Verfahren zum Ermitteln oder Überprüfen von Materialkenndaten eines Bauteils
Technisches Gebiet
Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zum Ermitteln oder Überprüfen von Materialkenndaten eines Bauteils aus Faserverbundwerkstoff, insbesondere aus faserverstärktem Kunststoff.
Stand der Technik
Verfahren zum Ermitteln oder Überprüfen von Materialkennwerten eines Bauteils sind grundsätzlich bekannt und werden im Bereich der Qualitätsprüfung von Bauteilen im Rahmen von Werkstoffprüfverfahren eingesetzt.
Für die Durchführung einer Werkstoffprüfung von Faserverbundbauteilen werden üblicherweise repräsentative Bauteile aus einer Herstellungsserie entnommen und in einzelne Prüfkörper zersägt. Anschließend werden die so gewonnenen Prüfkörper zerstörend zur Ermittlung oder Überprüfung der Materialkennwerte und/oder Materialqualität der Bauteile geprüft. Bei diesem bekannten Werkstof rüfverfahren wird das zu untersuchende Bauteil allerdings vollständig zerstört, so daß es nicht weiter verwendet werden kann. Dadurch erhöht sich zum einen der Materialaufwand und die Herstellungskosten für die Bauteile, da stets zusätzliche Bauteile für die Materialprüfung herzustellen sind. Zum anderen ist es aufgrund der zerstörenden Prüfung nicht möglich, Bauteile zu untersuchen, die in der Praxis zum Einsatz kommen und beispielsweise zum Aufbau eines herzustellenden Baukörpers, wie z.B. eines Wagenkastens eines Schienenfahrzeugs, verwendet werden. Da die Eigenschaften und
Materialkenndaten von Faserverbundbauteilen jedoch im wesentlichen neben den eingesetzten Materialien auch von den Verarbeitungsparametern, wie z.B. Druck und Temperatur beeinflußt werden, sind exakte Materialdaten nur an einem fertigen Bauteil zu ermitteln. Somit sind die an den zerstörend geprüften Bauteilen festgestellten Materialkenndaten und Materialqualitätswerte lediglich als repräsentative Werte für ein in der Praxis eingesetztes Bauteil anzusehen. Eine Bestimmung der genauen Materialkenndaten, die nur an dem fertiggestellten, zum Einsatz kommenden Bauteil durchführbar ist, kann nach dem bekannten Verfahren nicht erreicht werden.
Darstellung der Erfindung
In Anbetracht dieser Nachteile und verbleibenden Probleme bei dem im Stand der Technik bekannten Verfahren zum Ermitteln oder Überprüfen von Materialkennwerten eines Bauteils aus Faserverbundwerkstoff liegt der vorliegenden Erfindung die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren bereitzustellen, bei dem mit geringem Arbeits- und Zeitaufwand sowie geringem Materialaufwand eine exakte und zuverlässige Bestimmung der Materialkenndaten und/oder der Materialqualität eines in der Praxis eingesetzten Bauteils gewährleistet wird.
Die Lösung dieser Aufgabe erfolgt durch das Verfahren gemäß dem Patentanspruch 1.
Demzufolge wird zunächst ein fertiggestelltes Bauteil aus Faserverbundwerkstoff, insbesondere aus faserverstärktem Kunststoff (FVK), bereitgestellt. Dabei ist das Bauteil vorzugsweise derart fertig gestaltet, daß es eine für den Einbau in einen herzustellenden Baukörper erforderliche Form und Abmessung aufweist. Ferner kann das zu untersuchende Bauteil auch bereits eingebaut und ein Teil des Baukörpers sein. Durch das Vorsehen des fertiggestellten, in einem Baukörper zum Einsatz kommenden Bauteils für die Materialkenndatenermittlung ergibt sich der große Vorteil, daß die Materialkennwerte und/oder die Bauteilgüte exakt ermittelt werden können. Im Gegensatz zu dem herkömmlichen Verfahren, bei
dem an den eigens für Prüfzwecke bereitgestellten Bauteilen lediglich repräsentative Vergleichswerte für die Materialkenndaten bestimmbar sind, ermöglicht dieser Verfahrensschritt eine zuverlässige und genaue Feststellung der Materialdaten am eingesetzten Bauteil selbst. Darüber hinaus werden Materialkosten eingespart, da durch die erfindungsgemäße Qualitätsprüfung am Bauteil selbst ein Herstellen zusätzlicher, nur für die Werkstoffprüfung vorgesehener Bauteile entfallt.
Nach dem Bereitstellen des fertigen Bauteils aus Faserverbundwerkstoff für die Materialkenndatenermittlung und/oder Qualitätsprüfung, werden statisch gering oder nicht relevante Beeiche in dem Bauteil ermittelt. Die Bestimmung dieser Bereiche erfolgt im wesentlichen im Hinblick auf die in dem Bauteil im eingebauten Zustand vorliegenden Spannungszustände und Kräfteverteilungen, die z.B. durch auftretende Zug-, Druck- und Querkräfte sowie Biegemomente hervorgerufen werden. Hierzu werden die statisch gering oder nicht belasteten Bereiche des Bauteils festgestellt, d.h. diejenigen Bauteilabschnitte, die nur geringe oder keine Kräfte aufnehmen.
Nach der Bestimmung der statisch wenig oder nicht belasteten Stellen des Bauteils wird zumindest ein Prüfköφer aus dem Faserverbundbauteil entnommen, z.B. aus dem Bauteil ausgeschnitten, ausgebohrt oder ausgestanzt. Hierbei erfolgt ein gezieltes Entnehmen des Prüfkörpers oder mehrerer Prüfkörper an zumindest einem der zuvor ermittelten statisch gering oder nicht relevanten Bereiche des Bauteils. Somit behält das Bauteil bei der Prüfkörperentnahme seine statischen und materialtechnischen Eigenschaften. Eine Beeinträchtigung der Festigkeit, des statischen Aufbaus, Struktur und/oder Tragfähigkeit des Bauteils durch die bei der Entnahme des Prüfköφers im Bauteil entstehende Aussparung wird auf diese Weise effektiv vermieden. Das Bauteil behält seine ursprünglichen materialtechnischen Eigenschaften und bleibt im Hinblick auf seine spätere Verwendung, z.B. als Faserverbundbauteil für einen Wagenkasten eines Schienenfahrzeugs, voll funktions- und einsatzfähig.
Nach der Entnahme des zumindest einen Prüfköφers werden die materialtechnischen Eigenschaften, wie z.B. die Materialkenndaten und Materialqualität, des entnommenen Prüfköφers untersucht oder übeφriift. Durch diese Ermittlung der Materialkenndaten und/oder Materialqualität des Bauteils anhand des entnommenen Prüfköφers vereinfacht sich die Durchführung der Materialprüfung erheblich. Der einzelne Prüfköφer kann auf für die Materialprüfung in einer Prüfvorrichtung geeigneten Abmessungen zugeschnitten werden und ist dadurch wesentlich einfacher zu handhaben. Die bei dieser Materialprüfung des Prüfköφers erhaltenen Daten dienen beispielsweise als Eingangsgrößen für eine nachfolgende Berechnung in Konstruktion und Fertigung oder auch als Nachweis über die bei der Bauteilherstellung erreichte Materialqualität. Hierbei bietet sich der große Vorteil, daß die an dem Prüfköφer bestimmten Materialdaten exakt mit denen des fertigen Bauteils übereinstimmen, da Bauteil und Prüfköφer nicht nur aus denselben Materialien aufgebaut, sondern auch mit den gleichen Verarbeitungsparametern hergestellt sind.
Der vorliegenden Erfindung liegt der Gedanke zugrunde, die Qualität und Materialkennwerte des in der Praxis eingesetzten Faserverbundbauteils zu ermitteln, ohne das Bauteil selbst zu zerstören und somit als Bauteil weiter verwenden zu können. Dies wird insbesondere durch die gezielte Entnahme von zumindest einem Prüfköφer an einem statisch wenig oder nicht relevanten Bereich des Faserverbundbauteils erreicht.
Das beschriebene Prüfungsverfahren kann zu Untersuchung eines Bauteils aus Faserverbundwerkstoff, insbesondere faserverstärktem Kunststoff, einfach, schnell und mit vergleichsweise geringem Aufwand durchgeführt werden. Hierbei wird eine exakte Ermittlung der Qualität und Materialkenndaten an dem in der Praxis eingesetzten Bauteil selbst ermöglicht.
Vorteilhafte Ausführungsformen des erfindungsgemäßen Verfahrens sind in den weiteren Ansprüchen beschrieben.
Im Anschluß an die Materialkenndatenermittlung und Qualitätsprüfung des Faserverbundbauteils kann das geprüfte Bauteil ohne den entnommen Prüfköφer in vorteilhafter Weise weiter verwendet werden. Beispielsweise kann das nach dem beschriebenen Verfahren geprüfte Bauteil in einem herzustellenden Bauköφer eingesetzt werden, beispielsweise für die Herstellung eines Wagenkasten eines Schienenfahrzeugs. Hierdurch wird gewährleistet, daß ein Faserverbundbauteil mit exakt bestimmten Materialwerten zum Einsatz kommt.
Es wird bevorzugt, daß der Prüfköφer zur Ermittlung der Materialkennwerte zerstörend geprüft wird. Hierdurch bietet sich der Vorteil, daß Materialqualität und/oder Materialkennwerte des Faserverbundbauteils anhand des Prüfköφers ermittelt werden können, ohne das Bauteil selbst zu zerstören. Somit bleibt das Bauteil für seinen Einsatz in einem herzustellenden Bauköφer voll funktionsfähig und kann nach der Prüfung weiter verwendet werden.
Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens wird eine in dem Bauteil durch das Entnehmen des Prüfköφers entstandene Aussparung mit einem Füllmittel verschlossen. Da die in dem Bauteil durch die Prüfköφerentnahme entstandene Aussparung in einem statisch nicht oder nur gering belasteten Bereich des Bauteils angeordnet ist, kann die Aussparung mit einem einfachen, vorzugsweise billigem und/oder leichtem Füllmittel, wie z.B. einer Spachtelmasse, geschlossen werden. Hierdurch wird die ursprüngliche Form des Bauteils wieder hergestellt. Somit ist gewährleistet, daß das geprüfte Bauteil nicht nur ftrnktionell, sondern auch optisch in seiner äußeren Formgebung mit einem ungeprüften Bauteil übereinstimmt. Kurze Beschreibung der Zeichnungen
Nachfolgend wird die vorliegende Erfindung anhand einer vorteilhaften Ausführungsform rein beispielhaft unter Bezugnahme auf die beigefügten Zeichnungen beschrieben. Es zeigen:
Fig. 1 eine perspektivische Ansicht eines Bauteils aus Faserverbundwerkstoff; und Fig. 2 eine perspektivische Ansicht des Bauteils nach Fig. 1 mit entnommenen
Prüfköφern in auseinandergezogener Darstellung.
Beschreibung einer Ausführungsform der Erfindung
Das in Fig. 1 gezeigte strukturelle Bauteil 2 besteht aus faserverstärktem Kunststoff. Das Faserverbundbauteil weist im wesentlichen eine rechtwinklige Form auf und umfaßt einen oberen 4 und einen unteren Schenkel 6. An dem oberen Schenkel 4 ist seitlich eine Strebe 8 angeordnet, die über eine Rippe 10 an dem oberen Schenkel 4 abgestützt ist. Der untere Schenkel 6 und die Strebe 8 sind im vorliegenden Fall jeweils als Hohlköφer ausgebildet. Hingegen sind der obere Schenkel 4 und die Rippe 10 jeweils als massive Teile aus Faserverbundwerkstoff gestaltet. Dabei weisen die einzelnen Abschnitte des Bauteils 2, nämlich unterer Schenkel 6, oberer Schenkel 4, Strebe 8 und Rippe 10 jeweils unterschiedliche Wanddicken und strukturelle Gestaltungen auf. Durch diese konstruktive Gestaltung des Bauteils 2 ergeben sich statisch verschiedenartig belastete Bereiche in dem Bauteil 2. Das Bauteil 2 ist in seinem fertiggestellten Zustand gezeigt und wird im vorliegenden Fall als Stütz- oder Tragelement für den Aufbau eines Wagenkastens eines Schienenfahrzeugs (nicht gezeigt) eingesetzt.
In dem in Fig. 2 dargestellten Bauteil 2 sind Kembohrungen 11 zur Entnahme von Prüfköφern 12 vorgenommen worden. Diese Kernbohrungen 11 durchdringen die jeweilige Wanddicke des Bauteils 2 vollständig, so daß Löcher 14 in dem Bauteil 2 entstehen. Hierbei liegen die Kernbohrungen 11 an statisch wenig belasteten Zonen des Bauteils, wie z.B. in einem Eckbereich der Rippe 10, einem dünnwandigen Ende 13 sowie einem Mittelbereich des oberen Schenkels 4. Durch die Kembohrungen 11 werden kreisrunde Prüfköφer 12 aus dem Bauteil 2 entnommen. In einem nachfolgenden Schritt werden die aus den statisch wenig relevanten Zonen des Bauteils 2 herausgenommenen Prüfköφer 12 in eine nicht dargestellte Prüfeinrichtung zur Ermittlung der Materialqualität sowie
Materialkennwerte des Bauteils 2 überführt. Hierbei werden die Prüfköφer 12 zur Qualitätsprüfung und/oder Materialkenndatenermittlung vollständig in der Prüfeinrichtung zerstört. Auf diese Art und Weise wird die Bauteilgüte anhand der untersuchten Prüfköφer 12 festgestellt. Die statischen und materialtechnischen Eigenschaften des Bauteils 2 bleiben bei der Entnahme der Prüfköφer 12 erhalten, so daß das Bauteil 2 weiter verwendet werden kann.
Für den weiteren Einsatz des Bauteils 2, beispielsweise als Faserverbundbauteil in einem nicht gezeigten Wagenkasten eines Schienenfahrzeugs, können die durch die Kernbohrungen 11 in dem Bauteil 2 entstandenen Aussparungen oder Löcher 14 mit einer billigen und leichten Spachtelmasse verschlossen werden (nicht gezeigt). Dadurch ergibt sich wiederum ein Bauteil 2, dessen äußere Form dem Bauteil 2 nach Fig. 1 entspricht.