Beschreibung
System zum Erfassen eines Zustands einer Fahrzeugkomponente
Die Erfindung betrifft ein System zum Erfassen eines Zustands einer Fahrzeugkomponente eines Fahrzeugs zur Überwachung und Beurteilung der Integrität und Verkehrssicherheit des Fahrzeugs.
Heute ist im Wesentlichen der Fahrer eines Fahrzeugs verantwortlich für die Integrität, Sicherheit und Verkehrstauglichkeit, insbesondere die Konformität des Fahrzeugs mit vorgeschriebenen Regularien beziehungsweise Normen. Der Fahrer muss somit vor und während einer Fahrt selbst beurteilen, ob das Fahrzeug und seine Systeme korrekt funktionieren und die gestellten Bedingungen an die Verkehrssicherheit erfüllen.
Die Anforderungen an die Verkehrssicherheit eines Fahrzeugs und seiner Systeme sind üblicherweise vom Gesetzgeber durch Regularien und Normen vorgeschrieben. Die Überwachung der Einhaltung dieser Regularien erfolgt üblicherweise in bestimmten Zeitabständen im Rahmen einer Inspektion durch autorisiertes Personal einer amtlichen Prüfstelle, in Deutschland beispielsweise der TÜV oder die DEKRA. Die Inspektion des Fahrzeugs und seiner Systeme wird in der Regel vor Ort bei der zugelassenen Prüfstelle durchgeführt. Das Fahrzeug muss somit einem Prüfer regelmäßig vorgeführt werden.
Heutige Fahrzeuge und ihre internen Fahrzeugkomponenten sind bereits sehr komplex aufgebaut, sodass ein defektes Systemverhalten und die daraus resultierenden Folgen für einen Fahrer im Allgemeinen nur sehr schwer feststellbar und vorhersehbar sind. Durch den zunehmenden Wegfall von mechanisch gekoppelten Mensch-Maschine-Schnittstellen, wie zum Beispiel dem Lenkrad, dem Brems- beziehungsweise Gaspedal oder sonstigen drahtgebundenen Systemen, wird es für einen Fahrer immer schwieriger den Verschleißzustand eines Systems oder sogar einen Defekt an dem System zu erkennen. Die zukünftige Entwicklung hin zum autonomen/hochautomatisierten Fahren und/oder der gemeinsamen
Nutzung eines Fahrzeugs durch verschiedene Fahrer wird diese Problematik noch verstärken.
Ein Fahrer oder Fahrzeughalter kann bei den heute bestehenden Fahrzeugsystemen und insbesondere bei zukünftigen Systemen eine Veränderung eines Fahrzeugzustands durch Verschleiß, Defekt oder auch durch andere Ereignisse, wie zum Beispiel Manipulation, Unfall oder Hacking, nur schwer erkennen oder zumindest nur mit hoher Unsicherheit einschätzen.
Die Beurteilung des Zustands einer Fahrzeugkomponente und ihr Zusammenwirken untereinander erfordert auch im Bereich der Fahrzeugwartung und Beurteilung der Verkehrstüchtigkeit durch amtliche Prüfer zusätzliches Spezialwissen, spezielle Werkzeuge und erhöhten Prüfaufwand.
Es ist ein Anliegen der vorliegenden Erfindung, ein System zum Erfassen eines Zustands einer Fahrzeugkomponente bereitzustellen, mit dem der Zustand der Fahrzeugkomponente sicher erfasst und zuverlässig beurteilt werden kann, um somit die Integrität der Fahrzeugkomponente als auch die Verkehrssicherheit des gesamten Fahrzeugs zuverlässig zu bewerten.
Ein derartiges System zum Erfassen eines Zustands einer Fahrzeugkomponente ist in Patentanspruch 1 angegeben.
Das System umfasst einen Server-Rechner und ein Fahrzeug mit der Fahrzeugkomponente. Das Fahrzeug weist einen Steuerrechner zum Steuern der Fahrzeugkomponente und zum Erfassen von Fahrzeugdaten, die den Zustand der Fahrzeugkomponente beschreiben, auf. Des Weiteren weist das Fahrzeug eine Datenübertragungseinrichtung zur Übertragung der Fahrzeugdaten zu dem Server-Rechner auf. Der Server-Rechner ist zum Empfangen der Fahrzeugdaten und zum Auswerten der Fahrzeugdaten ausgebildet. Des Weiteren ist der Server-Rechner dazu ausgebildet, durch Auswerten der Fahrzeugdaten einen Zustand der Fahrzeugkomponente zu ermitteln.
Die von dem Steuerrechner erfassten Fahrzeugdaten können vorzugsweise Zustände weiterer Fahrzeugkomponenten beschreiben. Auch die Fahrzeugdaten dieser weiteren Fahrzeugkomponenten können von dem Steuerrechner an den Server-Rechner zu Analysezwecken übertragen werden. Der Server-Rechner ist durch Auswertung der gesammelten Fahrzeugdaten somit nicht nur in der Lage den Zustand einer einzelnen Fahrzeugkomponente, sondern auch den Zustand einer Baugruppe aus verschiedenen Fahrzeugkomponenten und letztlich den Zustand des gesamten Fahrzeugs zu ermitteln und zu bewerten.
Bei den Fahrzeugkomponenten kann es sich einerseits um aktive Bauteile handeln, die ihren Zustand selbst erfassen können und in Form von Fahrzeugdaten an den Steuerrechner übertragen. Der Steuerrechner kann die von den aktiven Bauteilen erfassten Fahrzeugdaten abfragen und an den Server-Rechner übertragen. Die Fahrzeugkomponenten können andererseits als passive Bauteile ausgestaltet sein, die ihren Zustand nicht selbst erfassen können. Dazu gehören beispielsweise Wellen, Querlenker und andere Bauteile. Durch Auswertung der Fahrzeugdaten der aktiven Bauteile im Server-Rechner kann gemäß einer bevorzugten Ausführungsform auch auf den Zustand der passiven Bauteile geschlossen werden.
Mittels Auswertung der Fahrzeugdaten durch den Server-Rechner kann des Weiteren eine Authentifizierung eines Fahrzeugs erfolgen, da die jeweiligen Fahrzeugdaten der Fahrzeuge ein spezifisches, individuelles Verhalten jedes Fahrzeug abbilden. Eine Manipulation oder Fälschung der Fahrzeugdaten ist sehr schwierig, da zur Täuschung des Systems die Daten sowohl auf dem Server-Rechner als auch im Fahrzeug selbst manipuliert werden müssten. Das System ermöglicht somit eine eindeutige und zuverlässige Fahrzeugauthentifizierung, die Fälschungen an den Fahrzeugdaten und Fahrzeugkomponenten nahezu unmöglich macht.
Gemäß einer möglichen Ausführungsform des Systems kann der Server-Rechner dazu ausgebildet sein, nach Analyse der Fahrzeugdaten in Abhängigkeit von dem ermittelten Zustand der Fahrzeugkomponente und/oder einer Baugruppe aus verschiedenen Fahrzeugkomponenten und/oder des Fahrzeugs ein
Kommandosignal zu erzeugen, dass an das Fahrzeug übertragen wird. Der Steuerrechner ist dazu ausgebildet, in Abhängigkeit von dem Kommandosignal die Fahrzeugkomponente und/oder Baugruppe zu steuern. Somit können bestimmte Funktionalitäten im Fahrzeug gezielt verändert oder deaktiviert werden. Insbesondere können durch den Server-Rechner initiiert in Abhängigkeit von dem festgestellten Zustand einer Fahrzeugkomponente und/oder einer Baugruppe aus mehreren Fahrzeugkomponenten und/oder des Fahrzeugs Gegenmaßnahmen ergriffen werden, falls dies erforderlich ist.
Gemäß einer weiteren Ausführungsform des Systems kann der Server-Rechner in Abhängigkeit von dem ermittelten Zustand der Fahrzeugkomponente und/oder einer Baugruppe aus mehreren Fahrzeugkomponenten und/oder des gesamten Fahrzeugs ein Zustandsbeschreibungssignal erzeugen, dass an das Fahrzeug übertragen wird. Im Fahrzeug kann somit der von dem Server-Rechnerfestgestellte Zustand der Fahrzeugkomponente und/oder der Baugruppe und/oder des Fahrzeugs auf einer Anzeigeeinrichtung, beispielsweise einem Multimedia-System, für einen Fahrer angezeigt werden.
Gemäß einer weiteren Ausführungsform umfasst das System eine Datenverarbeitungseinrichtung, die außerhalb des Server-Rechners und außerhalb des Fahrzeugs angeordnet ist. Der Server-Rechner kann das Zustandsbeschreibungssignal nicht nur zum Fahrzeug selbst, sondern auch zu der Datenverarbeitungseinrichtung übertragen. In Abhängigkeit von dem Zustandsbeschreibungssignal stellt die Datenverarbeitungseinrichtung eine Information bereit, die einen Zustand der Fahrzeugkomponente und/oder der Baugruppe und/oder des Fahrzeugs kennzeichnet. Darüber hinaus können Empfehlungen für notwendige Wartungen oder Hinweise zu einer möglichen Fehlerursache bereitgestellt werden. Die Informationen können sowohl für einen Fahrer oder Fahrzeughalter als auch für Service-Personal eines Fahrzeugwartungsbetriebs oder einer Prüfstelle bereitgestellt werden. Die Informationen können beispielsweise auf einem PC, einem Tablet oder Smartphone angezeigt werden.
Mit dem erfindungsgemäßen System wird die benötigte Rechenleistung zum Ermitteln des Zustands einer Fahrzeugkomponente und/oder einer Baugruppe von Fahrzeugkomponenten und/oder des gesamten Fahrzeugs an einen Server-Rechner auf einer Backend-Seite des Systems übertragen. Der im Backend verwendete Server-Rechner stellt eine höhere und in der Regel kostengünstigere Rechenleistung zur Verfügung, als wenn jedes Fahrzeug die Bewertung des Zustands seiner Fahrzeugkomponenten selbst ausführen würde.
Lediglich das Erfassen der Fahrzeugdaten erfolgt auf einer Client-Seite des Systems durch den Steuerrechner des Fahrzeugs im Fahrzeug selbst. Die erfassten Fahrzeugdaten werden auf Client-Seite im Fahrzeug oder durch den Server-Rechner auf der Backend-Seite des Systems derart zusammengefasst, dass sich durch ihre Analyse unterscheidbare Fahrzeugsystemzustände feststellen lassen, die durch den Server-Rechner bewertet werden können.
Das System ermöglicht die intelligente Überwachung des Fahrzeugs und seiner internen Systeme, das heißt, einzelner Fahrzeugkomponenten/Bauteile oder komplexerer Baugruppen, hinsichtlich Verkehrssicherheit und Konformität mit vorgeschriebenen Regularien. Des Weiteren ermöglicht das System eine Online-Bewertung des Zustands von einzelnen Fahrzeugbauteilen als auch von Baugruppen. Das System bietet somit eine Hilfestellung bei der Beurteilung des Zustands eines Fahrzeugs und darüber hinaus eine Erhöhung der Verkehrssicherheit durch eingeleitete Gegenmaßnahmen zur Fehlerbehebung oder durch Abschaltung/Deaktivierung von Fahrzeugsystemen.
Nachrichten oder Informationen in Bezug auf den Zustand einzelner Fahrzeugkomponenten und/oder Baugruppen aus mehreren Fahrzeugkomponenten und/oder des gesamten Fahrzeugs beziehungsweise Hinweise und Empfehlungen können auf einer Frontend-Seite des Systems auf Geräten ausgegeben werden, die von einem Nutzer des Systems außerhalb des Fahrzeugs verwendet werden. Dazu gehören zum Beispiel Smartphones, Tablets oder Desktop-PCs. Das Benutzer-Frontend kann beispielsweise auch in Fahrzeug-Multimediasystem integriert sein. In diesem Fall werden die
Informationen, die den Zustand einer Fahrzeugkomponente und/oder einer Baugruppe und/oder des gesamten Fahrzeugs kennzeichnen, oder sonstige Hinweise und Empfehlungen auf einem Bildschirm des Multimedia-Systems im Fahrzeug angezeigt.
Die von dem Server-Rechner übermittelten Zustandsinformationen können auf der Frontend-Seite des Systems auch als Grundlage einer Fernprüfung und Abnahme von Fahrzeugen durch amtliche Prüfer benutzt werden. Auf Basis der Datenanalyse durch den Server-Rechner auf der Backend-Seite des Systems, digitalisiertes Expertenwissen und kontinuierliche Verbesserung der Fernüberwachung und -bewertung über den Lebenszyklus eines Fahrzeugsystems hinweg können zuverlässige Vorhersagen in Bezug auf Verschleiß und voraussichtliches Auftreten von Fehlem gemacht werden.
Die auf der Backend-Seite durch den Server-Rechner ermittelten Bewertungsergebnisse können für eine Vielzahl von Diensten genutzt werden. Dazu gehören zum Beispiel Versicherungsbonussysteme für "gute Fahrzeugpflege". Das System des Weiteren von Flottenmanagement- und Leasingsystemen verwendet werden, um den Wert eines Fahrzeugs durch Vorhersage notwendiger Wartungen zu beurteilen und, und den Zustand der Fahrzeugsysteme durch kontinuierliche Feldüberwachung der Fahrzeuge zu bewerten und zu verbessern.
Die Erfindung wird im Folgenden anhand von Ausführungsbeispielen des Systems näher erläutert. Es zeigen:
Figur 1 eine Ausführungsform eines Systems zum Erfassen eines Zustands einer Fahrzeugkomponente,
Figur 2 eine Einteilung von Zustandsbewertungen von Baugruppen oder einzelnen Fahrzeugkomponenten in Bezug auf Funktionalität und mögliche Fehler,
Figur 3 eine beispielhafte Einteilung von Fahrzeugsystemen in Baugruppen und einzelne Fahrzeugkomponenten, und
Figur 4 eine Klassifizierung von Zuständen von Fahrzeugkomponenten für verschiedene Anwendungszwecke des Systems.
Die Architektur eines Systems 1 zum Erfassen eines Zustands einer Fahrzeugkomponente ist in Figur 1 gezeigt. Das System umfasst einen Server-Rechner 100 auf einer Backend-Seite des Systems und ein Fahrzeug 200 mit einer Fahrzeugkomponente 210 auf einer Client-Seite des Systems. Bei dem Fahrzeug 200 kann es sich zum Beispiel um ein Straßen- oder Schienenfahrzeug, beispielsweise ein Auto oder einen Zug, oder um ein sonstiges Fahrzeug handeln. Das Fahrzeug 200 umfasst einen Steuerrechner 220 zum Steuern der Fahrzeugkomponente 210 und zum Erfassen von Fahrzeugdaten FD, die einen Zustand der Fahrzeugkomponente 210 beschreiben. Das Fahrzeug umfasst des Weiteren eine Datenübertragungseinrichtung 230 zum Übertragen der Fahrzeugdaten FD zu dem Server-Rechner 100 auf der Backend-Seite des Systems.
Der Server-Rechner 100 ist zum Empfangen der Fahrzeugdaten FD und zum Auswerten der Fahrzeugdaten ausgebildet. Der Server-Rechner 100 ist insbesondere dazu ausgebildet, durch Auswerten der Fahrzeugdaten FD einen Zustand der Fahrzeugkomponente 210 zu ermitteln.
Gemäß einerweiteren Ausführungsform des Systems 1 ist der Server-Rechner 100 dazu ausgebildet, durch Auswerten der Fahrzeugdaten FD eine Authentifizierung des Fahrzeugs durchzuführen. Dies wird dadurch ermöglicht, dass die Fahrzeugdaten für jedes Fahrzeug individuell verschieden sind und somit einen "Fingerabdruck" des Fahrzeugs darstellen. Durch die ermöglichte Authentifizierung eines Fahrzeugs können in vorteilhafter Weise Fälschungen beziehungsweise Manipulationen an den Fahrzeugdaten als auch an den Fahrzeugsystemen, zum Beispiel eine unautorisierte Benutzung von Funktionen, die für ein anderes Fahrzeug lizenziert sind, aufgedeckt werden.
Der Steuerrechner 220 auf der Client-Seite des Systems 1 ist dazu ausgebildet, die Fahrzeugdaten FD derart zu erfassen, dass die Fahrzeugdaten auch die Zustände weiterer von der Fahrzeugkomponente 210 verschiedener Fahrzeugkomponenten 210' beschreiben. Der Server-Rechner 100 auf der Backend-Seite des Systems ist dazu ausgebildet, durch Auswerten der Fahrzeugdaten FD somit nicht nur einen Zustand der Fahrzeugkomponente 210 sondern auch den jeweiligen Zustand einer Vielzahl von weiteren Fahrzeugkomponenten 210' zu ermitteln.
Darüber hinaus ist der Server-Rechner 100 dazu ausgebildet, einen Zustand einer Baugruppe 240 aus der Fahrzeugkomponente 210 und den weiteren Fahrzeugkomponenten 210' beziehungsweise einen Zustand des gesamten Fahrzeugs 200 zu ermitteln. Die Fahrzeugdaten der einzelnen Fahrzeugkomponenten werden von dem Server-Rechner 100 nicht nur einzeln betrachtet. Stattdessen werden die Fahrzeugdaten einer Vielzahl von Fahrzeugkomponenten 210, 210' in Zusammenschau ausgewertet, um somit ein emergentes Verhalten der Fahrzeugkomponenten beziehungsweise einer Baugruppe aus einer Vielzahl von Fahrzeugkomponenten zu erhalten.
Die Fahrzeugkomponente 210 kann als aktives Bauteil derart ausgebildet sein, dass die Fahrzeugkomponente die Fahrzeugdaten zum Erfassen durch den Steuerrechner bereitstellt. Derartige aktive Bauteile können ihren Zustand selbst erfassen und die den Zustand kennzeichnenden Fahrzeugdaten an den Steuerrechner 220 übertragen. Mindestens eine weitere Fahrzeugkomponente 210' kann als ein passives Bauteil derart ausgebildet sein, dass keine Bereitstellung der Fahrzeugdaten durch die weitere Fahrzeugkomponente erfolgt. Passive Bauteile liefern daher keine Fahrzeugdaten, die ihren Zustand kennzeichnen, an den Steuerrechner 220. Gemäß einer möglichen Ausführungsform des Systems ist der Server-Rechner 100 dazu ausgebildet, durch Auswerten der an ihn übermittelten Fahrzeugdaten FD einen Zustand einer der weiteren (passiven) Fahrzeugkomponenten 210' zu ermitteln. Somit werden die Zustandsdaten, die im Fahrzeug von den aktiven Fahrzeugkomponenten erfasst werden von dem Server-Rechner 100 dazu genutzt, um den Zustand der passiven Teile indirekt zu erfassen und zu beurteilen.
Gemäß einer möglichen Ausführungsform des Systems 1 ist der Server-Rechner 100 insbesondere dazu ausgebildet, durch Auswerten der Fahrzeugdaten FD einen Zustand der Fahrzeugkomponente 210 und/oder einer Baugruppe 240 von verschiedenen Fahrzeugkomponenten und/oder einen Zustand des gesamten Fahrzeugs 200 in Bezug auf eine Verkehrstüchtigkeit und/oder Erfüllung einer Konformitätsanforderung, beispielsweise die Konformität mit gesetzlich vorgeschriebenen Anforderungen an die Verkehrssicherheit, und/oder einen Wartungszustand und/oder eine Integrität und/oder die Erfüllung einer Sicherheitsanforderung zu ermitteln beziehungsweise zu bewerten. Dies kann dadurch ermöglicht werden, indem der Server-Rechner 100 als ein leistungsfähiger Computer auf der Backend-Seite des Systems ausgebildet ist.
Der Steuerrechner 220 auf der Client-Seite des Systems kann einen oder mehrere Rechnerprozessoren aufweisen, die in dem Fahrzeug 200 angeordnet sind. Der Steuerrechner 220 ist dazu ausgebildet, sämtliche Fahrzeugdaten einer Vielzahl von Fahrzeugkomponenten zu erfassen, die erforderlich sind, um von dem Server-Rechner auf der Backend-Seite des Systems die Verkehrstüchtigkeit, die Konformität mit einem Anforderungsprofil, den Wartungszustand, die Integrität und letztlich die gesamte Sicherheit des Fahrzeugs zu beurteilen.
Die Fahrzeugdaten werden auf der Client-Seite des Systems aus zeitsynchronisierten Signalen von Mess- beziehungsweise Sensorsystemen, beispielsweise Beschleunigungssensoren, Gyroskopen, Raddrehzahlsensoren, Drucksensoren, Temperatursensoren, Drehmoment-Sensoren, innerhalb des Fahrzeugs gewonnen. Das zeitsynchrone Bereitstellen der Fahrzeugdaten für den Server-Rechner 100 kann dadurch erfolgen, indem die erfassten Fahrzeugdaten mit Zeitstempeln versehen werden, so dass der Server-Rechner 100 auf der Backend-Seite die an ihn übertragenen Fahrzeugdaten in zeitliche Abfolge richtig einordnen kann.
Die Fahrzeugdaten können untergefiltert als Rohdaten oder aber bereits vorprozessiert, beispielsweise gefiltert oder in sonstiger Weise verändert, oder auch
in komprimierter Form zum Zwecke der Bandbreitenreduzierung an den Server-Rechner 100 übertragen werden. Die Fahrzeugdaten können von dem Steuerrechner 220 mit Hilfe der Datenübertragungseinrichtung 230, zum Beispiel drahtlos über einen definierten Standard (LTE, G5, etc.) zu dem Server-Rechner 100 auf der Backend-Seite des Systems übertragen werden. Die Fahrzeugdaten können dabei entweder kontinuierlich oder nach vorheriger Abfrage durch den Server-Rechner 100 von dem Steuerrechner 220 zur Backend-Seite des Systems übertragen werden.
Gemäß einer möglichen Ausführungsform des Systems kann der Server-Rechner 100 dazu ausgebildet sein, in Abhängigkeit von dem ermittelten Zustand der Fahrzeugkomponente 210 und/oder der Baugruppe 240 aus verschiedenen Fahrzeugkomponenten und/oder in Abhängigkeit von dem ermittelten Zustand des Fahrzeugs 200 ein Kommandosignal KS zu erzeugen und das Kommandosignal KS an das Fahrzeug 200 zu übertragen. Die Datenübertragungseinrichtung 230 auf der Client-Seite ist dazu ausgebildet, das Kommandosignal KS zu empfangen. Der Steuerrechner 220 ist dazu ausgebildet, in Abhängigkeit von dem Kommandosignal KS einen Zustand der Fahrzeugkomponente 210 und/oder der Baugruppe 240 zu ändern.
Dadurch ist es möglich, dass in Abhängigkeit von einer Bewertung des Zustands einer Fahrzeugkomponente und/oder einer Baugruppe aus mehreren Fahrzeugkomponenten und/oder des gesamten Fahrzeugs von dem Server-Rechner 100 Maßnahmen auf der Client-Seite des Systems eingeleitet werden, um die Verkehrssicherheit des Fahrzeugs 200 zu gewährleisten. Zu den eingeleiteten Maßnahmen gehört zum Beispiel Gegenmaßnahmen zur Fehlerbehebung von Fahrzeugkomponenten, die kontrollierte Deaktivierung von bestimmten Fahrzeugfunktionen, beispielsweise automatisierte Fahrfunktionen, die Durchführung von Software-Updates, die Aktivierung/Deaktivierung eines Motors, etc.
Gemäß einer weiteren Ausführungsform des Systems kann der Server-Rechner
100 dazu ausgebildet sein, in Abhängigkeit von dem ermittelten Zustand der
Fahrzeugkomponente 210 und/oder der Baugruppe 240 und/oder des Fahrzeugs 200 ein Zustandsbeschreibungssignal ZS, das eine Beschreibung des ermittelten Zustands der Fahrzeugkomponente und/oder der Baugruppe und/oder des gesamten Fahrzeugs enthält, zu erzeugen.
Der Server-Rechner 100 kann dazu ausgebildet sein, das Zustandsbeschreibungssignal ZS an das Fahrzeug 200 zu übertragen. Des Weiteren kann die Datenübertragungseinrichtung 230 im Fahrzeug dazu ausgebildet sein, das Zustandsbeschreibungssignal ZS zu empfangen.
Auf einer Frontend-Seite des Systems 1 kann eine Anzeigeeinrichtung 250 im Fahrzeug 200 angeordnet sein. Der Steuerrechner 200 ist dazu ausgebildet, in Abhängigkeit von dem Zustandsbeschreibungssignal ZS eine Nachricht auf der Anzeigeeinrichtung 250 anzuzeigen. Dadurch können beispielsweise auf On-Board-Systemen innerhalb des Fahrzeugs 200 Nachrichten angezeigt werden, die mit der Analyse und Bewertung der Fahrzeugdaten durch den Server-Rechner 100 in Zusammenhang stehen.
Gemäß einer möglichen Ausführungsform kann der Server-Rechner 100 dazu ausgebildet sein, die übermittelten Fahrzeugdaten über einen (längeren) Zeitraum zu speichern. Der Server-Rechner 100 kann insbesondere dazu ausgebildet sein, durch Auswerten der über den Zeitraum hinweg gespeicherten Fahrzeugdaten FD ein Fahrzeugprofil eines Fahrzeugs kennzeichnende Daten zu erstellen. Die Fahrzeugprofil-kennzeichnenden Daten können Fahrzeugkonfigurations-spezifische Daten und/oder Nutzer-spezifische Daten und/oder Verschleiß-spezifische Daten und/oder ein dynamisches Verhalten einer Fahrzeugkomponente und/oder einer Baugruppe beschreibende Daten enthalten.
Durch den Server-Rechner 100 werden somit kontinuierlich von dem Fahrzeug 200 übermittelte Fahrzeugdaten gesammelt, die eine Fahrzeughistorie widerspiegeln und aus denen sich ein Fahrzeugprofil bestimmen lässt. Die aufgezeichneten Fahrzeugdaten und die das Fahrzeugprofil kennzeichnenden Daten einer Vielzahl
von Fahrzeugen 200 können von dem Server-Rechner 100 auf der Backend-Seite des Systems gespeichert und aktualisiert werden.
Der Server-Rechner 100 ist dazu ausgebildet, die übermittelten Fahrzeugdaten FD mit den über den (längeren) Zeitraum hinweg gespeicherten Fahrzeugdaten und/oder den Fahrzeugprofil kennzeichnenden Daten zu vergleichen und anhand des Vergleichs den Zustand der Fahrzeugkomponente 210 und/oder der Baugruppe 240 und/oder des Fahrzeugs 200 zu ermitteln. Durch Auswerten der aktuell empfangenen Fahrzeugdaten und durch Vergleich dieser aktuellen Daten mit den aufgezeichneten historischen und fahrzeugspezifischen Daten, die auf der Backend-Seite gespeichert sind, kann der Server-Rechner 100 somit die Integrität der einzelnen Fahrzeugkomponenten beziehungsweise Baugruppen bewerten. Darüber hinaus kann die Wahrscheinlichkeit für einen Komponentenausfall, ein kritischer Verschleißzustand einer Fahrzeugkomponente oder aber eine illegale Manipulation an einer Fahrzeugkomponente von dem Server-Rechner 100 festgestellt werden.
Wenn ein kritisches Ereignis, zum Beispiel ein Verschleiß, eine Manipulation oder die Störung einer Fahrzeugkomponente oder einer Baugruppe festgestellt wird, kann ein entsprechendes Kommandosignal KS oder ein Zustandsbeschreibungssignal ZS an den Steuerrechner 220 auf der Client-Seite des Systems gesendet werden.
Gemäß einer möglichen Ausführungsform weist das System 1 auf der Frontend-Seite des Systems eine Datenverarbeitungseinrichtung 300 auf, die außerhalb des Server-Rechners 100 und außerhalb des Fahrzeugs 200 angeordnet ist. Die Datenverarbeitungseinrichtung 300 ist dazu ausgebildet, das Zustandsbeschreibungssignal ZS zu empfangen und in Abhängigkeit von dem Zustandsbeschreibungssignal eine Information bereitzustellen. Mit Hilfe des Zustandsbeschreibungssignals ZS können von dem Server-Rechner 100 Informationen strukturiert und aufbereitet werden, um je nach Anwendungszweck zur Frontend-Seite des Systems 1 übertragen zu werden.
Die Datenverarbeitungseinrichtung 300 auf der Frontend-Seite des Systems kann zum Beispiel ein Smartphone, ein Tablet oder ein PC eines Nutzers sein. In Abhängigkeit von dem Zustandsbeschreibungssignal ZS können auf einem dieser Geräte Informationen über den Zustand einer Fahrzeugkomponente und/oder einer Baugruppe und/oder des Fahrzeugs angezeigt werden. Des Weiteren können auch darüber hinausgehende Informationen betreffend eine notwendige Fahrzeugwartung, mögliche Gegenmaßnahmen zur Behebung von Störfällen oder Informationen bezüglich eines empfohlenen Fahrzeugservices, etc. angezeigt werden.
Die Informationen können auf der Frontend-Seite des Systems über die Datenverarbeitungseinrichtung 300 einen Fahrer oder Fahrzeughalter, oder auch dem Service-Personal einer Werkstätte oder einem amtlichen Prüfer einer autorisierten Prüfstelle angezeigt beziehungsweise zur Verfügung gestellt werden. Die Datenverarbeitungseinrichtung 300 auf der Frontend-Seite des Systems kann somit zur Fahrzeuginspektion, insbesondere einer Ferninspektion des Fahrzeugs auf Basis der gesammelten Fahrzeugdaten und deren Analyse durch eine amtliche Prüfstelle eingesetzt werden. Zur Durchführung einer derartigen Fahrzeugferninspektion werden von dem Server-Rechner 100 die Zustandsänderung aller sicherheitsrelevanten Fahrzeugkomponenten beobachtet.
Gemäß einer möglichen Ausführungsform des Systems 1 ist der Server-Rechner 100 dazu ausgebildet, Daten zu berechnen, die das zu erwartende Verhalten der Fahrzeugkomponente 210 und/oder der Baugruppe 240 kennzeichnen. Der Server-Rechner 100 ist dazu ausgebildet, den Zustand der Fahrzeugkomponente 210 und/oder der Baugruppe 240 und/oder des Fahrzeugs 200 zu ermitteln, indem der Server-Rechner 100 die das zu erwartende Verhalten kennzeichnenden Daten mit den übermittelten Fahrzeugdaten FD vergleicht.
Das tatsächliche, gemessene Verhalten der verschiedenen Fahrzeugkomponenten kann durch den Server-Rechner 100 aus den von dem Fahrzeug 200 übermittelten Fahrzeugdaten FD ermittelt werden. Das zu erwartende Verhalten wird von dem Server-Rechner 100 ebenfalls aus den übermittelten Fahrzeugdaten FD mit Hilfe
von mathematischen Modellen ermittelt. Die mathematischen Modelle beschreiben insbesondere das Übertragungsverhalten der einzelnen Fahrzeugkomponenten und ihre Kopplung untereinander.
Derartige mathematische Modelle können aus den physikalischen Eigenschaften der Fahrzeugkomponenten und ihres Zusammenwirkens erstellt werden. Eine weitere Möglichkeit zur Extrahierung der mathematischen Modelle besteht in der Auswertung von gemessenen Fahrzeugdaten von Referenzfahrzeugsystemen unter Zuhilfenahme von Maschinenlern-Techniken. Des Weiteren können Modelle basierend auf bekannten physikalischen Effekten von Defekten im Übertragungsverhalten von Fahrzeugkomponenten verwendet werden, um Fehler einzelner Fahrzeugkomponenten oder ganzer Baugruppen zu detektieren und zu klassifizieren.
Figur 2 zeigt anschaulich, wie durch entsprechende Auswertung mittels des Server-Rechners 100 auf der Server-Seite des Systems die Funktionalität einer gesamten Baugruppe in Bezug auf eine Verkehrssicherheit beziehungsweise die Funktionalität von einzelnen Komponenten der Baugruppe in Bezug auf eine eventuell notwendige Fahrzeugwartung bewertet werden kann. Durch weitere Auswertung der übermittelten Fahrzeugdaten auf der Server-Seite können zudem konkrete Fehler einer bestimmten Fahrzeugkomponente ermittelt werden.
Figur 3 zeigt anschaulich eine Untergliederung eines Fahrzeugs in einzelne Fahrzeugbaugruppen und deren Fahrzeugkomponenten.
In Abhängigkeit von dem festgestellten Fehler einer Komponente kann von dem Server-Rechner ein Kommandosignal zum Einleiten einer Gegenmaßnahme zur Behebung des festgestellten Fehlers oder ein Wartungshinweis an den Steuerrechner 220 auf der Client-Seite des Systems übermittelt werden. Insbesondere unter Nutzung verketteter mathematischer Modelle können von dem Server-Rechner die Zustände von Baugruppen oder deren Komponenten und mögliche Fehlerursachen ermittelt und beurteilt werden.
Die Auswertung des zu erwartenden Verhaltens bestimmter Fahrzeugkomponenten beziehungsweise Baugruppen verglichen mit dem gemessenen Verhalten der entsprechenden Fahrzeugkomponenten beziehungsweise Baugruppen und die konkrete Feststellung eines Fehlermusters kann in vorteilhafter Weise eine Information liefern, um zu entscheiden, ob eine turnus-gemäß anstehende Inspektion eines Fahrzeugs verschoben werden kann beziehungsweise welche Wartungsmaßnahmen notwendig sind oder ob ein festgestellter Zustand eine sofortige Einschränkung oder gar Stilllegung des Fährbetriebs des Fahrzeugs erfordert.
Um Toleranzen von Fahrzeugkomponenten oder Messsystemen bei der Analyse der Fahrzeugdaten auf der Backend-Seite des Systems zu berücksichtigen kann zu Beginn der Lebensdauer eines Fahrzeugs oder nach einer Konfigurationsänderung ein Training des Systems erfolgen. Dadurch kann die Analyse und Bewertung der von den einzelnen Fahrzeugen gelieferten Fahrzeugdaten individuell unter Berücksichtigung einer Toleranz im Verhalten der Fahrzeugkomponenten erfolgen. Des Weiteren kann das System am Ende eines Herstellungsprozesses des Fahrzeugs dazu eingesetzt werden, um die bestimmungsgemäße Funktionsweise der Fahrzeugkomponenten nachzuweisen.
Die von dem System zur Verfügung gestellten Informationen bezüglich eines Zustands, einer Zustandsänderung oder eines Fehlerzustands einer Fahrzeugkomponente und/oder einer Baugruppe aus mehreren Fahrzeugkomponenten kann für verschiedene Anwendungszwecke genutzt werden. Figur 4 zeigt beispielhaft, wie die von dem System zur Verfügung gestellten Informationen auf Seiten eines Herstellers, eines Gesetzgebers oder eines Fahrers verwendet werden können.
In Abhängigkeit von einer ermittelten Zustandsänderung einer Fahrzeugkomponente und/oder einer Baugruppe kann ein Fahrzeughersteller zum Beispiel einen empfohlenen Betrieb des Fahrzeugs bestimmen. Ein Gesetzgeber kann in Abhängigkeit von einer von dem System bereitgestellten Klassifikation eines Defekts (zum Beispiel: KM = kein Mangel, GM = geringer Mangel, EM =
erheblicher Mangel, VM = gefährlicher Mangel, VII = verkehrsunsicherer Zustand) ein Zertifikat zum Führen des Fahrzeugs im Straßenverkehr erteilen oder verweigern. Ein Fahrer kann in Abhängigkeit von dem von dem System ermittelten Fehlerzustand einer Fahrzeugkomponente und/oder eine Baugruppe einen zulässigen Fährbetrieb des Fahrzeugs bestimmen.