Beschreibung
Oberfläche mit einer haftungsvermindernden Mikrostruktur und Verfahren zu deren Herstellung
Die Erfindung betrifft eine Oberfläche mit einer haftungsver¬ mindernden Mikrostruktur sowie ein Verfahren zum elektroche¬ mischen Herstellen einer solchen Oberfläche.
Haftungsvermindernde Oberflächen der eingangs genannten Art kommen z. B. als so genannte Lotus-Effekt-Oberflächen zum Einsatz und sind beispielsweise in der DE 100 15 855 Al be¬ schrieben. Gemäß dieser Druckschrift zeichnen sich derartige Oberflächen durch eine Mikrostruktur aus, welche durch eine Schichtabscheidung aus Lösungen, jedoch auch durch eine e- lektrolytische Abscheidung gewonnen werden kann. Hierdurch wird ein an den Blättern der Lotusblume beobachteter Effekt nachgeahmt, demgemäß die erzeugte Mikrostrukturierung, welche zu diesem Zweck Erhebungen und Vertiefungen mit einem Radius von 5 bis 100 μm aufweisen muss, die Haftung von Wasser sowie Schmutzpartikeln herabsetzt. Hierdurch kann einer Verschmut¬ zung der entsprechenden Oberfläche entgegengewirkt werden. Des Weiteren lassen sich z. B. auch Kalkablagerungen vermei¬ den.
Die Aufgabe der Erfindung besteht darin, eine Oberfläche mit einer haftungsvermindernden Mikrostruktur bzw. ein Herstel¬ lungsverfahren für diese Oberfläche anzugeben, wobei die Wir¬ kung der Haftungsverminderung vergleichsweise stark ausge- prägt sein soll.
Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß durch ein Verfahren ge¬ löst, bei dem die Oberfläche durch elektrochemisches Pulse
Plating hergestellt wird, wobei eine die Mikrostruktur über¬ lagernde Nanostruktur durch Reverse Pulse Plating erzeugt wird. Die Überlagerung der Mikrostruktur durch eine Na¬ nostruktur erfolgt erfindungsgemäß dadurch, dass auf der O- berflächentopologie mit Krümmungsradien des Oberflächenpro¬ fils im Mikrometerbereich (Mikrostruktur) eine Oberflächento¬ pologie hergestellt wird, deren Krümmungsradien bevorzugt im Bereich von wenigen Nanometern bis 100 Nanometern liegen (Na¬ nostruktur) . Die Ausbildung der Nanostruktur auf der Mikro- struktur wird durch das Reverse Pulse Plating mit Strompulsen einer Länge im Millisekungenbereich erreicht. Dabei kann je nach Wahl der Verfahrensparameter wie Pulslänge und Abschei- destromdichte die Mikrostruktur gleichzeitig oder gesondert hergestellt werden.
Die Nanostruktur der Oberfläche verbessert im Zusammenwirken mit der Mikrostruktur vorteilhaft den Effekt der Haftungsver¬ minderung von Stoffen auf der Oberfläche. Hierdurch wird vor¬ teilhaft der Lotuseffekt der Oberfläche verbessert.
Es ist zwar aus der US 5,853,897 bekannt, Schichten mit einer rauen Oberfläche galvanisch mittels Pulse Plating herzustel¬ len, jedoch sollen die gemäß diesem Dokument erzeugten Schichten lediglich optischen Anwendungen dienen, da sie in einem weiten Wellenlinienspektrum des Lichtes hervorragende Licht schluckende Eigenschaften aufweisen. Hierzu genügt be¬ reits die Ausbildung einer so genannten dendritischen Mikro¬ struktur, ohne dass dieser eine Nanostruktur überlagert wer¬ den müsste.
Vorteilhaft liegt die Pulslänge beim Verfahrensschritt zum Herstellen der Nanostruktur bei weniger als 500 ms. Damit können bei diesem Verfahrensschritt günstige Abscheidungspa-
rameter an der zu erzeugenden Oberfläche eingestellt werden, damit sich die erzeugte Nanostruktur in ihren Abmessungen ge¬ nügend von der erzeugten Mikrostruktur unterscheidet.
Die Strompulse beim Reverse Pulse Plating werden die Strom¬ pulse durch jeweilige Umkehrung der Polarität des Abschei¬ destromes erzeugt, so dass vorteilhaft ein starkes zeitliches Gefälle bei den Ladungsverschiebungen an der Oberfläche er¬ reicht werden kann. Vorteilhaft liegen die einzelnen Strom- pulse hinsichtlich ihrer Länge im Bereich zwischen 10 und 250 Millisekunden. Es hat sich gezeigt, dass sich bei den genann¬ ten Parametern die Nanostruktur der Oberfläche vorteilhaft besonders stark ausprägt.
Es ist besonders vorteilhaft, wenn beim Reverse Pulse Plating die kathodischen Pulse mindestens die dreifache Länge der a- nodischen Pulse haben. Als kathodische Pulse im Sinne der Er¬ findung werden diejenigen Pulse aufgefasst, bei der es zu ei¬ ner Abscheidung auf der Oberfläche kommt, während die anodi- sehen Pulse eine Auflösung der Oberfläche hervorrufen. Für das angegebene Verhältnis zwischen kathodischen und anodi¬ schen Pulsen hat es sich gezeigt, dass die nadelartigen Grundelemente der Nanostruktur vorteilhaft mit einer hohen Dichte auf der Mikrostruktur erzeugt werden, was den zu er- zielenden Lotuseffekt begünstigt.
Eine andere Möglichkeit besteht vorteilhafterweise darin, dass beim Reverse Pulse Plating die kathodischen Pulse mit einer höheren Stromdichte durchgeführt werden als die anodi- sehen Pulse. Auch durch diese Maßnahme wird die Abscheiderate der kathodischen Pulse im Vergleich zur Abtragungsrate der anodischen Pulse erhöht, so dass vorteilhaft ein Schicht¬ wachstum der Nanostrukturierung erzeugt wird. Selbstverständ-
lieh können die Maßnahmen einer Modifikation der Pulsdauer und der Variation der Stromdichte untereinander kombiniert werden. Dabei ist unter Einstellung der genannten Parameter für das abzuscheidende Material jeweils ein Optimum zu fin- den.
Gemäß einer Ausgestaltung des Verfahrens ist vorgesehen, dass die Pulslänge bei einem vorgelagerten Verfahrensschritt zum Herstellen der Mikrostruktur mindestens eine Sekunde beträgt. Mit Pulslängen im Sekundenbereich kann die geforderte Mikro¬ struktur der Oberfläche vorteilhaft zeitgünstig auf elektro¬ chemischem Wege hergestellt werden, wenn diese nicht oder nicht mit genügender Ausprägung im Verfahrensschritt zur Er¬ zeugung der Nanostruktur entsteht.
Gemäß einer zusätzlichen Ausgestaltung des Verfahrens wird die Oberfläche zusätzlich mit einer Makrostruktur herge¬ stellt, die die Mikrostruktur überlagert. Die Makrostruktur kann elektrochemisch oder auf anderem Wege z. B. mechanisch hergestellt werden. Als Makrostruktur wird hierbei eine Topo- logie der Oberfläche verstanden, deren geometrischen Abmes¬ sungen der elementaren Strukturbestandteile um mindestens ei¬ ne Größenordnung größer ist als die der Mikrostruktur. Bei einer welligen Makrostruktur würde dies für den Radius der Wellen zum Beispiel bedeuten, dass dieser in entsprechendem
Maße größer ist als die Radien der Erhebungen bzw. Vertiefun¬ gen der Mikrostruktur. Die Makrostruktur erlaubt vorteilhaft eine zusätzliche Steigerung der haftungsvermindernden Eigen¬ schaften der Oberfläche. Weiterhin kann die Makrostruktur der Oberfläche vorteilhaft zusätzliche Funktionen, wie z. B. ei¬ ner Verbesserung der Strömungseigenschaften der Oberfläche übernehmen.
Die Erfindungsgemäße Oberfläche löst die bereist erwähnte Aufgabe dadurch, dass der Mikrostruktur eine durch Pulse PIa- ting erzeugte Nanostruktur überlagert ist. Mit diesem erfin¬ dungsgemäßen Oberflächenaufbau lassen sich die bereits ge- nannten Vorteile, insbesondere eine Verbesserung der haf- tungsvermindernden Eigenschaften der Oberfläche erzielen.
Gemäß einer besonderen Ausgestaltung der Oberfläche ist diese superhydrophob. Dies bedeutet, dass die Haftung von Wasser oder anderen hydrophilen Substanzen besonderes stark herabge¬ setzt ist. Die superhydrophoben Eigenschaften bewirken insbe¬ sondere eine schlechte Benetzbarkeit der Oberfläche für Was¬ ser, so dass auf der Oberfläche befindliches Wasser einzelne Tropfen ausbildet, die aufgrund eines Kontaktwinkels zur O- berflache von mehr als 140° leicht abperlen und dabei evtl. ebenfalls auf der Oberfläche befindliche Schmutzpartikel mit¬ reißen. Daher eignen sich Oberflächen mit superhydrophoben Eigenschaften besonderes gut zur Ausbildung der Oberfläche als Lotus-Effekt-Oberfläche.
Weitere Einzelheiten der Erfindung werden nachfolgend anhand der Zeichnung beschrieben. In den einzelnen Figuren sind gleiche oder sich entsprechende Zeichnungselemente mit je¬ weils den gleichen Bezugszeichen versehen, wobei diese nur insoweit mehrfach erläutert werden, wie sich Unterschiede zwischen den Figuren ergeben. Es zeigen
Figur 1 den schematischen Aufbau eines Ausführungsbeispiels der erfindungsgemäßen Oberfläche im schematischen Schnitt, Figur 2 das Oberflächenprofil einer Lotus-Effekt-Oberfläche als Ausführungsbeispiel der erfindungsgemäßen Ober¬ fläche im Schnitt und
Figur 3 perspektivische Darstellungen der Lotus-Effekt- Oberfläche gemäß Figur 2.
In Figur 1 ist ein Körper 11 mit einer Oberfläche darge- stellt, deren Haftungseigenschaften vermindert ist. Die Ober¬ fläche 12 lässt sich schematisch beschreiben durch eine Über¬ lagerung einer Makrostruktur 12 mit einer Mikrostruktur 13 und einer Nanostruktur 14. Die Mikrostruktur erzeugt eine Welligkeit der Oberfläche. Die Mikrostruktur ist durch halb- kugelförmige Erhebungen auf der welligen Makrostruktur 12 an¬ gedeutet. Die Nanostruktur 14 ist in Figur 1 durch Noppen dargestellt, welche sich auf den halbkugelförmigen Erhebungen (Mikrostruktur) sowie in den zwischen den Erhebungen befind¬ lichen Teilen der Makrostruktur 12, die die Vertiefungen der Mikrostruktur 13 bilden, befinden.
Die haftungsvermindernden Eigenschaften der durch die Überla¬ gerung der Makrostruktur 12, der Mikrostruktur 13 und der Na¬ nostruktur 14 gebildeten Oberfläche werden anhand eines Was- sertropfens 15 deutlich, der auf der Oberfläche eine Wasser¬ perle bildet. Durch die geringe Benetzbarkeit der Oberfläche einerseits und die Oberflächenspannung des Wassertropfens an¬ dererseits bildet sich zwischen dem Wassertropfen 15 und der
Oberfläche ein verhältnismäßig großer Kontaktwinkel γ aus, der definiert ist durch einen Winkelschenkel 16a, der paral¬ lel zur Oberfläche verläuft, und einen Winkelschenkel 16b, der eine Tangente an der Haut des Wassertropfens bildet, die durch den Rand der Kontaktfläche des Wassertropfens 15 mit der Oberfläche (bzw. genauer dem Winkelschenkel 16a) läuft. In Figur 1 dargestellt ist ein Kontaktwinkel γ von mehr als
140°, so dass es sich bei der schematisch dargestellten Ober¬ fläche um eine superhydrophobe Oberfläche handelt .
Im Rahmen eines Versuches ist mittels Reverse Pulse Platings eine Lotus-Effekt-Oberfläche durch Abscheidung von Kupfer auf einer durch Elektropolieren geglätteten Oberfläche erzeugt worden. Hierbei wurden folgende Verfahrensparameter gewählt.
Erzeugung der Nanostruktur in einem Verfahrensschritt: Pulslänge (Reverse Pulse) : 240 ms bei 10 A/dm2 kathodisch, 40 ms bei 8 A/dm2 anodisch
Elektrolyt enthielt 50 g/l Cu, 20 g/l freies Cyanid, 5 g/l KOH
Die elektrochemisch erzeugte Oberfläche ist im Folgenden mit¬ tels eines SPM (Scanning Probe Microscope - auch AFM oder A- tomic Force Microscope genannt) untersucht worden. Mit einem SPM lassen sich Oberflächenstrukturen bis in den Nanometerbe- reich hin bestimmen und darstellen. Ein Ausschnitt der er¬ zeugten Oberfläche ist in Figur 2 als Messergebnis des SPM im Schnitt dargestellt, wobei das Profil überhöht ist. Im Bezug auf eine Nulllinie 17 ist ein Wellenverlauf 18 in Figur 2 eingetragen, der die Makrostruktur verdeutlicht, die der O- berflächenstruktur überlagert ist. Die Mikrostruktur 13 ist infolge der Überhöhung als eine Abfolge nadelartiger Erhöhun¬ gen 19 und Vertiefungen 20 zu erkennen. Weiterhin kann in be¬ stimmten Bereichen die Nanostruktur 14 erkannt werden, die sich aus einer engen Abfolge von Erhebungen und Vertiefungen ergibt, die im gemäß Figur 2 dargestellten Maßstab nicht mehr aufzulösen sind und daher nur als Verdickung der Profillinie des Oberflächenprofils zu erkennen sind.
Nähere Details lassen sich der Figur 3a entnehmen, die eine perspektivische Darstellung der SPM Aufnahme der Kupferober¬ fläche darstellt. Es ist ein quadratisches Gebiet von 100x100 μm als Ausschnitt ausgewählt worden, wobei die die
Mikrostruktur 13 bestimmenden, nadelartigen Erhöhungen 19 deutlich zu erkennen sind. Das sich ergebende Bild erinnert den Betrachter an einen „Nadelwald", wobei die Zwischenräume zwischen den „Nadelbäumen" (Erhöhungen 19) die Vertiefungen 20 bilden. Auch die Oberfläche gemäß Figur 3a ist überhöht dargestellt, um die Erhöhungen 19 und die Vertiefungen 20 der Mikrostruktur 13 zu verdeutlichen.
Wie aus der perspektivischen Ansicht der Oberfläche gemäß 3b, die eine Ausschnittsvergrößerung der Darstellung gemäß Figur 3a darstellt, hervorgeht, ist der Mikrostruktur 13 weiterhin eine Nanostruktur 14 überlagert. In der weniger überhöhten Darstellung gemäß Figur 3b erscheinen die Erhöhungen 19 und Vertiefungen 20 eher wie eine Welligkeit der Oberfläche (die jedoch aufgrund des anderen Maßstabes nicht mit der Wellig¬ keit gemäß Figur 2 verwechselt werden darf) . Dieser Wellig¬ keit überlagert sind weiterhin kleinste Erhöhungen 19n und Vertiefungen 20n, welche die Nanostruktur der Oberfläche cha¬ rakterisieren. Auch diese erinnern in ihrem Aufbau der be- reits zu Figur 3a erläuterten Ausprägung eines „Nadelwaldes" wobei deren geometrische Abmessungen um ungefähr zwei Größen¬ ordnungen geringer ausfallen, also bei dem in Figur 3a ge¬ wählten Maßstab gar nicht zu erkennen ist.
Um die Größenverhältnisse zu verdeutlichen, sind in den Figu¬ ren 2 und 3 die Makrostruktur 12, die Mikrostruktur 13 und die Nanostruktur 14 jeweils mit einer Klammer gekennzeichnet. Die Klammer umfasst jeweils immer nur einen Ausschnitt der jeweiligen Struktur, der eine Erhebung und eine Vertiefung enthält, so dass die Klammern untereinander jeweils innerhalb einer Figur einen Vergleich der Größenordnungen der Struktu¬ ren im Verhältnis zueinander zulassen. Bei dem dargestellten Ausführungsbeispiel betrug der für einen Wassertropfen gemes-
sene Kontaktwinkel 152°. Die superhydrophoben Eigenschaften der dargestellten Kupferschicht, die einen Lotus-Effekt be¬ wirken, wird durch ein Zusammenspiel zumindest der Mikro¬ struktur 13 und der Nanostruktur 14 erreicht, wobei die Über- lagerung einer Makrostruktur 12 die beobachteten Effekte noch verbessert. Durch Auswahl geeigneter Prozessparameter können derartige Lotus-Effekt-Oberflächen für unterschiedliche Schichtmaterialien (erprobt wurden beispielsweise auch Sil¬ berschichten erfolgreich) und für Flüssigkeiten mit unter- schiedlichen Benetzungsverhalten erzeugt werden.