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Vorrichtung zur Bestimmung der Streckgrenze
Unter der Streckgrenze
60,2 eines Werkstoffes, insbesondere eines Metalls oder einer Legierung, versteht
man die Spannung, bei der er eine nach der Entlastung bleibende Längenzunahme von
O, 2 §/0 erlitten hat. Sie ist eine wichtige Kenngröße für die Beurteilung eines
Werkstoffes. Da bei der üblichen Messung der Streckgrenze in der Zerreißmaschine
zu der bleibenden Dehnung, die gemessen werden soll, noch die elastische Dehnung
hinzutritt, wird bei der Bestimmung der Streckgrenze üblicherweise folgendermaßen
vorgegangen: Der Zerreißstab wird in der Zerreißmaschine einem gemessenen Spannungszustand
ausgesetzt, entlastet und die bleibende Dehnung gemessen. Darauf wird eine etwas
höhere Spannung aufgebracht und wiederum die bleibende Dehnung gemessen. Dies wird
so lange fortgesetzt, bis die bleibende Dehnung von 0,20/0 erreicht ist.
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Dieses Verfahren hat den Nachteil großer Umständlichkeit. Außerdem
besteht die Gefahr der Überreckung des Werkstoffes durch vorübergehend zu hoch aufgebrachte
Spannungen, was besonders dadurch leicht auftreten kann, daß die üblichen Kraftmeßeinrichtungen
der Zerreißmaschinen eine gewisse Trägheit haben. Es muß außerdem bei verschiedenen
Werkstoffen als bedenklich erscheinen, daß die bleibende Verformung nicht durch
eine Beanspruchung mit monotoner Kraftsteigerung, sondern durch mehrere aufeinanderfolgende
Reckungen hervorgerufen wird.
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Gegenstand der Erfindung ist eine Vorrichtung zur Bestimmung der
Streckgrenze, die das mehrfache Belasten und Entlasten der Probe überflüssig macht.
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Mit dieser Vorrichtung wird nach folgendem Prinzip gearbeitet: Die
elastische Dehnung (Abb. 1, Kurve I) der Werkstoffe ist proportional der Spannung
a. Die bleibende Dehnung (Abb. I, Kurve 2) ist dagegen bei niedrigen Spannungen
außerordentlich gering und gegenüber der elastischen Dehnung unmerklich. Erst bei
einem beträchtlichen Bruchteil der Streckgrenze wird sie überhaupt meßbar. Wird
eine Probe einer zunehmenden Spannungsbeanspruchung ausgesetzt, so ist die Dehnung
anfänglich ausschließlich von der elastischen Komponente der Gesamtdehnung hervorgerufen.
Erst bei höheren Spannungen überlagert sich ihr merklich der Anteil der bleibenden
Verformung, so daß die Gesamtdehnung (Abb. I, Kurve 3) wesentlicll von der elastischen
abweicht.
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Mit Hilfe der erfindungsgemäßen Vorrichtung wird von der Gesamtdehnung
der Probe der elastische Anteil subtrahiert. Auf diese Weise kann unmittelbar die
bleibende Dehnung während der Gesamtzeit der zunehmenden Belastung abgelesen werden,
so daß dann eine Messung der bleibenden Dehnung bei Entlastung der Probe nicht mehr
erforderlich ist.
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Die Vorrichtung besitzt zwei Meßorgane. Das erste mißt die Kraft
P, die proportional der Spannung a ist, es handelt sich also um eine Vorrichtung,
die der Kraftmeßeinrichtung der üblichen Zerreißmaschine entspricht oder sie ersetzt.
Das zweite Meßorgan mißt die Dehnung der Probe an einer gewissen Meßstrecke. Kurve
I in Abb. 2 zeigt den Verlauf des Ausschlages der Kraftmeßeinrichtung bei zunehmender
Kraft; Kurve 2 in Abb. 2 zeigt den Ausschlag der Dehnungsmeßeinrichtung. Der Ausschlag
der Kraftmeßeinrichtung wird nun mit Hilfe einer geeigneten Vorrichtung derart proportional
erhöht oder erniedrigt, daß er dem Ausschlag der Dehnungsmeßeinrichtung bei geringen
Spannungen, bei denen beide proportional der Kraft sind, entspricht, so daß die
nunmehr proportional verschobene Kurve I mit dem geradlinigen Auslauf der Kurve
2 zusammenfällt. Der Verlauf der Anieigegröße des Kraftmessers entspricht also nunmehr
der Kurve 3 in Abb. 2.
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Zur Messung der bleibenden Dehnung werden durch eine geeignete Vorrichtung
die Ausschläge des Dehnungsmessers (Kurve 2) und des Kraftmessers (Kurve 3) voneinander
subtrahiert, und die Differenz wird an einem geeigneten Meßinstrument abgelesen.
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Die Einstellung auf das richtige Maß der proportionalen Veränderung
des Ausschlages der Kraftmeßeinrichtung erfolgt jeweils dadurch, daß bei Beginn
der Versuches unter zunehmender Spannung die von der Kraftmessung herrührende Komponente
so eingestellt wird, daß der Ausschlag des die Differenz anzeigenden Meßinstrumentes
Null bleibt (Kurve 4 in Abb. 2). Dadurch ist von der Gesamtdehnung der elastische
Anteil subtrahiert worden.
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Bei weiterer Steigerung der Spannung ist die Gesamtdehnung nicht mehr
proportional der Kraft P, es tritt der bleibende Anteil der Dehnung dazu. Das die
Differenz anzeigende Meßinstrument gibt nun einen Ausschlag, und die Belastung wird
so lange gesteigert, bis das Meßinstrument einen Ausschlag gibt, der einer Dehnung
von 0, 2°/o entspricht. Zu diesem Zeitpunkt wird die Spannung an der Kraftmeßvorrichtung
abgelesen. Die Last kann ohne Unterbrechung weitergesteigert werden bis zum Bruch
der Probe, wenn die Zerreißspannung im Anschluß an die Streckgrenze bestimmt werden
soll.
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Ein Ausführungsbeispiel für eine Vorrichtung zur Durchführung des
Verfahrens gemäß der Erfindung zeigt Abb. 3. Der Probestab I ist in die Backen 2
und 3 einer Zerreißmaschine eingespannt.
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Die Backen 2 werden zur Aufbringung der Zugspannung auf den Probestab
in der üblichen Weise nach unten bewegt. Die Backen 3 sind mit einer Kraftmeßdose
4 verbunden, die ihrerseits wieder an dem starren Rahmen der ZerreiBmaschine befestigt
ist. Die Kraftmeßdose liefert eine elektrische Spannung, die an dem Meßinstrument
5 ablesbar ist. Dieses Instrument kann also zur Messung der Kraft bzw. der am Probestab
liegenden mechanischen Spannung a dienen. An die Meßstrecke des Probestabes I ist
die elektrische Dehnungsmeßdose 6 mit zwei Schneiden angelegt. Sie liefert eine
der Gesamtdehnung proportionale elektrische Spannung, die am Meßinstrument 7 abgelesen
werden kann, das somit als Gesamtdehnungsmesser dienen kann. Durch das Potentiometer
8 wird nun die von der Kraftmeßdose 4 abgegebene elektrische Spannung derartig proportional
herabgesetzt, daß sie bei niederen Kräften der vom Dehnungsmesser 6 abgegebenen
Spannung gleich ist. Das Meßinstrument 9 mißt die Differenz der vom Dehnungsmesser
6 abgegebenen und der vom Kraftmesser 4 abgegebenen und durch das Potentiometer
8 proportional herabgesetzten Spannung.
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Bei der Messung wird nun folgendermaßen vorgegangen: Bei steigender
Kraft wird zunächst das Potentiometer8 so eingestellt, daß das Instrumentg keinen
Ausschlag gibt. Diese Einstellung des Potentiometers bleibt nun unverändert. Bei
weiter ansteigender Kraft tritt zu der elastischen Dehnung die bleibende. Das Meßinstrument
g gibt nun einen zunehmenden Ausschlag. Dieser entspricht der bleibenden Dehnung
des Probestabes. Wenn ein Ausschlag des Meßinstrumentes g erreicht ist, der einer
bleibenden Dehnung von o,zO/o entspricht, wird am Instrument 5 die zugehörige Kraft
bzw.
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Spannung abgelesen. Die Kraft kann ohne Unterbrechung des Versuches
weiter gesteigert und die Messung der Zerreißfestigkeit unmittelbar angeschlossen
werden. Ebenso kann bei entsprechender Steigerung der Genauigkeit und Empfindlichkeit
der Vorrichtung auch die Elastizitätsgrenze, die einer bleibenden Dehnung von 0,01
0/o entspricht, bestimmt werden.
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Die Vorrichtung läßt sich in üblicher Weise mit Aufzeichengeräten
ausstatten, so daß sie unmittelbar die bleibende Dehnung und gegebenenfalls auch
die Gesamtdehnung der Probe in Abhängigkeit von der Spannung aufschreibt. Es ist
auch eine automatische Fixierung der Spannungsanzeige bzw. Kraftanzeige beim Erreichen
der o,2-0/o-Grenze
möglich. L)ie Vorrichtung gemäß der Erfindung
kann auch als Zusatz zu den üblichen Zerreißmaschinen gebaut werden. Dabei kann
dann zur Kraftmessung neben oder an Stelle der von der Kraftmeßdose 4 abgegebenen
Spannung die Kraftmeßeinrichtung der Zerreißmaschine dienen.
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.\ls Meßorgall für die Dehnung können auch die 1 bekannten Dehnungsmeßstreifen
verwendet werden.
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. \ls Kraftmeßorgan können mit Dehnungsmeßstreifen ausgestattete geeignete
elastische Zwischenglieder oder andere elastische Bauteile der Zerreißmaschine dienen.
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I-l>enso wie elektrische Meßorgane zur Messung von Kraft und Dehnung
können auch andere, beispielsweise mechanische oder optische dienen. Die optischen
können durch Ablenkung von Lichtstrahlen oder durch deren Schwächung arbeiten.
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PATENTANSI'RUCHE : 1. Vorrichtung zur Bestimmung der Streckgrenze,
dadurch gekennzeichnet, daß sie Anordnungen enthält, die der mechanischen Spannung
und der Gesamtdehnung entsprechende elektrische, mechanische oder optische Anzeigegrößen
liefern.