differenz der von den beiden Stellmotoren Ml, M2 erzeugten Antriebskräfte eingestellt wird. Diese als Verspannungskraft FV wirkende Differenz- kraft gleicht ein eventuell vorhandenes Lenkspiel im Normalbetriebszustand aus. Wie oben beschrieben, können
auch in diesen Fällen bei außergewöhnlich hohen Zahnstangenkräften beide Motoren Ml, M2 zum Antreiben verwendet werden, wobei allerdings beim Vorzeichenwechsel jeweils einer Motorkraft (vergl . Punkte III) eventuell vorhandene Lenkspiele wirksam werden.
Die oben beschriebenen Verspannungen können noch verbessert werden, indem den Motorkräften Fl, F2 ein zusätzlicher Anteil überlagert wird, der von der Differenz der Drehzahlen der Motoren Ml, M2 abhängt und die Differenzbewegung bedämpft. Bei einer proportionalen AufSchaltung ist dann:
Fl' = Fl + K x (ω2 - ωl) ,
F2' = F2 - K x (ω2 - ωl) ;
wobei Fl', F2 ' die von den Motoren Ml, M2 erzeugten Kräfte darstellen, Fl,2 der Kraftanteil der Motoren Ml, M2 ist, der sich aus der Verspannungskennlinie ergibt, K ein Verstärkungsfaktor und ωl, ω2 die Drehzahlen der Motoren Ml, M2 sind.
Die Addition derartiger Kraftanteile verhindert auch bei schnellen Stellbewegungen, daß Spiele wirksam werden. Außerdem werden Differenzschwingungen der Motoren, die infolge von Elastizitäten der Getriebebauteile, Wellen u.dgl. auftreten können, gedämpft.
Bei Ausfall eines Motors ist eine Verspannung nicht mehr möglich ist. In diesem Falle kann die Ansteuerung des noch funktionierenden Motors über ein Notlaufprogramm ohne Verspannung erfolgen.
Der besonders große Vorteil des obenbeschriebenen Verfahrens ist insbesondere darin zu sehen, daß bei der Konstruktion der Lenkantriebe nicht mehr auf Spiel - freiheit geachtet werden muß. Dies hat zur Folge, daß bei der Fertigung größere Toleranzen zulässig sind, wodurch die Herstellungskosten erheblich verringert werden. Durch Ansteuerung der Motoren Ml, M2 können die Verspannungs- kennlinien so gewählt und über Parameter modifiziert werden, daß entweder das Spiel unter keinen Umständen wirksam wird (Verspannung der in Fig. 2 dargestellten Kennlinie) oder ein Spiel nur bei extrem großen Lenkkräften kurzzeitig wirksam wird (vgl. Fig. 3, Fig. 4) . Es können elektrische Motoren mit Vorzugsdrehrichtung verwendet werden, wobei die Vorzugsdrehrichtung der gewöhnlichen Treibrichtung des jeweiligen Motors entspricht. Hierdurch sind größere Motorkräfte erzeugbar oder kleinere Motoren verwendbar.