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Die Erfindung betrifft die Steuerung einer Anzahl von energieeinspeisenden und/oder energieverbrauchenden Einheiten, insbesondere die Steuerung eines Pools von energieeinspeisenden Einheiten, die ein virtuelles Kraftwerk bilden, um deren Betrieb nach ökonomischen und/oder ökologischen Kriterien zu optimieren.
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Im Zuge der deutschen Energiewende nimmt der Anteil dezentraler, volatil einspeisender Anlagen, wie z.B. Windkraftanlagen oder Photovoltaikanlagen, an der Gesamtstromerzeugung immer stärker zu, während gleichzeitig immer mehr große regelbare konventionelle Einheiten bzw. Anlagen, wie z.B. Kernkraftwerke oder Braunkohlekraftwerke, stillgelegt werden. Da zur Stabilität des gesamten Stromversorgungssystems die Erzeugung und der Verbrauch elektrischer Energie stets im Gleichgewicht sein müssen, werden in Zukunft auch kleinere dezentrale bzw. in ihrer Regelbarkeit eingeschränkte Einheiten ihren Beitrag zur Stabilität des gesamten Stromversorgungssystems leisten müssen. Gelingt es nicht, eine möglichst vorausschauende Abstimmung zwischen Erzeugung und Verbrauch zu realisieren, so kann es im schlimmsten Fall dazu kommen, dass einzelne Verbraucher oder Erzeuger gezwungenermaßen vom Netz getrennt bzw. über das Erneuerbare Energien Gesetz geförderte Anlagen abgeregelt werden müssen, was wiederum mit zusätzlichen Kosten und Akzeptanzproblemen der Energiewende verbunden ist. Ein Lösungsansatz zur strukturierten Anbindung kleinerer, bzw. in ihrer Regelbarkeit eingeschränkter Einheiten bzw. Anlagen in das Stromnetz ist der Zusammenschluss dieser Anlagen zu einem größeren vernetzten Anlagenpool, einem sogenannten „virtuellen Kraftwerk“. Im Rahmen des Stromnetzbetriebs soll der jeweilige Anlagenpool bzw. das „virtuelle Kraftwerk“ möglichst so gesteuert werden, dass die gewünschte Stabilität gewährleistet wird und der Betrieb der Einheiten bzw. Anlagen nach ökonomischen und/oder ökologischen Kriterien realisiert werden kann. Insbesondere soll der Betrieb der einzelnen Einheiten bzw. Anlagen zeitlich aufeinander abgestimmt werden, um sich Synergieeffekte zwischen verschiedenen Anlagentypen nutzbar zu machen. Dazu wäre eine Steuerung (Leitsystem bzw. Poolregler) erforderlich, in welcher spezielle Regelungsalgorithmen die dezentralen Anlagen intelligent steuern, so dass das virtuelle Kraftwerk vergleichbar zu einem konventionellen Kraftwerk agieren kann.
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US 9 489 701 B2 und
US 2014 / 129 040 A1 beschreiben ein solches virtuelles Kraftwerk sowie eine Steuerung desselben unter Einsatz einer Ganzzahligen Linearen Optimierung, im Englischen „Mixed Integer-Linear Programming“, kurz
MILP, genannt. Damit kann der Betrieb der einzelnen Einheiten bzw. Anlagen zeitlich aufeinander abgestimmt werden und Synergieeffekte zwischen verschiedenen Anlagentypen können nutzbar gemacht werden. Das virtuelle Kraftwerk kann damit vergleichbar zu einem konventionellen Kraftwerk agieren. Insbesondere ermöglicht der Einsatz von
MILP, dass das virtuelle Kraftwerk nach ökonomischen Kriterien gesteuert werden kann, um z.B. eine möglichst kostengünstige Energieversorgung durch Minimierung der Kosten für Anlagenbetrieb, Abnutzungskosten, Brennstoffverbrauch usw. zu erzielen.
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Demnach sind Verfahren zur Steuerung von zu einem virtuellem Kraftwerk zusammengefasster energieeinspeisenden Einheiten und/oder energieverbrauchenden Einheiten bekannt, wobei Stellgrößen für die Steuerung der Einheiten aus Lösungen extrahiert werden, die mittels eines konvexen Optimierungs-Modells (z. B.: MILP) berechnet werden.
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Wenn ein virtuelles Kraftwerk jedoch sehr viele Einheiten bzw. Anlagen umfasst und dieses zudem noch sehr verschiedene Anlagentypen beinhaltet (wie z.B. Blockheizkraftwerke, Photovoltaikanlagen, Windkraftanlagen, Gasturbinenkraftwerke etc.), dann kann die Steuerung dieses virtuellen Kraftwerks sehr komplex werden. Die Anwendung von konvexen Optimierungs-Modellen, wie linearer Programmierung (LP) oder MILP, führt dann zu einem sehr großen Rechenaufwand. Dieses Problem erschwert auch die Einhaltung von Regelzeiten. In herkömmlichen Versorgungsnetzen ist für die Berechnung von Stellgrößen maximal eine Viertelstunde Zeit vorgesehen, weil sich die Nebenbedingungen (Constraints) und/oder sogar die Vorfaktoren für die Zielfunktion im Takt von 15 Minuten (zum Teil erheblich) ändern. Da häufig eine Berücksichtigung stochastischer Randbedingungen zu beachten ist (z.B. ein Bereich des Strompreises mit unterschiedlichen Wahrscheinlichkeiten für einzelne Preise), steigt die Rechendauer dermaßen, dass die einzuhaltende Zeit womöglich nicht für die Berechnung der Steuergrößen ausreicht.
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Aufgabe der Erfindung ist es, ein Verfahren zur Steuerung von zu einem virtuellen Kraftwerk zusammengefassten Einheiten zu verbessern, so dass die oben genannten Probleme in vorteilhafter Weise gelöst werden. Insbesondere soll eine Berechnung der Steuergrößen ermöglicht werden, die deutlich schneller durchgeführt werden kann als herkömmliche Verfahren erlauben.
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Gelöst wird die Aufgabe durch ein Verfahren mit den Merkmalen des Anspruchs 1 sowie durch Vorrichtungen gemäß den nebengeordneten Ansprüchen.
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Demnach wird ein Verfahren zur Steuerung von zu einem virtuellem Kraftwerk zusammengefassten Einheiten mittels eines konvexen Optimierungs-Modells vorgeschlagen, bei dem erste Startlösungen für das konvexe Optimierungs-Modell mittels eines künstlichen neuronalen Netzwerkes bereitgestellt werden. Das künstliche neuronale Netzwerk wurde dabei zuvor mit Hilfe von Eingangsdaten trainiert, die dem Modell zur Verarbeitung zur Verfügung gestellt wurden, und mit Hilfe von Ausgangsdaten, die von dem Modell mittels der Eingangsdaten berechnet wurden.
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Es wird somit der Einsatz eines konvexen Optimierungs-Modells mit einem Machine Learning Algorithmus so verknüpft, dass in dem Modell als Startlösung die Ergebnisse des Machine Learning Algorithmus (z.B.: eines neuronalen Netzes) so verwendet werden und somit eine z.T. langwierige Durchführung des Optimierungs-Modells beschleunigt werden kann. Vorzugsweise wird als konvexes Optimierungs-Modell, ein lineares Optimierung-Modell, insbesondere ein gemischt ganzzahliges lineares Optimierung-Modell verwendet, wobei die Eingangsdaten einer Parametrierung des Modells dienen und die Ausgangsdaten die vom Modell berechneten Lösungen für das zu optimierende Problem darstellen. Die Lösung der vorliegenden Erfindung liegt also in der Kombination eines Optimierungs-Modells, wie z.B. des MILP, mit einem Machine Learning Algorithmus (z.B. künstlichen neuronalen Netzen).
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Der Erfinder hat erkannt, dass herkömmlicherweise das MILP für die Optimierung einen zufälligen Wert als Startlösung nutzt oder Startlösungen aus einem vorangegangenen Rechenlauf ableitet, wie dies z.B. im Rahmen einer rollierenden Optimierung der Fall ist. Hingegen kann der Machine Learning Algorithmus in sehr kurzer Zeit eine (z.T. deutlich) bessere Startlösung bereitstellen und damit die Berechnung des MILP erheblich beschleunigen. Hierzu wird der Algorithmus zuvor mit ausreichend vielen Datensätzen trainiert, was in den meisten Anwendungsfällen, insbesondere im Energieversorgungsbereich, problemlos möglich ist. Es werden also die Vorteile beider Welten kombiniert, nämlich die Vorteile des Einsatzes von einem konvexen Optimierungs-Modell, wie z.B. MILP, das die bestmögliche Lösung errechnen kann, mit den Vorteilen des maschinellen Lernens, das im trainierten Zustand sehr schnell valide Ergebnisse liefern kann. Es wird somit bei gleicher Leistung deutlich weniger Rechenzeit benötigt oder es können in der gleichen Zeit erheblich mehr Berechnungen durchgeführt werden (z.B. mehrere Szenarien berechnet werden).
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Vorzugsweise wird der Machine Learning Algorithmus in einer Trainings- bzw. Lernphase eingelernt, indem eine Anzahl von N Parametrierungen (Eingangsdaten) des konvexen Optimierungs-Modells beispielsweise dem künstlichen neuronalen Netzwerks als Input zugeführt werden, und indem die anhand der N Parametrierungen von dem Optimierungs-Modell berechneten Lösungen (Ausgangsdaten) den Ausgabe-Neuronen des künstlichen neuronalen Netzwerks als Output zugeführt werden. Der Machine Learning Algorithmus lernt anhand dieser Daten den Zusammenhang zwischen Inputdaten sowie Outputdaten und liefert valide Ergebnisse, die dann als Startlösungen für das Modell (MILP) verwendet werden können. Wenn das künstliche neuronale Netzwerk hinreichend genug trainiert ist und gute Ergebnisse liefert, können diese Startlösungen als bevorzugte (erste) Startlösungen für das Modell (MILP) dienen.
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Neben den Startlösung, die von dem Machine Learning Algorithmus generiert wird, kann alternativ auch die Startlösungen eines vorangegangenen Rechenlaufs mit ähnlicher Parametrierung gewählt werden.
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In einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung werden beide Startlösungen genutzt: Dazu werden sowohl die ersten Startlösungen und die zweiten Startlösungen für das konvexe Optimierungs-Modell zur Berechnung der Stellgrößen bereitgestellt, und es wird diejenige Startlösung für die konvexe Optimierung verwendet, welche initial einen höheren Zielfunktionswert erzielt, während die Nebenbedingungen erfüllt sind. Die beiden Startlösungen können auch Indikator dafür sein, ob der Machine Learning Algorithmus hinreichend gut trainiert worden ist. Die Lernphase für das künstliche neuronale Netzwerk wird dann beendet, wenn die erste Startlösung zu besseren Ergebnissen bzw. Stellgrößen führt als die zweite Startlösung. Auch hier gilt als Indikator der jeweils erreichbare Zielfunktionswert.
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Die Erfindung beinhaltet auch eine Vorrichtung zur Steuerung von zu einem virtuellen Kraftwerk zusammengefassten Einheiten, wobei die Vorrichtung beschaffen ist, Stellgrößen für die Steuerung der Einheiten mittels eines konvexen Optimierungs-Modells zu berechnen, und wobei die Vorrichtung beschaffen ist, erste Startlösungen für das konvexe Optimierungs-Modell mittels eines künstlichen neuronalen Netzwerkes bereitzustellen, das zuvor mittels von dem konvexen Optimierungs-Modell verarbeiteten Eingangsdaten und berechneten Ausgangsdaten trainiert worden ist. Vorzugsweise ist die Vorrichtung als rechnergestützte Betriebsleitstelle des virtuellen Kraftwerks ausgebildet.
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Die vorliegende Erfindung offenbart auch ein virtuelles Kraftwerk bestehend aus einer Vielzahl von energieeinspeisender und/oder energieverbrauchender Einheiten und der zur Steuerung der Einheiten vorgesehenen Vorrichtung. Des Weiteren beschreibt die Erfindung auch die Verwendung einer solchen Vorrichtung zur Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens.
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Die Erfindung wird nun im Detail anhand der beiliegenden Zeichnungen beschrieben, die folgende schematischen Darstellungen widergeben:
- 1 zeigt beispielhaft den Aufbau eines virtuellen Kraftwerkes mit energieeinspeisenden und energieverbrauchenden Einheiten und einer Vorrichtung zur Steuerung derselben;
- 2 zeigt den funktionalen Aufbau einer Vorrichtung zur Steuerung der Einheiten des virtuellen Kraftwerkes, wobei die Vorrichtung ein konvexes Optimierungs-Modell sowie ein künstliches neuronales Netzwerk aufweist, das für das Model (erste) Startlösungen liefert;
- 3 veranschaulicht die Erzeugung von (zweiten) Startlösungen im Rahmen einer rollierenden Optimierung; und
- 4 zeigt anhand eines Ablaufdiagramms die Schritte des von der Vorrichtung durchgeführten Verfahrens zur Steuerung der Einheiten
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Die 1 zeigt in schematisierter Darstellung und als ein erstes Ausführungsbeispiel den Aufbau eines virtuellen Kraftwerkes VPP in einer beispielhaften Zusammenstellung von Anlagen bzw. Elementen. Im vorliegenden Beispiels umfasst das virtuelle Kraftwerk VPP mehrere energieeinspeisende Einheiten S1, S2, ... S5 und mehrere energieverbrauchende Einheiten C1 und C2 sowie mit eine Vorrichtung PCTR zur Steuerung derselben, im Weiteren auch kurz Steuerung PCTR genannt. Die Steuerung regelt den Betrieb der Einheiten und/oder schaltet diese zumindest selektiv ein und aus, um somit von dem virtuellen Kraftwerk erzeugte bzw. bereitgestellte elektrische Energie an dem Anschlusspunkt PCC an ein übergeordnetes Energieversorgungsnetz abzugeben. Ggfs. kann das virtuelle Kraftwerk auch elektrische Energie aufnehmen bzw. speichern, die aktuell überschüssig im Energieversorgungsnetz ist. Die Steuerung führt also eine Energie-Management-Funktion aus, die sich nach verschiedenen Kriterien richten kann, insbesondere nach an der Strombörse gehandelten Preisen und Liefer- bzw. Abnahme-Zusagen.
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Beispielhaft sind in 1 folgende energieeinspeisenden Einheiten dargestellt: Ein Blockheizkraftwerk S1 (Englisch: Combined Heat and Power Station - CHPS); eine Windkraftanlage S2 (Englisch: Wind Power Plant - WPP); eine Solarstrom- bzw. Photovoltaik-Anlage S3 (Englisch: Solar Power Station - SPS) und eine Gasturbinenanlage S4 (Englisch: Gasfired Power Plant - GFPP) sowie ein im Entladebetrieb befindlicher Energiespeicher EST (Energy Storage - EST). Für energieverbrauchende Einheiten sind in 1 beispielhaft dargestellt: Eine sog. Intelligente Fabrik C1 (Englisch: Smart Factory) sowie der Energiespeicher (EST), wenn er sich im Ladebetrieb befindet, und daher mit dem Bezugszeichen C2 versehen ist. Alle Einheiten bilden einen Pool, der ggf. auch dynamisch um Einheiten erweitert werden kann oder aus dem zeitweise auch einzelne Einheiten entfernt werden können. Weil der Pool nahezu beliebig zusammengestellt und verändert werden kann und weil die Einheiten sich an verschiedensten Standorten befinden können, bildet dieser dynamische Pool ein virtuelles Kraftwerk (Englisch: Virtual Power Plant), das hier mit dem Bezugszeichen VPP versehen ist. Die Steuerung PCTR steuert bzw. regelt den Betrieb der im Pool zusammengefassten Einheiten und kann daher auch als „Pool-Regler“ bezeichnet werden.
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Der „Pool-Regler“ soll bevorzugt für das Energie-Management des virtuellen Kraftwerkes eingesetzt werden. Grundsätzlich aber könnte der „Pool-Regler“ auch für Optimierungsaufgaben in anderen Anwendungsfällen eingesetzt werden, wie in der Luftfahrt zur Erstellung von Fahrplänen, der chemischen Industrie zur Berechnung von Mischungsverhältnissen oder in der Produktionsplanung. Auch dort wird eine Beschleunigung der Berechnung von Vorteil sein, um Zeit zu sparen oder um mehrere Szenarien in der gleichen Rechenzeit durchspielen zu können. Der Pool-Regler arbeitet dann besonders effizient, wenn genug Daten eingespeist werden können, um den Machine-Learning-Algorithmus anzupassen. Das dürfte auch in den oben genannten Fällen kein Problem sein.
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Für den hier offenbarten Pool-Regler bzw. die Steuerung PCTR wird vorzugsweise eine objektorientiere Beschreibung eines MILP angewendet, bei dem die beteiligten Einheiten bzw. Komponenten über die Kriterien Strombilanz und Regelleistungsbilanz verknüpft werden. Für die verschiedenen Komponenten werden auch die jeweiligen Nebenbedingungen (Constraints) berücksichtigt, wie z.B. für Blockheizkraftwerke (s.
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Einheit CHPS) der spezifische Wirkungsgrad, welcher sich durch Unterteilung des Brennstoffeinsatzes in einen leistungsabhängigen und einen leistungsunabhängigen Anteil ermitteln lässt. Auch wird z.B. die Temperaturabhängigkeit des elektrischen Wirkungsgrades berücksichtigt. Die Zielfunktion einer solchen Anlage, wie hier z.B. ein Blockheizkraftwerk, ist u.a. geprägt von den variablen Kosten (Kosten für den Brennstoff, für das An- und Ausschalten, für den laufenden Betrieb usw.).
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Die Nutzung der Parametrierung des Optimierungsmodells unter Verwendung von besseren Startwerten bzw. Startlösungen, insbesondere von Startlösungen, die von einem in den Pool-Regler integrierten künstlichen neuronalen Netzwerk (s. ANN in 2) bereitgestellt werden, führt zu einer deutlichen Beschleunigung des Lösungsverfahrens. Unter einer „besseren Startlösung“ wird diejenige verstanden, welche im Vergleich zu einer anderen Startlösung zu einem höheren Zielfunktionswert führt.
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Der Aufbau und die Arbeitsweise des Pool-Reglers bzw. der Vorrichtung PCTR zur Steuerung des virtuellen Kraftwerks werden nun beispielhaft anhand der 2-5 näher beschrieben:
- Die Vorrichtung PCTR umfasst rechnergesteuerte Komponenten, die beschaffen sind, Stellgrößen VAR für die Steuerung der Einheiten (s. S1 ... S5 sowie C1 und C2 in 1) mittels eines konvexen Optimierungs-Modells zu berechnen, das hier z.B. als ein ganzzahliges lineares Optimierung-Modell realisiert ist. Der Bereich der Vorrichtung PCTR welcher das Optimierungsmodell umfasst, kann in herkömmlicher Weise realisiert werden, wobei im Wesentlichen fortlaufend (z.B. mit einer Taktung von 15 Min.) eine Parametrierung PAR erfolgt und von dem MILP dann eine Lösung RST geliefert wird. Die Parametrierung PAR umfasst vorzugsweise alle Konstanten für das MILP, wie z.B. Strompreise, Wärmebedarfe, technische Zustände der Einheiten usw.). Die von dem MILP berechneten jeweiligen Lösungen RST enthalten dann Stellgrößen VAR für die Ansteuerung der Einheiten bzw. Komponenten des virtuellen Kraftwerks VPP. Die Stellgrößen VAR können in bekannter Weise aus der jeweiligen Lösung RST extrahiert werden. Mit Hilfe der Stellgrößen können dann einzelne Einheiten angesteuert werden, z.B. ein- oder ausgeschaltet werden, wodurch das Energie-Management des virtuellen Kraftwerks VPP optimiert nach ökonomischen und/oder ökologischen Kriterien durchgeführt werden kann. Die Vorrichtung PCTR ist beschaffen, z.B. durch Auswertung vorhergehender Rechenläufe, Startlösungen für das konvexe Optimierungsmodell bereitzustellen, um den Optimierungsprozess zu beschleunigen.
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Um eine deutliche Verbesserung und Beschleunigung des Optimierungsprozesses zu erreichen, verfügt die Steuerungs-Vorrichtung PCTR auch über ein künstliches neuronales Netzwerk ANN, welches mit dem MILP verknüpft ist. Das künstliche neuronale Netzwerk ANN wird nun eingesetzt und trainiert, so dass auch Startlösungen bereitgestellt werden können (im weiteren auch bevorzugte oder erste Startlösungen ISL genannt), die von dem Netzwerk ANN stammen und einen höheren Zielfunktionswert erreichen können, als dies mit den vom MILP stammenden aktuellen Startlösungen (im weiteren auch zweite Startlösungen ISL' genannt) der Fall wäre. Das Netzwerk ANN wird hierzu (vorab) mit Daten trainiert, die von früheren Berechnungen des MILP stammen, insbesondere mit den Daten, die für die Parametrierung PAR des Modells verwendet wurden, und den Daten, die als Lösungen RST von dem MILP berechnet wurden. Die Daten für die Parametrierung PAR dienen als Eingangsdaten und werden den Eingabe-Neuronen IN des künstlichen neuronalen Netzwerks ANN zugeführt. Die Daten zu den Lösungen RST dienen als Ausgangsdaten und werden den Ausgabe-Neuronen OUT des künstlichen neuronalen Netzwerks ANN zugeführt. Das Netzwerk ANN erlernt anhand der Eingangsdaten und Ausgangsdaten die Struktur des MILP und kann deutlich schneller eigene (erste) Startlösungen ISL liefern, die nach ausreichendem Training zumeist besser sind als andere (zweite) Startlösungen ISL', welche aus dem Optimierungsprozess selbst gewonnen werden, z.B. anhand einer rollierenden Optimierung.
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Im vorliegenden Beispiel wird von einem Optimierungsprozess ausgegangen, bei dem alle 15 Minuten eine neue Parametrierung erfolgt und somit vom MILP alle 15 Minuten (also 4x pro Stunde) eine neue Lösung mit darin enthaltenen Steuergrößen berechnet wird. Pro Tag (24 Stunden) werden somit 96 (=24x4) Datensätze eingangsseitig (siehe PAR in 2) in das MILP eingegeben und ausgangsseitig (siehe RST) erzeugt. Ein Großteil der Daten aus der zuletzt berechneten Lösung des MILP kann dann als Startlösung für den nächsten Rechenlauf dienen.
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Die 3 veranschaulicht die typische Erzeugung von solchen (zweiten) Startlösungen im Rahmen einer rollierende Optimierung: Die von dem MILP jeweils zuletzt gelieferte Lösungen mit k Daten enthält bereits k-1 Daten, die als Startlösung für die Berechnung der nächsten Lösung dienen. Beispielsweise beträgt k = 25, dann dienen jeweils Daten aus den letzten 24 Durchläufen wiederum als Startlösung für den nächsten Rechenlauf. In der 3 sind exemplarisch vier Durchläufe/Zyklen schematisch dargestellt, wobei das MILP zunächst eine erste Lösung mit Daten 1 bis k liefert. Hiervon werden die Daten 2 bis k für den nächsten Zyklus verwendet, also als Startlösung ISL' für die nächste Berechnung des Modells. Die im nächsten Zyklus berechnete Lösung enthält die Daten 2 bis k+1, von denen dann die Daten 3 bis k+1 wiederum als Startlösung für den nächsten Berechnungszyklus dienen und so weiter. Diese Erzeugung von Startlösungen ISL' ist an sich bekannt, ist aber insbesondere bei einer sehr volatilen Parametrierung nur bedingt für eine konvexe Optimierung geeignet, insbesondere was die Qualität und Schnelligkeit der Ermittlung von Zielfunktionswerten angeht.
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Mit dem Einsatz des künstlichen neuronalen Netzwerks ANN können bessere (erste) Startlösungen gefunden werden, die initial einen höheren Zielfunktionswert VF erreichen und das in deutlich schnellerer Zeit. In 3 ist exemplarisch eine erste Startlösung ISL mit den Daten {2, 3, 4, ....... (k+1)*} dargestellt, um zu veranschaulichen, dass die vom ANN gelieferte Startlösung ISL jeweils ein Element (k+1)* mehr aufweist als die herkömmlich ermittelte Startlösung ISL, welche nur k Elemente enthält. Bei diesem Element (k+1)* handelt es sich um ein von dem ANN prognostiziertes Element, mit dem dann die (erste) Startlösung ISL besser werden kann als die (zweite) Startlösung ISL'. Dies wird anhand des Kriteriums geprüft, ob die ISL zu einem höheren Zielfunktionswert VF führt als die ISL'.
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Die Erfindung wird anhand der 4 weiter verdeutlicht, welche schematisch den Ablauf eines erfindungsgemäßen Verfahrens 100 zur Steuerung des virtuellen Kraftwerks zeigt:
- Das Verfahren unterteilt sich in eine Lern- oder Trainingsphase 110 für das künstliche neuronale Netzwerk und in eine Betriebsphase bzw. operative Phase 120, in der die Einheiten des virtuellen Kraftwerks angesteuert werden.
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In der Lernphase 110 soll das künstliche neuronale Netzwerk ANN vorab, d.h. vor dem Einsatz während des Betriebs des virtuellen Kraftwerks VPP, quasi offline, trainiert werden. Dazu werden in einer ersten Schrittfolge 111 der Lernphase die Daten aus vielen früheren Rechenläufen zusammengetragen, um damit das künstliche neuronale Netzwerk ANN zu trainieren. Dies beinhaltet die Daten zur Parametrierung PAR sowie die Daten der vom MILP berechneten Lösungen RST. Im Schritt 112 werden diese Daten als Eingangsdaten bzw. Ausgangsdaten den Eingabe-Neuronen IN bzw. den Ausgangs-Neuronen OUT zugeführt, um somit das künstliche neuronale Netzwerk ANN zu trainieren. Beispielsweise können dafür alle Daten eines Jahres verwendet werden, also N = 365x96 Datensätze auf der Eingangsseite sowie entsprechend viele Datensätze auf der Ausgangsseite (s. auch 2).
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Dann wird im Schritt 113 geprüft, ob das Netzwerk hinreichend gut trainiert worden ist: Wenn anhand der ersten Startlösung ISL die konvexe Optimierung einen Zielfunktionswert VF erreicht, der initial höher ist als der mit der zweiten Startlösung ISL' erreichte Zielfunktionswert, dann ist dies ein Indikator dafür, dass das künstliche neuronale Netzwerk ANN hinreichend gut trainiert worden ist, um verwendbare Startlösungen zu liefern. Die Lernphase kann abgeschlossen werden.
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Im Rahmen der nachfolgenden Betriebsphase 120 werden die Startlösungen (bevorzugt) verwendet, die von dem künstlichen neuronalen Netzwerk ANN geliefert werden; es kann aber auch sinnvoll sein das Netzwerk ANN weiter zu trainieren. Im Schritt 121 wird anhand der aktuellen Parametrierung PAR die erste Startlösung ISL vom ANN abgefragt. Im nachfolgenden Schritt 122 wird sichergestellt, dass nur die bessere Startlösung verwendet wird (s. auch 3), also entweder die vom Netzwerk ANN gelieferte ISL oder die vom MILP berechnete ISL'. Sofern die jeweils vom ANN gelieferten ersten Startlösungen ISL zu besseren / höheren Zielfunktionswerten VF führen, werden diese Startlösungen ISL für den weiteren Optimierungsprozess verwendet.
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Ausgehend von einer abgeschlossenen Trainingsphase 110 soll in der operativen Phase 120 bevorzugt das künstliche neuronale Netzwerk ANN die Startlösungen für das MILP liefern, da das Netzwerk ANN diese Aufgabe deutlich schneller erfüllen kann: Im Schritt 121 werden z.B. die aktuelle Parametrierung PAR bzw. die entsprechenden Eingangsdaten an das Netzwerk ANN gegeben, welches umgehend dazu ein Ergebnis als Startlösung ISL liefert. Diese Startlösung wird dann dem MILP zur Verfügung gestellt, um von dieser Startlösung auf die optimale Lösung zu gelangen Das Modell liefert dann deutlich beschleunigt eine gute Lösung RST, aus der sich die Sollgrößen VAR für die Ansteuerung der Einheiten ergeben. Der Schritt 122 ist optional und kann ermöglichen, dass auch ggf. die (zweite) Startlösung herangezogen wird, welche nicht vom Netzwerk ANN stammt, sondern aus üblichen Verfahren, wie z.B. einer rollierenden Optimierung (s. 3). Das kann z.B. im Ausnahmefall eintreten, wenn das Netzwerk ANN zwar trainiert worden ist, aber anhand der aktuellen Parametrierung keine solche Startlösung ISL liefert, die einen höheren Zielfunktionswert VF erreicht, als es mit der zweiten Startlösung ISL' möglich ist. In der Schrittfolge 123 liefert das MILP Lösungen bzw. Ergebnisse RST, die die gesuchten Steuergrößen VAR für die Ansteuerung der Einheiten des virtuellen Kraftwerks beinhalten.
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Zusammenfassend werden ein Verfahren und Vorrichtungen zur Steuerung von zu einem virtuellem Kraftwerk VPP zusammengefassten energieeinspeisenden Einheiten S1, S2,... S4 und/oder energieverbrauchenden Einheiten C1, C2 beschrieben, wobei Stellgrößen VAR für die Steuerung der Einheiten aus Lösungen (RST) extrahiert werden, die mittels eines konvexen Optimierungs-Modells berechnet werden. Alternativ oder zusätzlich zu solchen (zweiten) Startlösungen ISL', die aus herkömmlichen Verfahren gewonnen werden, werden nun erste Startlösungen ISL für das konvexe Optimierungs-Modells mittels eine Machine Learning Algorithmus, beispielsweise eines künstlichen neuronalen Netzwerkes ANN bereitgestellt, das den dem konvexen Optimierungs-Modells MILP zur Verfügung gestellten Eingangsdaten PAR und hieraus berechneten Lösungen RST trainiert wird oder vorab trainiert worden ist.
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Bezugszeichenliste
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- VPP
- virtuelles Kraftwerk (virtual power plant)
- PCTR
- Vorrichtung zur Steuerung (Pool Controller)
- S1-S5
- energieeinspeisende Einheiten / Anlagen, beispielhaft umfassend: Blockheizkraftwerk (Combined Heat and Power Station) Windkraftwerk (Wind Power Plant WPP) Photovoltaik-Anlage (Solar Power Station SPS) Gasturbinen-Anlage (Gasfired Power Plant GFPP) Energiespeicher (Energy Storage EST) im Entladebetrieb
- C1-C2
- energieverbrauchende Einheiten / Anlagen, beispielhaft umfassend: Smarte Fabrik (smart factory SFAC) Energiespeicher (Energy Storage EST) im Ladebetrieb
- VAR
- Steuergrößen für die Einheiten des virtuellen Kraftwerks
- PCC
- Übergabepunkt für Anschluss an (übergeordnetes) Energieversorgungsnetz (Point of Common Coupling)
- MILP
- konvexes Optimierungs-Modell, hier als MILP ausgebildet
- PAR
- Eingabedaten für Parametrierung des Modells
- RST
- Ausgabedaten / Lösungen (Results), aus denen VAR extrahiert werden kann
- VF
- Zielwertfunktion
- ANN
- künstliches neuronales Netzwerk (artificial neural network)
- IN
- Eingabe-Neuronen
- OUT
- Ausgabe-Neuronen
- ISL
- Ergebnisse aus den ANN als (erste) Startlösungen für MILP
- ISL'
- (zweite) Startlösungen für MILP, gewonnen z.B. aus rollierender Optimierung
- 100
- Verfahren zur Steuerung der Einheiten mit:
- 110
- Schrittfolge für die Trainingsphase des ANN, umfassend die Schritte:
- 111:
- mehrmaliger Durchlauf des MILP liefert Datensätze mit PAR und RST
- 112:
- Verwende Datensätze als Trainingsdaten für ANN
- 113:
- Prüfe, ob Trainingsphase beendet werden kann
- 120
- Schrittfolge für die Steuerung des VPP (Betriebsphase bzw. operative Phase), umfassend die Schritte:
- 121:
- Erhalte (erste) Startlösung ISL von ANN
- 122:
- Verwende für MILP die bessere Startlösung (erste oder zweite. d.h. ISL oder ISL')
- 123:
- Berechne Lösung RST und extrahiere VAR
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- US 9489701 B2 [0003]
- US 2014/129040 A1 [0003]
- US 8396572 B2 [0004]
- US 9557723 B2 [0004]
- US 2013/245844 A1 [0004]
- DE 102013222277 A1 [0004]
- CN 103971181 A [0004]
- CN 104809545 A [0004]
- CN 106651047 A [0004]
- CN 106971239 A [0004]