Beschreibung
Verfahren zum Betreiben eines Versorgungsnetzwerks und Ver¬ sorgungsnetzwerk
Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zum Betrei¬ ben eines Versorgungsnetzwerks, wie zum Beispiel eines Ener¬ gieversorgungsnetzwerks mit Generatoren und Verbrauchern. Insbesondere in Energieversorgungsnetzwerken mit dezentralen Energieerzeugern und -Verbrauchern ist eine aufwandsgünstige Einsatzplanung der vorliegenden Kraftwerke gewünscht. Bei entsprechenden Versorgungsnetzwerken müssen viele einzelne Energieerzeuger angesteuert, d.h. hoch- und heruntergefahren, werden und deren Eintrag in das Netzwerk abgeschätzt werden. Ferner muss der Bedarf an Energie für die Verbraucher plausibel abgeschätzt werden. Insgesamt soll eine möglichst effizi¬ ente Ausnutzung insbesondere der Ressource Energie und der im Netzwerk erfolgenden Verteilung der Ressource stattfinden. In der Regel werden entsprechende Kostenfunktionen für die Netzwerkknoten oder Netzeinheiten im Versorgungsnetzwerk erstellt und zu einer Zielfunktion verknüpft. Diese Zielfunktion unterliegt dann einer Optimierung. Üblicherweise ergeben sich hochdimensionale, nichtlineare Op¬ timierungsprobleme für diese Zielfunktion, um eine Einsatz¬ planung der beteiligten Kraftwerke im Energieversorgungsnetzwerk zu bestimmen. In der Vergangenheit wurden dazu nichtli¬ neare Optimierungsverfahren, wie Lagrange-Relaxation, dynami- sehe Programmierung mit Hamilton-Jacobi-Bellmann-Iteration, genetischer Algorithmen, oder gemischte lineare Integer- Programmierung (MILP = Mixed-Integer Linear Programming) eingesetzt. Bekannte Verfahren zum Betreiben entsprechender Energieversorgungsnetzwerke sowie der Bestimmung von Einsatzplanungen erfordern eine hohe Rechenleistung und skalieren meist superlinear mit der Anzahl der Netzwerkknoten, also der beteilig-
ten Kraftwerke oder Verbrauchern. Meist kann auch eine globale Minimierung der Zielfunktion mit Hilfe konventioneller Optimierungsverfahren nicht gewährleistet werden. Demnach ist eine Aufgabe der vorliegenden Erfindung, ein verbessertes Versorgungsnetzwerk und/oder ein verbessertes Verfahren zum Betreiben eines Versorgungsnetzwerks zu schaffen.
Demgemäß wird ein Verfahren zum Betreiben eines Versorgungs- netzwerks für eine Ressource mit mehreren Netzeinheiten, wel¬ che die Ressource erzeugen oder verbrauchen, vorgeschlagen. Die Netzeinheiten sind zum Austausch der Ressource miteinander gekoppelt. Das Verfahren umfasst:
Erfassen von einem Ressourceneintrag oder einem Ressour- cenverbrauch jeder Netzeinheit und von einem Ressourcenfluss- parameter für jede Netzeinheit;
Zuordnen einer Kostenfunktion zu jeder Netzeinheit, wobei die Kostenfunktion von dem Ressourceneintrag oder Res¬ sourcenverbrauch der Netzeinheit abhängt und der Ressourcen- eintrag oder Ressourcenverbrauch von den Ressourcenflusspara- metern der Netzeinheit und den mit der Netzeinheit direkt ge¬ koppelten weiteren Netzeinheiten abhängt;
Bestimmen einer Gesamtkostenfunktion des Versorgungsnetzwerks als Summe aller Kostenfunktionen der Netzeinheiten des Versorgungsnetzwerks; und
Marginalisieren der Gesamtkostenfunktion über die Ressourcenflussparameter, wobei die Kostenfunktionen auf Lokalpotenziale eines ungerichteten graphischen Modells abgebildet werden .
Insbesondere umfasst das Marginalisieren ein Minimieren der Gesamtkostenfunktion über die Ressourcenflussparameter, wobei die Kostenfunktionen als Logarithmen von Lokalpotenzialen eines ungerichteten graphischen Modells betrachtet werden. Des Weiteren kann Marginalisieren auch das Bilden einer Randwertverteilung für die als Wahrscheinlichkeitsverteilung interpretierten Kostenfunktionen bedeuten.
Ferner wird ein Versorgungsnetzwerk für eine Ressource, welche mehrere Netzeinheiten umfasst, vorgeschlagen. Die Netzeinheiten erzeugen oder verbrauchen die Ressource und sind zum Austausch der Ressource miteinander gekoppelt. Das Ver- sorgungsnetzwerk ist eingerichtet, zum Ansteuern und Bereitstellen einer Einsatzplanung der Netzeinrichtungen ein entsprechendes Verfahren durchzuführen.
Das Verfahren bzw. das Versorgungsnetzwerk ermöglicht im Rah- men einer nichtlinearen Optimierung insbesondere ein Versorgungsnetzwerk effizient mit steuerbaren Netzeinheiten zu betreiben. Die sich ergebende Zielfunktion oder Gesamtkostenfunktion des Versorgungsnetzwerkes kann dabei beispielsweise als eine Summe von lokalen Termen, die Eigenschaften der ein- zelnen Netzeinheiten beschreiben, ausgedrückt werden. Die Kostenfunktionen koppeln insbesondere durch eine nächste Nachbarkopplung, welche durch den jeweiligen Ressourcenfluss- parameter beschrieben ist, miteinander. Dies ermöglicht die Anwendung von Verfahren für ungerichtete graphische Modelle zum Einsatz beispielsweise bei der Einsatzplanung von Kraftwerken in Versorgungsnetzwerken. Es wird somit vorgeschlagen, üblicherweise im Rahmen von nichtlinearen Optimierungsverfahren betrachtete Kosten und Zielfunktionen auf statistische Inferenzverfahren im Rahmen von graphischen Modellen abzubil- den und damit zu lösen. Dadurch wird der Rechenaufwand erheb¬ lich minimiert, so dass ein aufwandsgünstiger Betrieb von Versorgungsnetzwerken erfolgen kann.
Alternativ oder zusätzlich lässt sich aufwandsgünstig eine Zustandsschätzung für das Versorgungsnetzwerk durch
Marginalisieren erstellen. Beispielsweise können lokal gemessene Ressourcenströme verwendet werden, um im Rahmen eines Marginalisierungsverfahrens für ungerichtete graphische Mo¬ delle den Zustand des Versorgungsnetzes zu bestimmen. Bei der Marginalisierung wird jeweils die Randwertverteilung für jeden unbekannten Ressourcenflussparameter bestimmt, durch Mittelung oder „herausintegrieren" der jeweils verbleibenden
freien Größen des Wahrscheinlichkeitsmodells, welches durch die Gesamtkostenfunktion definiert ist.
Die Ressource kann beispielsweise Energie sein, wie elektri- sehe Energie, aber auch andere als Commodities bezeichnete Ressourcen. Es kann sich beispielsweise um einen Energieträ¬ ger wie Gas oder Öl handeln. Denkbar ist auch, dass die Ressource Rechenzeit oder Rechenleistung in Rechnernetzwerken ist. Auch Zwischenprodukte in einem Produktionsnetzwerk kön- nen als Ressource aufgefasst werden.
Als Versorgungsnetzwerk kann dabei insbesondere verstanden werden: ein Stromversorgungsnetzwerk, Gasversorgungsnetzwerk, aber auch Gebäudemanagementsysteme oder Netzwerke der Automa- tisierungstechnik . In Ausführungsformen können auch Gase, wie Edelgase oder Druckluft, in entsprechenden Verteilungsnetzwerken betrachtet werden. Wünschenswert ist jeweils das Auf¬ finden eines globalen Minimums der Gesamtkostenfunktion. Die Netzeinheiten sind dabei beispielsweise Stromerzeuger oder -Verbraucher, wie beispielsweise verschiedene Kraftwer¬ ke, die abhängig von ihren Energie- oder Stromerzeugungsverfahren verschiedene Kostenfunktionen haben. Es ist dabei möglich, den Fluss der Ressource, wie beispielsweise des Stroms, durch Ressourcenflussparameter zu beschreiben. Beispielsweise kann in einem Stromnetz in der üblichen Gleichstromapproximation der Flussgleichung die Stromphase einer jeweiligen Netzeinheit als Ressourcenflussparameter verwendet werden. Aufgrund von Kontinuitätserwägungen ergeben sich aus der Kennt- nis der Ressourcenflussparameter beispielsweise die Ströme an einer jeweiligen Netzeinheit oder der jeweilige Eintrag oder Verbrauch des Stroms bzw. der Ressource an einem Knoten. Als Netzeinheit wird im Folgenden auch der Begriff, Netzwerkeinrichtung, Netzknoten, Netzwerkknoten oder eine Einheit ver- wendet.
In Ausführungsformen des Verfahrens oder des Versorgungsnetzwerkes umfasst das Minimieren der Gesamtkostenfunktion ferner :
Durchführen eines Optimierungsverfahrens für ein
ungerichtetes graphisches Modell, bei dem eine Wahrschein¬ lichkeitsfunktion als Produkt der lokalen Potenziale maxi- miert wird. Dabei wird das Optimierungsverfahren insbesondere aus einer der Gruppen von Optimierungsverfahren gewählt, welche umfasst: Belief Propagation, Loopy Belief Propagation und Junction-Tree-Algorithmus .
Aufgrund der Lokalität der Kostenfunktionen, nämlich insbesondere durch Beschreiben mit Hilfe der Ressourcenflusspara- meter, können an sich bekannte Algorithmen für graphische Modelle eingesetzt werden, um bei dem Versorgungsnetzwerk die Gesamtkostenfunktion zu minimieren. Die Netzwerktopologie wird dabei vorzugsweise derart beschrieben, dass keine
Schleifen von mehreren Netzeinheiten vorliegen, sondern das Netzwerk eine Baumstruktur hat. Dazu können an sich real vorliegende Kopplungen oder Verbindungen zum Austausch von Ressourcen angenähert oder abgeschätzt werden. Es ist möglich, eine beliebige reale Netzwerktopologie, welche auch Schleifen enthält, durch in eine Baumstruktur zu approximieren. Eine Anwendung von Marginalierungs- oder Optimierungverfahren aus dem Bereich der grafischen Modelle kann prinzipiell jedoch auch direkt auf Netzwerke erfolgen, die keine Baumstruktur haben .
Vorzugsweise wird das Versorgungsnetzwerk derart aufgebaut oder modelliert, dass eine jeweilige Netzwerkeinheit vorzugs¬ weise mit weniger als mit einer vorgegebenen maximalen Anzahl von benachbarten Netzeinheiten gekoppelt ist. In Ausführungsbeispielen hat jede Netzeinheit maximal drei benachbarte Netzeinheiten, mit der sie gekoppelt ist.
In Ausführungsformen des Verfahrens werden die Schritte Zu¬ ordnen und Minimieren zum Erstellen einer Netzeinheits- Einsatzplanung über einen vorgegebenen Zeitraum für mehrere
Zeitpunkte in dem Zeitraum durchgeführt. Beispielsweise wer¬ den die Ressourcenverbräuche für zumindest eine Auswahl von Netzeinheiten in dem Versorgungsnetzwerk über den vorgegebenen Zeitraum festgelegt oder abgeschätzt. Es können Prognosen für den Verbrauch von Ressourcen, wie beispielsweise Strom, erstellt werden und entsprechende Kostenfunktionen zeitabhängig erzeugt werden. Insgesamt kann das Optimierungsverfahren schrittweise, also über mehrere Zeitpunkte, in den zu prog¬ nostizierenden oder zu steuernden Zeitraum durchgeführt wer- den. Als Ergebnis des Verfahrens werden dann Werte für die Strom- bzw. Ressourcenerzeugung der Kraftwerke im Versorgungsnetzwerk geliefert.
Vorzugsweise wird die Kostenfunktion (c±) einer jeweiligen Netzeinheit unter Berücksichtigung der direkt an die Netzeinheit gekoppelten weiteren Netzeinheiten über die Ressourcen- flussparameter sukzessive minimiert. Beispielsweise werden bei dem Verfahren die Kostenfunktionen der Netzeinheiten sowie lokal berechenbare Kostenkoppelungsterme jeweils einzeln über die Ressourcenflussparameter, welche der jeweiligen Netzeinheit und den benachbarten Netzeinheiten zugewiesen sind, minimiert. Insbesondere durch die Lokalität, also nächste Nachbarwechselwirkung der Netzeinheiten untereinander, können die Kostenkoppelungsterme lokal berechnet und die Kostenfunktionen anschließend lokal minimiert werden.
Die Kostenfunktionen umfassen insbesondere nichtlineare An¬ teile in den Ressourcenflussparametern . Beispielsweise ergeben sich nur stückweise stetige Kostenfunktionen, die nicht- lineare Anteile aufweisen, weil beispielsweise Kraftwerke nur sinnvoll zwischen einem Leistungsminimum und Leistungsmaximum betrieben werden können. Außerdem kann der Wirkungsgrad eines entsprechenden Kraftwerks als Netzeinheit stark von der Last abhängen .
In Ausführungsformen des Verfahrens werden die Netzeinheiten in Abhängigkeit von den Ressourcenflussparametern gesteuert. Durch die Bestimmung von Sätzen von Ressourcenflussparame-
tern, welche eine möglichst minimale Gesamtkostenfunktion erzielen, lässt sich beispielsweise bei elektrischen Versorgungsnetzwerken eine Energieerzeugung oder ein Verbrauch der einzelnen Netzeinrichtungen bestimmen.
Bei Ausführungsformen des Verfahrens sind die Kostenfunktio¬ nen lokale Kostenfunktionen, welche ausschließlich von dem Ressourceneintrag oder Ressourcenverbrauch der Netzeinheit und/oder den Ressourcenflussparametern der Netzeinheit sowie den mit der Netzeinheit direkt gekoppelten weiteren Netzeinheiten abhängt.
Insbesondere durch die Beschreibung mit Hilfe nur lokaler Kostenfunktionen lässt sich effizient ein Optimierungsverfah- ren als statistisches Modell zum Bestimmen einer maximalen Wahrscheinlichkeit für graphische Modelle anwenden.
In Ausführungsformen ist die Ressource insbesondere elektri¬ sche Energie und der Ressourceneintrag oder Ressourcenver- brauch eine elektrische Leistung einer Netzeinheit.
Der Austausch einer Ressource erfolgt beispielsweise über elektrischen Strom, wobei der Ressourcenflussparameter ein Phasenwinkel eines Stroms in oder aus der jeweiligen Netzein- heit aus oder in das Versorgungsnetzwerk ist.
Weiterhin wird ein Computerprogrammprodukt vorgeschlagen, welches auf einer programmgesteuerten Einrichtung die Durchführung eines entsprechenden Verfahrens veranlasst.
Ein Computerprogramm-Produkt wie ein Computerprogramm-Mittel kann beispielsweise als Speichermedium, wie Speicherkarte, USB-Stick, CD-ROM, DVD oder auch in Form einer
herunterladbaren Datei von einem Server in einem Netzwerk be- reitgestellt oder geliefert werden. Dies kann zum Beispiel in einem drahtlosen Kommunikationsnetzwerk durch die Übertragung einer entsprechenden Datei mit dem Computerprogramm-Produkt oder dem Computerprogramm-Mittel erfolgen. Als programmge-
steuerte Einrichtung kommt insbesondere eine Steuereinrich¬ tung, wie zum Beispiel ein Leitrechner zur Einsatzplanung von Netzeinheiten in einem Versorgungsnetzwerk in Frage. Weiterhin wird ein Datenträger mit einem gespeicherten Computerprogramm mit Befehlen vorgeschlagen, welche die Durchführung eines entsprechenden Verfahrens auf einer programmge¬ steuerten Einrichtung veranlasst. Weitere mögliche Implementierungen der Erfindung umfassen auch nicht explizit genannte Kombinationen von zuvor oder im Folgenden bezüglich der Ausführungsbeispiele beschriebenen Verfahrensschritte, Merkmale oder Ausführungsformen des Ver¬ fahrens oder des Versorgungsnetzwerks. Dabei wird der Fach- mann auch Einzelaspekte als Verbesserungen oder Ergänzungen zu der jeweiligen Grundform der Erfindung hinzufügen oder abändern .
Die oben beschriebenen Eigenschaften, Merkmale und Vorteile dieser Erfindung sowie die Art und Weise, wie diese erreicht werden, werden klarer und deutlicher verständlich im Zusammenhang mit der folgenden Beschreibung der Ausführungsbeispiele, die im Zusammenhang mit den Zeichnungen näher erläutert werden.
Dabei zeigen:
Fig. 1 eine schematische Darstellung eines Ausführungsbei¬ spiels für ein Versorgungsnetzwerk mit Netzeinheiten;
Fig. 2 eine Darstellung einer möglichen Kostenfunktion für einen Generator als Netzeinheit;
Fig. 3 eine Darstellung einer möglichen Kostenfunktion für einen Verbraucher als Netzeinheit;
Fig. 4 eine schematische Darstellung eines weiteren Ausführungsbeispiels für ein Versorgungsnetzwerk mit Netzeinheiten . Die Fig. 1 zeigt eine schematische Darstellung eines Ausfüh¬ rungsbeispiels für ein Versorgungsnetzwerk mit Netzeinheiten. Das Versorgungsnetzwerk 100 hat dabei Netzeinheiten 1 - 11, die beispielsweise Energiequellen und Energiesenken entspre¬ chen. D.h., bei einem elektrischen Versorgungsnetzwerk liegen insbesondere Stromverbraucher vor, aber auch Stromerzeuger, wie beispielsweise Kraftwerke. Die als Netzeinheiten oder auch Knoten 1 - 11 bezeichneten Teilnehmer des Versorgungsnetzwerkes 100 sind beispielsweise über Leitungen, die in der Fig. 1 mit Kanten dargestellt sind, miteinander gekoppelt. Beispielsweise kann die Netzeinheit 1 ein Verbraucher sein, wie beispielsweise eine Fabrik, die über den Netzwerkknoten 3 an die übrigen im Netzwerk 100 vorliegenden Netzwerkknoten 2- 11 gekoppelt sind. Die Kanten stellen dabei dar, dass die zu verteilende Ressource, wie beispielsweise Strom, fließen kann.
Insbesondere bei modernen Versorgungsnetzwerken für Energie liegen viele verteilte Kraftwerke, beispielsweise für Wind¬ energie, Wasserkraft, Gas, Kohle, Atomkraft oder Solarenergie vernetzt vor. Um möglichst kosteneffizient die erzeugte Ener¬ gie und durch Verbraucher abgefragte Energie im Versorgungs¬ netzwerk 100 bereitzustellen, wird eine Einsatzplanung der vorliegenden Kraftwerke benötigt. Dies erfolgt üblicherweise durch eine Zuweisung von Kostenfunktionen auf die im Versor- gungsnetzwerk 100 vorliegenden Netzeinheiten 1 - 11.
In den folgenden Erläuterungen wird beispielhaft davon ausgegangen, dass das Versorgungsnetzwerk ein Energieversorgungsnetzwerk für elektrischen Strom ist. Insofern ist die Res- source elektrische Energie, welche über elektrischen Strom im Netzwerk über Leitungen, mit denen die Teilnehmer, also
Stromerzeuger und -Verbraucher, miteinander gekoppelt sind.
In der Fig. 2 ist beispielsweise eine mögliche Form einer Kostenfunktion c± für eine Energie erzeugende Einrichtung dargestellt. Auf der X-Achse ist eine Stromerzeugung yi in beliebigen Einheiten aufgetragen, und auf der Y-Achse in be- liebigen Einheiten eine entsprechende Kostenfunktion c± (y±) . Bei einem Kraftwerk ist die Kostenfunktion beispielsweise zwischen einem minimalen mit einer minimalen Stromerzeugung Prain und einer maximalen Stromerzeugung Pmax nicht konstant. Vielmehr ergibt sich aufgrund des Wirkungsgrads und Arbeits- punktes eines entsprechenden Stromerzeugungskraftwerks eine nichtlineare Form der Kostenfunktion c± (y±) . Um eine Einsatz¬ planung zu bestimmen, wird jedem Stromerzeuger im Netzwerk 100 eine entsprechende Kostenfunktion zugewiesen. Die Fig. 3 zeigt eine Kostenfunktion für einen Verbraucher im Versorgungsnetzwerk. Der entsprechende Stromverbrauch yi ist dabei mit einer Kostenfunktion c± (yi> verbunden, welche auf der Y-Achse aufgetragen ist. Ein Verbraucher benötigt beispielsweise zu einem vorgegebenen Zeitpunkt eine elektrische Leistung -D. Daher hat die Kostenfunktion für den entsprechenden Verbraucher im Minimum bei yi = -D. D wird auch als Demand bezeichnet.
Insbesondere bei einem Stromversorgungsnetzwerk lässt sich aufgrund von Kontinuitätsgleichungen an jedem Netzwerkknoten, also jedem Erzeuger oder Verbraucher im Netzwerk unter Verwendung einer bekannten Gleichstromapproximation der Lastflussgleichungen, der Energieeintrag oder der Energieverbrauch aus der am Knoten vorliegenden Stromphase bestimmen. Aus der Summe der Kostenfunktionen für alle Netzwerkknoten bzw. Stromverbraucher oder Stromerzeuger ergibt sich eine Zielfunktion oder Gesamtkostenfunktion für das Netzwerk zu einem vorgegebenen Zeitpunkt. Es ist nun gewünscht, diese Zielfunktion zu minimieren, um die günstigsten Betriebspara- meter, also Stromverbraucher und Stromerzeuger, beispielsweise im Rahmen von Phasenwinkeln zu bestimmen. Dadurch ergibt sich eine besonders günstige Auslastung der Netzwerkinfra-
struktur und ein niedrigster Aufwand für alle Netzwerkteilnehmer .
Im Folgenden wird anhand eines vereinfachten schematischen Netzwerks, wie es in der Fig. 4 dargestellt ist, die Einsatzplanung oder Optimierung des Betriebs eines entsprechenden Versorgungsnetzwerks erläutert. Die Fig. 4 zeigt dabei ein Versorgungsnetzwerk 101, welches beispielsweise elektrische Energie verteilt. Dabei sind sechs Knoten 1 - 6 vorgesehen, die jeweils über Kanten, also Stromleitungen, miteinander gekoppelt sind. Der Knoten 1 ist mit dem Knoten 2 gekoppelt. Der Knoten 2 ist mit dem Knoten 1, dem Knoten 5 und dem Knoten 3 gekoppelt. Der Knoten 3 ist mit dem Knoten 2 und dem Knoten 4 gekoppelt, der Knoten 4 ist nur mit dem Knoten 3 ge- koppelt. Der Knoten 5 ist mit dem Knoten 2 und dem Knoten 6 gekoppelt, und der Knoten 6 ist nur mit dem Knoten 5 gekoppelt. Die Knoten können dabei je nach ihrer Kostenfunktion Strom einspeisende Netzeinheiten sein oder Strom verbrauchende Netzeinheiten sein.
Jedem Knoten wird eine Kostenfunktion c± zugewiesen, wobei der Index i = 1,...6 den jeweiligen Knoten bzw. die Netzeinheit i bezeichnet. Die gewünschte Optimierung besteht nun darin, ein globales Minimum des folgenden Ausdrucks zu finden:
min Sc yJ mit yi = Β δ..
y, δ
(Gl. 1) Dabei steht c± für die jeweilige Kostenfunktion des i-ten
Knotens, y± für den Energieverbrauch oder Energieeintrag des i-ten Knotens, δ± für einen Stromphasenwinkel am i-ten Knoten, und die Matrix Bij beschreibt die Kopplung der Nachbarknoten untereinander. Der Phasenwinkel δ± entspricht einem Ressourcenflussparameter, welcher im Falle eines Stromversorgungsnetzes den Zu- und/oder Abfluss von elektrischem Strom im Stromversorgungsnetzwerk bestimmt. Die Kanten oder Kopp-
lungen zwischen den Knoten können als Stromleitungen verstanden werden.
Grundsätzlich ergibt sich ein nichtlineares und hochdimensio- nales Optimierungsproblem über die Phasenwinkel δ±. Aufgrund von Kontinuitätsgleichungen ergeben sich jedoch nur nächste Nachbarwechselwirkungen, also Kopplungen zwischen lokal benachbarten Knoten, und eine Beschreibung der Kopplung erfolgt durch die jeweiligen Phasenwinkel als Ressourcenflussparame- ter von benachbarten Knoten. Die Kostenfunktion für den Knoten i=2 hängt dabei beispielsweise lediglich von den Phasenwinkeln δι, Ö2, Ö3, Ö5 ab. Man kann insofern für das in der Fig. 4 dargestellte Netzwerk folgendes Minimierungsproblem formulieren :
mintc^, δ2) + c^, δ2, δ3, δ5) + c3(ö2, δ3, δ4) + δι ...δ6
+ c4(ö3, δ4) + c5(ö2, δ5, δ6) + c6(ö5, δ6) ]
(Gl.2) Aufgrund der Lokalität der Wechselwirkung der Knoten untereinander lässt sich die Gleichung 2 vereinfachen. Unter
Ausnutzung von min f(a, b) = min[min f(a, b) ]
a, b a b kann die Gleichung 2 wie folgt geschrieben werden: min ο1(δ1, δ2) + min ο1(δ1, δ2, δ3, δ5) + min[c3(ö2, δ3, δ4) + c4(ö3, δ4) ] + δ1,δ2 δ3,δ5 δ4
+ min[c5(ö2, δ5, δ6) + c6(ö5, δ6) ]
δ6
= min c1(ö1, δ2) + min c2(ö1, δ2, δ3, δ5) + min[c3(ö2, δ3, δ4) + m34(ö3, δ4) ] δ1,δ2 δ3,δ5 δ4
+ min[c5(ö2, δ5, δ6) + m65(ö6, δ5) ]
δ6
= min c1(ö1, δ2) + min c2(ö1, δ2, δ3, δ5) + m32(ö3, δ2) + m52(ö5, δ2) ]
δ1,δ2 δ3,δ4
= min c1(ö1, δ2) + m21(ö2, δχ)
δι,δ2
(Gl. 3)
Dabei werden die lokalen Kostenkoppelungsterme ±j wie folgt bestimmt :
(Gl. 4)
Die optimalen Ressourcenflussparameter ergeben sich dann allgemein durch: δ* = arg min5i min ci(5i, δ., δζ) + Σπιζι(δι,δζ
Es ergeben sich hierbei ausschließlich niederdimensionale Minimierungsprobleme . Beispielsweise kann eine Auszählung der möglichen Kombinationen an einem jeweiligen Knoten erfolgen, um die günstigsten δι,.,.δζ zu bestimmen. Die Optimierung eines entsprechenden, aufgrund von lokalen Kostenfunktionen aufgebauten Versorgungsnetzwerkes und die notwendige Rechen¬ leistung steigen lediglich linear mit der Anzahl der im Netz- werk vorliegenden Knoten an. Jede Kante in dem Netzwerk wird höchstens zweimal berücksichtigt, beispielsweise wird die Kante oder Kopplung zwischen den Knoten 3 und 4 nur zur Berechnung von m34 und m43 berücksichtigt. Vorzugsweise ist die Net zwerktopologie in der Art eines Baums aufgebaut, d.h. es liegen keine geschlossenen Schleifen vor. Prinzipiell lässt sich dann eine exakte Optimierungslösung für ein entsprechendes Versorgungsnetzwerk finden.
Die Anmelderin hat nun herausgefunden, dass die Zielfunktion oder Gesamtkostenfunktion für ein entsprechendes Versorgungsnetzwerk, wie es in der Gleichung 2 angegeben ist, auf ein graphisches Modell abgebildet werden kann. Für ungerichtete graphische Modelle sind stochastische Verfahren zum Bestimmen einer maximalen Wahrscheinlichkeit als Optimierungsaufgabe bekannt. Der dargestellte Algorithmus entspricht dem bekann¬ ten statistischen Verfahren „Belief Propagation" .
Zur Erläuterung des Verfahrens zum Bestimmen der günstigsten Phasenwinkel für die einzelnen Knoten wird zunächst eine Wahrscheinlichkeitsfunktion für ein nicht gerichtetes graphisches Modell angegeben, welche in lokale Potenziale
faktorisiert werden kann: p(xx, x2, x3, x4, x5, x6) — Ψ1 (χ1 , x2, χ3 )Ψ2 (χ1 , x2, x3, χ5 )Ψ3 (χ2 , x3, x4) x Ψ4 (χ3 , χ4 )Ψ5 (χ2 , x5, χ6 )Ψ6 (χ5 , χ6)
(Gl. 6) Dabei ist p eine Wahrscheinlichkeitsfunktion, Ψι sind die Lokalpotenziale, und xi Zufallsvariablen. Man spricht auch von einer Wahrscheinlichkeitsverteilung eines Markoff- Zufallsfelds (MRF = Markoff Random Field) . Aufgrund der Loka¬ lität der Potenziale lässt sich die Wahrscheinlichkeit p ent- sprechend als Produkt darstellen. Bei Aufgaben der Stochastik und der Verwendung von graphischen Modellen wird nach der jeweiligen höchsten Wahrscheinlichkeit gesucht. Insofern ergibt sich eine Optimierungsaufgabe wie folgt: max p(xx, ... xN)
x2 , ...xN
(Gl. 7)
Das Auffinden des Maximums von p ist äquivalent mit der Opti¬ mierung des folgenden Ausdrucks: min - log p(xx, ... xN) = min Σ- log Ψ^χχ , ... xN) x-]_,...xN x-]_,...xN
(Gl. 8)
Auf dieses Problem können Graphenalgorithmen zur Optimierung angewendet werden. Insbesondere bekannt sind Belief-
Propagation-Algorithmen . Durch Vergleich der Ausdrücke aus Gleichung 8 mit der Zielfunktion, wie sie in der Gleichung 2 für das Versorgungsnetzwerk 101 angegeben ist, lässt sich diese Gesamtkostenfunktion auf einen Logarithmus eines ent- sprechenden lokalen Potenzials für ein graphisches Modell ab¬ bilden. Man kann insofern schreiben:
-log Ψ.(Χι, ...) = c.&lf...)
(Gl. 9)
Es erfolgt insbesondere eine Abbildung der lokalen Potenzial¬ funktionen auf die c-j-te Potenz von e:
Ψ. -^eC], sowie eine Abbildung der Zufallsvariablen xi auf die Phasen
Insofern kann durch Lösung einer Optimierungsaufgabe für ungerichtete graphische Modelle eine einfache Lösung für die Minimierung der Zielfunktion, also der Gesamtkostenfunktion, für ein Versorgungsnetzwerk bestimmt werden. Sind eine Aus- wähl der δ±, beispielsweise von Verbrauchern, für eine Abfol¬ ge von Zeitpunkten eines Betriebszeitraums für das Versor¬ gungsnetzwerk bekannt, können die Kraftwerke bzw. Knoten entsprechend aktiviert oder deaktiviert werden, so dass insge¬ samt ein optimaler Betrieb des Versorgungsnetzwerkes ge- schieht.
Für Optimierungsaufgaben für ungerichtete Graphenmodelle sind effiziente Algorithmen und Verfahren bekannt. Beispielsweise lässt sich auf die Optimierungsaufgabe für das Versorgungs- netzwerk der Fig. 4 ein Algorithmus Tree der OWM MATLAB Toolbox für das Simulationsprogramms MATLAB verwenden. Dabei wird ein Verfahren der Belief Propagation eingesetzt. Insbesondere die Überführung in eine Baumstruktur des Versorgungsnetzwerkes ermöglicht die Verwendung von bekannten Algorithmen zur Optimierung, wie Belief Propagation. Lediglich beispielhaft seien die folgenden Algorithmen der OWM MATLAB Toolbox, welche unter http://www.di.ens.fr/~mschmidt/Software/UGM.html abgerufen werden kann, genannt, die zum Einsatz kommen kön-
nen: Junction (eine exakte Decodierung von Graphen mit Baumstruktur) LBP (eine näherungsweise Decodierung auf der Basis von Maximum-Product-Loopy Belief Propagation) , TRBP (eine ge¬ näherte Decodierung von Max-Product tree re-weighted Belief Propagation) , Linprog (eine näherungsweise Decodierung unter Verwendung von linear programmierter Relaxation) . Es können weitere effiziente Algorithmen zur Behandlung von
ungerichteten grafischen Modellen verwendet werden. Mögliche Kostenfunktionen c± für die Netzeinheiten 1 - 6 des in Figur 4 gezeigten Netzwerks 101 lauten beispielsweise:
Unter Verwendung von yi = Sßij5j wird für die Erzeugerknoten j
i= 2,...5 folgende Kostenstruktur angenommen: ci(yi) = cioJy~ für yi=0 oder yL e [2,4] wobei Ci0 = const und ci(yi) = sonst,
Bij = 1, und c2o = 4, c30 = 4, c40 = 3, c50 = 2. Für die Ver¬ brauchsknoten i = 1, 6 sei Ci (yi) = 0 falls yi = -2 und ci(yi) = ocsonst.
Die Anwendung eines Belief-Propagation-Algorithmus auf das Versorgungsnetzwerk 101 unter Verwendung der obigen Kostenfunktionen Ci liefert beispielsweise bei einer Skala von -4 bis +4 für den Verbrauch y^ bzw. eine Energieerzeugung und vorgegebene Verbrauchern y1 = -2, und Υζ = -2, also jeweils ein Energieverbrauch für die Knoten 1 und 6, das Ergebnis, dass die Stromerzeugung x2, X3 und x4 gleich null sind und x5 = 4. Insofern erhält man das Ergebnis, dass bei einer ent¬ sprechenden Verbrauchskonstellation ein Stromerzeuger als Netzeinheit 5 mit der Leistung x5 = 4 am günstigsten ist. Die Optimierung liefert ferner x2 = X3 = x4 = 0.
Insgesamt ergibt sich durch die Abbildung der Zielfunktion bzw. Gesamtkostenfunktion eines Versorgungsnetzwerkes mit nächster Nachbarkopplung auf ein ungerichtetes graphisches Modell eine vereinfachte Optimierungsaufgabe. Es ist insbe- sondere möglich, ein globales Minimum für die Kostenfunktion zu bestimmen. Bei dem vorgeschlagenen Optimierungsverfahren steigt die Komplexität lediglich linear mit der Anzahl der im Netzwerk eingesetzten Knoten an. Konventionelle Optimierungsverfahren werden dabei meist exponentiell komplex. Sofern keine Schleifen im Netzwerk vorgesehen sind, sondern eine
Baumstruktur vorliegt, ergibt sich eine globale optimale Lö¬ sung .
Alternativ oder zusätzlich lässt sich aufwandsgünstig anstel- le einer Minimierung der Kostenfunktion durch Optimierung eine Zustandsschät zung vollziehen. Beispielsweise können lokal gemessene Ressourcenströme verwendet werden, um im Rahmen ei¬ nes Marginalisierungsverfahrens für ungerichtete graphische Modelle den Zustand des Versorgungsnetzes zu bestimmen. Bei der Marginalisierung wird jeweils die Randwertverteilung für jeden unbekannten Ressourcenflussparameter bestimmt, durch Mittelung / „herausintegrieren" der jeweils verbleibenden freien Größen des Wahrscheinlichkeitsmodells, welches durch die Kostenfunktion definiert ist.
Die beispielhaft beschriebenen Aspekte und Verfahrenschritte zum Optimieren bzw. Minimieren sind dabei Spezialfälle einer Marginalisierung. Unter Ausnutzung der Lokalitätseigenschaften ergibt sich hier ein ähnlicher Algorithmus gemäß:
mlj(51,5j)= (exp (Cl( δ ,, 5jf δζ )) Π ^ι^, δ . )
(Gl. 11) Und
Ρ(δ, ) cc jexp ( ^ (δ, , öj , δζ Π mzi(öiröz
z E ,
Eine Anwendung der Zustandschätzung ist beispielsweise beim Vorliegen von Kraftwerken, die keine Echtzeitdaten für ihre Stromeinspeisung liefern, in Stromversorgungsnetzen. Beispielsweise liefern Solarkraftwerke in Abhängigkeit von der Strahlungsstärke unterschiedliche Leistungen, was zu variie¬ renden Spannungen im Netz führt. Eine Zustandsschätzung kann beispielsweise in Abhängigkeit von gemessenen Strömen an be¬ kannten Netzknoten die Wahrscheinlichkeit für kritische Span- nungszustände im Versorgungsnetz liefern.
Obwohl die Erfindung im Detail durch das bevorzugte Ausführungsbeispiel näher illustriert und beschrieben wurde, so ist die Erfindung nicht durch die offenbarten Beispiele einge¬ schränkt und andere Variationen können vom Fachmann hieraus abgeleitet werden, ohne den Schutzumfang der Erfindung zu verlassen .