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Die vorliegende Erfindung betrifft eine Ventileinrichtung mit wenigstens einem Verschlussmittel und einem Bauteil mit wenigstens einer Kavität, wobei das Verschlussmittel zum Abdichten wenigstens einer Öffnung der Kavität vorgesehen ist. Die Ventileinrichtung ist durch Zentrifugalkräfte oder gleichwirkende Kräfte betätigbar. Weiterhin betrifft die Erfindung die Verwendung einer solchen Ventileinrichtung sowie eine Vorrichtung zur Handhabung von Flüssigkeiten, die eine solche Ventileinrichtung umfasst.
Stand der Technik
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Es sind bereits viele Systeme zur Automatisierung von chemischen oder biochemischen Prozessen und allgemein zur Handhabung von Flüssigkeiten bekannt. Die deutsche Offenlegungsschrift
DE 10 2010 003 223 A1 beschreibt beispielsweise ein System, in dem mehrere Revolver im Format eines Standard-Zentrifugenröhrchens axial übereinander angeordnet sind und somit in eine Zentrifuge eingesetzt werden können. Die Revolver beinhalten Kanäle, Reaktionskammern und weitere Strukturen für die Durchführung von fluidischen Einheitsoperationen. In Abhängigkeit von einer Zentrifugalkraft sind die Revolver gegeneinander verdrehbar, wobei einzelne Kavitäten der verschiedenen Revolver miteinander fluidisch koppelbar sind. Die Flüssigkeiten werden dabei entlang des Kraftvektors der Zentrifugalkraft von radial innen liegenden Punkten zu radial außen liegenden Punkten transportiert. Durch Beschleunigungswechsel der Zentrifuge wird hierbei eine integrierte Kugelschreibermechanik aktiviert, sodass die übereinander angeordneten Revolver gegeneinander rotiert werden können und sich einzelne Kavitäten zueinander schalten lassen. Zum orientierungsabhängigen Öffnen von Kavitäten, beispielsweise zur Freisetzung einzelner Reagenzien, sind Dorne an der Oberseite eines Revolvers vorgesehen, die bei entsprechender Positionierung eine darüber liegende Deckelungsfolie am Boden einer Kavität eines darüber liegenden Revolvers durchstechen können. Dieses System erlaubt eine kontrollierte Fluidführung von Vorlagerungskammern über zwischengeschaltete Prozessierungselemente bis hin zu Auffangkavitäten für die prozessierten Flüssigkeiten.
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Die Veröffentlichungsschrift der US-Patentanmeldung
US 2007/0134799 A1 beschreibt eine zentrifugierbare Vorrichtung, bei der ein durch Zentrifugalkräfte aktivierbares Ventil vorgesehen ist, um einen Flüssigkeitsfluss durch eine Reaktionskammer zu steuern. Das Ventil wird von einer auf einer Feder gelagerten Kugel gebildet, die von radial außen eine Öffnung einer Kammer verschließt. Sobald die Zentrifugalkraft die Federkraft übersteigt, wird die Kugel zurückgedrängt und Flüssigkeit kann durch die freigegebene Öffnung entweichen.
Offenbarung der Erfindung
Vorteile der Erfindung
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Die Erfindung stellt eine mehrfach betätigbare Ventileinrichtung bereit, die durch Zentrifugalkräfte oder gleichwirkende Kräfte betätigbar ist. Diese Ventileinrichtung ist insbesondere für Systeme zur automatisierten Prozessierung von Flüssigkeiten geeignet, beispielsweise für kartuschenbasierte Systeme, die in einer Zentrifuge prozessiert werden. Die erfindungsgemäße Ventileinrichtung umfasst wenigstens ein Verschlussmittel und ein Bauteil mit wenigstens einer Kavität. Das Verschlussmittel ist zum Abdichten von wenigstens einer Öffnung der Kavität in dem Bauteil vorgesehen. Erfindungsgemäß sind das Verschlussmittel und das Bauteil in Abhängigkeit von wirkenden Zentrifugalkräften oder gleichwirkenden Kräfte beweglich gelagert. "Gleichwirkende Kräfte" können beispielsweise pneumatische Kräfte sein, die durch Anlegen von Druckluft bewirkt werden. Es ist wenigstens ein Bewegungsbegrenzungsmittel (Bewegungsstopp) für das Verschlussmittel und/oder das Bauteil vorgesehen, das die Bewegung des Verschlussmittels und/oder des Bauteils bei Überschreiten einer vorgebbaren Zentrifugalkraft oder einer gleichwirkenden Kraft begrenzt. Dadurch, dass sowohl das Bauteil als auch das Verschlussmittel im Prinzip beweglich gelagert sind, aber zumindest eines dieser Elemente in seiner Bewegung begrenzt ist, kommt es bei Kräften, die die Bewegung auslösen, zu einer unterschiedlich langen Bewegungsstrecke beider Elemente, wobei hierdurch eine Öffnung der zuvor verschlossenen Kavität erreicht wird. Vorzugsweise begrenzt das Bewegungsbegrenzungsmittel entweder die Bewegung des Verschlussmittels oder die des Bauteils. In bevorzugter Weise wirkt dabei die Bewegung des Bauteils und/oder des Verschlussmittels entgegen einer Rückstellkraft. Dies kann beispielsweise durch eine Federvorspannung des Bauteils und/oder des Verschlussmittels realisiert sein. Die Rückstellkraft ist dabei so ausgelegt, dass bei einer vorgebbaren Schwelle der Zentrifugalkraft oder gleichwirkenden Kraft die Rückstellkraft überstiegen wird, sodass die Bewegung des Bauteils und des Verschlussmittels ausgelöst wird und mithilfe des Bewegungsbegrenzungsmittels eine Offenposition der Ventileinrichtung erreicht wird. Bei einem Nachlassen der Zentrifugalkraft oder der gleichwirkenden Kraft übersteigt ab einem vorgebbaren Punkt die Rückstellkraft die Zentrifugalkraft oder gleichwirkende Kraft, sodass das Bauteil und/oder das Verschlussmittel wieder in die Ausgangslage, also in die Schließposition, zurückbewegt werden.
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Durch die mehrfach betätigbare Ventileinrichtung gemäß der Erfindung können beispielsweise in einem kartuschenbasierten Zentrifugalsystem die Möglichkeiten für die Prozessführung erheblich erweitert werden. Beispielsweise können freigesetzte Flüssigkeiten für eine bestimmte Zeit in einem definierten Raum zurückgehalten werden, bevor die Flüssigkeiten entlang des vorgesehenen fluidischen Pfades wieder freigesetzt werden. Es können mehrere Flüssigkeiten miteinander inkubiert werden. Beispielsweise ist es auch möglich, Flüssigkeiten mit einer Festphase zu inkubieren, wobei Flüssigkeiten mehrfach durch die Ventileinrichtung geführt werden können. Diese Möglichkeiten für die Durchführung von verschiedenen Einheitsoperationen bei biochemischen Prozessen erlauben die Durchführung von komplexen Abläufen in automatisierter Weise, beispielsweise können aufwendige Binde- oder Austauschprozesse oder das Lösen von beispielsweise lyophilisierten Stoffen durchgeführt werden. Die erfindungsgemäße Ventileinrichtung stellt damit ein wiederverschließbares Ventil bereit, das insbesondere für zentrifugale Systeme große Vorteile bietet.
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In einer besonders bevorzugten Ausführungsform der erfindungsgemäßen Ventileinrichtung ist ein weiteres Bewegungsbegrenzungsmittel für das Verschlussmittel und/oder für das Bauteil mit der wenigstens einen Kavität vorgesehen. Dieses weitere Bewegungsmittel begrenzt die Rückbewegung des Verschlussmittels und/oder des Bauteils, die bei Unterschreiten einer vorgebbaren Zentrifugalkraft oder gleichwirkenden Kraft einsetzt und die beispielsweise durch die beschriebene Rückstellkraft unterstützt werden kann. Durch die Rückbewegung des Verschlussmittels und/oder des Bauteils wird wieder die Ausgangsposition beziehungsweise Schließposition der Ventileinrichtung erreicht. Durch das weitere Begrenzungsmittel wird hierbei die Position des Verschlussmittels und/oder des Bauteils in einer bestimmten Position arretiert, sodass die Schließposition schnell und sicher erreicht wird. Vorzugsweise begrenzt das weitere Bewegungsbegrenzungsmittel entweder die Rückbewegung des Verschlussmittels oder die des Bauteils.
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Für die Realisierung der erfindungsgemäßen Ventileinrichtung sind vor allem zwei grundsätzliche Ausgestaltungen vorteilhaft. Bei der ersten prinzipiellen Ausgestaltung wird die Bewegung des Verschlussmittels begrenzt, sodass durch das Bewegungsbegrenzungsmittel das Verschlussmittel in eine Offenposition gezwungen wird. Vorteilhafterweise ist hierbei das Bauteil mit der wenigstens einen Kavität federvorgespannt, sodass es bei nachlassender Zentrifugalkraft oder der nachlassenden gleichwirkenden Kraft wieder in die Ausgangslage sicher zurückbewegt wird, wobei es zu einem Schließen der Ventileinrichtung kommt. In der anderen grundsätzlichen Ausgestaltung wird die Bewegung des Bauteils begrenzt, sodass es bei einem Überschreiten der vorgebbaren Zentrifugalkraft oder der gleichwirkenden Kraft zu einer Öffnung der Ventileinrichtung kommt. Vorteilhafterweise ist hierbei das Verschlussmittel federvorgespannt, wodurch es bei nachlassender Zentrifugalkraft oder gleichwirkenden Kraft wieder zu einem sicheren Verschluss der Ventileinrichtung kommt.
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Bei der erstgenannten Variante ist das Verschlussmittel vorzugsweise als kugelförmiger oder kegelförmiger oder keilförmiger oder stabförmiger Stöpsel ausgestaltet. Zur optimalen Abdichtung der Öffnung der Kavität kann eine Dichtung vorgesehen sein. Ein kugelförmiger Stöpsel befindet sich vorzugsweise innerhalb der Kavität und verschließt die Öffnung gewissermaßen von innen. Eine in der Kavität vorhandene Flüssigkeit kann durch den Druck der Flüssigkeitssäule auf den Stöpsel die Abdichtung verbessern. In vergleichbarer Weise kann der Stöpsel keil- oder kegelförmig ausgestaltet sein, wobei die Spitze eines solchen Stöpsels die Öffnung der Kavität durchragen kann. Für ein gutes Abdichten ist es vorteilhaft, wenn der Stöpsel eine möglichst hohe Masse aufweist, die in die Dichtung hineindrückt. Beispielsweise kann hierfür der Stöpsel aus einem Material gefertigt sein, das eine höhere Dichte als Wasser aufweist, beispielsweise Teflon oder POM (Polyoxymethylen). Als Dichtungsmaterial wird vorzugsweise ein elastisches Material wie beispielsweise Kautschuk gewählt, um eine gute Pressdichtung des Stöpsels gegenüber der Öffnung zu erreichen. Eine Ausgestaltung des Stöpsels in Keilform, also mit einer vergrößerten Fläche, die sich im Inneren der Kavität befindet, wird erreicht, dass die über dem Stöpsel liegende Flüssigkeitssäule verbreitert ist, sodass die zusätzliche Masse der Flüssigkeitssäule für einen erhöhten Anpressdruck in der Schließposition genutzt werden kann.
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In der Ausgangsposition, in der die Zentrifugalkraft oder die gleichwirkende Kraft einen vorgebbaren Schwellenwert nicht überschreitet, befindet sich die Ventileinrichtung in Schließposition. Beim Überschreiten eines vorgebbaren Schwellenwertes für die wirkende Zentrifugalkraft oder die gleichwirkende Kraft bewegt sich sowohl das Bauteil mit der Kavität als auch das Verschlussmittel in Richtung der wirkenden Kraft. Das Bewegungsbegrenzungsmittel für das Verschlussmittel in der ersten prinzipiellen Ausgestaltung der erfindungsgemäßen Ventileinrichtung ist hierbei so ausgestaltet, dass ab einer bestimmten Länge des Bewegungspfades das Bewegungsbegrenzungsmittel die Bewegung des Verschlussmittels arretiert, sodass sich nur noch das Bauteil bewegt. Die Geometrien sind hierbei so gewählt, dass auf diese Weise eine Öffnung der Ventileinrichtung erreicht wird, wobei das Verschlussmittel durch die Öffnung der Kavität hindurch in eine Offenposition gedrückt wird. Dies kann beispielsweise durch ein stabförmiges Bewegungsbegrenzungsmittel erreicht werden, das im Durchmesser kleiner als die Öffnung der Kavität ist und das durch die Öffnung der Kavität hindurch beispielsweise den kugelförmigen Stöpsel zurückhält, sodass der Stöpsel die Öffnung nicht mehr verschließt. Flüssigkeiten können um den Stöpsel herum durch die Öffnung fließen und die Kavität verlassen. In einer anderen Ausgestaltung, insbesondere bei einem kegel- oder keilförmigen Stöpsel, kann das Bewegungsbegrenzungsmittel flächig ausgestaltet sein, sodass die durch die Öffnung der Kavität hindurch ragende Spitze des Stöpsels zurückgehalten wird, wodurch der Stöpsel aus der Öffnung teilweise herausgedrückt wird und es zu einer Öffnung und zu einem Fluidfluss kommt. Eine Federvorspannung des Bauteils kann in dieser Ausgestaltung beispielsweise so realisiert werden, dass eine Feder zwischen dem Bauteil und dem Bewegungsbegrenzungsmittel eingesetzt wird. Wenn die Zentrifugalkraft oder die gleichwirkende Kraft, die eine Öffnung des Ventils bewirkt hatte, einen vorgebbaren Schwellenwert unterschreitet, dominiert die Federkraft, sodass das Bauteil wieder in die Ausgangsposition zurückgedrückt wird.
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In einer besonders bevorzugten Ausgestaltung der erfindungsgemäßen Ventileinrichtung ist das Verschlussmittel im Wesentlichen als stabförmiger Stöpsel ausgestaltet, der in einem Teillängenabschnitt einen flüssigkeitsdurchlässigen Bereich aufweist. Dieser Längenabschnitt ist so angeordnet, dass sich dieser Längenabschnitt in der Schließposition außerhalb der Kavität und außerhalb der Öffnung der Kavität befindet. Wenn die Offenposition erreicht wird, befindet sich dieser Abschnitt innerhalb der Öffnung der Kavität, sodass Flüssigkeiten aus der Kavität über diesen Abschnitt nach außen gelangen können. Durch die wirkende Zentrifugalkraft oder gleichwirkende Kraft wird der Stöpsel gewissermaßen so verschoben, dass die Flüssigkeit den durchgängigen Bereich des stabförmigen Stöpsels erreichen kann. Der flüssigkeitsdurchlässige Bereich kann beispielsweise durch eine im Querschnitt teilkreisförmige Aussparung in diesem Abschnitt des Stöpsels realisiert sein. Die partielle Durchlässigkeit des Stöpsels kann aber auch auf andere Weise, beispielsweise durch eine oder mehrere Bohrungen in diesem Abschnitt, realisiert werden.
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Insbesondere in der Ausgestaltung mit einem stabförmigen Stöpsel mit einem flüssigkeitsdurchlässigen Bereich kann das bereits beschriebene weitere Begrenzungsmittel, das die Rückbewegung des Verschlussmittels beschränkt, vorteilhaft sein. Das weitere Bewegungsbegrenzungsmittel ist beispielsweise innerhalb der Kavität angeordnet und beispielsweise in Form eines Bewegungsanschlags ausgestaltet. Durch die Begrenzung der Rückbewegung wird der Stöpsel in der Verschlussposition genau positioniert, sodass sich der flüssigkeitsdurchlässige Bereich des Verschlussmittels außerhalb der Kavität befindet und die Abdichtung der Öffnung sicher gewährleistet ist.
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Bei der weiter oben erwähnten zweiten prinzipiellen Variante der erfindungsgemäßen Ventileinrichtung begrenzt das Bewegungsbegrenzungsmittel die Bewegung des Bauteils mit der wenigstens einen Kavität. Zweckmäßigerweise verschließt in dieser Ausgestaltung das Verschlussmittel die Kavität von außen. Bei einem Überschreiten der vorgebbaren Zentrifugalkraft oder gleichwirkenden Kraft wird das Bauteil mit der Kavität durch das Bewegungsbegrenzungsmittel zurückgehalten und das Verschlussmittel bewegt sich in eine Offenposition, sodass Flüssigkeit die Kavität verlassen kann. Bei einer Entschleunigung der Zentrifuge oder allgemein, wenn die Zentrifugalkraft oder die gleichwirkende Kraft einen vorgebbaren Schwellenwert unterschreitet, dominiert die zweckmäßigerweise vorgesehene Rückstellkraft, die auf das Verschlussmittel wirkt, sodass wieder die Ausgangsposition, also die Schließposition, eingestellt wird. Mit besonderem Vorteil ist hierbei das bereits erwähnte weitere Bewegungsbegrenzungsmittel für die Rückbewegung des Bauteils vorgesehen, sodass die Rückbewegung des Bauteils nur bis zu dem entsprechend vorgesehenen Punkt erfolgt. Auf diese Weise kann die Schließposition in einer besonders präzisen Weise schnell wieder erreicht werden.
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In einer bevorzugten Ausgestaltung der erfindungsgemäßen Ventileinrichtung ist eine Mehrzahl von Verschlussmitteln auf einem gemeinsamen Träger angeordnet. Beispielsweise kann eine Mehrzahl von Verschlussmitteln auf einem kreisförmigen Träger angeordnet sein, der auf einer gemeinsamen Feder gelagert ist. Mithilfe dieser Verschlussmittel können mehrere Kavitäten eines darüber angeordneten Bauteils von unten her verschlossen werden. Hierbei kann pro Öffnung einer Kavität ein Verschlussmittel vorgesehen sein. Es kann jedoch auch vorgesehen sein, dass mit einem Verschlussmittel mehrere Öffnungen, die einer oder gegebenenfalls mehreren Kavitäten zuzuordnen sind, verschlossen beziehungsweise geöffnet werden.
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In einer besonders zweckmäßigen Ausgestaltung der erfindungsgemäßen Ventileinrichtung umfasst das Verschlussmittel eine reaktive Oberfläche, die insbesondere für chemische oder biochemische Prozesse, die mit der Vorrichtung, in die die erfindungsgemäße Ventileinrichtung integriert ist, durchgeführt werden sollen. Beispielsweise können Oberflächen mit immobilisierten Molekülen, z.B. Antikörpern, oder anderen reaktiven Substanzen vorgesehen sein, die für die Durchführung der vorgesehenen Verfahrensschritte eingesetzt werden können.
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Das Verschlussmittel der erfindungsgemäßen Vorrichtung kann einteilig oder auch zwei- oder mehrteilig ausgebildet sein. Beispielsweise kann ein mehrteiliges Verschlussmittel vorgesehen sein, bei dem eines der Teile aus einem Dichtungsmaterial besteht oder ein Dichtungsmaterial aufweist. Insbesondere kann ein ringförmiges Element aus einem geeigneten Dichtungsmaterial vorgesehen sein, das zusammen mit einer weiteren Komponente, die den vollständigen Verschluss der Kavität ermöglicht, kombiniert wird. Das Dichtungsmaterial kann den randständigen Bereich des jeweiligen Verschlussmittels ausbilden, sodass hierdurch eine optimale Abdichtung der Öffnung der Kavität gewährleistet wird.
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Die erfindungsgemäße Ventileinrichtung ist in besonders vorteilhafter Weise als Bestandteil eines Zentrifugalsystems geeignet, wobei mit der erfindungsgemäßen Ventileinrichtung ein wiederholtes Betätigen des Ventils möglich ist. Die Ventileinrichtung erweitert damit die Möglichkeiten insbesondere eines kartuschenbasierten Zentrifugalsystems für die automatisierte Durchführung von beispielsweise biochemischen oder chemischen Prozessen erheblich. Ein solches Zentrifugalsystem basiert insbesondere auf zwei oder mehr axial übereinander gelagerten Körpern (Revolvern), die in Abhängigkeit von einer Zentrifugalkraft oder einer gleichwirkenden Kraft gegeneinander verdrehbar sind. Hierbei ist mit "gleichwirkende Kraft" gemeint, dass die Kraft, wenn sie an das System angelegt wird, ein Verdrehen der Körper in Relation zueinander, wie es von einer entsprechenden Mechanik vorgesehen ist, auslöst. Dies kann beispielsweise durch Anlegen eines Drucks (Druckluft) erreicht werden. Für den Verdrehmechanismus einer solchen Vorrichtung kann beispielsweise eine sogenannte Kugelschreibermechanik vorgesehen sein, wobei ein Eingriff von Führungsfedern des einen Körpers in eine Profilzahnreihe des anderen Körpers und eine entgegen der Zentrifugalkraft oder entgegen der gleichwirkenden Kraft wirkende Rückstellkraft der Körper vorgesehen ist.
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Die Erfindung umfasst weiterhin die Verwendung der beschriebenen Ventileinrichtung für ein System zur Handhabung von Flüssigkeiten, wobei dieses System eine Mehrzahl von axial übereinander angeordneten Körpern umfasst, die in Abhängigkeit von einer Zentrifugalkraft oder einer gleichwirkenden Kraft gegeneinander verdrehbar sind. Schließlich umfasst die Erfindung eine Vorrichtung zur Handhabung von Flüssigkeiten mit einer Mehrzahl von axial übereinander angeordneten Körpern (Revolvern), die in Abhängigkeit von einer Zentrifugalkraft oder einer gleichwirkenden Kraft gegeneinander verdrehbar sind. Erfindungsgemäß umfasst diese Vorrichtung wenigstens eine Ventileinrichtung, wie sie vorliegend beschrieben ist. Die einzelnen Körper oder Revolver der Vorrichtung weisen jeweils wenigstens eine Kavität auf. Durch die Drehung der Revolver zueinander sind die einzelnen Kavitäten fluidisch miteinander koppelbar. Erfindungsgemäß wird wenigstens eine dieser fluidischen Kopplungen mittels der erfindungsgemäßen Ventileinrichtung realisiert. Diese Ventileinrichtung ist über die einstellbaren Beschleunigungswechsel der Zentrifuge oder einer gleichwirkenden Kraft zu betätigen. Der große Vorteil hierbei ist, dass diese Betätigung, also das Öffnen und Schließen des Ventils, mehrfach und im Prinzip unbegrenzt oft durchgeführt werden kann, wodurch die Möglichkeiten einer solchen Vorrichtung erheblich erweitert werden.
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Weitere Merkmale und Vorteile der Erfindung ergeben sich aus der nachfolgenden Beschreibung von Ausführungsbeispielen in Verbindung mit den Zeichnungen. Hierbei können die einzelnen Merkmale jeweils für sich oder in Kombination miteinander verwirklicht sein.
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In den Figuren zeigen:
- Fig. 1A/B
- schematische Darstellungen einer beispielhaften Ausgestaltung einer erfindungsgemäßen Ventileinrichtung mit kugelförmigem Verschlussmittel;
- Fig. 2A/B
- schematische Darstellungen einer erfindungsgemäßen Ventileinrichtung mit keilförmigem Verschlussmittel;
- Fig. 3A-C
- schematische Darstellungen einer erfindungsgemäßen Ventileinrichtung mit stabförmigem Verschlussmittel;
- Fig. 4
- Schnittdarstellung einer beispielhaften Ausgestaltung eines flüssigkeitsdurchlässigen Bereiches eines Verschlussmittels für eine erfindungsgemäße Ventileinrichtung;
- Fig. 5A-C
- schematische Darstellungen der Integration einer erfindungsgemäßen Ventileinrichtung in den Revolver eines Zentrifugalsystems für ein Bead-basiertes Prozessierungsprotokoll;
- Fig. 6
- zeitlicher Verlauf der Zentrifugationsschritte für ein Bead-basiertes Prozessierungsprotokoll;
- Fig. 7A-C
- schematische Darstellungen einer beispielhaften Ausgestaltung einer erfindungsgemäßen Ventileinrichtung mit federkraftunterstütztem Verschlussmittel;
- Fig. 8A/B
- isometrische Außenansicht (A) und Schnittansicht (B) einer beispielhaften Ausgestaltung der Körper eines Zentrifugalsystem mit erfindungsgemäßer Ventileinrichtung;
- Fig. 9A/B
- isometrische Darstellungen einer erfindungsgemäßen Ventileinrichtung mit einer Mehrzahl von Verschlussmitteln und
- Fig. 10A/B
- isometrische Darstellungen einer erfindungsgemäßen Ventileinrichtung mit einer Mehrzahl von mehrteilig zusammengesetzten Verschlussmitteln.
Beschreibung von Ausführungsbeispielen
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Fig. 1 zeigt in schematischer Weise das Funktionsprinzip eines Beispiels für eine erfindungsgemäße Ventileinrichtung 10 mit einem kugelförmigen Stöpsel 11 als Verschlussmittel. Der Stöpsel 11 befindet sich innerhalb der Kavität 12 eines Bauteils 13. In der in Fig. 1A dargestellten Ausgangsposition dichtet der Stöpsel 11 eine Öffnung 14 der Kavität ab (Schließposition). Die Abdichtung wird durch einen Dichtring 15 insbesondere aus einem flexiblen Material unterstützt. Die den Anpressdruck des Stöpsels 11 unterstützende Flüssigkeitssäule 16 innerhalb der Kavität 12 ist schraffiert dargestellt. In Fig. 1B ist die Offenposition dargestellt, in der eine wirkende Zentrifugalkraft oder eine gleichwirkende Kraft einen vorgebbaren Schwellenwert überschreitet. Hierbei bewegt sich das Bauteil 13 sowie auch das darin enthaltene Verschlussmittel 11 entlang des Kraftvektors im Beispiel einer wirkenden Zentrifugalkraft von einem innerhalb eines Zentrifugenrotors radial innen liegenden Punkt zu einem weiter außen liegenden Punkt. Das Bewegungsbegrenzungsmittel 17, das unterhalb des Verschlussmittels 11 angeordnet ist, begrenzt die Bewegung des Verschlussmittels 11. In dieser Ausführungsform ist das Bewegungsbegrenzungsmittel 17 umgekehrt T-förmig ausgestaltet, wobei das Bewegungsbegrenzungsmittel 17 in die Öffnung 14 des Bauteils 13 eingreift und hierdurch die Bewegung des Verschlussmittels 11 begrenzt. Dieser Teil des Bewegungsbegrenzungsmittels 17 ist im Querschnitt kleiner als die Öffnungsweite der Öffnung 14, sodass Flüssigkeit durch die Öffnung 14 entweichen kann. Das Ventil befindet sich damit in einer Offenposition. Der Flüssigkeitsfluss ist durch zwei Pfeile angedeutet. Zwischen dem Bauteil 13 und dem Bewegungsbegrenzungsmittel 17 ist eine Feder 18 angeordnet, die bei nachlassender Zentrifugalkraft oder gleichwirkender Kraft das Bauteil 13 wieder in die Ausgangsposition zurückdrückt, sodass die in Fig. 1A dargestellte Schließposition wieder erreicht wird.
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Fig. 2 illustriert ein weiteres Beispiel für eine erfindungsgemäße Ventileinrichtung 20. In dieser Ausgestaltung ist das Verschlussmittel 21 keilförmig ausgebildet. Die Spitze des keilförmigen ausgestalteten Verschlussmittels 21 ragt durch die Öffnung 24 der Kavität 22 des Bauteils 23 hindurch. Die Abdichtung wird durch einen Dichtring 25 unterstützt. In Fig. 2A ist die Schließposition dargestellt, bei der die auf dem keilförmigen Verschlussmittel 21 ruhende Flüssigkeitssäule 26 zum Anpressdruck beiträgt. Wenn die wirkende Zentrifugalkraft oder eine gleichwirkende Kraft einen bestimmten Schwellenwert überschreitet, bewegen sich das Bauteil 23 und das Verschlussmittel 21 entgegen der Federkraft 28 nach unten. Die resultierende Offenposition ist in Fig. 2B dargestellt, wobei die Bewegung des Verschlussmittels 21 durch das Bewegungsbegrenzungsmittel 27 begrenzt wird, sodass das Verschlussmittel 21 aus der dichtenden Position herausgedrückt wird und Flüssigkeit, hier angedeutet durch zwei Pfeile, austreten kann.
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Fig. 3 illustriert ein weiteres Beispiel für eine erfindungsgemäße Ventileinrichtung 30. Hierbei ist das Verschlussmittel 31 stabförmig ausgestaltet. Der stabförmige Querschnitt des Verschlussmittels 31 verschließt die Öffnung 34 der Kavität 32 des Bauteils 33 (Fig. 3A). Die Abdichtung wird durch einen Dichtring 35 optimiert. Im unteren Bereich des stabförmigen Verschlussmittels 31 befindet sich ein flüssigkeitsdurchlässiger Bereich 39. Bei ausreichender Zentrifugalkraft oder gleichwirkender Kraft wird der stabförmige Stöpsel 31 und das Bauteil 33 nach unten bewegt, wobei die Bewegung des Verschlussmittels 31 durch das Bewegungsbegrenzungsmittel 37 begrenzt wird (Fig. 3B). Hierdurch werden das Verschlussmittel 31 und das Bauteil 33 derart gegeneinander verschoben, dass die Flüssigkeit in der Kavität 32 den durchgängigen Bereich 39 des Verschlussmittels 31 erreichen kann (Offenposition). Beim Entschleunigen werden der stabförmige Stöpsel 31 und das Bauteil 33 durch die wirkende Federkraft 38 wieder in die entgegengesetzte Richtung gedrückt (Fig. 3C). Hierbei wird die Bewegung des Verschlussmittels 31 durch das oberhalb angeordnete weitere Bewegungsbegrenzungsmittel 41 begrenzt, sodass der durchlässige Bereich 39 des Stöpsels 31 unterhalb der Öffnung der Kavität beziehungsweise unterhalb der Dichtung 35 liegt. In dieser Position ist das Ventil wieder verschlossen.
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Bei der Rückbewegung des Bauteils kann es allgemein vorgesehen sein, dass die Feder 38 unmittelbar nur auf das Bauteil 33 wirkt. Es ist jedoch zweckmäßig, dass der Stöpsel 31 beispielsweise durch eine Presspassung, die eine Abdichtung bewirkt, verhältnismäßig fest mit dem Bauteil 33 verbunden ist, sodass der Stöpsel bei der Rückbewegung des Bauteils ebenfalls bewegt wird. In anderen Ausführungsformen ist es auch möglich, dass die Federkraft unmittelbar auf das Bauteil und das Verschlussmittel wirkt.
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Fig. 4 illustriert eine Möglichkeit zur Ausgestaltung des flüssigkeitsdurchlässigen Bereichs 39 des in Fig. 3 dargestellten stabförmigen Verschlussmittels 31. In Fig. 4 ist ein Schnitt durch den flüssigkeitsdurchlässigen Längenabschnitt 39 des Verschlussmittels 31 gezeigt, wobei eine Aussparung 42 im Randbereich vorgesehen ist, durch die in der Offenposition der Ventileinrichtung die Flüssigkeit fließen kann. Der flüssigkeitsdurchlässige Längenabschnitt, der vorzugsweise endständig angeordnet ist, kann beispielsweise etwa ein Drittel oder etwa die Hälfte der Länge des Verschlussmittels einnehmen.
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Eine erfindungsgemäße Ventileinrichtung kann beispielsweise in einem Zentrifugalsystem für die automatisierte Prozessierung von Bead-basierten Assays verwendet werden. Für eine maximale Wechselwirkung der Beads mit den Reagenzien, beispielsweise für eine Adsorption oder für eine Reaktion von Wechselwirkungspartner, ist häufig eine gewisse Austauschdauer notwendig (Inkubationszeit). Die Erfordernisse für eine optimale Prozessführung können mithilfe einer erfindungsgemäßen Ventileinrichtung in besonders vorteilhafter Weise realisiert werden. Insbesondere kann hierdurch gewährleistet werden, dass die Beads mit der sie umgebenden Flüssigkeit mehrfach in Kontakt gebracht und durchmischt werden. Fig. 5 illustriert die Integration einer erfindungsgemäßen Ventileinrichtung in ein System für eine Bead-basierte Anwendung. Hierbei wird eine Ventileinrichtung mit einem stabförmigen Stöpsel 51, der mit der in Fig. 3 illustrierten Ausgestaltung der Ventileinrichtung vergleichbar ist, in einen Revolver 500 für ein Zentrifugalsystem integriert. Mit diesem System kann eine optimale Durchmischung der Beads 501, die in einer Kavität 502 eines Bauteils 503 innerhalb des Revolvers 500 gelagert sind, erreicht werden. Bei den Beads 501 handelt es sich insbesondere um magnetische Beads. Ohne wirkende Zentrifugalkraft oder bei niedriger Zentrifugalkraft (ω < ω2) werden die Beads von einem Magneten 510 angezogen und befinden sich nahe an dem Magneten (Fig. 5A). Bei mittelstarker Zentrifugalkraft (ω > ω3) werden die Beads wieder in die Flüssigphase zentrifugiert (Fig. 5B). Während des Abzentrifugierens durchqueren die Beads 501 die Flüssigphase, wobei ein Austausch ermöglicht wird. Ohne oder bei niedriger Zentrifugation sammeln sich die Beads 501 wieder an dem Magneten 510. Die Kavität 502 mit den Beads 501 weist eine Öffnung mit einem Dichtungsring 55 auf. In der Ausgangsposition (Fig. 5A) ist die Öffnung durch den erfindungsgemäßen Stöpsel 51 verschlossen. Der Ventilstöpsel 51 wird zusammen mit dem Bauteil 503 durch die Federspannung 508 nach oben gedrückt, wobei das Ventil verschlossen ist. Der flüssigkeitsdurchlässige Bereich 59 des Stöpsels 51 befindet sich unterhalb der Dichtung 55. Bei einer mittelstarken Zentrifugation (Fig. 5B) können die Beads 501 nicht mehr von dem Magneten 510 gehalten werden und fallen zurück in die Wanne (Kavität) 502 und durchmischen sich mit der Flüssigkeit. Die Zentrifugalkraft hat hierbei noch nicht die für eine Aktivierung der Ventileinrichtung erforderliche Schwelle erreicht, sodass der stabförmige Stöpsel 51 die abdichtende Position hält. Das Ventil bleibt also verschlossen. In Weiterbildungen kann es vorgesehen sein, dass das Verschlussmittel 51 im oberen Bereich, der sich in der Schließposition oberhalb der Öffnung bzw. der Dichtung befindet, eine Verbreiterung aufweist, um die Dichtposition abzusichern. Zwischen den Positionen, die in Fig. 5A und B gezeigt sind, kann periodisch gewechselt werden, um eine gute Durchmischung der Beads mit der umgebenden Flüssigkeit zu erreichen. Fig. 5C zeigt die Situation bei einer starken Zentrifugation (ω > ω4), also bei einer Zentrifugalkraft oberhalb eines bestimmten Schwellenwertes. Hierbei bewegen sich das Bauteil 503 und der Stöpsel 51 so weit nach unten, dass der Stöpsel 51 mit einem Bewegungsbegrenzungsmittel 57 in Kontakt kommt und in seiner weiteren Bewegung zurückgehalten wird, wodurch das Bauteil 503 und der Stöpsel 51 so zueinander verschoben werden, dass sich der flüssigkeitsdurchlässige Bereich 59 des Stöpsels 51 im Bereich der Öffnung beziehungsweise des Dichtungsringes 55 befindet. Der Stöpsel 51 wird dabei relativ zum Boden des Bauteils 503 angehoben. In dieser Situation ist das Ventil geöffnet und Flüssigkeit kann aus der Kavität des Bauteils 503 entweichen. Anschließend kann durch eine Entschleunigung unter ω < ω2 das Ventil wieder geschlossen werden und die Beads können mit weiteren Flüssigkeiten inkubiert werden. Bei der Entschleunigung (Fig. 5A) wird der Stöpsel 51 gegen einen oberen Bewegungsstopp 61 (Bewegungsbegrenzungsmittel) gedrückt. Dies führt dazu, dass der durchlässige Abschnitt 59 des Stöpsels 51 wieder unterhalb der Dichtung 55 liegt (Schließposition).
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Fig. 6 zeigt ein beispielhaftes Zentrifugationsprotokoll für die Durchführung einer Bead-basierten Inkubation. Hierbei löst eine erste Zentrifugation ω > ω2 eine erste Verdrehung der bereits erwähnten Kugelschreibermechanik des Zentrifugalsystems aus, die durch ein Entschleunigen mit ω < ω1 abgeschlossen wird (1→1'). Bei diesem Schaltprozess kann Flüssigkeit aus einem oberhalb angeordneten Revolver in eine radial weiter innen liegende Kavität eines weiteren Revolvers überführt werden. In Bezug auf die in Fig. 5 dargestellte Ausgestaltung eines Revolvers eines solchen Zentrifugalsystems sticht hierbei ein Dorn 511 auf der Oberseite des Revolvers 500 eine Siegelfolie auf der Unterseite einer Kavität eines darüber liegenden Revolvers an, sodass Flüssigkeit in die Kavität 502 des Revolvers 500 fließen kann. Durch ein weiteres Beschleunigen auf ω > ω2 wird eine weitere Flüssigkeit in die Kavität 502 des Revolvers 500 überführt (2). Die Erhöhung der Zentrifugalbeschleunigung auf ω > ω2 bewirkt darüber hinaus, dass das Bauteil 503 (Mischwanne) sich nach unten bewegt, wie es in Fig. 5B dargestellt ist. Hierbei werden durch die mittelstarken Zentrifugalkräfte die Beads 501 vom Magneten 510 gelöst und durch die Flüssigkeit bewegt. Eine anschließende Entschleunigung auf ω2 > ω > ω1 bewirkt, dass die Wanne 503 durch die Federkraft 508 wieder bis zum Anschlag nach oben bewegt wird. Die Beads 501 sammeln sich wieder am Magneten 510. Dadurch, dass immer noch eine Zentrifugalbeschleunigung von ω > ω1 gehalten wird, wird jedoch der Schaltprozess der Kugelschreibermechanik, also die Verdrehungsmechanik, anders als beim ersten Zentrifugationspuls (1→1'), noch nicht abgeschlossen. Der Beschleunigungswechsel zwischen ω2 > ω > ω1 und ω4 > ω > ω3 wird in der Folge mehrfach wiederholt, um die Mischwirkung zu erhöhen. Nach dem Mischen wird die Ventileinrichtung durch eine Zentrifugation auf ω > ω4 geöffnet (Fig. 5C), wobei der Stöpsel 51 im Verhältnis zu der Dichtung 55 nach oben bewegt wird. Das Ventil öffnet sich und die Flüssigkeit aus der Kavität 502 wird während der Zentrifugation durch das geöffnete Ventil geleitet. Anschließend wird die Zentrifugationsbeschleunigung auf ω < ω2 reduziert. Durch die Wirkung der Feder 508 wird das Bauteil 503 und der Stöpsel 51 zurückbewegt und der Stöpsel 51 schlägt am oberen Bewegungsstopp 61 an und wird somit in die Dichtung 55 gepresst. Anschließend wird auf ω < ω1 entschleunigt, um den zweiten Schaltprozess der Verdrehungsmechanik abzuschließen (2→2').
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Eine Festlegung der kritischen Beschleunigung ω
1, ω
2, ω
3 und ω
4 hängt insbesondere von den verwendeten Federn und den Eigenschaften der jeweiligen Kartuschenmechanik und insgesamt des Federsystems ab. Beispielsweise können die kritischen Beschleunigungen aus den folgenden Bereichen gewählt werden, wobei zu beachten ist, dass ω
1 < ω
2 < ω
3 < ω
4 gelten sollte:
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Fig. 7 illustriert in schematischer Weise ein weiteres Beispiel für eine erfindungsgemäße Ventileinrichtung 70. Die Ventileinrichtung 70 wird im Wesentlichen von einem Bauteil 73, das zwei Kavitäten enthält, und zwei Verschlussmittel 71, die Öffnungen der Kavitäten 72 verschließen, gebildet. Die Verschlussmittel 71 sind auf einer gemeinsamen Feder 78 gelagert. Die Bewegung des Bauteils 73 nach unten wird von einem ersten Bewegungsbegrenzungsmittel 77 begrenzt. Die Bewegung des Bauteils 73 nach oben wird von einem weiteren Bewegungsbegrenzungsmittel 81 begrenzt. In der in Fig. 7A dargestellten Situation wirkt sowohl eine Zentrifugalkraft Fz als auch die Federkraft FF. Die Zentrifugalkraft übersteigt jedoch nicht die Federkraft. Das Ventil ist geschlossen. Während einer stärkeren Beschleunigung (Fig. 7B) bewegen sich das Bauteil 73 und die Verschlussmittel 71 nach radial außen (in dieser Darstellung nach unten), wobei die Zentrifugalkraft dominiert und die Feder 78 komprimiert wird. Wird eine kritische Beschleunigung überschritten, erreicht das Bauteil 73 das Bewegungsbegrenzungsmittel 77 und wird zurückgehalten, sodass sich nur die Verschlussmittel 71 weiter nach radial außen bewegen. Hierbei öffnen sich die Kavitäten 72 des Bauteils 73 und Flüssigkeit kann entweichen. Während des Abbremsens der Zentrifuge drückt die Spannkraft der Feder 78 die Verschlussmittel 71 und auch das Bauteil 73 so lange nach radial innen (in dieser Darstellung nach oben), bis die Kavitäten 72 des Bauteils 73 wieder verschlossen sind (Fig. 7C). Das obere Bewegungsbegrenzungsmittel 81 bewirkt, dass das System diese Ausgangsposition schnell wieder erreicht und die Schließposition arretiert wird.
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Eine Integration dieses Prinzips einer erfindungsgemäßen Ventileinrichtung in eine zentrifugalgesteuerte Kartuschenmechanik ist in Fig. 8 illustriert. Gezeigt ist ein oberer Revolver 810, ein mittlerer Revolver 820 und ein Teil eines unteren, dritten Revolvers 830, die Bestandteile eines kartuschenbasierten zentrifugalen Systems sind. Hierbei werden durch erfindungsgemäße Ventileinrichtungen Flüssigkeitskanäle des mittleren Revolvers 820 verschlossen beziehungsweise geöffnet. So können in zentrifugalgesteuerter Weise Flüssigkeiten miteinander oder Flüssigkeiten mit einer reaktiven Oberfläche für eine definierte Zeit miteinander in Kontakt gebracht werden. Fig. 8A zeigt die relative Position der einzelnen Revolver 810, 820, 830 zueinander, wobei Kavitäten auf der Unterseite des mittleren Revolvers 820 durch erfindungsgemäße Verschlussmittel 801 geschlossen und geöffnet werden können. Die Verschlussmittel 801 sind auf einem gemeinsamen Träger 850 angeordnet. Der Träger 850 ist auf einer Feder 808 gelagert. Fig. 8B zeigt einen Querschnitt durch den mittleren Revolver 820 und den Träger 850 mit den Verschlussmitteln 801. Der Träger 850 mit den Verschlussmitteln 801 bildet dabei einen Teil des unteren Revolvers 830. Die Verschlussmittel 801 verschließen von unten mehrere Kanäle 802 des mittleren Revolvers 820. Die Verschlussmittel 801 bestehen vorteilhafterweise teilweise oder vollständig aus einem weichen und flexiblen Material, das neben seiner Funktion als Dichtung gleichzeitig dem Druck der Flüssigkeiten und der Zentrifugalkraft standhält. Geeignet sind beispielsweise Silikon oder andere Polymere.
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Fig. 9 zeigt den Träger 850 mit insgesamt acht Verschlussmittel 801 in isolierter Darstellung. Der Träger 850 setzt sich dabei im Wesentlichen aus zwei Elementen zusammen. Ein erstes Element 851 trägt die eigentlichen Verschlussmittel 801. Ein zweites Element 852 dient zum Einsetzen des Elements 851 mit den Verschlussmitteln 801 (Fig. 9A). Insgesamt wird hierdurch eine Struktur gebildet, die zur Aufnahme der durch die erfindungsgemäßen Ventileinrichtungen freigesetzten Flüssigkeiten und zur Weiterleitung dieser Flüssigkeiten in nachfolgende Prozessierungsstufen geeignet ist (Fig. 9B). Jedes Verschlussmittel 801 fungiert hierbei als Teil eines separaten Ventils. Insgesamt sind hierbei gewissermaßen acht Ventile kreisförmig angeordnet.
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In bevorzugten Ausgestaltungen können die Verschlussmittel 801 mit reaktiven Oberflächen ausgestattet sein. Es kann beispielsweise vorgesehen sein, dass das Verschlussmittel 801 zumindest teilweise aus einem Polymer gebildet ist, das gleichzeitig die reaktive Oberfläche darstellt. Andererseits sind auch verschiedene Beschichtungen oder Ähnliches der Verschlussmittel 801 möglich. Reaktive Oberflächen können beispielsweise für die Durchführung von Immunoassays eingesetzt werden. Beispielsweise können als reaktive Oberflächen Träger mit immobilisierten Antikörpern eingesetzt werden, die für den Nachweis bestimmter Antigene im Rahmen von Immunoassays verwendet werden. Derartige Immunoassays erfordern wiederholte Inkubationen verschiedener Substanzen miteinander und gegebenenfalls mit einer reaktiven Oberfläche. Mit den erfindungsgemäßen Ventileinrichtungen können solche wiederholten Inkubationen von Flüssigkeiten mit einer reaktiven Oberfläche in besonders vorteilhafter Weise durchgeführt werden. Hierbei können in zentrifugalgesteuerter Weise verschiedene Flüssigkeiten untereinander oder Flüssigkeiten mit der reaktiven Oberfläche für eine definierte Zeit in Kontakt gebracht werden.
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Fig. 10 zeigt ein Beispiel, bei dem die Verschlussmittel 901 selbst aus zwei Komponenten 910, 920 gebildet sind, die auf einem gemeinsamen Träger 950 angeordnet sind. Hierbei umfasst eine erste Komponente 910 ein inertes Dichtungsmaterial. Diese Komponente übernimmt die eigentliche Abdichtungsfunktion. Eine weitere Komponente 920 vervollständigt die Verschlussmittel 901 (Fig. 10A). Fig. 10B zeigt die zusammengesetzte Form der Verschlussmittel 901, bei dem das Dichtungsmaterial der Komponente 910 die Verschlussmittel 901 ringförmig umschließt. Die Komponente 920 besteht beispielsweise aus einem Polymermaterial. Vorzugsweise stellt das Polymermaterial eine reaktive Oberfläche bereit oder die Komponente 920 fungiert als Träger für eine reaktive Oberfläche.