Beschreibung
Verfahren und Anordnung zur Strommessung
Die Erfindung bezieht sich auf ein Verfahren zur Strommessung, insbesondere in einer gasiεolierten Spannungsschaltan- lage, z.B. in einer Hoch- oder Mittelspannungsanlage. Sie bezieht sich weiter auf eine Strommeßanordnung zur Durchführung des Verfahrens .
Zur Messung von Strömen in einer derartigen gasisolierten Schaltanlage wird üblicherweise ein sogenannter Meßwandler oder Meßsensor als Stromwandler eingesetzt, wobei als Isoliergas in der Regel ein mit SF6 bezeichnetes Gas verwendet wird. Der Meßwandler umfaßt im wesentlichen als Informationsgeber eine Spule, die einen einen Primärstrom führenden Stromleiter der Anlage konzentrisch umgibt. Dabei wird ein in der Spule fließender Sekundarstrom als Meßsignal herangezogen, das in einer auch als Leittechnik für Schaltanlagen (LSA) bezeichneten Baugruppe einer Automatisierungseinrichtung verarbeitet wird.
Prinzipiell kann zwischen zwei unterschiedlichen Wandlerprinzipien unterschieden werden. Bei einem sogenannten konventio- nellen Wandler sind der Informationsgeber und eine diesem zugeordnete Energiequelle primärseitig an den Stromleiter der Anlage gekoppelt und sekundärseitig gemeinsam mit der eigentlichen Bürde verbunden. Dieser Wandler benötigt allerdings ein großes Einbauvolumen . Demgegenüber ist bei einem soge- nannten nichtkonventionellen Wandler lediglich der Informati- onsgeber primärseitig an den Stromleiter der Anlage gekoppelt. Bei dem nichtkonventionellen Wandler ist daher eine Hilfsenergiequelle erforderlich, die zur Beibehaltung gewünschter Nennausgangsströme des Sekundärkreises von 5 bzw. 1A zumindest kurzzeitig eine Leistung bis zu einigen kW abzu-
geben in der Lage ist. Daher ist ein entsprechende Parameter aufweisender Leistungsverstärker erforderlich, über den der
Informationsgeber mit der Bürde verbunden ist. Für diesen
Wandlertyp eignet sich besonders eine optische Lösung, die jedoch nur mit sehr hohen Kosten zu realisieren ist.
Angestrebt wird daher häufig eine Zwischenlösung, der das herkömmliche oder konventionelle Meßprinzip - allerdings auf leistungsarmen Niveau - zugrundeliegt. Ein auf dieser Zwi- schenlösung basierender leistungsarmer Meßwandler ist in der Herstellung jedoch insbesondere dann besonders kompliziert, wenn eine große sättigungsfreie Zeit benötigt wird.
Aus der europäischen Patentanmeldung 0 510 311 A2 ist es da- rüber hinaus bekannt, für eine metallgekapselte, gasisolierte Hochspannungsanlage einen nach dem Prinzip der Rogowski-Spule arbeitenden Stromwandler einzusetzen. Eine Strommeßanordnung nach dem Prinzip der Rogowski-Spule ist auch aus der deutschen Offenlegungsschrift DE 44 24 368 AI bekannt. Um bei Verwendung einer Rogowski-Spule eine hohe Abbildungstreue im
Meßbereich zu erzielen, ist ein großer Aufwand mit entsprechend hohen Kosten erforderlich. Grund hierfür ist, daß einerseits die Meßgenauigkeit der Rogowski-Spule durch eine Vielzahl von Faktoren bestimmt ist, und daß andererseits auf- grund der systembedingten off-line-Anordnung besondere Vorkehrungen für eine hohe Zuverlässigkeit und Parameterkonstanz erforderlich sind.
Der Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, ein besonders geeignetes Verfahren und eine besonders geeignete Anordnung zur präzisen Messung von Strömen mit hohem Dynamikbereich anzugeben.
Bezüglich des Verfahrens wird diese Aufgabe gelöst, indem ein erstes Signal eines ersten leistungsarmen Meßwandlers und ein
zweites Signal eines zweiten magnetfreien, insbesondere optischen, Meßwandlers miteinander verglichen werden. In Abhängigkeit vom Grad der Genauigkeit wird anschließend eines der beiden Signale ausgewählt und weiterverarbeitet. Als Ver- gleichskriterium wird eine Abweichung der beiden von den Meßwandlern unterschiedlichen Typs abgegebenen Signale voneinander ausgewertet .
Die Erfindung geht dabei von der Überlegung aus, daß mit ge- ringem Aufwand und kleinen Einbaumaßen eine genaue Messung von Strömen mit hohem Dynamikbereich durch die Verwendung eines kombinierten Strommeßgliedes erreicht werden kann. Dabei sollte lediglich ein Sensor oder Wandler im eigentlichen Meßbereich betrieben werden, während ein anderer Sensor im we- sentliehen im Überstrombereich verwendet wird. Dabei kann die Abbildungstreue oder Genauigkeit im Meßbereich durch einen leistungsarmen Meßwandler gewährleistet werden, während eine Rogowski-Spule oder ein nach dem Faraday-Effekt arbeitender optischer Meßwandler die Abbildung hoher, stationärer oder verlagerter Ströme übernimmt. Gemäß dem Faraday-Effekt erfolgt eine Drehung der Polarisationsebene linear polarisierten Lichts in einem optisch inaktiven Material bei Vorhandensein eines magnetischen Feldes parallel zur Ausbreitungsrichtung des Lichts.
Zweckmäßigerweise werden die von den beiden Meßwandlern getrennt erfaßten Signale, d. h. deren Ausgangsspannungen, gemeinsam verarbeitet. Die AusgangsSpannung des leistungsarmen Meßwandlers fällt im Falle dessen Sättigung ab. Dabei ist der Gradient, z. B. die erste oder die zweite Ableitung, dessen
AusgangsSpannung größer als der Gradient der Ausgangsspannung des nach dem Prinzip der Rogowski-Spule oder nach dem Faraday-Effekt arbeitenden Meßwandlers. Der Gradient der Ausgangsspannungen kann somit als Maß für die Genauigkeit der beiden Signale herangezogen werden. Daher wird zweckmäßiger-
weise als Kriterium für eine Umschaltung vom Ausgangssignal des leistungsarmen Meßwandlers auf das Ausgangssignal der Rogowski-Spule oder des optischen Meßwandlers der Gradient der AusgangsSpannungen oder Ausgangssignale der beiden Meßwandler berücksichtigt. Alternativ oder zusätzlich kann zur Bildung eines Umschaltkriteriums und damit zur Bestimmung des Grads der Genauigkeit auch eine Überprüfung und Auswertung von charakteristischen Merkmalen der beiden Ausgangssignale mittels eines Fuzzy-Controllers und/oder eines neuronalen Netzes er- folgen.
Bezüglich der Anordnung zur Strommessung wird die genannte Aufgabe gelöst durch die Merkmale des Anspruchs 6. Vorteilhafte Ausgestaltungen sind Gegenstand der auf diesen rückbe- zogenen Unteransprüche.
Die Strommeßanordnung umfaßt ein kombiniertes Strommeßglied mit einem leistungsarmen Meßwandler und einem leistungslosen oder optischen Meßwandler, insbesondere einer Rogowski-Spule. Dem leistungsarmen Meßwandler ist zweckmäßigerweise eine Eingangsbaugruppe zur Pegelanpassung und Potentialtrennung nach- geschaltet. Die Eingangsbaugruppe umfaßt zweckmäßigerweise als Signalverstärker einen Operationsverstärker sowie ein spannungsbegrenzendes Bauelement in Form einer bipolaren Zenerdiode als Schutzschaltung zur Gewährleistung der elektromagnetischen Verträglichkeit (EMV-Schutz) .
Demgegenüber ist dem zweiten Meßwandler, d. h. insbesondere der Rogowski-Spule, zweckmäßigerweise ein passiver Vorinte- grator nachgeschaltet, dem - wiederum über einen EMV-Schutz in Form einer bipolaren Zenerdiode - ein Verstärker nachgeschaltet ist. Dieser kann z. B. auch ein Isolationstrennverstärker sein.
Beide Meßwandler sind über die ihnen nachgeschalteten Baugruppen mit einem gemeinsamen Verarbeitungsbaustein zur Signalverarbeitung verbunden. Der Verarbeitungsbaustein oder die Verarbeitungsbaugruppe umfaßt für die von den Meßwandlern abgegebenen Signale jeweils einen Analog/Digital-Wandler
(A/D-Wandler ) . Bei Verwendung lediglich eines einzelnen A/D- Wandlers für beide Signale gemeinsam ist diesem ein Multiple- xer vorgeschaltet. Die Auswertung und Weiterverarbeitung der von den Meßwandlern übertragenen Signale erfolgt zweckmäßi- gerweise auf der Digitalseite.
Die mit der Erfindung erzielten Vorteile bestehen insbesondere darin, daß durch Einsatz eines kombinierten Strommeßgliedes mit einem leistungsarmen Meßwandler und mit einer Ro- gowski-Spule sowohl eine hohe Abbildungstreue im Meßbereich als auch ein gutes Übertragungsverhalten bei verlagerten Strömen im Überstrombereich und damit eine hohe sättigungsfreie Zeit erreicht wird. Der Aufwand und damit die Kosten sind bei Verwendung eines derartigen kombinierten Strommeß- gliedes im Vergleich zu einem konventionellen Meßwandler mit nachgeschaltetem A/D-Wandler besonders gering. Die Anordnung zeichnet sich außerdem durch eine hohe Zuverlässigkeit und ein besonders geringes Einbauvolumen in einer gasisolierten Schaltanlage aus. Außerdem ist ein direkter Anschluß an elek- tronische Schutzeinrichtungen problemlos möglich.
Ein Ausführungsbeispiel der Erfindung wird anhand einer Zeichnung näher erläutert. Darin zeigen:
FIG 1 eine Strommeßanordnung mit einem leistungsarmen
Meßwandler sowie mit einer Rogowski-Spule als magnetfreien Meßwandler und FIG 2 ausgangsseitige Stromverläufe der beiden Meßwandler.
Die Anordnung 1 zur präzisen Messung von Strömen mit hohem
Dynamikbereich umfaßt ein kombiniertes Strommeßglied mit um einen stromdurchflossenen Leiter 2 in einem Teil einer gasisolierten Schaltanlage 4 angeordnetem leistungsarmen Meß- wandler 6 oder Weitbereichswandler und mit einer Rogowski- Spule 8. Der leistungsarme Meßwandler 6 und die Rogowski- Spule 8 sind in einem gemeinsamen Gehäuse 9 angeordnet. Der leistungsarme Meßwandler 6 ist über eine Eingangsbaugruppe oder einen Eingangsbaustein 10 mit einem Verarbeitungsbau- stein oder einer Verarbeitungsbaugruppe 12 verbunden. Die Rogowski-Spule 8 ist über eine Hintereinanderschaltung aus einem passiven Vorintegrator 14 und einem Operationsverstärker 16 an die Verarbeitungsbaugruppe 12 einer Leittechnik für Schaltanlagen (LSA) angeschlossen. Anstelle der Rogowski- Spule 8 kann auch ein nach dem Faraday-Effekt arbeitender optischer Meßwandler vorgesehen sein.
Der dem leistungsarmen Meßwandler 6 nachgeschaltete Eingangsbaustein 10 umfaßt einen Anpaß- oder Zwischenwandler 18 mit einem Anpaßwiderstand oder Shunt 20 und einen Operationsverstärker 22 mit diesem zugeordneten Widerständen 24, 26 und 28, durch deren Werteverhältnisse zueinander die Verstärkung des Operationsverstärkers 22 bestimmt ist. Der Eingangsbaustein 10 umfaßt außerdem eine EMV-Schutzschaltung 30 in Form einer bipolaren Zenerdiode.
Der der Rogowski-Spule 8 nachgeschaltete passive Vorintegrator 14 umfaßt einen Widerstand 32 und einen Kondensator 34. Der Operationsverstärker 16 mit verstärkungsbesti menden Wi- derständen 36 und 38 ist eingangsseitig über einen weiteren EMV-Schutz 40 - wiederum in Form einer bipolaren Zenerdiode - an den passiven Vorintegrator oder Integratorbaustein 14 und ausgangsseitig an den Verarbeitungsbaustein 12 angeschlossen.
Während des Betriebs wird ein im stromdurchflossenen Leiter 2 geführter Primärstrom IP sowohl vom leistungsarmen Meßwandler 6 als auch von der Rogowski-Spule 8 erfaßt. Dieser Primärstrom IP wird vom leistungsarmen Meßwandler 6 in einen Sekun- därstrom ISι und in der Rogowski-Spule 8 in einen Sekundärstrom IS2 umgewandelt. In dem dem leistungsarmen Meßwandler 6 nachgeschalteten Eingangsbaustein 10 wird der Sekundärstrom Isl in ein erstes Ausgangssignal Ai umgeformt, das dem Verarbeitungsbaustein 12 zugeführt wird. Analog wird der Sekundär- ström Is2 der Rogowski-Spule 8 mittels des passiven Vorinte- grators 14 und des Operationsverstärkers 16 in ein zweites Ausgangssignal A2 überführt. Im Verarbeitungsbaustein 12 werden die Ausgangssignale Ai und A2 zunächst einem A/D-Wandler oder einem Multiplexer 42 zugeführt. Die Verarbeitung der Si- gnale Ai und A2 erfolgt dann auf der Digitalseite.
Im stationären Betrieb wird der im stromdurchflossenen Leiter 2 geführte Primärstrom IP vom leistungsarmen Meßwandler 6 erfaßt und ausschließlich in dem diesem nachgeschalteten Ein- gangsbaustein 10 verarbeitet, so daß lediglich das erste Ausgangssignal Ai im Verarbeitungsbaustein 12 ausgewertet und weiterverarbeitet wird. Das Ausgangssignal A der Rogowski - Spule 8 wird in diesem Meßbereich nicht ausgewertet .
FIG 2 zeigt typische Amplituden/Zeit-Verläufe der Ausgangssignale Ax , A2 bei Beaufschlagung der beiden Meßwandler 6 bzw. 8 mit einem voll verlagerten Primärstrom IP. Demnach kann auch im stationären Überstrombereich (Bereich II) das vom leistungsarmen Meßwandler 6 gelieferte Ausgangssignal Ai dann noch für eine Weiterverarbeitung verwendet werden, wenn noch keine Sättigung des (nicht dargestellten) Magnetkerns des leistungsarmen Meßwandlers 6 vorliegt. Im Fall verlagerter Primärströme IP erreicht der Magnetkern des leistungsarmen Meßwandlers 6 seine Sättigung mit entsprechendem Verlauf des Ausgangssignals Ai (Bereich I) . Die Kurvenform des ersten
Ausgangssignals Ai am Ausgang des Eingangsbausteins 10 wird dann erheblich von derjenigen Kurvenform des zweiten Ausgangssignals A2 abweichen, das hinter der sättigungsfreien Rogowski-Spule 8 und nach einer Vorverarbeitung mit dem Inte- gratorbaustein 14 und dem Operationsverstärker 16 anliegt.
Im Anschluß an eine in dem Verarbeitungsbaustein 12 erfolgte numerische Integration des hinter dem Operationsverstärker 16 anliegenden Ausgangssignals A2 erfolgt ein Vergleich der Kur- venformen beider Ausgangssignale Ai und A2 im Verarbeitungsbaustein 12. Im Ergebnis eines derartigen Vergleiches stimmen die Kurvenformen des Ausgangssignals Ai des leistungsarmen Meßwandlers 6 einerseits und des Ausgangssignals A2 der Rogowski-Spule 8 andererseits bis zum Eintritt der Sättigung des Magnetkerns des leistungsarmen Meßwandlers 6 relativ gut überein. Dabei wird als Vergleichskriterium insbesondere der Gradient der Ausgangsspannungen der Ausgangssignale Ai und A2 herangezogen. Daraus läßt sich der Grad der Genauigkeit der beiden Ausgangssignale Ai und A2 ableiten. Grund hierfür ist, daß die Ausgangsspannung des leistungsarmen Meßwandlers 6 im Fall der Sättigung stärker fällt als die Ausgangsspannung der Rogowski-Spule 8, so daß der Gradient des Ausgangssignals Ai, d. h. zunächst dessen erste Ableitung, beim leistungsarmen Meßwandler 6 größer ist als der Gradient des Ausgangssignals A2 der Rogowski-Spule 8. Diese Abweichung der beiden Ausgangssignale Ai und A2 wird dann als Kriterium für eine Umschaltung vom Ausgangssignal Ai des leistungsarmen Meßwandlers 6 auf das Ausgangssignal A2 der Rogowski-Spule 8 herangezogen.
Der leistungsarme Meßwandler 6 gewährleistet somit eine hohe Abbildungstreue und Genauigkeit im eigentlichen Meßbereich. Die Rogowski-Spule 8 wird daher nicht als Sensor im Meßbereich und in großen Teilen des Schutzbereiches betrieben. Vielmehr ist alleiniger Verwendungszweck der Rogowski-Spule 8
die Abbildung hoher, stationärer oder verlagerter Ströme im
Überstrombereich. Dies wiederum gewährleistet eine hohe sättigungsfreie Zeit der gesamten Anordnung.
Die Genauigkeit im Meßbereich ist mit vorgegebenen Restriktionen bezüglich des Einbauvolumens mit einem leistungsarmen Meßwandler 6 im Bereich der in der IEC-Norm 185 angegebenen Klassengenauigkeiten - z. B. der Klasse 0,2 - realisierbar. Die Zuverlässigkeit der gesamten Anordnung 1 kann somit deut- lieh höher bewertet werden, als die Zuverlässigkeit einer Rogowski-Spule 8 allein. Die Forderung, die sättigungsfreie Zeit des leistungsarmen Meßwandlers 6 mindestens auf dem derzeit erreichten Stand zu halten, gestattet zumindest bis zu den Grenzen des leistungsarmen Meßwandlers 6 eine sichere Meßwerterfassung. Bei einem entsprechenden Schutzkonzept ist eine genügende Reserve bei Ausfall der Auswertelektronik der Rogowski-Spule 8 oder des leistungsarmen Wandlers 6 möglich.